Wärmebildkameras im Test Fette Beute für Leckage-Jäger mit Wärmebildkameras

Autor / Redakteur: Frank Jablonski, Wolfgang Ernhofer / Sariana Kunze

Wie eine Schlange mit Ihrem wärmesensitiven Organ ihre Beute erspäht, spüren immer mehr Instandhalter mit der Hilfe von Wärmebildkameras verborgene Probleme auf. Die Redaktion wollte wissen, wie sich die Geräte unterscheiden und hat den Test gemacht.

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Die PROCESS-Redaktion präsentiert den großen Wärmebildkamera-Test. Welche Modelle sind Flop, welche Modelle top?
Die PROCESS-Redaktion präsentiert den großen Wärmebildkamera-Test. Welche Modelle sind Flop, welche Modelle top?
(Bild: Ernhofer/PROCESS)

Leverkusen, 11:43 Uhr in der Leitwarte einer Kunststoffproduktion: Schichtleiter Erlatt fährt den Prozess zur Herstellung des neuen Spezialwerkstoffs nun schon unzählige Male. Doch heute stehen ihm Schweißperlen auf der Stirn. Auf einem der Monitore vor ihm blinkt das Icon des zentralen Rührreaktors erst gelb und kurze Zeit später rot auf. Bevor er noch in die Temperaturmessstelle einzoomen kann ist klar: es liegt kein Routine-Fehler vor.

Die Ursache der Fehlermeldung liegt nicht in einem einzigen Messpunkt, denn die Warnung vor unterschrittener Solltemperatur im Behälter wird von verschiedenen Stellen gemeldet. Auch sein schneller Check der Energiezentrale zeigt: keine außergewöhnlichen Vorkommnisse dort. Die Anlage spuckt wie gewohnt ihren Heißdampf aus. Druck, Temperatur alles in Ordnung. Dennoch zeigt das Leitsystem eindeutig, dass nicht genügend Hitze im Prozess ankommt. Diese Charge wird wohl nicht zu retten sein, trotzdem ist jetzt schnelles Handeln gefragt: Sicherheitsteam informieren, Betriebsleiter anfunken und das Instandhaltungsteam samt Wärmebildkamera mit der Fehlersuche beauftragen. Es kann sich ja eigentlich nur um eine Dampfleckage handeln...

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Wärmebildkameras in der Praxis

Falls es sich bei dem beschriebenen Problem tatsächlich um ein kapitales Dampfleck einer ungedämmten Leitung handelt, muss unser erfundener Schichtleiter Erlatt wohl nur aus dem Fenster schauen. Handelt es sich jedoch um ein entferntes Ereignis oder ein Leck, das sich von außen nicht sichtbar in eine Wärmedämmschicht ergeht, wird die Problemlösung schon schwieriger. Auch im Fall eines nicht gut zugänglichen Netzes, hilft der Einsatz einer Wärmebildkamera Zeit und Kosten zu sparen.

Viele Instandhaltungs-Teams sind bereits mit diesen praktischen Hilfsmitteln ausgerüstet oder planen eine Anschaffung. Das ergibt Sinn, denn die Kameras sehen mehr als das menschliche Auge. Der Einsatz erstreckt sich daher von der Leckagesuche heißer, bzw. kalter Medien bis hin zu Lecks in Druckluftleitungen oder einer mangelhaften Dämmung von Leitungen oder Behältern. Auch fehlerhafte oder falsch ausgelegte Motoren lassen sich mit Hilfe einer solchen Kamera sehr schnell ermitteln. Vereinzelt werden die Geräte sogar eingesetzt, um Reaktoren zu überprüfen, die aufgrund von ungleichmäßig durchströmten Wärmeaustauschern Hot-Spots erzeugen und so eine nicht optimale Produktzusammensetzung verschulden.

Die Ergänzung des menschlichen Sehvermögens um die Wärmestrahlung gibt an vielen Stellen und unter den verschiedensten Aspekten den Instandhaltern wertvolle Auskünfte über den Zustand der Anlage. So weist eine ungleichmäßige Wärmeverteilung in Kühlern oder Wärmetauschern auf Reinigungsbedarf hin. Hot-Spots bei feuerfest ausgekleideten Reaktoren sprechen eine deutliche Sprache bezüglich des Risikos eines künftigen Behälterschadens.

