Qualitätssicherung Wie Augmented Reality die Fertigungsindustrie revolutioniert
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Augmented Reality (AR) erweitert die reale Umgebung mit virtuellen Informationen und eignet sich somit für viele Anwendungsbereiche. Ein Showcase im Rahmen der Hannover Messe veranschaulichte, wie AR die Prozesse im Shop-Floor verbessert und Mitarbeitern als Unterstützung dient.

Immer mehr Unternehmen entdecken die Einsatzmöglichkeiten und die Vorteile von Augmented Reality (AR) im industriellen Bereich. Übersetzt bedeutet der Begriff „erweiterte Realität“ – und genau diese lässt sich für viele Aufgabenbereiche nutzen. Mit AR können reale Szenen durch virtuelle Informationen ergänzt werden, während sich Anwender frei im Raum – beispielsweise in einer Werkshalle – bewegen. Die wirkliche Umgebung wird vollständig und uneingeschränkt wahrgenommen. Um zusätzliche virtuelle Informationen abzurufen, genügt die Ausstattung mit einem Tablet-PC oder einem Smartphone. Das Kamera-Bild des Geräts wird – wie ein erweitertes Sichtfenster – durch die gewünschten Details ergänzt. Ein besonderer Vorteil ist, dass das tragbare Gerät überall hin mitgenommen werden kann – wo auch immer der Einsatzort ist. AR eignet sich demnach besonders für Anwendungsfelder, bei welchen Bewegungsfreiheit nötig ist, wie beispielsweise in der Montage, Qualitätssicherung oder Instandhaltung.
Virtual Reality blendet die Umwelt aus
Im Gegensatz hierzu wird bei Virtual Reality (VR) die Umwelt ausgeblendet und meist eine alternative, neue Umgebung für den Nutzer dargestellt. Für dieses Erlebnis ist das Tragen einer augenumschließenden Brille nötig. Das schränkt jedoch die Mobilität erheblich ein und die freie Bewegung ist aus Sicherheitsgründen nicht möglich. Sinnvoll ist VR vor allem für Anwendungen wie Berichterstattungen und in speziellen Räumen.
Die dritte Variante wird Mixed Reality (MR) genannt und ist eine Kombination aus AR und VR. Hierbei wird die natürliche Wahrnehmung mit einer künstlich erzeugten Realität vermischt. Der Nutzer ist darauf angewiesen, wie beim Einsatz von VR, eine Brille zu tragen. Die Brillengläser sind teilweise transparent, sodass Anwender jederzeit die reale Umgebung im Blick haben. Das macht den Einsatz von MR wesentlich flexibler in der Anwendung als den von vollständiger Virtual Reality. Entsprechende Brillen sind derzeit jedoch sehr kostspielig in der Anschaffung und empfindlich in der Nutzung.
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Testlabor
Für die Sicherheit elektrischer Anlagen
Breite Anwendungsfelder für Augmented Reality
Augmented Reality ist für fertigende Unternehmen durch die flexiblen Einsatzmöglichkeiten daher meist das Mittel der Wahl. Besonders geeignet ist diese Technologie für die Montage und Qualitätssicherung beziehungsweise die Instandhaltung. Die Aufgaben und Arbeitsschritte in diesen Bereichen sind oftmals sehr komplex – ebenso die Arbeitsanleitungen für die ausführenden Fachleute. Leider helfen die Inhalte der Theorie nicht immer in der Praxis. Mithilfe von AR können Mitarbeiter direkt in der Arbeitsumgebung angeleitet werden. Einzelne Arbeitsschritte lassen sich auf ein Bauteil oder eine Maschine projizieren, sodass direkt nachvollzogen werden kann, was zu tun ist. Dies ist von der ersten Maßnahme bis zur Fertigstellung des Auftrags möglich – unabhängig von Unternehmensgröße und Branche.
Maschinenwartung und -instandhaltung
Gerade im Maschinen- und Anlagenbau kann Augmented Reality viele Arbeitsprozesse erleichtern. Maschinen sind oftmals Spezialanfertigungen und weisen eine hohe Varianz auf – gerade im deutschen Mittelstand sind Aufträge sehr kundenspezifisch. Zudem stehen Facharbeiter meist unter hohem Zeitdruck. Fehler müssen somit schnell ausfindig gemacht und behoben werden. Um zum Beispiel an einen defekten Motor heranzukommen, müssen oft einige Bauteile demontiert und nach der Reparatur wieder angebracht werden. Mithilfe von AR lässt sich anzeigen, welches Bauteil zuerst entfernt werden muss – Schritt für Schritt, bis der Arbeitsauftrag erledigt ist. Besonders profitieren können davon KMU, die bislang nicht über das entsprechende Detail-Know-how oder die internen Fachleute verfügten, um komplexe Wartungen selbst durchzuführen. AR-Unterstützung verringert die Komplexität – und damit die Abhängigkeit von externer Unterstützung.
Im Vorfeld den Aufbau der Maschine analysieren
Für Instandhalter ist der Einsatz von AR ebenfalls von Vorteil. Diese können sich gezielt auf Kundentermine vorbereiten, da sie dank der digitalen Verfügbarkeit der Daten den Aufbau der Maschine bereits im Vorfeld genau analysieren können. So wissen sie vorab, welche Bauteile und Werkzeuge benötigt werden. Doppelte Wege und Termine entfallen.
Qualitätssicherung
Auch in der Qualitätssicherung hat AR großes Potenzial, beispielsweise beim Abgleich von Ist- und Soll-Zuständen. Dabei lässt sich etwa feststellen, ob der Bauzustand der Planung entspricht, ob alle Teile richtig montiert wurden oder ob Nachbesserungen nötig sind. Das System erfasst mit einem schnellen Scan, ob alles korrekt ist und beispielsweise alle Bauteile die richtige Abmessung aufweisen. Die Konstruktionsdaten werden – wie eine Art Schablone – über das reale Objekt gelegt und etwaige Abweichungen erkannt. Zeitaufwendige manuelle Kontrollen können damit auf ein Minimum reduziert werden. Auch extern gelieferte Teile lassen sich mit dieser Methode schnell prüfen.
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Interne Qualitätsaudits während der Produktion können ebenfalls mit Unterstützung von Augmented Reality durchgeführt und verbessert werden. Registriert das System einen Fehler, lässt sich dieser in jedem Schritt der Wertschöpfung anzeigen. Somit wird potenziell jede Fachkraft in der Fertigung zum Qualitätsprüfer und Mängel können weit vor der letzten Qualitätskontrolle beseitigt werden. Treten Fehler häufiger auf, ist eine direkte Übermittlung an die Produktentwicklung möglich, um Defizite am ursprünglichen Produkt ausfindig zu machen.
Digitalisierung zum Anfassen
Technologien wie Augmented Reality ermöglichen Mitarbeitern eine enorme Arbeitserleichterung. Umständliches Nachschlagen in oft veralteten Dokumenten entfällt und komplexe Arbeitsaufträge können dank der digitalen Unterstützung schnell und einfach erledigt werden. Somit wird der oftmals abstrakte Begriff der Digitalisierung für die Anwender tatsächlich erlebbar. Das fördert nicht nur die Kompetenz, sondern auch die Zufriedenheit und die Akzeptanz gegenüber neuen Technologien.
Im Einklang mit künstlicher Intelligenz
Technische Innovationen wie künstliche Intelligenz (KI) unterstützen die Eigenschaften von AR zusätzlich – beispielsweise durch intelligente Kamerasysteme. Computer Vision ist ein Feld innerhalb der KI, das es Computern und Systemen ermöglicht, aussagekräftige Informationen aus digitalen Bildern oder anderen visuellen Daten zu gewinnen. Auf dieser Grundlage funktioniert das Zusammenspiel von Computer Vision und AR. Eine Industriekamera fungiert als Schnittstelle zwischen realer und digitaler Welt, indem sie die Umgebung erfasst und die KI dahinter die Bilddaten auswertet. Die Überlagerung der virtuellen Information funktioniert dadurch z. B. ohne Marker, da Informationen – wie beispielsweise Kanten – erkannt werden.
Showcase auf der Hannover Messe zeigte Anwendungsfälle
Auf der diesjährigen Hannover Messe verdeutlichte Dassault Systèmes, wie Arbeitsprozesse mit Hilfe virtueller Umgebungen verbessert werden können – so auch mit Augmented Reality. Hierfür wurde ein Showcase konzipiert, der in vier Anwendungsfeldern im Shop-Floor aufzeigt, wie die virtuelle und reale Welt verschmelzen und voneinander profitieren.
- Assistenz in der Montage: Durch AR werden Anweisungen direkt auf eine Maschine oder ein Bauteil projiziert. So weiß der Mitarbeiter, was er wo und wie zu montieren hat.
- Assistenz in der Qualitätsinspektion: Ein Kamerasystem wird auf ein zu testendes Objekt gerichtet. Das System scannt den gewünschten Bereich und zeigt überlappend im Bild an, ob alle Produkteigenschaften den Anforderungen entsprechen. Ist dies nicht der Fall, wird am Bauteil der Fehler angezeigt. Auf diese Weise können Defekte an Motoren oder Gehäusen erkannt, die Positionierung von Elementen wie Sensoren oder Kabelbäumen überprüft oder Bohrungen kontrolliert werden.
- Assistenz in der Wartung und Instandhaltung: Der Servicemitarbeiter erhält vor Ort klare Instruktionen für die Instandhaltung eines Schaltschranks oder einer Maschine. Durch AR-Visualisierung wird genau angezeigt, welche Operationen in welcher Reihenfolge durchzuführen sind. Darüber hinaus quittiert der Mitarbeiter erfolgte Maßnahmen und kann eventuell observierte Defekte vor Ort dokumentieren.
- Automatisierte Qualitätsprüfung: Hierfür kommt ein sogenannter Cobot zum Einsatz. Dieser Begriff setzt sich aus den Worten „Collaboration“ und „Robot“ zusammen. Der Cobot fährt die zu testenden Teile oder auch einen ganzen Bereich ab und nimmt dank sensibler Sensoren – bestehend aus 2D- und 3D-Kameras –Abweichungen wahr. Dies wird dann mit dem im digitalen Modell festgelegten Soll-Werten verglichen. Abweichungen werden automatisch erfasst und dokumentiert, ohne dass menschliches Eingreifen nötig ist. Der Cobot kann ohne Schutzvorrichtung platziert werden und fährt nach Anweisung automatisch eine Maschine ab – egal wie groß diese ist und wie schwer zugänglich die Bestandteile sind. Kenntnisse in der Roboterprogrammierung sind dabei nicht nötig. Informationen des virtuellen Zwillings können direkt in das System geladen werden und der Cobot „weiß“, was zu tun ist.
Die Produktivität steigt, die Fehlerquote sinkt
Die Vorteile dieser Anwendungsfelder liegen auf der Hand: Prozesse können direkt beim ersten Durchlauf richtig durchgeführt werden. Dadurch steigt die Produktivität deutlich und die Fehlerquote sinkt. Durch den verbesserten Ablauf lassen sich darüber hinaus Zyklus- und Vorbereitungszeiten um bis zu 80 Prozent reduzieren. Dank der lückenlosen und teilweise autonomen Qualitätssicherung wird zudem die Zuverlässigkeit und Konformität gesichert.
Aus der Praxis: Augmented Reality in der Luftfahrt
In einem konkreten Anwendungsfall optimierte ein Hersteller von Flugzeugtriebwerken und Raketenmotoren für die Raumfahrt seine Fertigungsabläufe. Das Unternehmen implementierte die Lösung Delmia Apriso, mit der sich modellbasierte, datengesteuerte Prozessabläufe im globalen Maßstab erstellen, verwalten und steuern lassen. Dadurch konnten der Entwicklungs- und Produktionsprozess nachhaltig beschleunigt und die Rückverfolgbarkeit verbessert werden – ein entscheidender Wettbewerbsvorteil, wenn es um die Beseitigung von Motorenproblemen geht. Bei der Suche nach Fehlern kommt auch hier Augmented Reality zum Einsatz. Die Funktion „Picking“ ermöglicht das Aufnehmen und Beschriften von Mängeln innerhalb des 3D-Modells. Dies unterstützt bei der Korrektur und bei der Erstellung von Prüfberichten.
Nachhaltige Veränderung in der Industrie
Augmented Reality ist eine wegweisende Technologie, die Unternehmen im Fertigungsbereich nicht außer Acht lassen sollten. Durch die Ergänzung von realen Szenen mit virtuellen Informationen eröffnen sich vielfältige Anwendungsbereiche. In erster Linie führt dieser Einsatz von Daten zu einer Entlastung der Belegschaft bei ihrer täglichen Arbeit. Der Einsatz von AR ist nachhaltig, effizient und stellt den Menschen in den Mittelpunkt. Unternehmen, die AR in ihren Arbeitsablauf integrieren, profitieren zudem von gesteigerter Produktivität, reduzierter Fehleranfälligkeit und erhöhter Qualitätssicherheit. Damit hat Augmented Reality das Potenzial, die Industrie nachhaltig zu verändern.
* Björn Manderbach, Director, Delmia Industry Consulting, Dassault Systèmes; Dr. Darko Sucic, Senior Director, Industry Consulting, Dassault Systèmes
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