Interview mit Pepperl+Fuchs Durch Näherungsschalter von Siemens mehr Geschäft mit Sensoren

Redakteur: Ines Stotz

Walter Pepperl erfand bereits vor über 50 Jahren den induktiven Näherungsschalter. Pepperl+Fuchs bezeichnet sich selbst als der Pionier und einer der Weltmarktführer auf diesem Gebiet. Jetzt hat das mittelständische Familienunternehmen das Geschäft mit Näherungsschaltern von Siemens übernommen. Dr. Gunther Kegel, Vorsitzender der Geschäftsführung, erläutert im Gespräch die Hintergründe und die weitere Entwicklung.

Anbieter zum Thema

Dr. Kegel, was hat Pepperl+Fuchs veranlasst nun die Näherungsschalter von Siemens zu übernehmen?

Die Übernahme hat drei wesentliche Aspekte: Im Bereich Ultraschall bauen wir unsere Marktführung deutlich aus. Bei den induktiven Näherungsschaltern helfen die zusätzlichen Umsätze, unsere Fabriken besser auszulasten, und tragen deutlich zur Deckung anderer Kosten bei. Nicht zuletzt gewinnen wir aber auch ein hervorragend eingearbeitetes Team an Sensorspezialisten hinzu.

Wie soll die Siemens-Sparte in die Pepperl+Fuchs-Gruppe integriert werden?

Die Integration soll für unsere Kunden möglichst ohne sichtbare Veränderung erfolgen. Produkte und Produktbezeichnungen bleiben unverändert, das gesamte Portfolio wird von Pepperl+Fuchs weiter produziert.

Wird der Siemens-Standort oder Teile davon in Ihre Standorte integriert?

Zunächst übernehmen wir etwa 30 Personen aus Amberg und Nürnberg, im Wesentlichen aus dem Produktmanagement und der Entwicklung. Diese Mitarbeiter bilden ein neu geschaffenes Kompetenzzentrum Ultraschallsensorik in Amberg. Des Weiteren übernehmen wir etwa 70 Personen am Standort Trutnov, die dort die Herstellung der induktiven Näherungsschalter fortsetzen sollen.

Gibt es Überschneidungen und welche Synergieeffekte erhoffen Sie sich zwischen beiden Geschäften?

Synergien sind das Sahnehäubchen von Akquisitionen. Eine Übernahme sollte diese Synergien aber nicht von vornherein fest mit einkalkulieren, weil sich die Potentiale häufig als überbewertet herausstellen. Wir sehen vor allem die Hinzugewinne von fähigen Mitarbeitern und Geschäften im Vordergrund. Überschneidungen in den Portfolios werden sich, wenn überhaupt, nur sehr langfristig synergetisch nutzen lassen.

Welcher konkrete Nutzen entsteht daraus am Markt für Ihre Partner bzw. Kunden?

Der Nutzen ist klar: Wir vergrößern unsere geschäftliche Basis und verdoppeln unsere Innovationsteams im Bereich Ultraschall – hier dürfen die Kunden einige interessante Neuigkeiten erwarten.

Welche sind dies?

Bei den induktiven Näherungsschaltern steht sicher die Fähigkeit im Vordergrund, kostengünstige kundenspezifische Bauformen zu generieren und somit innovative Applikationen zu erschließen. Das sieht bei der Ultraschallsensorik doch noch anders aus. Sie hat noch immer den Anschein des Exotischen – wenn alle anderen Verfahren versagen, wählt man diese Technologie! Diese Vorbehalte wollen wir ausräumen und die Ultraschallsensorik zum fest etablierten Bestandteil der Fertigungssensorik machen.

Welche Märkte sind für Sie hier am wichtigsten?

Natürlich stehen zurzeit die Wachstumsmärkte in China, Brasilien und Indien im besonderen Fokus – wo sonst kann man Jahr für Jahr zweistelliges Wachstum erzielen? Aber auch in Europa gibt es viele neue Applikationen, die wir uns noch erschließen können. Der Bereich erneuerbarer Energien mit photovoltaischen Anlagen und Windkraftwerken wird ein riesiges Anwendungsfeld auch für Näherungsschalter.

Wie positioniert sich Pepperl+Fuchs nun in seinen Märkten und im Wettbewerb, wie wichtig ist der Standort Deutschland?

Deutschland ist nach wie vor unser größter Markt und die enorme geographische Dichte an Maschinenbauern und Endkunden – zum Beispiel aus der Automobilindustrie – lässt vermuten, dass das noch eine Weile so bleiben wird. Der enorme Wettbewerbsdruck in Deutschland hat letztendlich dazu geführt, dass die deutschen Hersteller von Näherungsschaltern auch außerhalb Deutschlands sehr erfolgreich sind.

Was für einen Stellenwert nimmt der Geschäftsbereich Näherungsschalter im gesamten Pepperl+Fuchs-Portfolio ein?