Waren diese Kameras in früheren Jahren ein entsprechend teures High-Tech-Produkt, hat sich der Markt mittlerweile um erschwingliche Modelle erweitert. Doch worin unterscheiden sich die einzelnen Geräte? Auf welchen Hersteller kann man sich verlassen? Worin liegen typische Leistungsunterschiede? Welche Rolle spielen Gesichtsfeld, Super-Resolution und Co. beim Kauf einer solchen Kamera?

Um die Anwender solcher Thermografie-Geräte bei der Entscheidung zu unterstützen, hat PROCESS, eine Schwesternmarke der elektrotechnik, den Test gemacht. Wir wollten es genau wissen und haben führende Hersteller von industriell eingesetzten Wärmebildkameras angeschrieben und um Test-Objekte gebeten. Doch weil die Redaktion eher aus Verfahrenstechnikern besteht als aus Optronik-Spezialisten, wurden die technischen Tests beim Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB in Auftrag gegeben. Die Fachleute aus Ettlingen sind die richtigen Experten zur Beurteilung der verschiedenen Parameter.

Auf der nächsten Seite erfahren Sie Details zum Test...

Welche Geräte wurden getestet und wie waren die Testparameter?

Drei Hersteller haben sich mit ihren Kameras am Test beteiligt und jeweils zwei Geräte zur Verfügung gestellt. Die Untersuchung der Geräte erfolgte bezüglich der Kenngrößen

  • Gesichtsfeld
  • Gesamtrauschen
  • Linienbildfunktion und Modulation Transfer Funktion
  • Temperaturmessung bezüglich Genauigkeit und Abhängigkeit von der Objektgröße mit und ohne Super-Resolution.

Bevor es mit den Testergebnissen im Detail weitergeht, noch einmal die sechs Thermografie-Kameras im Test auf einen Blick (Fotos der Geräte in der Bildergalerie):

  • FLIR Systems E30 SN 49000139
  • FLIR Systems T440 62100150
  • NEC Avio Infrared Technologies G120EX SN
  • NEC Avio Infrared Technologies R300W2 SN
  • testo 875-2i SN 2359038
  • testo T885 SN 2337099

Grundlegende technische Daten der Geräte sind in Tabelle 1 zusammengefasst. Dabei sind nur die für die Untersuchung relevante Daten angegeben. Bei Parametern die durch den Anwender eingestellt werden können, ist jeweils der für die Untersuchung verwendete angegeben.

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Alle sechs Geräten basieren auf ungekühlten Mikrobolometer-Detektormosaiken (Focal Plane Array, FPA). Angaben über den Detektormittenabstand liegen für keines der Geräte vor. Die Detektoranzahl ist entweder 320 x 240 (vier Geräte) oder 160 x 120 (zwei Geräte). Alle Geräte arbeiten kalibriert, wobei sich die Messbereiche je nach Hersteller unterscheiden. Die Messgenauigkeit ist für die meisten Geräte mit ±2 °C angegeben. Nur die Nec Avio R300W2 liegt hier bei ±1 °C. Die Parameter die vom Anwender zur Berechnung der Temperatur vorgegeben werden können, reichen von zwei (Emissionsgrad und reflektierte Temperatur) bis fünf (Emissionsgrad, reflektierte Temperatur, Temperatur der Atmosphäre, relative Luftfeuchte und Abstand zum Messobjekt).

Drei der Geräte verfügen über die Möglichkeit der sogenannten Super-Resolution. Dies ist ein Verfahren, das die Bildqualität der Kameras verbessern soll. Dabei wird von der Kamera eine Bildsequenz aufgenommen, die entweder in der Kamera oder nachträglich über die Auswertungssoftware in ein einzelnes hochaufgelöstes Bild umgerechnet wird. Bei den untersuchten Geräten lag eine 2 x 2 Super-Resolution vor. Somit wird die Anzahl der Bildpunkte um den Faktor vier erhöht, um die geometrische Auflösung zu verbessern.

