Roboter Der Cobot, mein neuer Kollege

Autor Katharina Juschkat

Mensch und Roboter sind heute ein gutes Team – das funktioniert aber nur, wenn der mechanische Kollege genauestens weiß, was sein menschliches Gegenstück macht. Wir zeigen, wo Cobots heute schon stehen und was sie leisten.

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Die beiden kollaborierenden Roboter Sawyer und Baxter sind schon in einigen Werkshallen im Einsatz. Aber wie arbeitet es sich mit einem Roboter als Kollegen?
Die beiden kollaborierenden Roboter Sawyer und Baxter sind schon in einigen Werkshallen im Einsatz. Aber wie arbeitet es sich mit einem Roboter als Kollegen?
(Bild: Rethink Robotics)

Er greift sanft nach dem Werkstück und schiebt es weiter zu seinem Kollegen. Er nimmt genau wahr, was sein Kollege macht und wie nahe er ihm kommt. Als der Kollege ihn versehentlich am Arm berührt, stoppt er innerhalb eines Sekundenbruchteils. Erst, als der Weg wieder frei ist, setzt er seine Bewegung fort und holt das nächste Werkstück. Sein Kollege ist ein menschlicher Arbeiter, aber er ist ein sogenannter „Cobot“ – ein kollaborierender Roboter. Die mechanischen Kollegen sind immer häufiger zu sehen – auf der diesjährigen Hannover Messe haben sie an vielen Ständen Kaffee serviert und Hände geschüttelt. Aber sie sind heute längst mehr als eine Spielerei auf den Messen – immer mehr Unternehmen setzen auf echte Mensch-Roboter-Kollaboration.

Die Zahlen des VDMA Robotik bestätigen diesen Trend: Der Umsatz der Robotikbranche steigt seit sieben Jahren kontinuierlich an – zuletzt verzeichnete die Branche einen Umsatzrekord von 12,8 Mrd. Euro im Jahr 2016 – für 2017 rechnet der Verband mit einem weiteren Wachstumsplus von sieben Prozent. Stefan Hartung, der Geschäftsführer von Bosch, ist der festen Überzeugung, dass sich dadurch der Arbeitsalltag in der Fertigung in Zukunft grundlegend verändern wird: „Mensch und Maschine werden enger zusammenarbeiten als je zuvor. Industrie 4.0 unterstützt Mitarbeiter und erleichtert ihnen die Arbeit.“

Unsere Bildergalerie zeigt, wo Cobots heute schon eingesetzt werden:

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Mit dem Roboter Arbeitsplätze sichern

Der kollaborierende Roboter Apas Assistant von Bosch teilt sich bereits in einigen Betrieben den Arbeitsplatz mit einem Menschen. Ein herausragendes Beispiel, wie für den Menschen ein großer Vorteil aus der Kollaboration entsteht und Arbeitsplätze gesichert werden, ist das Inklusionsprojekt „Aquias“: Im Montagewerk Isak in Sachsenheim nahe Stuttgart unterstützt Apas verschiedene Tätigkeiten schwerbehinderter Produktionsmitarbeiter. An dem neuen Roboter-Arbeitsplatz steht der Werker unmittelbar neben Apas. Der Cobot arbeitet dem Menschen zu, indem er die Werkstücke holt und weitergibt sowie körperlich anstrengende Aufgaben übernimmt, die von manchen Mitarbeitern zuvor nicht ausgeführt werden konnten. Der Arbeitsplatz befindet sich zudem an einem individuell höhenverstellbaren Tisch, der je nach Größe der Mitarbeiter eingestellt werden kann – Apas registriert auch im laufenden Betrieb die veränderte Tischhöhe und passt sich an.

Die Stärke von Mensch und Roboter kombinieren

Die Idee hinter den neuen Kollegen ist, dass sie den Menschen ergänzen, nicht ersetzen. Die Mensch-Roboter-Kollaboration will die Stärken des Roboters wie Kraft, Wiederholgenauigkeit, Geschwindigkeit und Qualität mit den Stärken des Menschen wie Lernfähigkeit, Nutzen von Erfahrung, sinnliche Wahrnehmung, Kreativität und Improvisation kombinieren – damit auch der Mensch davon profitiert, erklärt Robotikhersteller Kuka in einer Pressemitteilung. Die kollaborierenden Roboter können Montagearbeiten übernehmen, aber auch schwere oder ausladende Bauteile heben, drehen oder halten, um den Mitarbeiter zu entlasten. Und durch den Verzicht auf die klassischen baulichen Schutzeinrichtungen wie Käfige sparen Anwender Kosten und optimieren den Arbeitsablauf zwischen Mensch und Roboter.

Diese Art von Roboter findet vor allem in der Herstellung von Geräten und anderen Gütern oder im Transportwesen Anwendung. Führend ist auch die Automobilindustrie. „Die bekanntesten Vertreter sind sicherlich die Bestückungsroboter“, erklärt Wanjing Su, Sachverständige im Bereich Funktionale Sicherheit bei TÜV Nord. „Industrieroboter übernehmen mittlerweile aber auch filigrane Tätigkeiten, zum Beispiel in der Handyfertigung, in Verpackungsapplikationen und in der Maschinenfertigung.“

Jakob Berghofer, Produktmanager des LBR iiwa von Kuka, sieht das ähnlich: „Wir sehen kollaborierende Roboter vor allem in Bereichen, die heute kaum oder gar nicht automatisiert sind“, erklärt Berghofer. „Daher ist es für uns essentiell, eng mit Kunden, Partnern und Forschern zusammenzuarbeiten und neue Einsatzfelder zu identifizieren.“

27. September 2017 in Würzburg - Kongress für funktionale Sicherheit

Anwendertreff zu denThemen der funktionale Sicherheit von Maschinen und Anlagen sowie der funktionaler Sicherheit in der Praxis. Am 27. September 2017treffen sich zum 5. Mal Maschinensicheits-Experten auf dem Anwendertreff Maschinensicherheit in Würzburg.