Die Näherungsschalter sind gemeinsam mit den Komponenten für den eigensicheren Explosionsschutz das Fundament der Pepperl+Fuchs-Gruppe und sind auch heute noch die umsatz- und ergebnisstärksten Produktgruppen.

Was umfasst das Spektrum der Näherungsschalter jetzt insgesamt?

Wir zählen zu den Näherungsschaltern die induktiven und kapazitiven Varianten und die Ultraschallsensorik. Das ist nicht ganz korrekt, da die meisten Ultraschallsensoren genau genommen keine Schalter, sondern analoge Abstandssensoren sind. Auf der anderen Seite gibt es im Bereich Optosensorik viele Lichtschranken und Taster, die man auch zu den Näherungsschaltern zählen könnte, die bei uns aber unter dem Überbegriff „Optosensorik“ zusammengefasst sind.

Das technische Prinzip der induktiven Näherungsschalter ist immer noch das Gleiche wie vor 50 Jahren und auch die Absatzzahlen sind nach wie vor steigend. Was ist das Geheimnis?

Das Geheimnis oder besser die Grundlage für den andauernden Erfolg ist die permanente Entwicklung neuer, kundenspezifischer Bauformen, mit der wir, aber auch andere Hersteller sich ständig neue Kunden und Applikationen erschließen. Auch das Auto nutzt seit 100 Jahren Benzin- und Dieselmotoren und hat fast immer vier Räder, trotzdem steigt die Zahl zugelassener PKWs ständig an. Ein Fahrzeug von heute erfüllt zwar noch immer einen ähnlichen Zweck, ist aber mit Fahrzeugen aus der Pionierzeit nicht mehr vergleichbar. Ähnliches gilt auch für den induktiven Näherungsschalter, dessen Potentiale noch lange nicht erschöpft sind.

Auch moderne Näherungsschalter müssen sich den steigenden Anforderungen in der Automatisierung anpassen. So müssen etwa immer größere Schaltabstände realisiert werden und immer mehr Schnittstellen wandern in die Geräte – wie realisieren Sie das angesichts des harten Preiskampfes?

Höhere Schaltabstände waren eine echte technische Herausforderung. Mittlerweile können die meisten Hersteller diese zu annähernd gleichen Kosten produzieren. Ob hier seitens der Kunden noch größere Schaltabstände gefragt sind, ist noch nicht abschließend beantwortet. Es gibt auch aus dem Blickwinkel der Applikationen gute Gründe, es bei den jetzigen Verhältnissen zwischen Spulendurchmesser und Schaltabstand zu belassen. Was die Schnittstellen angeht, dominiert noch immer die binäre 24-Volt-Schnittstelle. AS-Interface und I/O-Link sind zurzeit eher Speziallösungen oder komplexeren Sensorvarianten vorbehalten.

Welche technologischen Entwicklungen oder Innovationen werden sich hier künftig durchsetzen, welche Probleme sind dabei noch zu lösen?

Das Hauptproblem von AS-Interface und I/O-Link sind nach wie vor die relativ hohen Kosten, die mit einer Integration in den Sensor und der Implementierung der Anschaltung an die SPS verbunden sind. Näherungsschalter werden heute teilweise unter 10 Euro verkauft. Eine Integration von AS-Interface oder I/O-Link würde da eine Verteuerung von wenigstens 50 Prozent darstellen. Hinzu kommt die deutlich teurere SPS-Anschaltung. Bei komplexeren Sensoren sieht das natürlich anders aus. Die Zusatzkosten sind aufgrund des ohnehin vorhandenen Mikrocontrollers marginal und der Kundennutzen vor allem in Bezug auf Parametrierung und Diagnose deutlich.

Wird sich Ihr Markt- bzw. Wettbewerbsumfeld in den nächsten Jahren weiter verändern?

Die bereits sichtbare Konsolidierung wird sich weiter fortsetzen. Während in Europa und USA weitere Hersteller verschwinden bzw. übernommen werden, werden vermutlich einige neue Global-Player aus China hinzukommen. Für die etablierten Hersteller heißt das, man muss sich mit dem Thema Konsolidierung auseinandersetzen und sich auf einen Wettbewerb aus China vorbereiten. Hier sind vor allem die deutschen Hersteller gut positioniert.

Pepperl+Fuchs ist auf Expansionskurs und hat in den vergangenen zehn Jahren einige Firmen übernommen, gibt es weitere Expansionspläne?

Wir sind jetzt natürlich mit der Integration gut beschäftigt. Außerdem entwickeln sich unsere Märkte zurzeit prächtig, so dass der Konsolidierungsdruck zunächst einmal etwas nachlassen wird. Insofern ist es unser Ziel, auch durch weitere Übernahmen zu wachsen, aber zurzeit haben wir keine konkreten Vorhaben.

(ID:353296)