Bedienpanel Kürzere Route mit Display als Lotse
Ein Bordcomputer von Beijer Electronics und eine optimierte Routenführung lotsen Müllautos durch den Dschungel der Stadt. Die Routen-Navigation, die insbesondere auch das Detailwissen der Fahrer nutzt, optimiert die Wege der Abfallentsorger.
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Die Herausforderung in der Praxis: Müllfahrer im schweizerischen Kreuzlingen waren durch dauernde Arbeitstage zwischen zehn und zwölf Stunden völlig überlastet. Durch stetiges Wachstum der Stadt konnte das Müllaufkommen in normalen Arbeitsschichten nicht mehr bewältigt werden.
Die Lösung: Ein Bordcomputer von Beijer Electronics und eine optimierte Routenführung brachten die notwendige Verbesserung. Die Routennavigation, die neben geokodierten Daten insbesondere Detailwissen der Fahrer nutzt, stellt die Abfallentsorgung in kürzerer Zeit sicher. Das Ergebnis: Durch reine Optimierung der Straßenreihenfolge ergab sich bereits eine Einsparung von drei Wochenstunden. Eine Neuplanung der Route und des Sammelkalenders soll eine Aufwandsreduzierung von weiteren fünf Stunden bringen.
Optimierter Routenplan bei Abfallentsorger
„Da steht morgens um 9:00 Uhr immer ein roter Polo auf dem Seitenstreifen. Da kann ich nicht rechts abbiegen.“ So oder so ähnlich beschreibt der Müllwagenfahrer die täglichen Herausforderungen auf seiner Route. „Und es gibt viele weitere Details, die erhebliche Verzögerungen zur Folge haben und in keinem Kartenmaterial der Welt zu finden sind“, bekräftigt Florian Reischer die Aussage.
Der gelernte Informatiker ist einer von drei Geschäftsführern und Teilhabern bei der infeo GmbH in Dornbirn. Das Unternehmen hat sich spezialisiert auf Dienstleistungen wie Planung, Optimierung und Durchführung von Entsorgungsrouten sowie Telematik-Lösungen für die Abfallwirtschaft. Zu seinen Kunden gehören Kommunen, Verbände und private Entsorgungsunternehmen, die ihre Abfallsammelsysteme optimieren wollen.
Das Spin-Off-Unternehmen ging aus der Fachhochschule Vorarlberg und dem Vorarlberger Umweltverband hervor und hat mit ALOA awm eine Software entwickelt, mit deren Hilfe Abfallsammeltouren aufgezeichnet, ausgewertet, optimiert und simuliert werden können.
Arbeitsbelasungen ausgleichen
Seit September 2012 betreut infeo ein aktuelles Projekt in Kreuzlingen, im Schweizer Kanton Thurgau. Mit dem hiesigen privaten Entsorger, der Labhardt Transport AG, einer Tochter der TIT Imhof AG, fand man einen Kunden, der mit der Müllbeseitigungssituation in seinem Los, das ist ein Teilbereich einer öffentlichen Ausschreibung, nicht zufrieden war. „Unsere Fahrer hatten zum Schluss zehn bis zwölf Stunden Tage, was auf Dauer nicht tragbar war“, beschreibt Marcel Senn, Geschäftsführer der Labhardt AG die Arbeitssituation seiner Mitarbeiter. Durch das stetige Wachstum der Stadt Kreuzlingen war es zu einer ungleichmäßigen Verteilung der Haushalte gekommen.
Deshalb konnten manche Gebiete an einem regulären Arbeitstag nicht mehr bewältigt werden. Um die Fahrer nicht länger zu überlasten und für zukünftige Erweiterungen gut aufgestellt zu sein, überlegte man bei Labhardt und der KVA Thurgau (Kehrichtverwertungsanlage), wie die Situation verbessert werden kann. So entschied man, infeo als Spezialisten für Routenoptimierung in der Abfallwirtschaft hinzu zu nehmen. Mit deren Software wurden sämtliche Sammelstellen aufgezeichnet und geokodiert.
Bis zu zwölf Stunden täglich im Einsatz
Anhand dieser detaillierten Datenbasis konnte mittels mathematischer Streckenoptimierung die Tourenlänge um bis zu drei Stunden pro Woche reduziert werden. Die optimierten Routen wurden in Zusammenarbeit mit den Fahrern der Labhardt AG verfeinert und konnten somit als Grundlage für eine Routenführung verwendet werden. Zur Umsetzung wurde ein robuster Bordcomputer benötigt, der den schwierigen technischen Rahmenbedingungen in der Müllabfuhr gewachsen ist.
