Software-Toolset IIoT als Gesamtkonzept in der Wertschöpfungskette

Von Ines Stotz

Digitalisierung, Vernetzung und IIoT beschäftigen immer mehr Unternehmen, die ihre Produktion voranbringen oder neue digitale Services und Produkte anbieten wollen. Doch der Weg vom IoT-Pilotprojekt zum Einsatz in der Breite ist oft steinig. Kontron schickt sein Software-Toolset ins Rennen.

Anbieter zum Thema

Wichtig ist, dass Hard- und Software aufeinander abgestimmt sind. Das Susietec Toolset hilft dabei, nahezu alle IoT-Anwendungsszenarien in der Industrie abzubilden.
Wichtig ist, dass Hard- und Software aufeinander abgestimmt sind. Das Susietec Toolset hilft dabei, nahezu alle IoT-Anwendungsszenarien in der Industrie abzubilden.
(Bild: Kontron)

Digitalisierungsprojekte rund um Industrie 4.0, IIoT und AI (Artificial Intelligence/Künstliche Intelligenz) leben von der Vernetzung aller Assets, von Sensorik und der Integration unterschiedlichster Daten. In der Praxis gibt es viele Proof of Concepts und Piloten, doch in die Breite haben es diese Themen in den meisten Unternehmen noch nicht geschafft.

Das liegt auch an der Herangehensweise über einzelne Vorhaben, denn statt um Projekte sollte es um Prozesse gehen: Irgendwo ein Gerät zu installieren, das Temperaturdaten misst, hat nichts mit einem IoT-Konzept zu tun. Hardware allein ist nicht mehr die Lösung, das ist einer der Gründe, warum Hersteller künftig ihre Portfolios um die Themen Software und Prozessberatung ergänzen müssen.

Hands-on-Mentalität gefragt

Die Vernetzung ist allerdings eine große initiale Hürde, die überwunden werden muss. Dabei kommt es auf Partner mit Industrie-Know-how an, die sich mit den oft komplexen Gegebenheiten rund um Steuerung und Automatisierung auskennen – und die bereit sind, mit anzupacken, statt sich hinter einer Hotline zu verschanzen.

Überall dort, wo es darum geht, von Vernetzung und Datenanalytik zu profitieren, stehen besonders häufig End-to-End-Prozesse im Vordergrund, die ganze Wertschöpfungsketten durchziehen. Deshalb nützt es wenig, wenn sich nur eine Abteilung ans Werk macht. Die meisten Themen sind interdisziplinär – das gesamte Unternehmen muss sich weiterentwickeln.

Deshalb ist es wichtig, dass das Setup stimmt und Menschen aus allen Abteilungen einbezogen werden. Zugleich stellt die Vielzahl an Themen und Beteiligten hohe Herausforderungen an das Projektmanagement. Digitalisierung ist letztlich ein umfassender Prozess, der aus vielen kleinen Projekten besteht. Die Software rund um IoT greift allerdings tief in die Unternehmensprozesse ein. Ohne klare Zielsetzungen seitens der Unternehmensführung können neue Komplexitätsprobleme entstehen. Das gilt vor allem bei der Datenerhebung und -verarbeitung.

Das Motto lautet: Digitalisierung leichtgemacht.

Bernhard Günthner, Executive Vice President IoT-Software der S&T Gruppe

Ein Toolset für alle IoT-Szenarien

Verschiedene Digitalisierungsansätze basieren jeweils auf unterschiedlichen Sensoren, Maschinen oder Geräten und deren Daten. Damit nicht in jedem Kontext das Rad immer wieder neu erfunden werden muss, setzt Kontron auf ein Toolset aus Hardware, Software und Expertise, welches sich beliebig erweitern lässt und mit den steigenden Anforderungen im Betrieb mitwachsen kann.

Das Toolset namens Susietec hilft dabei, nahezu alle IoT-Anwendungsszenarien in der Industrie abzubilden. Die enge Kopplung der Software- und Hardware-Entwicklung in der Kontron-Gruppe erweist sich dabei als Vorteil: Gerade bei Echtzeitanwendungen kommt es darauf an, dass Hardware wie Gateways oder andere Edge-Devices und die Software konsequent aufeinander ausgerichtet sind. Im AI-Umfeld laufen Algorithmen häufig am Edge, wie zum Beispiel bei der automatisierten Qualitätskontrolle auf Basis von Computer Vision in der Produktion. Dort kommt es deshalb zunehmend auf abgestimmte Software- und Hardware-Lösungen an. Hier ist auch ein steigender Bedarf für High Performance Computing (HPC) erkennbar.

