Ethernet Der Gesamtprozess braucht eine Ethernet-Plattform für alle Applikationen

Autor / Redakteur: Ines Näther / Ines Stotz

Die Harting Technologiegruppe verfolgt die Vision eines ganzheitlich offenen Ethernets für alle Prozesse eines produzierenden Unternehmens — vom Büro bis in die Fertigung. Dafür hat der Netzwerk- und Verbindungsspezialist weitreichende Konzepte vorgelegt, Standards entwickelt, Produkte auf den Markt gebracht – und Automation-IT bereits beispielhaft umgesetzt.

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Es gibt zwar kein endgültiges Patentrezept für langfristigen unternehmerischen Erfolg. Doch eine mitarbeiterorientierte Unternehmenskultur und das damit eng verbundene Engagement der Mitarbeiter ist ein sehr wichtiges Potenzial für den Erfolg und die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens. Eine Atmosphäre, die bei Harting am Hauptstandort im ostwestfälischen Espelkamp überall deutlich wird: „Es ist ein gutes Gefühl bei Harting zu arbeiten“, lassen Mitarbeiter verlauten. Es soll vor allem der Geist des Familienunternehmens sein, das zu bleiben, sich Harting als eines seiner großen Ziele auf die Fahnen geschrieben hat.

Und alle Zeichen stehen voll auf Wachstum: Mit einem weltweiten Umsatz von 345 Mio. Euro ist es der Technologiegruppe im vergangenen Geschäftsjahr wiederum gelungen, eine deutliche Steigerung zu erreichen. Auch mit 411 neuen Arbeitsplätzen zeigt Harting, was eine der wichtigsten Grundlagen seines unternehmerischen Erfolges ist: „nämlich kompetente und engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, wie Unternehmer Dietmar Harting betont. Von den mehr als 3000 weltweit Beschäftigten, arbeiten etwa 1600 in Espelkamp. Dabei existieren 150 verschiedene Arbeitszeitmodelle – um die individuellen Bedürfnisse der Beschäftigten so gut wie möglich zu erfüllen.

Kurze Wege zu den Kunden

Ziel dabei ist es, leistungsfähig zu bleiben, um letztendlich die Kundenleistung voranzubringen. „Wir haben die Kundenorientierung schon immer groß geschrieben und verdanken nicht zuletzt ihr den nachhaltigen Erfolg“, erklärt Anne Bentfeld, Prokuristin und Zentralbereichsleiterin Publizistik und Kommunikation bei Harting. „Zu wissen, was die Kunden brauchen und sich darauf frühzeitig und flexibel einstellen, das ist unser großes Plus, darum bemühen wir uns und haben das auch in den letzten Jahren sehr stark vorangetrieben.“ Mit der Ausweitung des globalen Netzwerkes für Vertrieb, Fertigung und Entwicklung werden so die Wege zu den Kunden immer kürzer. Durch die Eröffnung neuer Produktionsstätten im rumänischen Sibiu und im chinesischen Zhuhai im Jahr 2007 hat Harting zudem seine globale Präsenz wiederum verstärkt – und verfügt mittlerweile in 40 Ländern über Tochtergesellschaften und Vertretungen.

Harting-Produkte im Dienst: Die Technologiegruppe setzt bei der Fertigung seiner Industriesteckverbinder auf seine eigenen Produkte — hier im Bereich der mechanischen Fertigung. (Archiv: Vogel Business Media)

Ein weiterer Schwerpunkt sind Forschung und Entwicklung, deren Investitionen auch deutlich gesteigert wurden. Als Basis für Innovationen dienen sie dem Ausbau der Kernmärkte — etwa Maschinenbau, Bahntechnik und Fabrikautomation — sowie die Erschließung neuer Märkte in einer sich mehr und mehr vernetzenden Welt. Schließlich sind überall dort, wo es um die Energieerzeugung und –übertragung, das Steuern von Maschinen und Anlagen sowie den strategischen Betrieb von industriellen Kommunikations-Netzwerken geht, die Produkte von Harting im Einsatz.

Im Dreiklang: Installation, Device-Connectivity, Netzwerksysteme

Dabei stützt sich das Unternehmen auf drei wesentliche Säulen: Installation, Device-Connectivity – also die Geräteschnittstellen — und Netzwerksysteme. „Wir bilden Netzwerke ganzheitlich ab, in dem den Kunden nicht nur isolierte Einzellösungen, etwa für die Installation, sondern im Dreiklang immer harmonisch abgestimmte Lösungen für seine Applikation angeboten werden“, beschreibt Andreas Huhmann, Strategic Marketing, Division Industrial Communication and Power Networks (ICPN) bei Harting. „Wir bieten wir ein abgestimmtes Produktportfolio über diese drei Bereiche – für eine unkomplizierte und sichere Installation einer Maschine, die intelligente Vernetzung einer Anlage und die Ausrüstung eines Automatisierungsgerätes mit der passenden Geräteschnittstelle.“

Dabei profitiert besonders die Geräteschnittstelle von dieser ganzheitlichen Betrachtung, denn was bringen Netzwerkstandards, wenn der Steckverbinder nicht passt oder die aufwändige Installation des Gerätes dessen Einsatz unwirtschaftlich macht? Aus dem Netzwerksystem wird die technische Anforderung an die Geräteschnittstelle generiert. Die Applikation des Anwenders gibt die Installationsanforderungen vor. Der elektronische und mechanische Aufbau des Gerätes bestimmen schließlich die Integrationsmtehode.