Gesichtfeld der Kameras

Das Gesichtsfeld wird durch Optik (Brennweite) und Detektor (Elementanzahl und Mittenabstand) bestimmt. Wichtiger ist jedoch das Sehfeld eines Detektorelements, das sogenannte Incremental Field Of View (IFOV), das durch Brennweite und Mittenabstand bestimmt ist. Es beschreibt die nominelle geometrische Auflösung einer Kamera. Je kleiner das IFOV umso feinere Details können bei ansonsten konstanten Bedingungen aufgelöst werden. IFOV und Gesichtsfeld stellen daher immer einen Kompromiss dar. Bei unveränderter Detektoranzahl bedeutet ein großes Sehfeld eine geringe geometrische Auflösung und eine hohe geometrische Auflösung bedeutet ein kleines Sehfeld. Obwohl eine wichtige Größe ist das IFOV somit kein Maß für die Qualität einer Kamera.

Die Tester bestimmten das Gesichtsfeld mit Hilfe eines Drehtisches mit integriertem Winkelmesser sowohl horizontal, als auch vertikal jeweils am Bildschirm der Geräte. Aus dem Gesichtsfeld wurde dann das IFOV berechnet, das für alle Geräte unabhängig von der Ortsrichtung war.

Tabelle 2 fasst die Ergebnisse zusammen. Die Daten sind dabei in nach absteigendem IFOV sortiert.

Fazit: Das IFOV der untersuchten Geräte variiert um etwa den Faktor drei, wobei Testo mit der T875i ein IFOV von 3,5 mrad erreicht. Die kleinformatigen Geräte befinden sich erwartungsgemäß am unteren Ende der Liste.

Auf der nächsten Seite geht es weiter mit Gesamtrauschen, LSF und MTF...

Auf das Gesamtrauschen der Wärmebidkameras gelauscht

Normalerweise werden bei Wärmebildgeräten zeitliches Rauschen und Inhomogenitäts-Rauschen (gebräuchlicher ist die englische Bezeichnung Fixed Pattern Noise) unterschieden. Die Messung dieser beiden Rauschquellen erfordert das Aufzeichnen von Bildsequenzen, was hier nicht für alle Geräte möglich war. Das Test-Team hat sich daher entschlossen, das Gesamtrauschen zu untersuchen.

Dies ist eine aussagekräftige Größe, die eine Überlagerung der beiden Rauschquellen zum Ausdruck bringt. Sie wird in äquivalenter Temperatur ausgedrückt, die dann der Temperaturdifferenz entspricht, die in einem Einzelbild zum Erreichen eines Signal-Rausch-Verhältnisses von eins notwendig ist.

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Um das Gesamtrauschen zu bestimmen, wurde ein Schwarzkörperstrahler so vor der Optik platziert, dass er das Gesichtsfeld vollständig ausfüllte. Im Temperaturbereich zwischen 298 K und 302 K entstanden dann in Schritten von 0,5 K die entsprechenden Einzelbilder. Als Resultat der Auswertung erhält man das mittlere Signal in Abhängigkeit von Temperatur.

Durch Berechnung von Signal- und Temperaturdifferenzen zur Referenz bei 300 K ergibt sich die Signal-Transfer-Funktion (SiTF). Aus ihr wird die Responsivität durch Bestimmung der Steigung am Nullpunkt der SiTF ermittelt. Das Gesamtrauschen, das eine Überlagerung von zeitlichem Rauschen, In-homogenitätsrauschen und niederfrequenten Strukturen darstellt, ergibt sich aus der Standardabweichung des Signals der einzelnen Bildpunkte. Über einen Hochpassfilter können die niederfrequenten Änderungen aus den Bildern entfernt werden. Die Standardabweichung des Signals des resultierenden Bildes ergibt dann das Gesamtrauschen ohne diese Strukturen. Mittels Division durch die ermittelte Responsivität kann das Gesamtrauschen jeweils auch als äquivalente Temperaturdifferenz angegeben werden.

