Nachgefragt: 3 Experten zu I4.0 – Teil 1 Für die vernetzte Produktion sollten alle an einem Strang ziehen

Autor Ines Stotz

Die Schlagworte Internet of Things und Industrie 4.0 sind allerorten präsent und begleiten uns weiter. Ziel ist die global vernetzte Produktion, über alle Grenzen hinweg. Die Entstehung neuer digitaler Plattformen für Fabriken führt zu der Frage, auf was sich die Unternehmen denn nun einstellen müssen?

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Das Thema Digitalisierung geht alle an. Unternehmen und Länder müssen alle an einem Strang ziehen, gemeinsame Standards und Architekturen entwickeln, statt dass jeder sein eigenes Süppchen kocht.
Das Thema Digitalisierung geht alle an. Unternehmen und Länder müssen alle an einem Strang ziehen, gemeinsame Standards und Architekturen entwickeln, statt dass jeder sein eigenes Süppchen kocht.
(Bild: © Photocreo Bednarek - Fotolia)

Wie ist das allgemeine Stimmungsbild in der Automatisierungsbranche zum Thema Industrie 4.0? Wo sehen Sie die besten Chancen und die größten Hürden bei der Umsetzung?

Dr. Bernhard Quendt, CTO der Siemens-Division Digital Factory, Nürnberg: Der Mittelstand sollte jetzt starten und nicht warten, bis der Wettbewerb zum Handeln zwingt.
Dr. Bernhard Quendt, CTO der Siemens-Division Digital Factory, Nürnberg: Der Mittelstand sollte jetzt starten und nicht warten, bis der Wettbewerb zum Handeln zwingt.
(Bild: Siemens, HESSE)

Dr. Bernhard Quendt: Die Grundstimmung ist überaus positiv, was sich mit dem sehr großen Interesse bei zum Beispiel unseren Messe-Auftritten äußert. Das Thema diskutieren wir dort mit vielfältigsten Interessengruppen, von Mittelstand über beratende Unternehmen bis zu den großen Anwenderfirmen. Dazu kommt, dass es schon konkrete Beispiele gibt, die große Produktivitätsfortschritte nachweisen. Diese belegen, dass es sich lohnt, in Industrie 4.0 einzusteigen. Aus unserer Sicht agieren aber Unternehmen, insbesondere der Mittelstand zu zögerlich. Ich empfehle jetzt zu starten und nicht zu warten, bis der Wettbewerb zum Handeln zwingt. Dabei ist klar, dass kein Unternehmen seine gesamte Software und IT-Infrastruktur von heute auf morgen erneuern kann. Es wird darauf ankommen, an der richtigen Stelle zu beginnen und durch ein vorausschauendes Migrationsprogramm die notwendige Transformation auch wirtschaftlich tragbar zu gestalten. Vorteile bringt dabei oft schon ein erster digitaler Schritt, zum Beispiel die Einführung eines gemeinsamen Daten-Backbones wie etwa Teamcenter.

Robert Wachendorff, Geschäftsführender Gesellschafter bei Wachendorff: In Richtung Industrie 4.0 zu gehen, bedarf es vieler kleiner, exakt aufeinander abgestimmter Schritte.
Robert Wachendorff, Geschäftsführender Gesellschafter bei Wachendorff: In Richtung Industrie 4.0 zu gehen, bedarf es vieler kleiner, exakt aufeinander abgestimmter Schritte.
(Bild: Wachendorff)

