Glatter Strom für saubere Böden Mit Blindleistungskompensation kontaminiertes Erdreich aufbereiten

Redakteur: Ines Stotz

Damit die regionalen Stromnetze in der Lüneburger Heide keine unliebsamen Überraschungen erleben, hat die Gesellschaft für Kampfmittelbeseitigung (GEKA) die Plasma-Verbrennungsanlage mit einer komplett neuen Stromversorgung ausgestattet – und sorgt so für einen störungsfreien Betrieb.

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Die Gesellschaft für Kampfmittelbeseitigung (GEKA) hat ihren Sitz auf dem Gelände des Truppenübungsplatzes Munster in der Lüneburger Heide. Hier werden Kampfmittel unschädlich gemacht sowie kontaminiertes Erdreich für eine gefahrlose Endlagerung aufbereitet. Eine wesentliche Komponente ist die Plasmaverbrennungsanlage, die aktuell mit einer komplett neuen Stromversorgung ausgestattet wurde. Nun läuft der Betrieb intern störungsfrei und hinterlässt auch in den regionalen Stromnetzen keine unliebsamen Auswirkungen. Projektiert wurde diese Anlage vom Geschäftsbereich PQM Power Quality Management der Maschinenfabrik Reinhausen, der auch die Blindleistungskompensations- und eine Filterkreisanlage zur Optimierung der Netzspannungsqualität lieferte.

Bild 8 Der Entsorgungsauftrag: Mit Kampfmitteln verseuchte Böden sind meist mit Arsen belastet. In Munster wurden bereits seit dem ersten Weltkrieg bis nach 1945 chemische Kampfstoffe hergestellt, erprobt und abgefüllt, nicht ohne Folgen für die Umgebung. Eine Kontamination des umliegenden Erdreichs war die Folge. Zur Aufbereitung dieser Böden liegt ein öffentlicher Auftrag vor, um sie gefahrlos lagern oder im Idealfall in Teilen weiter verwenden zu können. Im ersten Schritt wird der Boden gewaschen, da sich die außen sitzenden Arsenverbindungen von den Körnern lösen. Das Ergebnis ist hier schon sauberer Kies und Sand. 80 bis 90 Prozent des Materials sind so unbedenklich weiterverwendbar bzw. deponierbar. Die Bodenwaschanlage reinigt pro Stunde etwa zwei Tonnen Material.

Bild 5 Die übrig gebliebenen Schadstoffe werden dabei im Flotatschlamm gebunden. Dieses kontaminierte Flotat wird mit Kalk und weiteren Zusätzen vermischt in den Plasmabrennofen gefördert, wo es mit einem Lichtbogen eingeschmolzen wird.

Durch dieses Verfahren bildet sich eine glasartige Schlacke, in der die nicht brennbaren Schadstoffe unlöslich und damit auslaugfest gebunden sind. Diese Schlacke wird derzeit als Befestigung für die Abdeckfolie einer geschlossenen Mülldeponie genutzt. Wenn durch stabilen Betrieb des Brennofens eine ausreichende Menge zur Verfügung steht, ist auch die Verwendung im Straßenbau als Schüttmaterial denkbar. In jedem Fall ist die Aufbewahrung der Schlacke ungefährlich.

Neben dieser Anlage verfügt Geka auch über eine Anlage zur Vernichtung der Kampfstoffe selbst und über eine Sprenganlage.

Der Ofen

Bild 2 Der bei Geka eingesetzte Ofen ist ein Drehofen mit einer langen Elektrode, die mit einer Stickstoffinertisierung arbeitet. Im Unterschied zu anderen Drehöfen kommt bei Geka durch das zu schmelzende Material eine weitere Besonderheit hinzu: Glas an sich ist bei Raumtemperatur nicht elektrisch leitfähig. Deshalb wird das Gut auf etwa 1300°C vorerhitzt, wo es im angeschmolzenen Zustand leitet. Erst wenn diese Temperatur mit einem Sauerstoffbrenner erreicht ist, wird der für die eigentliche Einschmelzung zuständige Plasmabrenner mit einem Lichtbogen gezündet. Das Kernstück des Plasmabrennofens ist der Plasmareaktor, der an der Spitze der Elektrode eine Temperatur von ca. 20 000°C erreicht. Diese Spitze wird über eine Düse wassergekühlt. Im Inneren des Brennraumes herrschen Temperaturen von ca. 1200 bis 1600°C. Ist das Eintragsmaterial ausreichend lange erhitzt, was nach etwa einer Stunde der Fall ist, erfolgt der so genannte Abguss in den Schlackentopf. Von zwei Tonnen eingegebener Masse bleibt etwa eine Tonne Glasschlacke übrig. Da das Schmelzgut direkt nach dem Befüllen noch nicht gleichmäßig leitfähig ist, treten im Betrieb erhebliche Lastspitzen und Schwankungen auf. Auch die Zündung der Plasmaelektrode beansprucht das Stromnetz in hohem Maße. Diese Lasten führen zu Rückwirkungen im Netz, die aufgefangen werden müssen.