Ergänzendes zum Thema
Das ist das Susietec Toolset:

Mit Susietec bietet Kontron ein Toolset rund um die Themen Device Management, Remoting und Edge Computing an. Auch Datenmanagement und Echtzeitdatenverarbeitung, AI, Machine Learning und Analytics gehören dazu.

Der Werkzeugkasten aus Software, abgestimmter Hardware und Expertise ermöglicht unter anderem die einfache Entwicklung von Apps und intelligenten Dashboards, damit Unternehmen von neuen, datenbasierten Services profitieren können.

Mit unserem Toolset Susietec helfen wir unseren Kunden, den eigenen Weg in die Digitalisierung zu gehen.

Bernhard Günthner, Executive Vice President IoT-Software der S&T Gruppe

Schnittstellenprobleme minimieren

Nur ausgewählte Maschinen- und Sensordaten sollten in die Cloud wandern, nicht nur aus Latenz- und Sicherheitsgründen, sondern auch, um Netze nicht zu überlasten. Das bedeutet, Daten müssen am Edge vorverarbeitet und für unterschiedliche Anwendungen in hybriden Infrastrukturen bereitgestellt werden. Dafür ist eine Middleware nötig, die Daten zwischenspeichern kann, um sie mit Timestamps anzureichern, sie zu aggregieren, zu komprimieren oder zu konvertieren. Nur so werden Informationen für Data Analytics nutzbar und vergleichbar.

Das Susietec Toolset leistet zugleich einen wesentlichen Beitrag, die Schnittstellenproblematik zu beherrschen, die in der Praxis regelmäßig für viel Arbeitsaufwand sorgt. Typischerweise dient ein Großteil der Daten aus den Steuerungen und Sensoren zur Prozesssteuerung bei der Kopplung der in die Prozesskette integrierten Systeme. Erfahrungsgemäß ist in vielen Projekten auch eine Anbindung der Produktionssteuerung mit einem ERP-System notwendig.

Als Konnektivitäts-Plattform stellt Susietec durchgängige Security-Features bereit und bündelt alle Schnittstellen transparent. Eine Vielzahl von standardisierten Schnittstellen ist bereits verfügbar, so sind bei der Integration neuer Systeme oft nur kleine Anpassungen erforderlich.

Ergänzendes zum Thema
Interview
5 Fragen an Bernhard Günthner, Executive Vice President IoT-Software der S&T Gruppe

Bernhard Günthner, Executive Vice President IoT-Software der S&T Gruppe: „Die große Herausforderung besteht vor allem darin, den Überblick zu bewahren.“
Bernhard Günthner, Executive Vice President IoT-Software der S&T Gruppe: „Die große Herausforderung besteht vor allem darin, den Überblick zu bewahren.“
( Bild: Kontron )

Herr Günthner, warum tun sich noch viele Unternehmen schwer damit, ihre Produktion digital zu vernetzen und von den Daten zu profitieren?

Aufgabe der Digitalisierung ist es, bestehende Arbeitsabläufe zu optimieren und neue effiziente – bisher technisch nicht realisierbare – Prozesse zu etablieren. Dies alles hat zum Ziel, dass ein Unternehmen leistungsfähiger wird und für zukünftige Anforderungen gerüstet ist. Digitalisierung ist letztlich ein Prozess, der aus vielen kleinen Projekten besteht und viele Beteiligte mitnehmen muss.

Digitalisierungsprojekte rund um Industrie 4.0, IIoT und AI leben von der Vernetzung aller Assets, von Sensorik und der Integration unterschiedlichster Daten. Die Vernetzung, oft auch mittels Retrofitting von Maschinen und Anlagen, ist eine große initiale Hürde, die überwunden werden muss. Hier nützt es wiederum wenig, wenn sich nur eine Abteilung ans Werk macht, denn die meisten Themen sind interdisziplinär – das gesamte Unternehmen muss sich also weiterentwickeln. Dafür sollten Mitarbeiter aus allen involvierten Abteilungen eingebunden werden.