Robert Wachendorff: Das allgemeine Bild ist sicher im Generellen positiv, da es bei einer solchen allumfassenden Überschrift, viele Ansätze gibt, dieses Thema anzugehen. Wir Anbieter von Automatisierungslösungen entwickeln Produkte, von denen wir überzeugt sind, unseren Kunden den Weg zur richtigen Umsetzung aufzeigen zu können. Viele Ansätze, die unter dem Dach Industrie 4.0 zusammengefasst wurden und werden, sind ja Themen, die uns bei Wachendorff im Grunde schon seit Jahrzehnten beschäftigen und wir damit große Erfahrung haben. Daher kümmern wir uns auch um ein abgerundetes Produktportfolio mit viel dezentraler Intelligenz. Hier finden der Maschinenbauer und auch der Industriebetrieb clevere Produkte, um seine Philosophie umzusetzen. Größte Chancen aus meiner Sicht: Führungskräfte bekommen mehr und optimal aufbereitete Informationen als Entscheidungsgrundlage, was zu besseren, weil fundierteren, Entscheidungen führt. Auch der Entscheidungsprozess wird sicher beschleunigt und kann dann optimalerweise irgendwann von Maschinen weitgehend selbstständig getroffen werden. Weiterhin: Standortsicherung Deutschland, ergonomische Verbesserungen, Standardisierungen. Größte Hürden beziehungsweise Gefahren: Bedenkenträger, Budgets, fahrlässige Adhoc-Planungen.

Rahman Jamal, Global Technology & Marketing Director bei National Instruments: Deutschland hinkt in Bezug auf die Digitalisierung gefährlich weit hinterher.
Rahman Jamal, Global Technology & Marketing Director bei National Instruments: Deutschland hinkt in Bezug auf die Digitalisierung gefährlich weit hinterher.
(Bild: National Instruments)

Rahman Jamal: Vor kurzer Zeit galt das Internet der Dinge noch als ‚Hype‘. Betrachtet man allerdings das Industrielle Internet der Dinge (IIoT), so stellt man fest, dass es längst konkrete Züge angenommen hat. So zeichnen sich hier schon erste Ergebnisse bei substanziellen Themen wie etwa Interoperabilität, offenen Geschäftsmodellen und Referenzarchitekturen ab. RAMI 4.0, das Referenzarchitekturmodell Industrie 4.0, ist inzwischen so konkret, dass es sich schon im Standardisierungsverfahren befindet. Mittlerweile gibt es jedoch schon eine Annäherung zwischen dem Industrial Internet Consortium IIC und der Initiative Industrie 4.0. Beispielsweise wurden einige Inhalte aus dem RAMI vom IIC übernommen. Aus globaler Sicht gibt dieses kooperative Miteinander dem Ganzen Aufschwung. Als weltweit agierendes Unternehmen begrüßen wir natürlich globale Initiativen. Daher sind wir auch in beiden Themen aktiv unterwegs. Im IIC entstanden mittlerweile bereits vier Testbeds unter Mitwirkung von NI, und zwar zu den Themen ‚Track and Trace‘, ‚Microgrid Communication and Control‘, ‚Condition Monitoring and Predictive Maintenance‘ und ‚Einsatz von TSN im Fertigungsumfeld‘. Aber auch die Partnerschaft zwischen den USA und Deutschland zeigt, dass wir mittlerweile gut aufgestellt sind. Nicht zuletzt sind die USA Partnerland der diesjährigen Hannover Messe. Doch bereits im Vorfeld zeigten sich erste Schritte hinsichtlich der engeren Zusammenarbeit auf dem Gebiet der digitalen Transformation. Im Januar 2016 zum Beispiel fand ein Treffen ausgesuchter Experten statt, das die Deutsche Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Washington initiiert hatte. Zu den rund 50 Teilnehmern an diesem ‚Workshop on IoT/CPS‘ zählten unter anderen Prof. Dr. Dr. h.c. Manfred Broy (TU München), Prof. Edward Lee (University of California-Berkeley) sowie zahlreiche Industrie-Vertreter wie Robert Bosch, Cisco, General Electric, General Motors, Honeywell Automation and Control Solutions, Infineon Technologies, National Instruments, SAP und Sysco. Einer der Referenten war Dr. James Truchard, CEO und Mitbegründer von National Instruments, der erläuterte, welch wachsende Bedeutung Big Analog Data und Cyper-Physical Systems (CPS) zukommt. Doch lässt sich nicht leugnen, dass es durchaus auch noch Hürden gibt. Das legte auch Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel auf dem World Economic Forum in Davos Ende Januar den deutschen Top-Managern dar: Sie kritisierte, dass Deutschland in Bezug auf die Digitalisierung gefährlich weit hinter einigen asiatischen Ländern oder den USA hinterherhinkt. Dass die sonst mit direkter Kritik eher zurückhaltende Bundeskanzlerin, den deutschen Unternehmen vor der gesamten internationalen Wirschaftselite den Kopf wusch, zeigt deutlich, dass dies ein wirklich dringendes Problem ist, bei dem uns die Zeit davonzulaufen droht. Auch fehlt es noch immer an groß angelegten Projekten, an denen unterschiedliche Firmen mitwirken und die quasi als ‚Aushängeschild‘ für Industrie 4.0 betrachtet werden können. In etwa so wie es die Concept Cars in der Automobilindustrie gibt, die anhand von praktischen Umsetzungen aufzeigen, wie die Zukunft aussehen könnte. Außerdem müssen Firmen, die im Bereich der Smart Factories tätig sind, sich neu organisieren und neue Geschäftskonzepte finden, in denen der Schwerpunkt nicht mehr auf Hardware als Haupteinnahmequelle liegen muss oder sogar darf. Gerade beim Thema Entwicklung neuer Geschäftsmodelle haben US-Unternehmen eindeutig die Nase vorn. Um weiterhin im Rennen zu bleiben, müssen deutsche Industrie-4.0-Unternehmen schleunigst auf diesen Zug aufspringen und sich außerdem auch bei der Entwicklung von Technologien kooperativer zeigen, statt im stillen Kämmerlein zu arbeiten.

