MID-Verfahren in der Steckverbinderfertigung Integration von Elektronik und Mechanik im Steckverbinderdesign

Autor / Redakteur: Tilo Remhof* / Kristin Rinortner

MID-Technologien können heute auch in der Serienfertigung profitabel eingesetzt werden. Immer mehr Unternehmen beziehen diese Option in ihre Machbarkeitsüberlegungen mit ein. Stoßen konventionelle Verfahren an ihre Grenzen, lassen sich mithilfe von MID-Verfahren neue Anwendungen erschließen, wie bei der Herstellung von Steckverbindern.

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Neue Verfahren, leistungsfähige Kunststoffmaterialien und kurze Prozessketten haben dazu geführt, dass MID-Technologien heute auch in der Serienfertigung profitabel eingesetzt werden. Immer mehr Unternehmen beziehen diese Option in ihre Machbarkeitsüberlegungen mit ein. Wenn konventionelle Verfahren an ihre Grenze stoßen, bietet MID die Möglichkeit diese Grenze zu überschreiten und neue Anwendungen zu erschließen.

Neue Wege zu gehen, erfordert Mut und auch die Bereitschaft zur Investition in neue Verfahren. In diesem Artikel werden die Einsatzmöglichkeiten der MID-Technologie im Bereich der elektrischen Steckverbinder betrachtet. Dazu wird zunächst kurz auf die Technologie selbst eingegangen. Anhand von Beispielapplikationen wird dann aufgezeigt, wo die Anwendung nicht nur denkbar ist, sondern auch die Vorteile von MID ausnutzt. MID ist weniger geeignet vorhandene Technologien abzulösen, als vielmehr neue Anwendungsgebiete zu erschließen, die mit vorhandenen Technologien nicht, oder nur mir unverhältnismäßig hohem Aufwand, realisierbar sind.

MID (Molded Interconnect Devices) beschreibt eine Technologie, die es ermöglicht, elektronische Schaltungen im dreidimensionalen Raum zu verwirklichen. Mithilfe verschiedener Fertigungsverfahren können Leiterbahnen auf Spritzgussteilen erstellt werden. Durch das Verwenden von hochtemperaturfesten Kunststoffen lassen sich Bauelemente auflöten oder man kann die fertige Baugruppe in Lötprozessen weiterverarbeiten. Außerdem lassen sich mechanische Funktionen integrieren. Dies macht die Technologie auch für den Steckverbinderbereich interessant.

Durch den hohen Freiheitsgrad bei Spritzgussteilen und die flexiblen Möglichkeiten der Laserdirektstrukturierung in Kombination mit anschließender Oberflächenbeschichtung bieten sich vielfältige Möglichkeiten bei der Realisierung von Steckverbindern.

Einsatzmöglichkeiten von MID-Steckverbindern

Wenn mechanische und elektrische Funktionen vereint werden, kann oft auch die Baugröße deutlich reduziert werden. Außerdem lässt sich die Anzahl der notwendigen Komponenten verringern. Wenn beispielsweise die Schaltung auf der Innenseite eines Gehäuses aufgebracht wird, kann auf eine Leiterplatte verzichtet werden, da die elektronischen Bauteile direkt im Gehäuse verlötet bzw. verklebt werden. Dies macht MID besonders interessant für Anwendungen in der Sensortechnik. Weitere Anwendungen sind beispielsweise in der Medizintechnik, Telekommunikation und Automobiltechnik zu finden. Verschiedene MID-Verfahren werden mittlerweile auch in der Großserie erfolgreich eingesetzt.

Verfahren in der MID-Technik

Das 2-Komponenten Spritzgussverfahren (2K) gehört zu den „klassischen“ MID Verfahren. Bereits in den frühen 90er-Jahren wurden damit erste MID-Teile realisiert. In der Zwischenzeit wurde das Verfahren verfeinert und variiert. Die grundlegenden Schritte sind jedoch geblieben:

Der erste Spritzvorgang („Schuss“) wird mit einem galvanisierbaren, nicht elektrisch leitfähigen Kunststoff ausgeführt. Dabei müssen die späteren Leiterbahnen erhaben ausgebildet werden, sodass der zweite „Schuss“ mit einem nicht galvanisierbaren Kunststoff die Leiterbahnen seitlich umschließt. Abhängig von der gewünschten Geometrie kann auch zuerst der nicht metallisierbare Kunststoff gespritzt werden. Entscheidend ist, dass die zu metallisierende Struktur an der Oberfläche des Teils sichtbar ist. Die elektrischen Verbindungen entstehen erst durch das galvanische Abscheiden von Metallschichten.

