Bildverarbeitung Ein starkes Duo

Redakteur: Ines Stotz

Ein Schlüsselfaktor in der industriellen Bildverarbeitung ist immer noch die Übertragungsmethode der Daten – wie also die Bilddaten am einfachsten, schnellsten und preiswertesten von

Anbieter zum Thema

Ein Schlüsselfaktor in der industriellen Bildverarbeitung ist immer noch die Übertragungsmethode der Daten – wie also die Bilddaten am einfachsten, schnellsten und preiswertesten von der Kamera in den PC kommen. Ins Rampenlicht der Kamerahersteller rücken hier verstärkt die Standardbestrebungen GigE-Vision (Gigabit Ethernet for Machine Vision) und das damit eng verbundene generische Software-Interface GenICam als einheitliche Kamera-Programmierschnittstelle.

Moderne Bildverarbeitungssysteme beeindrucken bereits auf Rechnerseite mit ihrer Schnittstellenvielfalt: PCI-, PCI-X und PCI-Express-Slots für Framegrabber-Karten mit analoger oder digitaler Übertragungstechnik gehören zum Standard. Bei der Verbindung zwischen Rechner und Kamera ist die Vielfalt sogar noch größer. Analoge Übertragungstechniken halten hier zwar noch beachtliche Marktanteile, doch geht der Trend vor allem bei Neuinstallationen zu digitalen Lösungen. Zu den wichtigsten zählen CameraLink, FireWire 1394 a und b, USB 2.0 und neuerdings auch Gigabit-Ethernet mit einer Übertragungsrate von zurzeit einer GBit/s, in Zukunft sollen es sogar bis zehn GBit/s sein.

„Die derzeitigen Bestrebungen, GigE-Vision zusammen mit GenICam zu einer Kamera-Programmierschnittstelle zu vereinheitlichen, sind sicherlich der bisher viel versprechendste Ansatz zur Standardisierung in der industriellen Bildverarbeitung“, meint Meinrad Simnacher, Geschäftsführer von Leutron Vision. „Denn zum einen arbeiten viele wichtige Soft- und Hardwarehersteller mit, so dass eine breite Akzeptanz erreicht werden kann; zum anderen handelt es sich um neue Schnittstellen, die noch nicht durch zu viele proprietäre Lösungen zementiert sind.“

Nun ist Gigabit-Ethernet nicht gleich Gigabit-Ethernet: Meistens wird darunter nämlich nur die physikalische Implementierung verstanden, also Kabel und Stecker. „Der entscheidende Punkt für Anwendungen in der Bildverarbeitung ist jedoch die sogenannte logische Implementierung“, erklärt Henning Tiarks, Produktmanager bei Basler Vision Components. Darunter versteht man insbesondere die Fähigkeit, in Echtzeit zu übertragen, die Fehlerbehandlung zu übernehmen und Übertragungssicherheit herzustellen. Genau das soll GigE-Vision nun können: Es umfasst sowohl den Hardware-Schnittstellen-Standard Gigabit-Ethernet und Kommunikations-Protokolle als auch standardisierte Kommunikations- und Steuerungsarten für Kameras. Dabei basieren die Kamera-Steuerungs-Register auf der Befehlsstruktur GenICam (Generic Interface for Cameras), die die European Machine Vision Association (EMVA) verwaltet. Ziel ist, dass Fremdanbieter-Software mit den Kameras verschiedener Hersteller ohne weitere Anpassungen kommuniziert - der Anwender kann also verschiedene Kameras einfach austauschen. GenICam lässt sich an unterschiedliche Transportschichten anpassen wie die von USB, FireWire, CameraLink oder GigE. Hierzu ist lediglich ein Software-Adapter für den entsprechenden Treiber erforderlich. Der Standard umfasst zwei Hauptmodule: GenApi zur Konfiguration von Kameras und GenTL für den Bildeinzug.

Die Vorteile, die GenICam offeriert, sind für Henning Tiarks demzufolge viel versprechend: „Es wird nicht nur möglich sein, Kameras mit unterschiedlichen Interfaces mit einer weitgehend gleichen API anzusprechen, sondern auch hersteller-unabhängig Software und Hardware zu kombinieren.“ Dazu sei auch bei bestehenden Applikationen lediglich ein einmaliger Umstieg notwendig, der allerdings die Tür für zukünftige Integrationen öffnet und die Komplexität und Kosten einer Neuintegration stark mindert.

„Wir erhoffen uns jetzt eine klar definierte Schnittstelle zu den Software-Paketen, so dass sich unsere Produkte ohne weitere Anpassungen einsetzen lassen“, ergänzt Meinrad Simnacher.