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Um maßgeschneiderte Geschäftsmodelle für die Digitalisierung anbieten zu können, bedarf es sicher einer guten Strategie. Gibt es in Ihrem Unternehmen bereits eine solche? Welche strategischen Maßnahmen können Sie empfehlen?

Dr. Bernhard Quendt, CTO der Siemens-Division Digital Factory, Nürnberg: Der Mittelstand sollte jetzt starten und nicht warten, bis der Wettbewerb zum Handeln zwingt.
Dr. Bernhard Quendt, CTO der Siemens-Division Digital Factory, Nürnberg: Der Mittelstand sollte jetzt starten und nicht warten, bis der Wettbewerb zum Handeln zwingt.
(Bild: Siemens, HESSE)

Dr. Bernhard Quendt: Wir haben bereits seit über zehn Jahren eine klare Strategie zur Digitalisierung. Ein erster deutlich öffentlichkeitswirksamer Schritt war 2007 der Erwerb des US-PLM-Anbieters UGS. Seitdem haben wir weitere massive Investitionen in diesem Bereich getätigt, verfügen damit über die entsprechende Expertise und können konkrete Fertigungen auf Basis unseres Portfolios vorzeigen. Mit dieser Erfahrung bieten wir uns als Partner für unsere Kunden an. Darüber hinaus verfügen wir über ein umfassendes Portfolio, mit dem unsere Kunden bereits heute in zukunftsfähige Lösungen für die schrittweise Realisierung von Industrie 4.0 investieren können. Unseren Lösungsansatz für Industrie 4.0 bezeichnen wir dabei als Digital Enterprise. Der Weg dahin umfasst vier logisch aufeinander aufbauende Kernelemente: Digital Enterprise Software Suite, industrielle Kommunikationsnetzwerke, Sicherheit in der Automatisierung und geschäftsspezifische industrielle Services. Die Digital Enterprise Software Suite – ein seit mehr als fünfzehn Jahren aufgebautes umfassendes Portfolio an softwarebasierten Systemen, das auf Teamcenter als Kollaborationsplattform basiert und PLM, MES/MOM und TIA, Totally Integrated Automation, verbindet – werden wir in den nächsten Jahren erweitern und vervollständigen.

