Geschäftsführung „Einen Königsweg gibt es nicht!“

Redakteur: Simone Käfer

Steht ein Wechsel in der Führungsetage eines Familienunternehmens bevor, gibt es einige Fragen: Ist mein Kind geeignet für diese Aufgabe? Und wenn ja, an welcher Position fängt es am besten an? Sollte es Erfahrungen in andern Unternehmen sammeln? Aber auch wenn das eigene Kind nicht in die Fußstapfen tritt, gibt es einiges zu beachten. Alexander Koeberle-Schmid von KPMG gibt Tipps zur Regelung.

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Eine Führungsnachfolge in der eigenen Familie sollte gut vorbeitet werden.
Eine Führungsnachfolge in der eigenen Familie sollte gut vorbeitet werden.
(Bild: gemeinfrei; Boy von Courtany, pixabay / CC0 )

Rund 135.000 Familienunternehmen stehen in den nächsten Jahren zur Übergabe an. Ist es aus Ihrer Sicht sinnvoll, Herr Koeberle-Schmid, bei der Nachfolge zuerst in der eigenen Familie zu suchen?

In den meisten Fällen ist das die naheliegendste Lösung. Und die gute Nachricht ist, dass der überwältigende Teil der Unternehmersöhne und -töchter – wir sprechen hier von rund 75 Prozent – das eigene Familienunternehmen übernehmen wollen. Das Interesse, in die Fußstapfen der Eltern zu treten, ist also groß. Es kann aber auch vorkommen, dass die Fußstapfen der Eltern zu groß sind und die Erwartungen zur echten Herausforderung werden. In der aktuellen Ausgabe des Family Business Barometers, für das wir zusammen mit dem Verband „Die Familienunternehmer” 142 deutsche Familienunternehmen befragt haben, stehen die Erwartungen, in das Familienunternehmen einzutreten, mit 49 Prozent bei der Nachfolgegeneration bei den Herausforderungen mit großem Abstand ganz oben.

Das eigen Kind wäre also die Idealbesetzung?

Naja, wollen heißt nicht gleich können. Denn nicht jede Unternehmertochter oder jeder Unternehmersohn ist zwangsläufig die geborene Unternehmerin oder der geborene Unternehmer. Durch spezielle Programme, wie ein Executive MBA, Trainings, Coaching und viel eigenem Willen, kann man das auch erlernen; aber die Nachfolgefrage ist alles andere als ein Selbstläufer. Es kann vor diesem Hintergrund für Familienunternehmen aber auch durchaus sinnvoll sein, Führungspositionen nicht mit einem Familienmitglied, sondern mit einer familienfremden Person aus dem Unternehmen oder mit einem externen Manager zu besetzen.

Ist die ältere Generation überhaupt gewillt, das Zepter aus der Hand zu geben?

Das ist eine berechtigte Frage. Vielen Unternehmern fällt das tatsächlich schwerer als gedacht. Das Family Business Barometer zeigt auch: Die ältere Generation stuft es mit 37 Prozent als die zweitgrößte Herausforderung ein, dass ihre Bindung an das Unternehmen zu groß ist und sie unfähig sind, die Zügel aus der Hand zu geben. Als noch größere Herausforderung wird mit 39 Prozent nur die rasante Veränderung des Geschäftsmodells gesehen. Dabei sind die Senior-Unternehmer oftmals sogar gewillt, das Unternehmen in andere Hände zu übergeben.

Wo liegen denn die Bedenken der führenden Väter und Mütter?

Zum einen können sich viele nicht vorstellen, was sie mit ihrer freien Zeit überhaupt anfangen sollen, man fürchtet für seine Mitmenschen plötzlich nicht mehr wichtig zu sein. Oder man sieht, dass die Nachfolger noch nicht bereit sind. Es ist wichtig herauszufinden, was genau hinter dem Nicht-Loslassen steckt, um dann Lösungen für die Zeit nach der Führung zu finden. Die Nachfolge ist daher die Meisterprüfung eines Familienunternehmers. Denn nur wenn sie gelingt, ist das Ziel erreicht, dass das Familienunternehmen auch noch in der nächsten Generation ein Familienunternehmen ist.

Welche Punkte sind essentiell, damit die Staffelübergabe an den Sohn oder die Tochter reibungslos klappt?

Dafür sind zahlreiche Punkte wichtig. Es beginnt bei der Frage „Wann kann der Nachfolger einsteigen?“ Eine weitere Frage, die klar beantwortet sein muss: Ist es eine Voraussetzung, dass mein Nachfolger eine bestimmte Zeit in einem fremden Unternehmen Erfahrungen gesammelt hat? Früher sind die Gesellen in ihren Wanderjahren von einem Ort zum nächsten gewandert und haben bei verschiedenen Handwerkern ihr Wissen vertieft – heute sind es die Unternehmensnachfolger, die sich mit dieser Art der Walz auf ihre Aufgabe vorbereiten sollten.