Harte Zeiten für Stromnetze

Bild 7 Geka wird mit 20 kV Wechselspannung versorgt, die mit der Gleichrichteranlage auf 800 V bis 1400 V Gleichspannung heruntergeregelt wird. Der Anstoß für eine neue Stromversorgung für Abnehmer dieser Größenordnung kommt nicht selten seitens der Energieversorgungsunternehmen. Werden Vertragsbestimmungen verletzt, weil die verursachten Netzrückwirkungen zu groß sind, kann sich dies in so deutlichen Symptomen wie ausfallender Straßenbeleuchtung und Ähnlichem zeigen.

„Da dies für die Energieversorgungsunternehmen nicht akzeptabel ist, wird den großen Abnehmern eine Reduzierung ihrer Oberschwingungsemissionen bzw. eine Verbesserung ihrer Netzspannungsqualität auferlegt. Hier können wir mit unserem Fachwissen eine ideal auf die Bedingungen vor Ort abgestimmte Lösung anbieten“, weiß Matthias Jacobi, im Geschäftsbereich PQM Power Quality Management für den deutschlandweiten Vertrieb zuständig und Projektverantwortlicher für die gesamte Stromversorgungsanlage bei Geka.

Bild 6 Grundlage der Projektplanung war eine gründliche Netzanalyse, durch die alle beeinflussenden Faktoren identifiziert wurden, so dass die Erfüllung der Anforderungen sichergestellt werden konnte. Im einzelnen bestanden diese Anforderungen in der beschriebenen Einhaltung der Richtlinien bezüglich der Netzrückwirkungen, die das Energieversorgungsunternehmen in Anlehnung an die Norm EN 50160 ausgibt. Diese Richtlinien beziehen sich u.a. auf Oberschwingungen und Flicker im übergeordneten 20 kV-Mittelspannungsnetz.

Neue Stromversorgung bei GEKA

Bild 4 Auch bei Geka führten durch Oberschwingungen erzeugte Netzrückwirkungen dazu, dass die Stromversorgung erneuert werden musste. Gleichzeitig erzeugt der Gleichrichter Blindleistung, die beim Energieversorgungsunternehmen bezahlt werden muss. Die Vermeidung dieser Kosten durch garantierte Einhaltung des Zielleistungsfaktors war eine weitere Anforderung an die neue Anlage. Je höher der Leistungsfaktor ist, desto schneller rechnet sich eine beim Abnehmer installierte Blindleistungskompensationsanlage, die die benötigte Blindleistung zur Verfügung stellt, ohne die Übertragungswege zu belasten. Dabei werden Verluste minimiert und damit gleichzeitig die CO2-Emissionen. Auch in den Anlagen der Anwender senkt eine optimal ausgelegte Kompensationsanlage die Verluste in Betriebsmitteln wie Transformatoren und Kabeln.

Das örtliche Energieversorgungsunternehmen EWE gibt einen Leistungsfaktor von cos φ 0.95 vor. Bei normalem Plasmabetrieb wird bei Geka heute ein Wert von 0,97 bis 0,98 erreicht. Mit diesem Resultat ist Ulrich Stiene, Leiter der Betriebstechnik bei Geka, höchst zufrieden. Er hat in der Vergangenheit bereits mehrere Brennöfen im Einsatz gehabt und weiß einen zuverlässigen Betrieb und hohe Standzeiten sehr zu schätzen.