Robert Wachendorff, Geschäftsführender Gesellschafter bei Wachendorff: In Richtung Industrie 4.0 zu gehen, bedarf es vieler kleiner, exakt aufeinander abgestimmter Schritte.
Robert Wachendorff, Geschäftsführender Gesellschafter bei Wachendorff: In Richtung Industrie 4.0 zu gehen, bedarf es vieler kleiner, exakt aufeinander abgestimmter Schritte.
(Bild: Wachendorff)

Robert Wachendorff: Als Hersteller von Drehimpulsgebern bei Wachendorff Automation haben wir schon seit vielen Jahren eine Digitalisierung unserer eigenen Entwicklungs- und Produktionsprozesse vorangetrieben. Unsere Montage – hier haben wir eine eigene Lean-Q-Philosohie entwickelt und etabliert – arbeitet vollkommen papierlos, speichert alle relevanten Daten für etwa Rückverfolgbarkeit und Analyse. Nur so ist eine absolut kundenorientierte, flexible, effiziente Fertigung im One-Piece-Flow-Verfahren möglich. Die erweiterten An- sätze bzw. Ziele von Industrie 4.0 bedürfen in unserer Produktion nur einige wenige Veränderungen, denn sie fallen hier auf fruchtbaren, vorbereiteten Boden. Als Anbieter von Automatisierungsprodukten seit 1978 bei Wachendorff Prozesstechnik haben wir eine große Erfahrung mit der systematischen Verbesserung von Produktions- und Maschinenprozessen. Als ersten Schritt für den richtigen Weg empfiehlt es sich, grundsätzliche Papiere über die von Ihnen genannten Themen zu lesen und zu verinnerlichen. Eine konkrete hilfreiche Unterstützung ist zum Beispiel das VDMA Einheitspapier 66412, in dem interessante KPI’s definiert werden. Eines der wichtigsten Themen ist meines Erachtens die richtigen Daten aus dem so genannten Big Data zu generieren, die dann auch wirklich als eine Entscheidungshilfe dienen können. Es ist nicht ein einzelner großer Schritt in Richtung Industrie 4.0 zu gehen, sondern eher viele kleine, exakt aufeinander abgestimmte Schritte. Das Thema ist einfach zu komplex und auch der Aufwand recht hoch. Wir bieten rund um die Daten, also von der Erfassung, über die Wandlung und Übertragung, bis hin zur Visualisierung und Verarbeitung zukunftsweisende und skalierbare Produkte an, in denen der Kunde seine Vorstellungen Schritt für Schritt in seiner historisch gewachsenen, oft heterogenen Infrastruktur realisieren und in der Zukunft weiter ausbauen kann.

Rahman Jamal, Global Technology & Marketing Director bei National Instruments: Deutschland hinkt in Bezug auf die Digitalisierung gefährlich weit hinterher.
Rahman Jamal, Global Technology & Marketing Director bei National Instruments: Deutschland hinkt in Bezug auf die Digitalisierung gefährlich weit hinterher.
(Bild: National Instruments)

