Kabel & Leitungen Meilenstein der Automation: Wo sich die Welt verbindet
Ein Familienbetrieb als Global Player: Hidden Champion Lapp hat sich über drei Generationen hinweg vom Kabelhersteller zum milliardenschweren Weltmarktführer von Verbindungslösungen entwickelt – und wächst auch im Zeitalter der Digitalisierung gesund weiter. Hinter dem Erfolgsgeheimnis steckt eine Familiengeschichte.
Anbieter zum Thema

Wohl kaum ein weiteres Mal zieht sich ein Kerngedanke so konsequent durch ein Unternehmen wie bei Lapp, dem Weltmarktführer für Verkabelungs- und Verbindungstechnologien: „Kabel verbinden“, das Motto verknüpft technologische Meilensteine zu Lösungswegen für Kunden, spannt den Bogen einer Entwicklung vom Zwei-Personen-Betrieb hin zum milliardenschweren Global Player und bildet das unverbrüchliche Band eines Familienunternehmens, das seit drei Generationen Erfolgsgeschichte schreibt.
„Kabel verbinden die Gegenwart mit der Zukunft“, hatte schon Firmengründer Oskar Lapp erkannt. Lange bevor die Industrie Systemwelten baute und mit der beginnenden Ausrichtung auf Industrie 4.0 für immer mehr Daten immer mehr Verbindungen anforderte, die nun als industrielle Datenkommunikation (IDC) weit mehr können müssen als zuvor. „Und doch ist der Kerngedanke immer gleich geblieben“, sagt heute Enkel Matthias Lapp als jüngster Familienzugang in der Firmenspitze.
Und der war sicherlich in der Persönlichkeit der Firmengründer Oskar und Ursula Ida Lapp begründet: er, ein Mann mit Lebenstraum, ein Ingenieur und Tüftler, sie, eine Unternehmerin aus Leidenschaft, wie sich später immer wieder zeigen sollte. Ihren Anfang nahm diese Erfolgsgeschichte 1957, als Oskar Lapp in der eigenen Garage in Stuttgart-Vaihingen die weltweit erste industriell gefertigte Anschluss- und Steuerleitung der Welt entwickelte. Das Ehepaar meldete die Erfindung unter dem Markennamen Ölflex an – und setzte damit einen wichtigen Meilenstein für die ganze Branche.
Denn Ölflex machte den bis dahin sehr aufwendigen Prozess der Verkabelung viel einfacher. Mussten bislang die Adern und Schaltlitzen eines Kabels einzeln eingezogen und ihre Zusammengehörigkeit elektrisch geprüft werden, konnten sich Anwender mit dieser Erfindung aus dem Hause Lapp nun den aufwendigen Prozess des sogenannten Durchklingelns ersparen, denn die einzelnen Adern waren farbig markiert. Zudem hatte Oskar Lapp sie durchgängig miteinander verseilt, was das Ölflex-Kabel sehr flexibel machte.
Mit Firmensitz und Vertrieb im Eigenheim der Familie starten die Lapps die Vermarktung von Ölflex. Er übernahm die Akquisition und Kundenberatung, sie die Auftragsbearbeitung und den gesamten kaufmännischen Part.1959 gründen die beiden nach ihren Initialen die U. I. Lapp KG und kooperieren schon wenig später mit ersten Vertretungen im Ausland. 1963 wagt das innovative Paar dann den Schritt in die Eigenproduktion.
Internationalisierung: Lapp expandiert in alle Welt
Doch erst 1965, mit bereits 30 Beschäftigten, zieht der Firmensitz zu Hause aus und expandiert seitdem. Mit Gründungen von Tochterfirmen wie etwa der Contact GmbH zur Herstellung von Rechtecksteckverbindern oder der S-Glasfaser GmbH, nachdem Sohn Siegbert 1980 ins Familienunternehmen einsteigt. Zuvor hatten die Lapps 1976 bereits die erste Auslandsniederlassung etabliert, die Ölflex Inc. in den Vereinigten Staaten, der noch viele Niederlassungen in allen Teilen der Welt folgen sollten und die immer größer werdende Lapp Gruppe bildeten. Und wer in vielen Regionen direkt vor Ort agiert, entwickelt ein Gespür für weittragende Trends und das entsprechende Anwendungs-Know-how. Eine substantielle Ausrichtung.
Generationenwechsel ohne Nachfolgekonflikte
Lapp bleibt auch eine Familiengeschichte, als Oskar Lapp 1987 einem Herzleiden erliegt und Ursula Ida Lapp zusammen mit den beiden Söhnen Andreas und Siegbert die Firma in seinem Geiste weiterentwickeln und 2017 mit Enkel Matthias den ersten Vertreter der dritten Generation in die Führung einbinden – ohne Nachfolgekonflikte, was womöglich auch das ausgesprochen gesunde Wachstum mit erklärt.