Vom Office in die Industrie

Im Bereich der Netzwerksysteme liegt Hartings offensichtliche Stärke heute darin, die neuesten Technologien und Lösungen, die sich im Office-Bereich durchgesetzt haben, für die Industrie zu adaptieren. Dabei widmet die Unternehmensgruppe besondere Aufmerksamkeit dem Thema Automation IT. „Hiermit gehen wir einen Schritt weiter, denn es geht um das unaufhaltsame Zusammenwachsen von Office- und Fabrikkommunikation“, hebt Huhmann hervor. Das bedeutet, es soll ein ganzheitlich offenes Ethernet für alle Prozesse eines produzierenden Unternehmens geschaffen werden.

„Die Automatisierung ist keine Insel mehr, sie muss sich vielmehr in einer wesentlich größeren – unternehmensweiten — Infrastruktur begreifen, damit die Kommunikation ohne Gateways, also ohne künstliche Barriere funktionieren kann“, begründet der Experte. Somit bildet Automation IT die Synthese aus Industrial Automation und Office IT. Damit will der Espelkamper Spezialist für Verbindungstechnologie das Beste beider Welten zusammenbringen und integrierte Lösungen für die gesamte Produktion schaffen, produktionsbezogene Daten z.B. über RFID-Technologie in ERP-Systeme einfügen sowie Prozesse, Verwaltung, Organisation, Planung und Produktion nahtlos vernetzen.

Ethernet ist angekommen

Dass das durchaus keine Zukunftsmusik mehr ist, hat das Unternehmen bereits bewiesen: Denn dieses Konzept ist im neuen chinesischen Werk in Zhuhai beispielhaft umgesetzt und erprobt. Und nicht nur das, es ist in die weltweite Kommunikation der Harting-Werke eingebunden. Die Unternehmensgruppe hat damit durchaus ein Zeichen gesetzt, was die Resonanz im Markt, so Huhmann, auch beweise. „Wir gehen ganz klar damit einen Netzwerkweg und stellen es – als Grundlage der Kommunikation – autark dar.“ So sei ein Netzwerk kein Automatisierungs-Zubehör, wie es etwa im Feldbuszeitalter war, sondern im Ethernet-Zeitalter ein in sich intelligentes System, das von unterschiedlichsten Applikationen genutzt wird.

„Ganz wichtig dabei ist, dass Automation IT nur durch einheitliche Ethernet-Standards funktioniert, nämlich nach der Norm IEEE 802.3“, betont Andreas Huhmann. Hier habe man in den letzten Jahren auch viele Abweichungen erlebt, indem man versucht hat, Ethernet zu einem Feldbus zu verbiegen. Ursprünglich nur für Prozesse aus dem Office-IT-Umfeld entwickelt, muss Ethernet im Rahmen von Automation IT allerdings spezifische Automatisierungsanforderungen nach Echtzeit und Deterministik berücksichtigen.

Standard-Ethernet ist Grundvoraussetzung

Standard-Ethernet als Voraussetzung einer Kommunikationsplattform (Archiv: Vogel Business Media)

„Um Ethernet dahingehend erst einmal zu ertüchtigen, brauchte es die Zeit und Diskussion. Erst heute sind wir in der Lage, Ethernet durchgängig für alle Applikationen einzusetzen“, erklärt der Netzwerk-Spezialist. Im ersten Schritt hat Harting zunächst nachgewiesen, dass Standard-Ethernet als Kommunkationsstandard universell einsetzbar ist, im zweiten Schritt wurde die Installation an die spezielle Applikation angepasst. Darauf folgte, alle Applikationen in eine Kommunikationsplattform zu integrieren, was in einer Multivendor-Präsentation aufgezeigt wurde. „Momentan sind wir dabei, die Automatisierungs-Profile auf der Plattform mit abzubilden, denn die Automatisierung hatte zwischenzeitlich eigene Standards gesetzt, die zum Teil erheblich vom Standard-Ethernet abweichen“, so Huhmann. In diesem Kontext nennt er als geeignete Automatisierungsprofile Profinet und Ethernet IP — die beide zu Standard-Ethernet kompatible Kommunikation unterstützen. Mit Automation IT entsteht also eine Konvergenz von Netzwerken, die in industriellen Applikationen bisher nebeneinander betrieben wurden und zu einem Nebeneinader von Ethernet und Feldbus geführt haben.