Rahman Jamal: Den genannten Herausforderungen begegnen und Industrie-4.0-orientierte Projekte umsetzen zu können, erfordert zunächst einmal eines: Unternehmen müssen flexibel bleiben, um sich den rapide ändernden Anforderungen schnell anpassen zu können. Will man das, so wird aber schnell deutlich, dass dies ohne einen plattformbasierten und benutzerspezifisch anpassbaren Implementierungsansatz gar nicht zu bewältigen ist. Denn nur Plattformen gestatten es, auf Basis bereits existenter leistungsstarker Hardware immer wieder Neues zu schaffen. Man denke etwa an mobile Geräte: Mit den Betriebssystemen iOS und Android entstanden riesige Plattformen, die zum einen die Technologien solch tragbarer Geräte massiv beeinflussten und zum anderen auch hunderte anderer Märkte auf den Kopf stellten. Durch Apps und Firmware-Updates lässt sich die Funktionalität von Smartphones, Tablets & Co. immer wieder neu definieren und erweitern. Auf diesem Gebiet gibt es schlichtweg kein benutzerdefiniertes Hardware-Design mehr: Nun wird entweder eine bereits existente Plattform als Fundament genutzt oder eine komplett neue erstellt. Wirft man einen Blick auf heutige Mess-, Steuer-, Regel- und Embedded-Systeme, so wird schnell klar, dass ein plattformzentrierter Systemdesignansatz unumgänglich ist. Ein solcher Ansatz gestattet es, immer wieder Neues zu erschaffen, und zwar auf der Basis dreier Dinge: erstens bereits vorhandener modularer rekonfigurierbarer Hardware, zweitens einer einheitlichen Softwareumgebung, mit der wie erwähnt das Gesamtverhalten des Systems festgelegt wird und drittens der Möglichkeit der nahtlosen Integration kommerzieller Technologien. Dies verleiht den Anwendern nicht nur die erforderliche Flexibilität, sondern sorgt außerdem für reduzierte Entwicklungskosten und vereinfachtes Life-Cycle-Management. „Einen solchen plattformbasierten Systemansatz von NI nutzen unsere Kunden bereits seit Jahren erfolgreich.“

Ist die Plattform Industrie 4.0 des BMWi aus Ihrer Sicht auf dem richtigen Weg oder was muss noch getan werden, um vor allem auch dem Mittelstand den Zugang zu Indus­trie 4.0 zu erleichtern? Oder: Was müssen Industrieunternehmen noch lernen? Sind Sicherheitsbedenken die größten Bremsklötze?

Dr. Bernhard Quendt, CTO der Siemens-Division Digital Factory, Nürnberg: Der Mittelstand sollte jetzt starten und nicht warten, bis der Wettbewerb zum Handeln zwingt.
Dr. Bernhard Quendt, CTO der Siemens-Division Digital Factory, Nürnberg: Der Mittelstand sollte jetzt starten und nicht warten, bis der Wettbewerb zum Handeln zwingt.
(Bild: Siemens, HESSE)

Dr. Bernhard Quendt: Wir begrüßen die Plattform Industrie 4.0, an der wir aktiv beteiligt sind, und bieten bereits heute erste Produkte und Lösungen an, die die Zielsetzungen von Industrie 4.0 erfüllen. Mit zunehmender Vernetzung und Digitalisierung nehmen aber die Anforderungen an die Sicherheit von Daten und Prozessen zu. Cybersecurity ist eine große Herausforderung und ein wichtiger Wettbewerbsfaktor in einer digitalisierten Wirtschaft. Sicherheit ist immens wichtig und unsere Kunden erwarten eine sichere Produktionstechnologie inklusive Datensicherheit. Mit dem ‚Defence in Depth‘ Konzept unterstützt Siemens Unternehmen dabei, ihre Security-Strategien zu überprüfen und wirksame Maßnahmen zu entwickeln.

Robert Wachendorff, Geschäftsführender Gesellschafter bei Wachendorff: In Richtung Industrie 4.0 zu gehen, bedarf es vieler kleiner, exakt aufeinander abgestimmter Schritte.
Robert Wachendorff, Geschäftsführender Gesellschafter bei Wachendorff: In Richtung Industrie 4.0 zu gehen, bedarf es vieler kleiner, exakt aufeinander abgestimmter Schritte.
(Bild: Wachendorff)