Sicherheitstechnik in den Roboter verlagert

Wenn Roboter nicht mehr in Käfigen gehalten werden, sondern sich mehr oder weniger frei zwischen den Menschen bewegen, muss die Sicherheit bei ihrer Entwicklung und Herstellung im Vordergrund stehen. Die entsprechende Sicherheitstechnik wird dazu heute ins Innere des Roboters verlagert. Der TÜV Nord zählt folgende Punkte auf, die beim Design und der Konfigurierung von kollaborierenden Robotern beachtet werden müssen:

  • Ein Sicherheitskonzept muss vorhanden sein,
  • Entwicklung des Roboters auf fehlersicheres Verhalten,
  • Klare Abgrenzung des Arbeitsbereichs, den der Roboter erkennt,
  • Funktionierende Stopp-Funktion an den definierten Grenzen,
  • Definition aller Limits, z.B. Krafteinsatz und Geschwindigkeit.
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Integrierte Sensorik in allen Roboterachsen sorgt dafür, dass der Roboter die Umwelt „fühlen“ und unmittelbar darauf reagieren kann. Apas beispielsweise ist mit einer speziellen Sensorhaut ausgestattet, die sofort erkennt, wenn sich ein Arbeiter nähert. Der Cobot stoppt, bevor es zu einer Berührung kommen kann.

Wie viel Druck darf ein Cobot ausüben?

Der LBR iiwa von Kuka besitzt in allen sieben Achsen eingebaute Gelenkmomentensensoren – laut Hersteller ein bisher einzigartiges Konzept. Sie reagieren auf geringe Kräfte von außen und ermöglichen sicheren Kollisionsschutz. Bei unerwartetem Kontakt reduziert der Roboter in Sekundenbruchteil sein Tempo und damit seine kinetische Energie auf ein Maß, das Verletzungen unterbindet.

Um festzustellen, welche Drücke der Cobot auf den Menschen ausüben darf, hat Pilz das Kraft- und Druckmesssystem PROB-ms im Portfolio, das MRK-Applikationen validiert. Im Set enthalten ist ein Kollisionsmessgerät gemäß ISO/TS 15066. Das Kraft- und Druckmesssystem ist international auf Mietbasis erhältlich. Auch der Safety Laser Scanner PSEN-Scan unterstützt Anwender von Roboterapplikationen: Insbesondere in schlecht einsehbaren Gefahrenbereichen können Personen leicht unbemerkt bleiben. Im Gegensatz zur Absicherung durch Lichtgitter überwacht PSEN-Scan permanent den gesamten Gefahrenbereich. Befindet sich noch eine Person im Gefahrenbereich, läuft die Anlage nicht weiter. Das sorgt für eine gesteigerte Produktivität sowie Ergonomie der Anlage und erhöht gleichzeitig die Sicherheit.

Bildverarbeitung lässt den Roboter sehen

Eine weitere Schlüsseltechnologie für die Robotik ist die Bildverarbeitung, denn sie verleiht den Robotern die Fähigkeit zu sehen. Der Cobot Sawyer von Rethink Robotics beispielsweise ist für Aufgaben entwickelt worden, die Bildverarbeitung erfordern: Test und Inspektion, Platinenbestückung oder Pick and Place sind nur ein paar Beispiele. Leistungsstarke Bildverarbeitung ist also essentiell, weil es bei Mensch-Roboter-Kollaborationen sehr häufig um visuelle Aufgaben geht. Zu diesen Aufgaben hinzu kommt das Robot Positioning System: Wird Sawyer verlegt, kann er sich dynamisch neu ausrichten und ist sofort einsatzbereit – Kalibrierung ist nicht nötig.

Von der Kollaboration zur Eigenständigkeit

Die Zukunft der Robotik liegt auch im sogenannten lernenden Roboter. „Diese Maschinen lernen wie Menschen durch Beobachten und Nachahmung, Versuch und Irrtum. Fehler machen ist ihnen erlaubt. Allerdings entstehen dadurch neue Gefahrenquellen“, sagt Wanjing Su vom TÜV Nord. Obwohl es derzeit keine verbindliche Normen zur Prüfung der Sicherheit dieser Roboter gibt, gibt es Möglichkeiten, sie zu testen: „Wenn bei lernenden Robotern die Lernfähigkeit unter Einhaltung klarer Grenzen wie Krafteinsatz, Arbeitsbereich oder Geschwindigkeit stattfindet, die Lernfunktion faktisch im Käfig stattfindet, können entsprechende Prüfkriterien angewandt werden“, erklärt Su. Noch befänden sie sich in der Forschungsphase. Aber hinter den Kulissen tut sich einiges: Lernende Roboter besitzen ein riesiges Zukunftspotenzial.

27. September 2017 in Würzburg - Kongress für funktionale Sicherheit

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