VDE-Studie Energiezellen helfen den Netzausbau zu bremsen

Redakteur: Carina Schipper

Der Zusammenschluss von austarierten „Energiezellen“ auf lokaler Ebene reduziert den Stromnetzausbau und optimiert Integration der erneuerbaren Energien, heißt es in einer Studie des VDE. Der Verband fordert stärkere Konvergenz zwischen Energieträgern, Förderung von Technologien zur Energiespeicherung und -wandlung sowie Feldversuche. Daraus ergeben sich neue wirtschaftliche Chancen durch neue Dienstleistungen und Märkte wie Installation und Betrieb von dezentralen Energiezellen.

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Für die Energiewende muss das deutsche Stromnetz wachsen. Energiezellen stellen eine Alternative zum geplanten Ausbau dar.
Für die Energiewende muss das deutsche Stromnetz wachsen. Energiezellen stellen eine Alternative zum geplanten Ausbau dar.
(Bild: damn_unique, CC BY-SA 2.0, flickr.com)

Alle wollen die Energiewende, aber keiner die Stromleitung vor Ort, wie die aktuelle Diskussion zwischen Bund und Ländern zeigt. Der Ausbau der erneuerbaren Energien erfordert aber im jetzigen Ansatz eine Neustrukturierung der Energienetze und insbesondere den Zubau von Stromübertragungsleitungen. Energieexperten des VDE zeigen in einer neuen Studie Möglichkeiten zur Reduzierung dieses Ausbaus: Ergänzt man die Großverteilerinfrastruktur mit einer Energiewende „von unten“, kann Ruhe in die hitzige Diskussion einkehren. Der Weg dahin öffnet sich auf der lokalen Versorgungsebene. Die Erzeugung und der Verbrauch von Energie werden auf der niedrigsten Ebene in kleinteiligen „Energiezellen“ ausbalanciert. Hier wird Energie erzeugt und direkt wieder verbraucht, ohne in das Gesamtnetz eingespeist zu werden. Denn die effizienteste Lösung ist es, den Strom dort zu verbrauchen, wo er erzeugt wird: auf der lokalen Versorgungsebene. Auch wirtschaftlich bietet das Konzept attraktive Perspektiven, besonders mit Blick auf die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle und Märkte. Durch klar definierte Schnittstellen der Energiezellen können der Betrieb der Energiezellen, aber auch die Auswahl der Technik und deren Installation durch neue Dienstleister oder auch Investoren am Markt angeboten werden.

Schwankungen ausgleichen

Ein solches „Graswurzel-Konzept“ reagiert auf die Besonderheiten regenerativer Energiequellen – insbesondere die starke Fluktuation – und hat große Effekte auf das gesamte Energieversorgungssystem. Wie aber gelingt es am besten, Verbrauch und Erzeugung von Energie auf der niedrigsten Ebene lokal auszubalancieren? Diese Frage steht im Fokus der neuen VDE-Studie „Der Zellulare Ansatz“. Die Grundidee des Konzepts besteht darin, dass auf lokaler Ebene von Haushalten bis Industrie sogenannte „Energiezellen“ gebildet werden, bei denen der Energiehaushalt sowie der Energieaustausch untereinander plan- und steuerbar sind. Energienetze und Kommunikationssysteme verbinden die lokalen Energiezellen untereinander und bilden übergeordnete größere Energiezellen mit spezifischen Schnittstellen und Eigenschaften. Dabei erfolgt die Bündelung von Energiezellen über mehrere Ebenen. Zellulare Ansatz lässt sich sowohl auf kleine als auch auf größere Einheiten und Systeme anwenden, erklären die Forscher. Eine vollständige Energiezelle besteht aus den Komponenten Erzeuger, Wandler, Speicher, Netzanschluss, Lasten sowie schutz- und leittechnische Einrichtungen.

Dezentralität entlastet das Netz und schafft Flexibilität

Die Vorteile des Konzeptes sind vielfältig. Der Zellulare Ansatz schafft wichtige Grundlagen für eine nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung, ermöglicht die stärkere Konvergenz der unterschiedlichen Energieträger Strom, Gas und Wärme, sorgt für die bestmögliche Integration der dezentralen erneuerbaren Energieträger in das Energieversorgungssystem und kann zur Drosselung des notwendigen Netzausbaus beitragen. Die Reduktion des Netzausbaus ist umso größer, je besser Stromangebot und –nachfrage in den Energiezellen austariert werden. Da das Prinzip durch die lokale Zuordnung einen direkten Bezug zwischen den Anwendern und der notwendigen Technik herstellt sowie mehr Selbstbestimmung der Anwender mit sich bringt, kann es die Akzeptanz erheblich steigern helfen. Um die Chancen des Zellularen Ansatzes zu nutzen, verlangt der VDE, in den Entwicklungsplänen für zukünftige Energienetze auf allen Ebenen sämtliche Energiearten wie Strom, Gas, Wärme etc. zu berücksichtigen. Die Wissenschaftler empfehlen die Entwicklung von Technologien zur Speicherung in einem großen Energiespektrum und zur effizienten Wandlung zu fördern, um die Vorteile verschiedener Energieformen auszuschöpfen. Weitere Untersuchungen sollen offene Fragen bezüglich der Verantwortung für Planung und des Betrieb des Gesamtsystems klären. Insbesondere spricht sich der Verband für Felderprobungen zur Machbarkeit des Zellularen Ansatzes aus.

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