Robert Wachendorff: Der Ansatz und der Fortschritt bei grundsätzlichen Themen, die sich mit einer längerfristigen Zukunftsperspektive beschäftigen, sind im Generellen immer verbesserungsfähig. Allerdings maße ich mir nicht an, dort konkrete Vorschläge zu machen, dazu liest man in der Fachpresse zu Recht viele, auch konträre, Vorschläge von vielen kompetenten Fachleuten, die sich weit intensiver mit diesem Thema beschäftigt haben. Bei Industrie 4.0 gilt es meiner Meinung nach, wie bei vielen anderen Themen auch, die Intelligenz der Masse zu nutzen und die Erfahrungen Vieler zu bündeln, sich früh mit dem Thema auseinander zu setzen und mit ruhiger Hand die Aspekte umzusetzen, die den wirkungsvollsten Effekt in seinem eigenen Unternehmen bewirken. Bedenken sind dabei insofern wichtig, um mögliche Risiken zu erkennen; sie sind aber schädlich, wenn danach nicht daran gearbeitet wird das Risiko zu minimieren, sondern sie als Begründung für ‚nichts tun‘ verwendet werden. Wie bei allen Technologien und Philosophien gibt es Risiken und Chancen, in die wir uns begeben, um Fortschritt aktiv zu gestalten. Bezüglich Sicherheit und deren Konsequenzen muss man sich in allen Lebenslagen bewusst werden – hinsichtlich dem Thema Industrie 4.0 oder generell in der Automatisierung finden unsere Kunden in uns einen kompetenten Partner, der auf Risiken hinweist und pragmatische Lösungen anbietet.

Rahman Jamal, Global Technology & Marketing Director bei National Instruments: Deutschland hinkt in Bezug auf die Digitalisierung gefährlich weit hinterher.
Rahman Jamal, Global Technology & Marketing Director bei National Instruments: Deutschland hinkt in Bezug auf die Digitalisierung gefährlich weit hinterher.
(Bild: National Instruments)

Rahman Jamal: Industrie 4.0 ist ja kein brandneues Phänomen. Es ist im Grunde nichts anderes als die konsequente Fortsetzung von CIM. Dabei handelt es sich um das bereits in den 70er Jahren initiierte Konzept der computerintegrierten Fertigung, dessen Ziel eine durchgängige digitale Informationsverknüpfung, insbesondere in der Produktion war. Der Terminus Industrie 4.0 tauchte erstmalig auf der Hannover Messe 2011 auf. Doch handelt es sich nicht etwa um eine Revolution, wie es oft hieß, sondern eher um eine lang anhaltende Evolution. Sprich, an Industrie-4.0-fähigen Systemen wird schon lange gearbeitet. Diese müssen den KMUs nur vorgestellt werden. Nehmen wir beispielsweise die oben genannten IIC-Testbeds: Diese wurden initiiert, um Dinge auszuprobieren, zu ermitteln, was praxistauglich ist und was nicht, und die Ergebnisse der Öffentlichkeit bekannt zu geben. Laut dem BMWi zeigen zahlreiche Studien, dass solche Kenntnisse über die sich ergebenden Chancen und Geschäftsmöglichkeiten in der digitalisierten Welt beim Mittelstand jedoch noch nicht angekommen sind. Gefragt ist hier also ein Wissenstransfer, so wie er vom BMWi in den ‚Mittelstand 4.0-Kompetenzzentren‘ für 2016 geplant ist. Dort soll dargestellt werden, wie sich die gezeigten Praxisbeispiele positiv auf ihr Geschäftsmodell auswirken. Zudem sollen interessierte Unternehmen Unterstützung bei Fragen der Digitalisierung, zu Sicherheitsaspekten und Anwendungen aus dem Bereich Industrie 4.0 erhalten. Wünschenswert wäre hier jedoch, dass der Fokus nicht nur auf Deutschland und Industrie 4.0 liegt, sondern dass auch internationale Kooperationen wie eben die IIC-Testbeds beleuchtet und gefördert werden. Denn das Thema Digitalisierung geht uns alle an – global. Unternehmen und Länder müssen alle an einem Strang ziehen, gemeinsam Standards und Architekturen entwickeln, statt dass jeder sein eigenes Süppchen kocht.

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