Nachdem sich der ursprünglich installierte Brenner als zu anfällig erwies, wurde ein alternatives Fabrikat eingesetzt, das an die vorhandene Stromversorgung angeschlossen wurde. Das Ergebnis war zunächst ein annähernd zufrieden stellender Betrieb mit allerdings inakzeptablen Auswirkungen auf das Stromnetz und den daraus resultierenden oben beschriebenen Auflagen des Energieversorgungsunternehmens. Hohe Kosten für Blindleistung zusammen mit Netzrückwirkungen durch Oberschwingungen und die durch Lastspitzen erzeugten, als Flicker bezeichneten, Leuchtdichteschwankungen ergeben in Summe den Handlungsbedarf für die Verbesserung der Netzspannungsqualität. Die Stromversorgung wurde ohnehin kritisch betrachtet, weil die Anlage unzureichend zuverlässig arbeitete.

Bild 3 Dass die Erneuerung der Stromversorgung über das Berliner Büro PQM Power Quality Management projektiert wurde, zeigt den Stellenwert, den die Netzspannungsqualität bei Geka hat. Als ausschlaggebend bezeichnet Stiene auch die Zusammenarbeit mit einer deutschen Firma mit entsprechenden Vertragsbedingungen. Da mit dem Ofen auch Geka selbst zunächst Erfahrungen sammeln muss, könne er „nicht einzig nach dem Preis entscheiden, wenn ich damit amerikanische Verträge eingehe, die wenig oder keine Gewährleistung beinhalten“, so Stiene. Durch die verbesserte Netzspannungsqualität steigt auch die Anlagenverfügbarkeit. Die Anlage zündet zuverlässig, und der Stromwert ist glatt. 98 Prozent Anlagenverfügbarkeit und eine Leistungssteigerung der Stromversorgungsanlage von 2000 A auf 3000 A Gleichstrom waren die Vorgaben, die die neue Anlage zu erfüllen hatte.

Die funktionierende Lösung

Basierend auf der Netzanalyse wurde eine zweigeteilte Kompensations- und Filterkreisanlage mit jeweils 1080 kvar installiert. Sie wird niederspannungsseitig mit 380 V and die Prozesstransformatoren angeschlossen und verfügt über eine automatische Regelung in sechs Stufen.

Bild 1 Die Blindleistungkompensation erfolgt über verdrosselte Kondensatorstufen. Um die dynamischen Lastwechsel der Plasmaanlage auskompensieren zu können, werden jeweils 270 kvar mit reaktionsschnellen Thyristoren geschaltet. Die Verdrosselung von 14 Prozent stellt in erster Linie einen Schutz vor Netzresonanzen dar.

Die Oberschwingungsemissionen der Gleichrichteranlage ab der elf. Harmonischen aufwärts werden vom Filterkreisteil in Zusammenspiel mit den Transformatoren abgesaugt. Die Gleichrichteranlage selbst ist mit einer verstärkten Dämpfungsdrossel im Gleichrichterkreis ausgestattet, um den Lichtbogen zu stabilisieren und damit die flickererzeugenden Lastschwankungen zu minimieren. Gleichzeitig werden Prozessunterbrechungen durch Abriss des Lichtbogens und der Abbrand der Elektroden minimiert. Der Verschleiß an den Brennern war auch auf eine zu langsame Regelung der Gleichspannungsversorgung zurückzuführen.

Der Bereich PQM Power Quality Management der Maschinenfabrik Reinhausen optimiert die Spannungsqualität in Nieder- und Mittelspannungsnetzen. An zwei Standorten in Berlin und Erfurt werden von der klassischen Blindleistungskompensation über dynamische Anlagen und abgestimmte Filter bis hin zu aktiven Filterkreisanlagen projektiert und realisiert. Gerade die übergreifenden Kompetenzen in beiden Spannungsebenen bieten Vorteile. Eine Netzanalyse ermittelt die konkrete Situation, so dass die optimale Lösung im Einzelfall gefunden werden kann. So ist es möglich, wie bei Geka in Munster gezielte Eigenschaften der installierten Anlagen zuzusichern wie eine Begrenzung der Spannungsschwankungen , die Einhaltung eines bestimmten Leistungsfaktors oder Die im Zusammenspiel von Spannungsversorgung und Blindleistungskompensation entstehenden Oberschwingungen auf die genormten Verträglichkeitspegel zu senken.

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