Tabelle 3 fasst die Ergebnisse zusammen. Die Daten sind dabei nach aufsteigendem Gesamtrauschen ohne niederfrequente Strukturen (ohne HPF) sortiert. Die Angabe erfolgt mit und ohne Hochpassfilterung (HPF). Zusätzlich ist der Unterschied zwischen diesen beiden Werten angegeben.

Fazit: Die Testo T885 weist von den untersuchten Kameras das geringste Rauschen auf. Der Wert ist dabei so gering, dass eine zusätzliche Signalverarbeitung vermutet werden muss, wozu aber keine Angaben vorliegen – ähnliche Verfahren sind bei anderen Herstellern zuschaltbar, wurden aber nicht untersucht. Allerdings zeigt diese Kamera auch die stärksten niederfrequenten Strukturen im Bild, wie sich aus dem höchsten Unterschied mit und ohne Hochpassfilter ergibt. Hier ist die Flir E30 am besten, die praktisch keine solchen Strukturen aufweist. Insgesamt lässt sich festhalten, dass die Kameras mit 160 x 120 Detektor ein größeres Gesamtrauschen aufweisen als die Kameras mit 320 x 240 Detektor.

Was bedeutet LSF und MTF bei Wärmebildkameras?

Linienbildfunktion (Line Spread Function, LSF) und Modulationsübertragungsfunktion (Modulation Transfer Function, MTF) beschreiben die elektro-optische Qualität von Kameras. Allerdings ist nur die LSF als vergleichende Größe geeignet. Dies aber auch nur, wenn sie auf das IFOV bezogen wird. Die MTF ermöglicht Aussagen über das Abtasten der Kamera und ist bei der Bewertung der Super-Resolution von Interesse (siehe weiter unten).

Zur Messung von LSF und MTF sind verschiedene Verfahren bekannt und gebräuchlich, die jeweils Vor- und Nachteile aufweisen. Die vom Fraunhofer Institut empfohlene und verwendete Methode der schrägen Kante ist eines dieser Verfahren. Dabei wird eine Kante aufgenommen die einen kleinen Winkel relativ zum Detektormosaik aufweist. Die Kante wird durch ein dünnes, diffus reflektierendes Metallblättchen realisiert, das sich vor einem Schwarzkörperstrahler befindet. Analysiert wird der Kantenverlauf entlang des Detektormosaiks, wobei sich durch den Winkel eine Feinabtastung ergibt. Durch Ableitung wird aus der Kante die LSF gewonnen, aus der sich über Fouriertransformation die MTF berechnen lässt. Da in horizontaler und vertikaler Ortsrichtung unterschiedliche Eigenschaften vorliegen können, wird die Messung für beide Richtungen durchgeführt.

Als Kenngröße für die LSF wird hier die 95 %-Breite gemittelt über beide Ortsrichtungen verwendet. Bezogen auf das IFOV ist dieser Wert in Tabelle 4 zusammengefasst. Durch die IFOV-bezogene Angabe können die Kameras verglichen werden. Die relative LSF-Breite variiert zwischen dem zwei- und dreifachen des IFOV. Dabei ist eine deutliche Abhängigkeit vom Hersteller festzustellen. Im Ergebnis liegt Testo bei etwa 2,1, Nec Avio bei 2,4 und Flir Systems bei etwa 3.

Die MTF zeigt für alle Kameras ein deutlich unterabgetastets Verhalten, wie es für Detektormosaike mit Optiken kleiner Öffnung zu erwarten ist. Bei den Kameras Nec Avio R300W2 sowie Flir Systems E30 und T440 sind dabei keine Unterschiede zwischen horizontaler und vertikaler Ortsrichtung festzustellen. Die anderen Kameras zeigen solche Unterschiede, wobei die horizontale Ortsrichtung besser übertragen wird als die vertikale. Dies zeigt sich dann auch an den 4-Balken-Testmustern die in den Berichten abgebildet sind (siehe Bildergalerie).