Was ändert sich durch digitale Transformation und IIoT?

Die digitale Transformation greift durch alle Strukturen hindurch, bis hinein in einzelne Arbeitsabläufe oder darauf, wie Tätigkeiten ausgeübt werden, bis zum Geschäftsmodell, das sich anpasst oder sogar dramatisch ändert. Für den Transformationserfolg ist es deshalb wichtig, die Dimension dieser Technologiethemen von Anfang an zu verstehen, sie nicht chronisch zu unterschätzen oder aus Angst einen Bogen darum zu machen. Vieles geht Hand in Hand, so ergeben sich bei einer innovativeren Herangehensweise zum Beispiel andere Projekt- und Arbeitsmethoden wie Scrum oder DevOps, bei denen Hierarchien fallen und die Verantwortung in die ausführenden cross-funktionalen Teams wandert. Dabei verändern sich viele Positionen gerade in der Führungsebene sehr stark.

Welche typischen Probleme gehen mit der Einführung dieser Technologien einher?

In der Industrie startet diese Veränderung oft in Forschung und Entwicklung. Dort herrscht jedoch eine sehr technische Sicht vor: Man denkt in Devices, und welche Daten sich damit erheben lassen. Eigentlich geht es allerdings um Business-Ziele und eine Vision für die Zukunft, und die müssen aus der Geschäftsleitung kommen. Wo will man in fünf Jahren stehen?

Externe Dienstleister können hier zwar unterstützen und Möglichkeiten aufzeigen, dennoch ist diese Ausrichtung etwas, das aus dem Unternehmen selbst kommen sollte. Diese Botschaft und das Verständnis, welche starken Veränderungen durch IIoT und AI möglich werden, sind allerdings noch längst nicht in allen Chefetagen angekommen. Das Haften am Status quo, gerade wenn man aktuell recht erfolgreich ist, und die üblichen Beharrungskräfte prägen noch immer viele Unternehmen.

Warum sind im IoT-Umfeld eine übergreifende Strategie und das nötige Know-how so wichtig?

Die Software rund um IoT greift tief in die Unternehmensprozesse ein. Ohne klares Ziel gleicht die Umsetzung einzelner Projekte praktisch einem Blindflug. Gerade dort, wo es um neue digitale Services und Geschäftsmodelle geht, ist bei der Visionsfindung auch Beratung notwendig, die Auskunft zu den wirtschaftlichen Aspekten gibt. Stehen zum Beispiel die Kosten für eine Idee auch in Relation zu den Möglichkeiten der Monetarisierung?

Jenseits von diesen strategischen Erwägungen haben es Unternehmen zugleich mit einem massiven Fachkräftemangel in Bezug auf Data Analysts zu tun. Auch rund um Data Sciences müssen Hardware- und Integrationsdienstleister deshalb jetzt zusätzliche Unterstützung liefern.

Im Gespräch mit Vernetzungsexperten wird immer wieder deutlich: Das Thema Retrofit kommt in der Praxis einem Gemetzel gleich, vieles ist extrem kleinteilig. Wie kann es dennoch gelingen?

Wir haben ein dediziertes Team mit einer jahrelangen Erfahrung im Retrofitting und gehen damit direkt an die Produktionslinie, um die Lösungen dort in Betrieb zu nehmen. Wichtig ist auch, dass Hard- und Software optimal aufeinander abgestimmt sind. Hier haben wir durch die enge Zusammenarbeit von Soft- und Hardware-Entwicklung innerhalb der Kontron-Gruppe einen wichtigen Vorteil.

Die große Herausforderung besteht vor allem darin, den Überblick zu bewahren, sich nicht zu verzetteln und die richtigen Maßnahmen zum richtigen Zeitpunkt zu wählen: In breiter angelegten IoT-Konzepten gibt es meist viele Baustellen. Gerade weil dann oft viele unterschiedliche Leute im Projekt beteiligt sind, ist ein sauberes Management besonders wichtig.