Meilensteine des Automation IT-Konzeptes (Archiv: Vogel Business Media)

Soll heute eine Feldbus-Welt durch eine Ethernet-Welt ersetzt werden, macht das nur Sinn, wenn es auch einen Nutzen bringt. Und der liegt in der Kosteneinsparung mittels der Substitution vieler Netzwerke durch ein universelles Ethernet-Netzwerk und die Prozessoptimierung durch barrierefreie Kommunikation zwischen allen Applikationen.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, dass Harting das Thema Automation IT von Beginn an als Partnerschaftskonzept verstanden hat – als gemeinschaftliches Commitment zu entsprechenden Standards – wie beispielsweise zur IEEE 802.3 mit Ethernet und auch zu den entsprechenden Verkabelungs-Standards wie der IEC 24702. „Das ist unsere Botschaft an die Anwender“, sagt Huhmann. „Wir werden den Begehrlichkeiten der vielfachen proprietären Lösungen mit Mut entgegentreten und zeigen, dass es auch mit dem Standard geht.“

Für jede Applikation das passende Installationskonzept. (Archiv: Vogel Business Media)

Gleichzeitige Datenverteilung und Spannungsversorgung

Neben der Verteilung von Daten hat Ethernet mit Power-over-Ethernet (PoE) noch eine zusätzliche Aufgabe übernommen, nämlich die Endgeräte mit Spannung zu versorgen. Das macht es zum weltweit einzigen Standard für die Spannungsversorgung von Geräten.

PoE setzt dabei auf reine Sterntopologien und auf den RJ45-Steckverbinder. Daher ist die Versorgungsleistung von Teilnehmern heute auf <15 Watt limitiert. Es existieren auch in der Automatisierung Anwendungen mit dieser geringen Leistung, vielfach ist aber auch eine höhere Leistung notwendig. Daher setzt Harting neben dem RJ45 einen weiteren Hybridsteckverbinder für die Versorgung von Geräten mit Ethernetkommunikation und Leistung ein.

„Heute sind wir in der Lage, Signalströme bis 32 Volt und maximal 5 Ampere zu betreiben, also etwa kleine Stellmotoren, intelligente Sensoren und Aktoren einzubinden“, verdeutlicht Wolfgang Neumann, Director ICPN bei Harting. Das beispielsweise realisiert Harting mit dem PushPull Hybrid – ein Power-Steckverbinder, der zugleich auch Ethernet-Steckverbinder ist.

Standard-Ethernet im Feld: Der Harting PushPull-Steckverbinder (Archiv: Vogel Business Media)

„Damit ist unser PushPull-Portfolio heute so rund, dass es für alle Applikationen in der Industrie einsetzbar ist“, sagt Neumann. Ein Vorteil, denn gerade in den Maschinen-Einzelinstallationen gibt es unterschiedliche Installationsphilosophien, die maßgeschneiderte Installationstechnik für die einzelnen Applikationen erfordert. Harting bietet deshalb nicht nur ein umfassendes Sortiment an Industrial-Ethernet-Switchen – von Plug-and-Play-Switchen bis hin zu komplexen gemanagten Switchen an, sondern hat zudem industrietaugliche, robuste Kabel und Steckverbinder in seinem Portfolio.

Gigabit-Ethernet ist ein Muss-Kriterium

Wurde ursprünglich für die Industrie ein klarer Kurs Richtung Fast-Ethernet gefahren, so findet heute die zusätzliche Bandbreite, die die Gigabit-Ethernet-Technologie bietet, auch für industrielle Applikationen Anwendung, denn sie kann außergewöhnliche Verbesserungen in der Performance für die Automatisierung bieten. „Gigabit-Ethernet ist zukünftig ein Muss-Kriterium, da es immer mehr Applikationen erfordern werden und es in Endgeräten als Standardtechnik integriert sein wird“, prognostiziert Andreas Huhmann. Dabei bleibt Ethernet in der Industrie stets primär durch die IT-Technologie geprägt und wird die Geschwindigkeit, die dort vorgegeben wird, mitgehen. Oder anders ausgedrückt: Die Performance der Netzkomponenten richtet sich immer am „State of the art-Ethernet“ aus.

„Das heißt für uns, dass wir uns sowohl bei der aktiven als auch der passiven Infrastruktur auf Gigabit-Ethernet einstellen. Zudem haben wir im gesamten Produktportfolio bereits Switches, die Gigabit-Ethernet unterstützen – sowohl bei den managed als auch bei den unmanaged Switchen“, betont Wolfgang Neumann.

Und auch bei den passiven Komponenten hat Hartiing jetzt mit der PushPull-Variante 4 in der ISO/IEC 24702 einen weltweiten Standard für IP67 Ethernet-Steckverbinder setzen können. Denn diese ist offen für Kategorie 5-Applikationen und deckt damit Gigabit/s-Ethernet ab, wird aber künftig auch für Kategorie 6-Applikationen und damit für 10-Gigabit/s Ethernet nutzbar sein.

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