Siegbert Lapps Sohn Matthias hatte bei Lapp schon Auslandserfahrungen gesammelt, bevor er vergangenes Jahr den CEO-Posten für Europa, Afrika, Südamerika und den Mittleren Osten übernahm. Damit ist er für rund 70 Prozent des Gesamtumsatzes von Lapp verantwortlich. Dieses Jahr hat Lapp die Milliarden-Umsatzmarke übersprungen und beschäftigt 3.770 Mitarbeiter. Inzwischen hat die Lapp Gruppe 40 Vertriebsgesellschaften, rund 100 Vertretungen und fertigt an 17 Standort weltweit– und ist dabei für Analysten ein echter Hidden Champion geblieben.
:quality(80)/images.vogel.de/vogelonline/bdb/1401200/1401297/original.jpg)
Elektrische Verbindungssysteme für die Bahnindustrie
Schwerlastlok mit Leitungen von Lapp
So mancher Branchenkenner führt dies auf die familiär geprägte Unternehmenskultur zurück, neben dem innovativen und kundenorientierten Geist auch gelenkt von Werten wie nachhaltiges Handeln und gesellschaftliche Verantwortung. Wer bei Lapp arbeitet, darf sich sicher sein, dass auch seine Familie im Unternehmen zählt. Nicht von ungefähr gewann Lapp die Auszeichnung des Bundesfamilienministeriums „Erfolgsfaktor Familie 2016“, die dem familienfreundlichen Unternehmen viel bedeutet, ebenso wie auch die Top-100- Ehrung für sein Technologie- und Innovationsmanagement.
Innovationsfähigkeit bündeln und still verändern
Damit gehört der eher still agierende Veränderer auch ganz offiziell zur Innovationselite des deutschen Mittelstands. Mehrmals im Jahr werden Mitarbeiter aus der ganzen Welt aus verschiedenen Funktionen eingeladen, um in Workshops neue Lösungsansätze für Kunden zu entwickelt.
Die Verbindung des ersten technologischen Meilensteins der Lapps in die Zukunft? Tatsächlich steht der Markenname Ölflex nach mittlerweile gut 60 Jahren noch immer für besonders bewegliche, ölfeste und widerstandsfähige Leitungen – zuverlässig auch unter extremen Belastungen, was übrigens schon von Beginn an zu einer typischen Handschrift aus dem Hause Lapp werden sollte.
Ebenso wie die Grundhaltung hinter jeder Idee, dem Kunden eine das Leben vereinfachende Lösung anzubieten. Eine, die seine Aufgaben erleichtert und seine Prozesse effizienter gestaltet. „Unsere Kunden sollen sich auf ihre wertschöpfenden Aufgaben konzentrieren können“, erklärt CEO Matthias Lapp, was als Leitmotiv für alle Beschäftigten gilt. Dieses Anforderungsprofil ist bei den Stuttgartern auch als eine Art Durchgangsprüfung für jede Kundenlösung und neue Entwicklung zu sehen.
:quality(80)/images.vogel.de/vogelonline/bdb/1400700/1400743/original.jpg)
Verbindungstechnik
Lapp vereinfacht und vereinheitlicht seinen globalen Markenauftritt
Dem Kunden etwas vereinfachen, dieser Leitgedanke begleitet jede Strategie, mit der Lapp Marktveränderungen aufgreift, hinterfragt und weitere Meilensteine für die Zukunft auslegt.
Das zeigt sich in den auf Ölflex folgenden Marken-Entwicklungen wie beispielsweise den Datenübertragungssystemen Unitronic, Etherline und Hitronic, im Industriesteckverbinder Epic oder der Kabelverschraubung Skintop ebenso wie in neuen Produktreihen wie etwa Ölflex Connect Chain, ein Programm, das dem Kunden komplette, einbaufertige Energieketten liefern kann, und auch in Ölflex Connect Servo, einer Produktreihe mit fertigen Servokonfektionen. Oder auch im Know-how-Schwerpunkt Train, Food & Beverage.
Mit inzwischen acht Marken erhält der Kunde ein komplettes Angebot aus der Hand der Schwaben, die für alle angebotenen Lösungen auch Hersteller sind – die Herstellerkompetenz inklusive.
So stehen derzeit mehr als 40.000 verschiedene Standardartikel ab Lager bereit, darunter flexible Kabel, Anschluss- und Steuerleitungen, Daten- und Lichtwellenleiter, Kabelverschraubungen und industrielle Steckverbinder sowie Kabelzubehör. Und für kundenbezogene Lösungen entwickelt Lapp Spezial-Kabel und -Leitungen.
Eine nahtlose Verbindung in die digitale Welt
Lapp wandelt sich im Laufe der Zeit immer stärker zu einem Anbieter von Verbindungslösungen und schafft damit gleichzeitig auch eine nahtlose Verbindung in eine digitalisierte Welt. Was damals der Aufwand in der Verkabelung bedeutete, stellt heute im Zuge der Digitalisierung und Automatisierung mit der Übertragung riesiger Datenmengen ganz andere Anforderungsprofile an Leitungen und Anschlüsse.
