Software Mit Visualisierung bei der Automobilproduktion den Überblick bewahren

Autor / Redakteur: Dominik Hellinger* / Sebastian Human

Heutige Autokäufer verlangen von den Herstellern eine große Modellvielfalt und individuelle Ausstattungen. Für die Organisation der Produktion und die dafür benötigten Softwarelösungen hat dies Folgen. Leistungsstarke Visualisierung hilft dabei, in Produktion und Logistik den Überblick zu bewahren.

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Smarte Technologien ermöglichen es Automobilherstellern, schnell und flexibel auf Kundenanforderungen zu reagieren und zusätzlich eine hohe Variantenzahl bei niedrigen Losgrößen zu realisieren.
Smarte Technologien ermöglichen es Automobilherstellern, schnell und flexibel auf Kundenanforderungen zu reagieren und zusätzlich eine hohe Variantenzahl bei niedrigen Losgrößen zu realisieren.
(Bild: Pixabay / CC0 )

„Sie können einen Ford in jeder Farbe haben. Hauptsache er ist schwarz.“ Henry Fords legendäre Aussage aus den Anfangszeiten der automobilen Massenproduktion ruft heute nur noch ein Schmunzeln hervor. Mit herkömmlichen Herstellungsprozessen, in Kombination mit einer begrenzten Produktionsfläche, ist das wachsende Produktportfolio aber nicht mehr ohne Weiteres realisierbar. Die Automobilhersteller setzen deshalb auf ein flexibles Produktions- und Kapazitätsmanagement, das die Modellvielfalt bewältigen und die kundenindividuelle Fertigung gewährleisten kann. Eine weitere Herausforderung ist die möglichst geringe Bindung von Kapital durch den bestmöglichen Verzicht auf Zwischenlager.

Siamesische Zwillinge: Lean Production und transparente Supply Chain

Im Jahr 2013 wurde der immer stärkere Wandel zur schlanken Produktion im Automobilbau in einer Fallstudie des Fraunhofer Instituts über das Thema Industrie 4.0 und Smart Factory prognostiziert. Die Aussagen der Studie lassen sich bestätigen, da die Automobilhersteller heute weltweit nach dem Konzept der Lean Production (engl. für schlanke Produktion) produzieren. