Servoantrieb

Automatisierter Torhüter wehrt jeden Ball erfolgreich ab

Seite: 2/2

Anbieter zum Thema

Visualisierungssoftware ermöglicht genau Schussanalyse

Damit die Zuschauer etwas sehen und zusätzliche Informationen erhalten können, erarbeiteten die IAS-Mitarbeiter ein Visualisierungskonzept, das alle relevanten Daten liefert. Im Rahmen einer Diplomarbeit wurde die Visualisierungssoftware erstellt. Sie erhält über einen CAN-Bus die Schussgeschwindigkeit sowie über ein Eingabemedium Name und Alter des Schützen. Mit diesen Informationen wird eine Statistik erstellt und jeder Schütze kann sich somit mit anderen vergleichen. Mit Hilfe (mindestens) einer angeschlossenen Kamera kann man die Zeitlupe des Schusses wiedergeben und die Flugbahn des Balls anzeigen. Über den CAN-Bus werden auch Daten gesendet, die über das optoelektronische Ausgabemedium angezeigt werden sollen.

Bildergalerie
Bildergalerie mit 12 Bildern

Die Koordination des Gesamtablaufs übernimmt eine mikrocontrollerbasierte Steuerung. Die Studenten sollten hier mit einer industrietypischen Hardware arbeiten, die sie auch später in der Praxis wiederfinden. Daher wurde ein Mehrkernprozessor TriCore TC1130 von Infineon eingesetzt. Er enthält einen 32-Bit-Mikrocontroller, einen Mikroprozessor sowie einen Digitalen Signalprozessor zur Anbindung von Sensoren. Dieser „3-in-1“-Chip wird in der Automatisierungstechnik eingesetzt, beispielsweise für eingebettete Systeme in der Automobilindustrie. Die verwendete Software ist ein objektorientiertes Programm, das in C++ geschrieben wurde. Die Kommunikation mit dem Antriebscontroller erfolgt über den CAN-Bus.

Mit Servoverstärker schell bewegen

Goalias muss sich sehr schnell bewegen können, damit er die schnellen Schüsse der Fußballer halten kann. Höchstes Tempo und gleichzeitig Präzision und Robustheit sind Anforderungen, die die Antriebstechnik hier erfüllen muss. Zur Realisierung der translatorischen Bewegung wird eine Führungsschiene verwendet, in der ein Zahnriemen mit Schlitten verläuft, auf dem der Torwart befestigt ist. Als Antrieb kam ein hochdynamischer Servoverstärker von SEW-Eurodrive zum Einsatz, der die Stellvorgaben der Regelung mit hohem Drehmoment realisiert. Der Umrichter Moviaxis hat 85 kW Nennleistung und eine Überlastfähigkeit bis 250 Prozent. Das Antriebssystem erzielt eine maximale Beschleunigung bis zur achtfachen Erdanziehungskraft. Es hat 300 bis 400 ms Zeit, um den Ball zu erfassen und auf die richtige Position zu fahren. Der gesamte Verfahrweg beträgt 7,30 m, wobei der Torwart immer von der Tormitte aus startet. Der Antrieb beschleunigt von hier aus bis auf 60 km/h und bremst bis zum Pfosten wieder auf Null ab. Dabei fährt er die Position millimetergenau an. Insgesamt können im Tor 32 Positionen angefahren werden. Das intelligente Servoverstärker-System Moviaxis besteht aus einem Achsmodul mit frei verschaltbarer Funktionalität sowie einem Versorgungsmodul. Es versorgt die angeschlossene Achse mit Energie. Zusammen mit anderen Goalias-Komponenten findet der Servoumrichter in einem Schaltschrank Platz.

Lichtvorhang minimiert Sicherheitsrisiken

Um Gefahrensituationen zu vermeiden, wurde gemeinsam mit dem TÜV Südwest ein Konzept zur Vermeidung von Sicherheitsrisiken entwickelt. Es musste sicher verhindert werden, dass Personen in die Nähe von Goalias geraten, wenn er im Einsatz ist. Das heißt, es darf sich niemand im Tor aufhalten, während der Keeper gerade versucht, einen Ball zu halten. Dazu wacht während des Betriebs eine Aufsichtsperson über die Anlage und kann sie jederzeit über den Not-Halt-Knopf des Bedienpults stoppen. Als zusätzliche Sicherheitsmaßnahme kommt ein Lichtvorhang zum Einsatz, der mindestens fünf Meter vor dem Tor angebracht werden muss. Dieser Vorhang hat mehrere horizontale Strahlengänge. Werden mehr als drei dieser Strahlen unterbrochen, durchdringt ein Gegenstand die Lichtschranke, der größer als der Fußball ist und Goalias wird sicher (nach DIN 954-1 Kat 3) gestoppt. Ferner verhindern Schutzzaunelemente, dass sich Personen seitlich in den Gefahrenbereich begeben. Für den sehr unwahrscheinlichen Fall, dass der Antrieb nicht abbremst und über sein Ziel hinausschießt, werden zum Schutz der Zuschauer Schutzgitterelemente aufgestellt, die den Torwart im Notfall abfangen können.

Das Duell: David gegen Goalias

Nach dem Alten Testament besiegte der Jüngling David den Riesen Goliath mit einer Steinschleuder. Die Wissenschaftler des IAS nahmen die biblische Erzählung zum Vorbild für ein neues Projekt, die Schussvorrichtung David. Sie schleudert Fußbälle mit hoher Geschwindigkeit und Trefferquote heraus. Die Ballschussmaschine David in Form eines überdimensionierten Fußballschuhs ist der Herausforderer des automatisierten Torhüters Goalias. Sie versucht, ihn an seine Grenzen bringen. Zwar gibt es einen kleinen „Konkurrenzkampf“ zwischen den Entwicklern von Goalias und David, jedoch sind beide Roboter ähnlich leistungsfähig, was auch so beabsichtigt ist.

Michael Rauscher, ehemaliger wissenschaftlicher Mitarbeiter am IAS und damals Leiter des Projekts, erläutert: „David schießt sehr stark und sehr präzise – und vor allem wiederholt präzise.“ Er fährt fort: „Mit dieser Maschine lässt sich die Flugbahn festlegen, darunter auch eingedrehte Bälle.“ Was nach Auskunft von Rauscher besonders schwierig ist.

Via Tablet Bälle schießen

In der Ballschussmaschine kommen Standard-Antriebskomponenten zum Einsatz. Das Herzstück der Anlage bilden zwei 5,5-kW-Asynchronmaschinen von SEW-Eurodrive. Die Beschleunigung erfolgt über zwei parallel laufende Zahnriemen im Inneren der Maschine. Jeder Motor wird über einen separaten Servoumrichter Moviaxis angesteuert. Dadurch kann man die Bänder unterschiedlich schnell laufen lassen und somit die Bälle anschneiden und Bananenflanken sowie über eine Mauer schießen.

Per Tablet wählt der Bediener aus, wo genau der Ball im Tor landen soll. Dabei hat er verschiedene Möglichkeiten: Er kann eine Mauer einbauen und die Ballschussgeschwindigkeit variieren. Wählt er die Schussstärke Jugend, schießt David etwa 80 km/h schnell, bei Regionalliga bis 100 km/h und bei der Bundesliga bis zu stolzen 120 km/h. In der Championsleague können die Bälle sogar eine Mündungsgeschwindigkeit bis 140 km/h erreichen. Wenn David seine jeweilige Nenngeschwindigkeit erreicht hat, leuchtet eine grüne Lampe auf und der Bediener kann den Ball einlegen.

In der Maschine arbeiten auch noch weitere Antriebe von SEW-Eurodrive. Zwei Linearzylinder CMS 50 S ermöglichen die winkelsynchrone Verstellung des vertikalen Neigungswinkels. Mit Hilfe eines asynchronen Getriebemotors kann sich die gesamte Maschine auch um ihre vertikale Längsachse drehen. Ein weiterer Antrieb kann die Bänder noch um ihre Mittelachse drehen. Die Umrichter und weitere elektrische Komponenten befinden sich in einem separaten Schaltschrank. Die komplette Ansteuerung der Achsen erfolgt per Tablet über den Microcontroller und CAN-Bus.

* Gunthart Mau, Referent Fachpresse, SEW-Eurodrive

(ID:42750456)