Dazu ist es notwendig, dass das Kunststoffteil verschiedene Galvanikbäder durchläuft. Bevor der galvanisierbare Kunststoff metallisiert werden kann, muss man die Kunststoffoberfläche durch Ätzen aktivieren. Anschließend kann schichtweise z.B. Kupfer, Nickel und Gold aufgebracht werden. Da in der Regel stromlos galvanisiert wird, hängt die Schichtdicke von der Verweilzeit im Galvanikbad ab.

Eine neuere Alternative zum 2K-Verfahren bietet das Laser-Direktstrukturieren. Das von LPKF Laser & Electronics entwickelte Verfahren ermöglicht eine kostengünstige und flexible Fertigung von MID-Teilen. Die laserstrukturierbaren Formteile werden im 1-Komponenten-Spritzguss hergestellt. Anschließend wird die Oberfläche mit einem fokussierten Laserstrahl gezielt aktiviert. Danach erfolgt die Metallisierung im chemischen Bad.

Das Verfahren bietet ein hohes Maß an Flexibilität, da der Laser das Schaltungslayout direkt vom Rechner auf das Spritzgussteil überträgt. Dabei werden keine zusätzlichen Werkzeuge oder Masken benötigt. Die Strukturierung erfolgt allein auf Basis der vorliegenden CAD-Daten (Quelle: siehe Info-Click).

Anwendung des 2K-Verfahrens für einen Steckverbinder

Bei sehr vielen Anwendungen ist die Anbindung eines elektronischen Systems an die „Außenwelt“ notwendig. Dies kann z.B. zur Energieversorgung oder zum Austausch von Daten erforderlich sein. Oft werden dazu Steckverbinder eingesetzt. Allgemein betrachtet ist ein Steckverbinder ein Hightech-Element zur Übertragung von Signalen, Licht, Energie oder andern Medien.

Die folgenden Bilder zeigen eine konkrete Anwendung des 2K Verfahrens für einen Steckverbinder.

Die vorliegende Anwendung beinhaltet zwei Möglichkeiten der Kontaktierung. Auf der Stirnseite kontaktieren doppelseitige Federstifte auf die vergoldeten MID-Leiterbahnen. Die Federstifte sind in einem zusätzlichen Gehäuse geführt. Durch eine versetzte Anordnung der Leiterbahnen auf Vorder- und Rückseite der MID-Scheibe ist ein enges Raster realisierbar. Die Scheiben werden aneinander gereiht. Am anderen Ende befinden sich galvanisierte zylindrische Stifte die in einer Platine verlötet werden können. Dies kann sowohl in der Dampfphase, als auch in einem bleifreien Reflow-Lötprozess erfolgen.

Eigenschaften von MID-Steckverbindern

Um die MID-Technologie für Steckverbinder einzusetzen, müssen verschiedene Anforderungen erfüllt sein. Dazu gehört neben der mechanischen Stabilität vor allem die Oberflächenbeschaffenheit der Kontaktflächen. Diese bestimmt zu einem wesentlichen Teil die Anzahl der möglichen Steckzyklen. Um hier eine hohe Anzahl zu erreichen, müssen der Schichtaufbau und die Materialkombination in der Galvanik gut überlegt sein. Dabei ist auch eine bestromte Galvanik in Erwägung zu ziehen, wenn die Geometrie der Leiterbahnen dies zulässt. Dadurch lassen sich deutlich dickere Schichten in kürzerer Zeit erzeugen. Auf diese Weise kann der Übergangswiderstand reduziert und damit die Stromtragfähigkeit erhöht werden.

Aufgrund der Limitierung auf Kunststoffteile, können viele gängige Verbindungstechnologien wie z.B. Crimpen, Schweißen oder Schneidklemmen bei MID nicht angewendet werden. Hier muss man auf Alternativen wie löten, leitend verkleben oder Federkontakte ausweichen. Um die Vorteile der Integration von Elektronik und Mechanik noch besser zu nutzen, wird auch die Kombination mit der Bondtechnologie untersucht. Dabei gelten besondere Anforderungen an die Oberflächenrauheit der Kontaktflächen und das thermische Ausdehnungsverhalten der Trägermaterialien.

Wenn beispielsweise ein Chip-Die direkt im Sensorgehäuse platziert und dort über Drahtbonds mit der entsprechenden Beschaltung verbunden wird,lässt sich die Baugröße weiter reduzieren. Auch hier müssen wieder Verbindungen zur „Außenwelt“ bereitgestellt werden.

*Tilo Remhof ist bei der Molex GmbH in Heilbronn Biberach für die Entwicklung neuer Produkte zuständig.

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