Temperaturgenauigkeit der untersuchten Wärmebildkameras

Zur Bestimmung der Genauigkeit der Temperaturmessung ist kein standardisiertes Messverfahren bekannt. Grundsätzlich ist aber ein Vergleich mit einem vorgegebenen Wert durchzuführen. Die Richtigkeit des vorgegebenen Werts wird dabei vorausgesetzt und ist über eine Kalibrierung gegeben.

Als Temperaturbereich wurde bei der Messung 5 °C und 55 °C gewählt. 5 °C ist die niedrigste absolute Szenentemperatur die mit dem verwendeten Schwarzkörperstrahler eingestellt werden konnte (Grundsätzlich sind niedrigere Szenentemperaturen aufgrund von Kondesationsproblemen schwierig.). Die obere Grenze ergab sich durch den Messbereich der Nec Avio Kameras.

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Zur Bestimmung der Genauigkeit der gemessenen Temperatur wurde ein Schwarzkörperstrahler in einem definierten Abstand zur Kamera aufgebaut. Der Schwarzkörperstrahler befand sich dabei in der Mitte des Gesichtsfelds und der Abstand wurde dabei so gewählt, dass für alle Kameras ungefähr die gleiche Detektorfläche abgedeckt wurde. Seine Temperatur wurde im Bereich zwischen 5 °C und 55 °C in Schritten von 5 K variiert und jeweils mit der Kamera aufgezeichnet. In den Aufnahmen bestimmten die Experten in einem quadratischen Bereich auf dem Schwarzkörperstrahler die mittlere Temperatur und verglichen sie mit der eingestellten Schwarzkörpertemperatur. Im Idealfall würden dabei gemessene Temperatur und Schwarzkörpertemperatur übereinstimmen.

Tabelle 5 zeigt die ermittelten mittleren Abweichungen und gibt zusätzliche Angaben, sortiert nach absteigenden Kalibrierfehlern.

Fazit: Mit Ausnahme der Flir Systems E30 bleiben alle Kameras innerhalb der von den Herstellern angegebenen Genauigkeiten mit Abweichungen im Milli-Kelvin-Bereich. Für die E30 ist dabei ein Kalibrierfehler anzunehmen der so nicht typisch ist. Die geringste Abweichung der gemessenen Temperatur von der eingestellten Schwarzkörper-Temperatur zeigt die Nec Avio G120EX.

Nur bei Testo T885 und Nec Avio R300W2 ist der Messfehler als Offsetfehler zu betrachten. Ein Offsetfehler bedeutet, dass die gemessene Temperatur um einen konstanten Betrag von der vorgegebenen Temperatur abweicht. Differenzen zwischen zwei Temperaturen bleiben dabei korrekt. Dagegen führt ein Fehler in der Steigung dazu, dass die Fehler ausgehen von einem Schnittpunkt mit zunehmender und abnehmender Temperatur immer größer werden. Dies betrifft dann auch Temperaturdifferenzen.

Auf der nächsten Seite wird die Temperaturgenauigkeit in Abhängigkeit von der Größe des Objektes getestet...

Temperatur in Abhängigkeit von der Objektgröße

Die Temperatur in Abhängigkeit von der Objektgröße zu bewerten, ergibt einen wichtigen Parameter, für den es jedoch keine klaren Test-Vorgaben gibt. So ist die Wahl des 95 %-Wertes als Kenngröße willkürlich. Zur Bestimmung des Einflusses der Objektgröße auf die Temperaturmessung blickte die Kamera senkrecht auf ein Testmuster hinter dem sich ein Schwarzkörperstrahler variabler Temperatur befand.

Die optische Achse von Kamera und Testmuster stimmen dabei überein. Über einen Schwenk-Neige-Tisch justierten die Tester die Kamera in Höhen- und Seitenlage (x- und y-Achse). Der Abstand (z-Achse) zum Testmuster blieb hingegen fest eingestellt. Bei den Testmustern handelte sich um neun Quadratblenden von 44,5 mm, 19,7 mm, 14,5 mm, 8,0 mm, 6,1 mm, 5,0 mm, 4,0 mm und 3,0 mm Kantenlängen sowie einem vollständig geschlossenem Muster.