Schrittweise, aber mit Plan

Anstatt in eine riesige Lösung mit viel überflüssigem Ballast zu investieren, sollen Unternehmen genau die Komponenten dieses Toolsets nutzen können, die sie für den jeweiligen Anwendungsfall benötigen. Das können Automatisierungsansätze in der Produktion sein, Control-Themen im Back Office, Optimierungen im Feldservice oder Apps, mit denen Prozesse visualisiert und verschlankt werden. Das Motto lautet: Digitalisierung leichtgemacht. Die einzelnen Applikationen sind untereinander so vernetzt, dass Unternehmen eine durchgängige, integrierte IoT-Landschaft schaffen und diese schrittweise an neue Anforderungen anpassen können.

Das schrittweise Vorgehen zeigt sich zum Beispiel an einem Praxisprojekt im Sondermaschinenbau: Zunächst ging es darum, Fehlermeldungen auszuwerten und die Basis für Predictive Maintenance zu legen. Schon bald sollten die Servicetechniker darüber hinaus Meldungen auf ihr Tablet oder Smartphone bekommen. Darauf wurde dann schließlich ein Modul aufgesetzt, das die gesamte Einsatzplanung, die Terminkoordination, das Ersatzteilmanagement und den Support vor Ort managt. Oft kommen im Lauf der Zeit immer neue Anforderungen aus der Praxis hinzu, sobald der Mehrwert und die Möglichkeiten der Vernetzung erkannt wurden. Dennoch gilt es, etwa bei AI und Machine Learning-Konzepten genau hinzuschauen und Expertise ins Boot zu holen. Der Teufel steckt im Detail und nicht alle Anwendungsmöglichkeiten lassen sich wirtschaftlich umsetzen.

Fernwartung erfordert durchgängige Lösungen

Generell lässt sich als Trend beobachten, dass nicht zuletzt im Umfeld des Maschinen- und Anlagenbaus sowie in der Instandhaltung digitale Services immer wichtiger werden. Deshalb sollten IIoT-Lösungen auch den sicheren Zugriff via Portal für Dritte ermöglichen, beispielsweise für Servicetechniker beim Kunden. So können beispielsweise Alerts und Analysen rund um Predictive Maintenance oder Maschinenoptimierung weitergereicht werden. Das Thema Remoting für Ferndiagnose und Fernwartung birgt erhebliche Effizienzpotenziale. Selbst bei diesem auf den ersten Blick klar überschaubaren Thema sind auch viele Hürden zu nehmen, wie beispielsweise die Firewalls und spezifische Sicherheitsanforderungen am Standort von Maschinen und Anlagen. Kommerzielle Tools stoßen hier schnell an Grenzen, die sich nicht wirksam überwinden lassen.

Die IIoT-Szenarien sind oft sehr individuell: Für jeden Anwendungsfall gibt es unterschiedliche Konfigurationen: So müssen jeweils nur bestimmte Daten gespeichert und an unterschiedliche Systeme weitergeben werden. Wenn zum Beispiel im Pay-per-Use-Modell Maschinen vermietet werden, dann müssen die Informationen über die Betriebszeiten zentral in der Cloud vorliegen. Wird aber nur ein Wartungsservice angeboten, sind diese Daten nicht in der Cloud erforderlich. Entscheidend ist ein auf den jeweiligen Anwendungsfall abgestimmtes Datenmanagement.

Security by Design ist in der Industrie ein essentielles Thema

Die Vulnerabilität von zunehmend offenen Systemen in der industriellen Produktion nimmt von Jahr zu Jahr zu, das belegen die Zahlen des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik aus den jährlichen Lageberichten eindrücklich. Das BSI rät zu Strategien, bei denen Sicherheit bereits im Design-Prozess startet.

Im IIoT-Umfeld bedeutet das: Der Unterschied muss schon bei der Software gemacht werden, indem ein sicheres Betriebssystem individuell für den Anwendungsfall konfiguriert und mit regelmäßigen Sicherheits-Patches konsequent gewartet wird. Die Anforderungen und Kommunikationswege sind hier sehr unterschiedlich.

Standardbetriebssysteme hingegen müssen oft mit erheblichem Konfigurations- und Wartungsaufwand auf die jeweilige Situation getrimmt werden. Darüber hinaus wird die Systemleistung oft so stark mit Security Features belegt, dass die Geräte ihre eigentliche Funktion nicht mehr optimal erfüllen können. Deshalb kann sich hier ab einer bestimmten Anzahl von Geräten im Feld der Einsatz von Susietec Secure OS lohnen.

(ID:48037381)