Aber welche sind das in einer Zeit, in der manche noch im Zeitalter von Industrie 2.0 fertigen, während andere schon die Vision von Industrie 4.0 realisieren? „Starre Automatisierungspyramiden lösen sich auf“, erläutert Technikvorstand Georg Stawowy. „Die Intelligenz sitzt künftig nicht mehr ausschließlich in einer zentralen Steuerung.“
Werkzeuge, Bauteile und Intralogistik kommunizieren untereinander und organisieren ihre Produktion in Smart Factorys bald selbst. „Das erfordert ein Umdenken in der industriellen Datenkommunikation", so Stawowy.
Lapp ist schon seit Jahren mit seiner Verbindungskompetenz in branchenübergreifenden Forschungs- und Entwicklungsinitiativen involviert, etwa in der SmartFactoryKL des Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz in Kaiserslautern, dem Prototyp einer Zukunftsfabrik.
Fünf wesentliche Trends hat Lapp aus den großen Veränderungsbewegungen der industriellen Fertigung als Einflussfaktoren auf die Verbindungstechnik herauskristallisiert, darunter Aspekte wie die immer smarter werdenden Komponenten im Zuge der Digitalisierung, Miniaturisierung, die Auflösung der Automatisierungshierarchien, Big Data und Losgröße eins.
„Industrielle Netzwerktechnik ist gewissermaßen das Nervensystem einer Industrie 4.0. Das hat für uns zwei wesentliche Bedeutungen“, sagt Matthias Lapp. „Zum einen bietet sich für uns als Anbieter von Verbindungslösungen die Chance, Geschäfte zu machen. Zum anderen erfordert dies, unsere Strukturen zu erneuern und dem digitalen Zeitalter anzupassen. Denn Kunden verlangen, dass wir in der Lage sind, uns direkt in ihre Prozesse zu integrieren.“
Lapp investiert deshalb in Fertigungsstätten, Logistik, Forschung und auch in eine neue Europazentrale, die der Gruppe vor einem Jahr buchstäblich das Tor zur Zukunft öffnete: Das Open-Space-Konzept mit Think Tanks, Lounges und Projektzonen schafft die Arbeitsumgebung für Kommunikation und Wissenstransfer, Kreativität und Kollaboration.
Schlüsselthema industrielle Datenkommunikation
Mit Blick auf eine sich auflösende Automatisierungspyramide will sich Lapp besonders auf die Feldebene und auf die Ethernet-Technologie konzentrieren. „Für uns sind Industrial-Ethernet-Verbindungen ein Schlüssel für die digitale vernetzte Industrie“, sagt Matthias Lapp. So wie bisher Bürocomputer vernetzt waren, sind es jetzt die Maschinen in der rauen Industrie-Umgebung.
Die Kabel von Lapp können das, ganz nach dem Vorbild des Klassikers Ölflex. Unter dem Markennamen Etherline hat Lapp besonders dünne, biegsame und widerstandsfähige Ethernet-Kabel für verschiedene Industrial-Ethernet-Systeme in seinem Programm.
Und Lapp setzt weiter Maßstäbe, etwa in puncto Einkabellösungen wie mit der Hybridleitung Ölflex Servo FD 7DSL, die Servoantrieb und Umrichter über nur noch einer Leitung verbinden und dabei zwei Funktionen gleichzeitig erfüllt: Leistungsversorgung und auch Datenübertragung.
Was immer die Applikation einfacher macht – mit dieser Denke hat Lapp ein Portfolio aufgebaut, das alle wichtigen Komponenten enthält, die ein Anwender benötigt, um seine Fabrik nach den Prinzipien von Industrie 4.0 auszulegen: darunter Datenleitungen für unterschiedlichste Standards wie zum Beispiel Profinet oder CC-Link, neuerdings auch Switches für die Verteilung von Daten in rauen Umgebungen.
:quality(80)/images.vogel.de/vogelonline/bdb/1368900/1368982/original.jpg)
Strategie
Wie sich Lapp auf die Zukunft einstellt
Wie der Kurs im Markt ankommt, dafür sprechen die Wachstumszahlen. Derzeit wächst die Sparte Industrial Data Communication jedes Jahr mit über 20 Prozent, vor allem das ethernetbezogene Geschäft legt kräftig zu.
Fürchtet Lapp im Zuge der Digitalisierung nicht den Trend hin zur Drahtlos-Übertragung? „Absolut nicht“, meint Enkel und CEO Matthias Lapp. „Wir sind all die Schritte vom Kabelhersteller zum Systemanbieter längst gegangen, realisieren für unsere Kunden also immer das Gesamtpaket, das für seine Anforderungen am sinnvollsten ist.“ Die Zuverlässigkeit der Leitungen und Kabel seien kaum zu ersetzen, Funk aber könne das durchaus ergänzen. „Wir beschäftigen uns deshalb auch mit Drahtlos-Lösungen.“
Und auch das überrascht kaum. „Kabel verbinden die Gegenwart mit der Zukunft“, das hatte einst ja schon Firmengründer und Tüftler Oskar Lapp gesagt.
(ID:45430145)