Per Handgriff ins Ersatzfahrzeug
Fündig wurde infeo bei Beijer Electronics. Das TREQ VM ist ein 7 Zoll Touchpanel mit Breitbild-Display, das in einem stabilen Kunststoffgehäuse mit Gummikantenschutz untergebracht ist. Der integrierte GPS/GPRS-Empfänger bietet einen schnellen Empfang, der für eine optimale Routenführung zwingend erforderlich ist. Eine Touch-Oberfläche gewährleistet zuverlässige Eingaben, selbst mit schmutzigen, feuchten Arbeitshandschuhen. Mit Hilfe des Lithium-Polymer-Akkus werden Spannungsschwankungen des Fahrzeugs wirkungsvoll abgefangen. Außerdem kann der Fahrer das Gerät mit einem Handgriff aus der Halterung nehmen, wenn das Sammelauto eine Störung hat und der Betrieb mit einem Ersatzfahrzeug weitergehen muss.
„Unsere Sammelfahrzeuge sind im täglichen Betrieb einem hohen Verschleiß ausgesetzt und deshalb einmal im Monat zur Wartung in der Werkstatt. Deshalb ist die mobile Computerversion für uns sehr wichtig, denn so können wir ohne Verzögerung und logistischen Aufwand unsere Routen weiter abarbeiten“, erläutert Marcel Senn den typischen Einsatz.
Verbesserung von 15 Prozent ist erreichbar
Bei der Ist-Analyse der aktuellen Route diente das TREQ-VM als Eingabemedium für die Fahrer. Diese hielten die wichtigen Streckenparameter wie rechts- oder beidseitiger Sammelpunkt, oder Rückwärts fahren erforderlich per Touch-Bedienung fest. Aus Erfahrung weiß der infeo Geschäftsführer, dass die einzig vernünftige Datengrundlage die direkte Aufzeichnung ist. Über einen Zeitraum von ca. drei Monaten kamen etwa vier Aufzeichnungen je Route und Tag zusammen. Dem gegenüber stellte man am Computer eine Streckenoptimierung, die mit Hilfe der ALOA awm entwickelt wurde. Durch Clustern von mehreren Straßenzügen wurde berechnet, wie viel Müll zusammenkommt und an einem Tag abgefahren werden kann.
Reihenfolge optimiert
Die Zielvorgabe der KVA Thurgau war es, die Routen der einzelnen Wochentage nicht zu verändern, um den bereits veröffentlichten Sammelkalender beizubehalten. Deshalb wurde lediglich die Reihenfolge der Straßen pro Tag optimiert, was bereits zu einer Einsparung von drei Wochenstunden führte. Bei einer Neuplanung der Routenführung mit modifiziertem Sammelkalender ist sogar eine Aufwandsreduzierung von 15% machbar. Durch den erweiterten Temperaturbereich von -20 bis +60 °C arbeiten die Touchpanel der TREQ-VM Serie auch nach einer Frostnacht am nächsten Morgen einwandfrei. Das Farb-Display zeigt selbst bei direkter Sonneneinstrahlung alle Routeninformationen optimal an.
Die Fahrer liefern das Detailwissen
„Damit der Fahrer am frühen Morgen, wenn es im Winter noch dunkel ist, nicht zu sehr geblendet wird, haben wir die Bordcomputer dimmbar gemacht“, ergänzt Florian Reischer. „Wir haben lange gesucht und vieles ausprobiert, bis wir zum TREQ-VM kamen. Doch dies ist unsere optimale Lösung“, so der Informatiker. „Wenn beim GPS-Empfänger der Antennenanschluss abreißt oder für die Kabel keine Verschraubungen vorhanden sind, dann kann man nicht von robuster Industrietechnik sprechen. Ganz zu schweigen von schlechten Akkus oder empfindlichen Plastikgehäusen, die wir bei einigen Konkurrenzgeräten des TREQ-VM vorfanden. Ein Müllauto ist keine Couch, da wird schon mal eine nasse Regenjacke über die Armaturen geworfen oder mit dreckigen Arbeitshandschuhen bedient.“ Der Geschäftsführer fasst den harten Einsatzbereich mit einem Satz zusammen, wo es noch rauer zugeht als hier: „Nach dem Müllauto kommt direkt der Panzer.“
Ein wichtiger Bestandteil, der zum Gelingen beiträgt, ist der Support während der Testphasen. Nur durch den engen Kontakt der Technologiepartner konnte die Beijer Electronics Hardware mit der infeo Software erfolgreich „verheiratet“ werden. „Für uns war es wichtig, mit jemandem zusammen zu sitzen, der unsere Sprache spricht. Und das hat sehr gut geklappt," resümiert Florian Reischer den bisherigen Projektverlauf.
Zuverlässiges Equipment für raue Anforderungen
Das Projekt läuft seit etwa einem halben Jahr und bereits jetzt sind alle Beteiligten hoch zufrieden. Marcel Senn fasst es aus seiner Sicht so zusammen: „Mit dem TREQ-VM Bordcomputer könnte selbst ich die Route fahren, weil sie nicht mehr nur in den Köpfen der Fahrer ist.“ Die Labhardt AG konnte die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter auf ein überschaubares Maß reduzieren.
Die infeo GmbH besitzt mit Beijer Electronics einen Lieferanten, der zuverlässiges Equipment für raue Anforderungen liefert. Und die KVA Thurgau kann mit gutem Gewissen ein weiteres Los in Kreuzligen vergeben.
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