Weidmüller / R. Stahl AG Meinung: Die Zuversicht bleibt
Enttäuschung, Freude und Zuversicht sind die Gefühlswelten nach der gescheiterten Übernahme der R. Stahl AG durch Weidmüller. Trotz des Streits verbindet eine Emotion die beiden Unternehmen: Das Management verordnet in Ostwestfalen und in Baden-Württemberg Zuversicht.
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Der Vorstand der R. Stahl AG darf zufrieden sein. Sein Kurs wurde von den Aktionären und vor allem von der Familie unterstützt. In den vergangenen Wochen nutzten die Verantwortlichen aus Schwaben ungewöhnlich häufig die Öffentlichkeit, um für ihre Position zu werben. Der Tenor: Die R. Stahl AG ist erfolgreich und das Unternehmen werde nach den Investitionen durchstarten und man brauche nicht den Marktzugang durch Weidmüller.
Bei Stahl steht fest: Die Aktionäre und die Familie vertrauen auf das Wort des Vorstands. Jetzt müssen die Manager aber auch liefern. Das gepriesene Potenzial muss sich für die Anteilseigner in den nächsten Jahren auch in barer Münze auszahlen, sonst droht die nächste Übernahmeschlacht. Die Geschlossenheit der Familie fordert den Vorstand und ist gleichzeitig auch ein Signal für mehr zeitlichen Spielraum bei wirtschaftlichen Entscheidungen – „Quick Wins“ passen nicht in die Unternehmensphilosophie der Stahl-Familie.
Viele Emotionen und unnötige Politisierung
In Ostwestfalen bei Weidmüller sind die Manager enttäuscht. Ihre industrielle Logik des Zusammenschlusses verstanden nicht alle R. Stahl-Aktionäre. Der Plan, den Ex-Schutz-Experten zu übernehmen, um weiter in die Prozessindustrie vorzustoßen, hatte seinen Reiz, doch schnell hagelte es Kritik. Vor allem das Vorgehen des Weidmüller-Vorstands im Übernahmepoker wurde von einigen M&A-Experten kritisiert.
Wer allerdings glaubt, dass die Ostwestfalen blauäugig in die Verhandlungen gegangen seien, der täuscht sich wohl. Der Vorstand muss eine Chance gewittert haben, ansonsten hätte jeder Kaufmann die Verhandlungen nach den ersten Gesprächen, in denen die Stahl-Familie ihre Zustimmung verweigerte, gestoppt. In der Schlussphase wurde die öffentliche Auseinandersetzung dann emotional aufgeladen. Vorwürfe zur Unternehmenspolitik von Weidmüller gegenüber dem Betriebsrat wurden laut und politisierten den Übernahmekampf unnötig. Das war man bis dato von verschwiegenen Familienunternehmen nicht gewohnt.
Jetzt muss sich sicher der Weidmüller-Vorstandsvorsitzende Dr. Peter Köhler unangenehme Frage stellen lassen. Sein Ziel: Einen Milliardenumsatz zu präsentieren, muss er zunächst zurückstellen. Übernahmen stehen in Ostwestfalen aber wohl weiter auf der Agenda.
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