Schnittstellen für die Bildbearbeitung Komplexe Kriterien beeinflussen die Entscheidung
Datendurchsatz, Kabellänge, Kosteneffizienz, Standardisierung, Verfügbarkeit und Prozessorauslastung sind einige Kriterien, die bei der Wahl der geeigneten Kameraschnittstelle in Betracht gezogen werden. In diesem Beitrag werden Charakteristika der vorherrschenden Techniken skizziert und gegenübergestellt.
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Analogkameras sind immer noch in großen Stückzahlen in Bildverarbeitungsapplikationen integriert. Sie generieren ein Videosignal in analoger Form, welches über ein einfaches Koaxialkabel an eine Bilddatenerfassungskarte (den Frame-Grabber) übertragen wird. Prinzipiell lassen sich Analogkameras in die zwei Klassen Standard-Analog und Nicht-Standard-Analog einteilen.
Zu den Standard-Analog-Formaten gehören CCIR, RS-170, PAL und NTSC. In den Standards sind beispielsweise Bildgröße und Frame-Rate fest definiert. Bilderfassungssysteme, in denen diese Standards zum Einsatz kommen, lassen sich sehr einfach konfigurieren und verwenden. Hinzu kommt, dass Kamera und Frame-Grabber durch die Standardisierung leicht austauschbar sind.
Bewegte und nichtbewegte Objekte erfassen
Berücksichtigt muss jedoch werden, dass die Kamera die Bilder in einem Interlaced-Verfahren aufnimmt. Das bedeutet, dass ein Bild aus zwei Halbbildern besteht und diese beiden Halbbilder zeitlich zueinander versetzt erfasst werden. Sollen diese Bilder nicht nur visualisiert, sondern auch analysiert werden, eignet sich diese Technik nur bedingt für die Aufnahme einer bewegten Szene. Denn durch die zeitlich versetzte Erfassung der Halbbilder kommt es zu Verzerrungen im Vollbild. Die sind nur durch kurze Belichtungszeiten und spezielle Beleuchtungstechniken vermeidbar.
Kameras, die sich beispielsweise durch ihre Auflösung oder Frame-Rate von Standard-Analog-Kameras unterscheiden, gehören zur Nicht-Standard-Analog-Klasse. Viele dieser Kameras arbeiten nach dem Progressive-Scan-Verfahren. Bei dieser Technik wird – anders als bei Standard-Analog-Kameras – zu einem Zeitpunkt immer ein komplettes Bild aufgenommen. Dadurch eignen sich diese Kameras gut dazu, Bilder von bewegten Objekten zu erfassen, sodass diese anschließend ausgewertet werden können.
Eine Kamera muss derart konfiguriert werden, dass sie neben den Bilddaten auch die Synchronisationssignale (horizontal sync, vertical sync und Pixel Clock) an die Bilddatenerfassungskarte überträgt. Dadurch werden Verkabelung und Konfiguration der Hardware relativ komplex, verglichen mit anderen Techniken.
Das Signal-Rausch-Verhältnis ist ein wichtiges Kriterium
Viele Digitalkameras nehmen die Bilder ebenfalls nach dem Progressive-Scan-Verfahren auf. Somit eignen auch sie sich häufig für die Aufnahme einer bewegten Szene. Die Bildinformationen verlassen die Kamera schon in digitaler Form und werden somit nicht erst auf der Bilddatenerfassungskarte digitalisiert. Damit wird ein besseres Signal-Rausch-Verhältnis erreicht, welches die Kameras besonders interessant macht für den Einsatz in rauen Umgebungen, in denen eventuell Störsignale vorliegen. Ein weiterer Vorteil ist die große Verfügbarkeit von Digitalkameras. Es gibt sie als Zeilen- und Matrixkameras, mit unterschiedlichen Auflösungen, für Monochrom-, Farb- und Infrarotbilder.
Typischerweise werden über das Kabel nicht nur die Bilddaten übermittelt. Es lassen sich auch sämtliche Kameraattribute parametrieren. Je nach Schnittstelle werden dazu entweder serielle Kommandos an die Kamera geschickt oder die Kameraregister direkt beschrieben.
Hersteller sind frei bei der Stecker- und Pin-Belegung
Bei LVDS und RS422 handelt es sich um bewährte Techniken für die Übertragung digitaler Bilder. Jedoch sind die Hersteller von Kamera und Frame-Grabber völlig frei bei der Wahl der Stecker und deren Pin-Belegung. Damit kann es dem Anwender passieren, dass er beim Austausch einer Komponente (Herstellerwechsel) ein neues, spezifisches Kabel benötigt.
Anders ist das bei CameraLink. Bei diesem weitverbreiteten Standard ist neben der Datenübertragung auch spezifiziert, auf welchem Pin des Steckers welches Signal anliegt. CameraLink gibt es in drei Ausbaustufen: Base, Medium und Full. Mit der großen Spezifikation lassen sich 680 MByte/s in das RAM des Rechners übertragen. Durch die hohe zur Verfügung stehende Busbandbreite eignet sich CameraLink auch besonders gut für den Bildeinzug von schnellen Zeilenkameras.
FireWire und GigE-Vision für den Datentransport
FireWire (IEEE1394) ist seit mehreren Jahren ein bewährter Industriestandard, und mittlerweile wurden zahlreiche FireWire-Kameras auf den Markt gebracht. Mit IEEE-1394b steht eine Busbandbreite von 100 MByte/s zur Verfügung. Über das Kabel werden nicht nur die Daten transportiert und Attribute parametriert, sondern auch gleichzeitig die Kamera mit Strom versorgt. In der Regel sind die Kabel 4,5 m lang. Es sind aber auch spezielle Kabel und Techniken verfügbar, mit denen sich durchaus 100 m überbrücken lassen. Die Kameras werden automatisch vom Betriebssystem erkannt und lassen sich einfach konfigurieren und in die Applikationsumgebung integrieren.
Der jüngste Standard ist GigE-Vision. Diese Schnittstelle ist besonders interessant, wenn bis zu 100 m zwischen Kamera und System liegen. Mit GigE-Vision können Bilddaten mit 125 MByte/s über diese Distanz mittels Ethernetkabel übertragen werden.
Die Bilddatenerfassungskarten von National Instruments senken die Prozessorauslastung auf ein Minimum, weil die Bilddaten vom Frame-Grabber über DMA-Kanäle an den Rechner übertragen werden. Die Grabber lassen sich durch Treiber-API und zahlreiche Beispiele schnell in die gängigsten Programmiersprachen integrieren und unterstützen den Einsatz hunderter verschiedener Kameras. Durch bereits auf den Frame-Grabbern integrierte Digitalein- und -ausgänge lässt sich das Bildverarbeitungssystem ohne zusätzliche Hardware leicht in den kompletten Prozess einfügen.
Deutlicher Trend zur Digitaltechnik
Analogkameras genießen immer noch eine große Akzeptanz am Markt. Allerdings lässt sich seit längerem beobachten, dass vermehrt auf Digitaltechnik zurückgegriffen wird. In Applikationen, in denen in kurzer Zeit große Datenmengen anfallen, wird bevorzugt CameraLink verwendet. In konventionellen Maschine-Vision-Anwendungen ist häufig IEEE-1394 im Einsatz. Aber auch GigE-Vision ist ein Standard, der in Zukunft Anklang finden wird. Insbesondere, wenn es gilt, lange Wege zu überbrücken.
*Steffen Hoog ist Business Development Manager bei National Instruments, München.
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