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Zur Messung kamen Schwarzkörpertemperaturen von 10 °C und 50 °C zur Anwendungen. Über eine Messpunkt-Markierung in der Mitte des Bildes wurde die Temperatur in der Mitte der Quadratblende mittels des Schwenk-Neige-Tisches so eingestellt, dass sich jeweils die minimale (bei 10 °C Schwarzkörpertemperatur) bzw. die maximale (bei 50 °C Schwarzkörpertemperatur) Temperatur ergab.

Diese Justierung war insbesondere bei kleinen Quadratblenden erforderlich. Als Ergebnis ergibt sich die mittlere Temperatur in Abhängigkeit von der Größe der Quadratblende für hohe und niedrige Temperatur. Diese Kurven zeigen eine konstante Temperatur für große Quadratblenden. Werden die Öffnungen kleiner, so fällt die Temperatur bei hohen Szenentemperaturen und steigt bei niedrigen Szenentemperaturen. Bei geschlossener Blende stimmen die beiden Temperaturen überein, sie entsprechen dann der Umgebungstemperatur.

Je nach Umgebungstemperatur ergeben sich daher Änderungen in den beiden Kurvenformen. Dies wird durch Berechnung der Differenz zwischen den Messungen kompensiert. Zudem kalibrierten die Tester über eine gleichzeitig aufgenommene Kalibrierfunktion. Dadurch ergeben sich nun je nach Quadratblende Temperaturdifferenzen zwischen 0 K und 20 K. An die resultierenden Messwerte wird mit einem Fit-Programm eine geeignete Übergangsfunktion angepasst und anschließend normiert. Aus dieser normierten Kurve wird dann der 95 %-Wert als Kenngröße bestimmt. Dies entspricht der Größe, bei der die Messung um 1 K vom realen Wert abweicht.

Tabelle 6 fasst die Größen für 95 %-Temperaturgenauigkeit zusammen. Die Werte werden dabei bezogen auf das IFOV angegeben und sind somit direkt vergleichbar.

Fazit: Sowohl die obere als auch die untere Grenze werden von den Flir Systems-Kameras besetzt. Am besten schneidet die E30 und am schlechtesten die T440 ab. Da das Übersprechen zwischen den Detektorelementen in diesem Versuchsaufbau eigentlich der entscheidende Faktor ist, sollte sich hier die gleiche Anordnung der Kameras ergeben wie bei der LSF-Messung festgestellt. Dies ist eigentlich auch der Fall, nur die Flir E30 schneidet wesentlich besser ab als erwartet. Warum dies der Fall ist konnte bislang nicht ermittelt werden.

Auf der nächsten Seite erfahren Sie mehr zum umstrittenen Thema Super-Resolution...

Was bringt die Super-Resolution bei Wärmebildkameras?

Drei der Kameras (beide Testo-Geräte und die Nec Avio R300W2) verfügen über die Möglichkeit der sogenannten Super-Resolution. Dies ist ein Verfahren, das die Bildqualität der Kameras verbessern soll. Dabei wird eine Bildsequenz aufgenommen, die entweder in der Kamera oder nachträglich über die Auswertungssoftware in ein einzelnes hochaufgelöstes Bild umgerechnet wird.

Um die Super-Resolution-Funktion zu nutzen, muss die Kamera allerdings handgeführt sein. Die Tester untersuchten die drei Geräte bei diesem Parameter bezüglich der Temperaturgenauigkeit, der Temperatur in Abhängigkeit von der Objektgröße und ihrer Wirkung auf das 4-Balken-Testmuster. Auch für diesen Bereich gilt: Standardisierte Messmethoden zur Bewertung der Super-Resolution liegen bislang nicht vor. Tabelle 9 fasst den Einfluss der Super-Resolution auf die Messergebnisse zusammen.