Weil damit eine breite Hardware-Palette abdeckbar ist, ohne zahlreiche Treiber für die einzelnen Hersteller schreiben zu müssen, findet auch Stemmer Imaging die Standard-Bestrebungen attraktiv. So ist für Senior-Entwickler Rupert Stelz das wesentlichste Argument, dass die Hardware leichter austauschbar wird. Denn dies verspricht kürzere Designzyklen, geringere Entwicklungskosten und birgt somit breitere Marktchancen. Darüber hinaus biete GigE-Vision viele weitere Vorteile eines industriellen Standards – gegenüber Schnittstellen wie FireWire/IEEE1394 oder gar USB 2.0 – der zudem laufend weiterentwickelt wird. „Durch die Nutzung der Massenmarkt-Technologie Ethernet als Basis von GigE-Vision wird die Bildverarbeitung von günstigeren Komponenten profitieren“, beurteilt Stelz. Eine breite Palette an industrietauglichen Konnektoren und Kabeln sowie Komponenten wie Router und Switches sind für diese Technologie bereits erhältlich. Außerdem: „Mit einer geplanten Datenrate von rund 100 Mega-Byte pro Sekunde deckt GigE-Vision erstmals den größten Teil gängiger Bildverarbeitungs-Applikationen ab“, so Stelz. Das bedeutet eine etwa verdoppelt verfügbare Bandbreite im Vergleich zu Firewire A und USB 2.0. „Somit lässt sich die volle Leistung von aktuellen CCD-Sensoren, die über 10 oder 12 Bit-Ausgänge verfügen, durch die Auswahl von Kameras mit GigE-Interface voll ausnutzen“, ergänzt Tiarks, und „weil Gigabit Ethernet eine Kabellänge bis zu 100 Meter erreicht, wird es beispielsweise in der Fabrikautomatisierung, besonders gefragt sein.“ Zudem sind die Kabel wegen ihrer großen Verbreitung billig und selbst in Schleppketten- und Roboter-tauglichen Ausführungen erhältlich. Weitere Vorteile für den Anwender sind, dass sich beliebig viele Geräte an einem Host betreiben lassen, die Möglichkeit zur Fernwartung, und dass ein verteiltes Rechnen wesentlich einfacher zu realisieren ist.

Geschäftseinbußen durch eine allzu leichte Austauschbarkeit von Kameras scheinen die Hersteller allerdings nicht zu befürchten. Rupert Stelz: „Unsere Produkte müssen die richtigen Features zum richtigen Preis enthalten, dann können wir durch einen breiteren Markt deutlich mehr gewinnen als verlieren – wie das Beispiel der Festplatten-Industrie zeigt. Hier gibt es einen Interface-Standard, an den alles ansteckbar ist, und dennoch bestehen Unterschiede zwischen den Herstellern.“

Je mehr GigE in den Fokus rückt, desto stärker stellt sich den Anwendern die Frage, wann es denn nun ratsam ist, gerade diese Schnittstelle zu wählen. Grundsätzlich sind zunächst die Schlüssel-Applikationen in der Automatisierungstechnik oder der Halbleiterindustrie zu nennen. „Überall dort, wo eine mittlere Übertragungskapazität nötig ist und größere Strecken zwischen Kamera und Bildauswertung überwunden werden müssen, etwa in der Verkehrstechnik“, nennt Simnacher eine Anwendung. Ein weiteres Beispiel beschreibt Sayed Soliman, Geschäftsführer von MaxxVision: „Beim Einsatz von GigE im Zusammenspiel mit der VisionBox werden Bilder schneller CameraLink-Kameras verarbeitet und als Bild im GigE-Vision-Standard einem übergeordneten PC übergeben.“ Daraus wiederum würden sich ganz neue Ideen für intelligente Kamera-Subsysteme ergeben. Nachteile sieht Soliman allerdings „bei der Echtzeitfähigkeit und der Bauform, denn ultra-kompakte Kameras wird es so schnell nicht geben. GigE ist also eine wunderbare Ergänzung, wird aber nicht sämtliche Machine-Vision-Anforderungen erfüllen können.“

Auch Michael Engel, Geschäftsführer von Vision Components, gibt als Hersteller intelligenter Kameras zu bedenken: „Ich halte Standards für wichtig, doch habe ich speziell bei GenICam meine Zweifel, ob es dem Gremium gelingen wird, für die vielen möglichen Betriebsarten einen universellen Standard zu definieren.“ Die Branche lebe auch davon, dass fast täglich neue technische Fortschritte erzielt werden - so unterstützen beispielsweise die neuen CMOS-Sensoren Windowing. „Zudem ist es mit unseren Smart-Kameras möglich, den Transfer der Bilddaten in den Speicher zu schreiben und die Bildauswertung zeitlich parallel zur Belichtung des folgenden Bilds ablaufen zu lassen. All dies muss bei einem solchen Standard berücksichtigt werden.“

Dennoch: Komponenten für GigE sind bereits in preislich attraktive Regionen gerutscht, und so lassen sich jetzt Lösungen realisieren, die zuvor problematisch oder gar nicht machbar waren. Das wird den Markt einerseits vergrößern, andererseits wird aber auch ein Teil des Geschäfts, das bisher anderen Schnittstellen vorbehalten war, GigE-Lösungen zufallen. „Wie schnell das passiert, hängt davon ab, welche Produkte mit welcher Qualität und in welcher Preiskategorie auf den Markt kommen“, schätzt Rupert Stelz ein. Die kommende Leitmesse VISION 2006 wird sicher die Bedeutung von GigE mit zahlreichen Neuheiten widerspiegeln.

Leutron Vision

Tel. +49(0)7531 59420

Basler Vision Components

Tel. +49(0)4102 463500

Stemmer Imaging

Tel. +49(0)89 809020

MaxxVision

Tel. +49(0)711 9979963

Vision Components

Tel. +49(0)7243 21670

National Instruments Germany

Tel. +49(0)89 7413130

(ID:183104)