In manchen Familienunternehmen hat der Nachwuchs in verschiedenen Abteilungen gearbeitet, bevor er oder sie sich in den Chefsessel setzte. Halten Sie dieses vorgehen für sinnvoll?

Diese Entscheidung liegt beim Unternehmen. Aber es muss klar sein, auf welcher Ebene der Nachfolger einsteigen soll: Muss er etwa gleich das Zeug für den Chefsessel mitbringen oder wird er stufenweise aufgebaut? Fällt die Entscheidung auf einen stufenweisen Aufbau des Nachfolgers, sollte dieser einem vorab festgelegten Entwicklungsplan folgen, der ihn schrittweise an seine Ergebnis- und Führungsverantwortung im Unternehmen heranführt. Der Nachfolger muss außerdem ein klares Anforderungsprofil erhalten, in dem festgelegt ist, welche fachliche, persönliche, familiäre, unternehmerischen und Management-Kompetenz er besitzen oder erlernen muss.

Darüber hinaus muss definiert sein, wer über die Eignung des Nachfolgers entscheidet und die Kommunikations- und Informationswege zwischen Senior und Junior müssen konkret festgelegt sein. Die wichtigen Fragen sind: Wer bekommt wann welche Informationen und wer kann wann mit- und wann nicht mitentscheiden?

Last but not least müssen Senior und Junior für ein kongruentes Verständnis über die Vergangenheit sorgen und gemeinsame Wert- und Zielvorstellungen formulieren. Wurden alle Konfliktherde aus der Vergangenheit vor der Übergabe aus dem Weg geräumt? Auf welche Ziele verständigen sich beide in der Übergangszeit?

Das klingt so, als ob es bei der Nachfolge nicht den einen Königsweg gibt?

Ja, die genannten Punkte sollten immer individuell mit Blick auf die jeweilige Situation der Familie und der wirtschaftlichen Lage des Familienunternehmens geklärt werden. Denn den einen Königsweg gibt es bei der Führungsnachfolge nicht. Eines gilt aber für jede Staffelübergabe an die nächste Generation: Die gemeinsame Erarbeitung einer schlüssigen Nachfolgestrategie, die konsequente Umsetzung der darin getroffenen Vereinbarungen und die rechtzeitige Vorbereitung sind das A&O. Familienunternehmen sollten die Führungsnachfolge idealerweise fünf bis zehn Jahre vor dem wirklichen Wechsel an der Spitze planen.

Kommen wir zum externen Manager. Worauf muss man sich einstellen, wenn man als Externer die Leitung eines Familienunternehmens übernimmt?

Familienunternehmen ticken anders als große Publikumsgesellschaften. Die Aufgabe des Geschäftsführers in einem Familienunternehmen ist es, neben der erfolgreichen Unternehmensführung auch die Beziehung zur Gesellschafterfamilie zu managen. Gerade für familienfremde Manager ist es oftmals eine Herausforderung, die unterschiedlichen Interessen auszutarieren. Bei der Vermittlung zwischen Geschäftsführer und Gesellschafterfamilie kann externe Unterstützung helfen – zum Vorteil für beide Seiten.

Wie genau kann diese externe Unterstützung aussehen?

Für einen gelungenen Führungswechsel in einem Familienunternehmen bietet sich ein Business Coach an, der Familienunternehmen und ihre Besonderheiten aus eigener Erfahrung kennt. Er ist ein wichtiger Sparringspartner, der Führungskräften von Familienunternehmen hilft, einen realistischen und selbstreflektiven Blick zu erhalten und diesen später auch zu behalten. Er hilft den Spitzenkräften sich immer wieder selbst zu hinterfragen: Was sind meine Ziele für mich und für das Unternehmen? Was treibt mich an, wie möchte ich andere führen und begeistern? Was möchte ich vom Führungsstil meines Vorgängers übernehmen, und was nicht? Der Coach kann in der Nachfolgefrage sowohl familienexterne als auch Kandidaten aus der Familie unterstützen.

Könnten Sie das ein wenig konkretisieren?

Zentraler Inhalt des Coachings sollte sein, dass sich Vorgänger und Nachfolger darüber klar werden, inwiefern sie sich unterscheiden. Dabei geht es auch darum, die persönlichen Stärken und Ziele klarer zu definieren, damit sich so der eigene Führungsstil herauskristallisiert. Der Nachfolger ist oftmals an Unabhängigkeit interessiert. Er will sich durchsetzen und beweisen. Für den Senior-Unternehmer zählen hingegen Informationen sowie persönliche und finanzielle Sicherheit. Der Führungskräftecoach hilft, die unterschiedlichen Interessen miteinander zu verbinden und trägt damit entscheidend zum Erfolg der Führungsnachfolge bei.

Dieser Beitrag ist zuerst bei unserem Schwesternportal MM Maschinenmarkt erschienen.

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