Fazit: Bei der Nec Avio R300W2 wird durch die Super-Resolution das Gesamtrauschen von 47 mK auf 33 mK, also um etwa 30 % verringert. Ursache dafür sind sowohl ein geringeres Rauschen als auch eine höhere Responsivität. Die mittlere Abweichung der gemessenen Temperatur von der Schwarzkörpertemperatur liegt mit Super-Resolution bei 901 mK. Sie ist damit um etwa den Faktor 1,8 höher als ohne Super-Resolution.

Diese insgesamt schlechtere Temperaturgenauigkeit ist unerwartet und nicht zu erklären, da die Super-Resolution eigentlich keinen Einfluss darauf haben sollte. Bei der Messung der Temperatur in Abhängigkeit von der Objektgröße verbessert die Super-Resolution die geometrische Auflösung basierend auf dem 95 %-Wert der Temperaturgenauigkeit um etwa 22 %.

Bei der Testo 875i ist in guter Näherung ein linearer Zusammenhang zwischen eingestellter und gemessener Temperatur festzustellen, wobei die Steigung mit und ohne Super-Resolution praktisch übereinstimmen. Auch hier weicht die Steigung der Ausgleichsgerade aber von der idealen Steigung ab, d.h. es liegt keine konstante Temperaturabweichung vor. Dennoch bleiben die Abweichungen bei beiden Testo-Geräten im betrachteten Temperaturbereich in der vom Hersteller angegebenen Genauigkeit von ±2 K.

Wie sieht es bei der Temperatur in Abhängigkeit von der Objektgröße aus?

Mit Super-Resolution verringert sich bei den Testo-Kameras die 95 %-Temperaturgenauigkeit um etwa 35 %. Dagegen zeigt die Nec Avio R300W2 etwa 23 % genauer die Temperatur an. Die Tester stellten zudem bei den Testo-Geräten Artefakte fest, d.h. Veränderungen in den Bildern durch den Super-Resolution-Algorithmus. Wie diese mit den Temperatur- und Größenabweichungen zusammenhängen und warum sie durchaus vom Hersteller gewünscht sind, lesen Sie im Kasten-Text auf dieser Seite "Ergänzendes zum Thema".

Über die 4-Balken-Testmuster haben die Wissenschaftler für die Testo-Kameras nachgewiesen, dass sich die Frequenzauflösung verbessert. Oberhalb der Nyquist-Frequenz wird aus dem unterabgetasteten ein gut abgetastetes Gerät, d.h. statt den im unterabgetasteten Fall nur drei bzw. zwei zu erkennenden Balken sind durch die Super-Resolution wieder die eigentlich vorhandenen vier Balken zu erkennen. Bei der Nec Avio R300W2 konnte dies nicht vollständig untersucht werden, muss aber nach den vorliegenden Aufnahmen ebenfalls vermutet werden.

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Gesamt-Fazit des Wärmebildkamera-Tests

Zuerst einmal: Erfreulich aus Sicht der Redaktion ist, dass keine der getesteten Kameras durchgefallen ist. Die gemessenen Werte liegen innerhalb der von den Herstellern angegebenen Spezifikationen. Festgestellte Abweichungen, wie im Bereich der Super-Resolution werden von den Experten noch heiß diskutiert. Hier heißt es für den Anwender, sich zwischen theoretischer/physikalischer Genauigkeit und Betriebs-/Alltagstauglichkeit zu entscheiden. Den Ausschlag für ein Gerät wird jedoch am Ende wohl nicht nur das Thema Super-Resolution machen. Die geplanten Anwendungen, Zusatzfunktionen und das zur Verfügung stehende Budget spielen sicher eine mindestens ebenso große Rolle. Somit bleibt auch für das Instandhaltungsteam von Schichtleiter Erlatt zum Aufstöbern des Dampflecks die Qual der Wahl, denn für diesen Anwendungsfall würden sich alle untersuchten Geräte gut eignen.

Film zum großen Produkttest Wärmebildkameras

* Die Autoren arbeiten als Leiter Online und Volontär bei PROCESS. Kontakt: frank.jablonski@vogel.de; wolfgang.ernhofer@vogel.deAnmerkung: Durchführung der Tests vom Fraunhofer IOSB, Abteilung Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung. Besonderer Dank an Tester Uwe Adomeit.

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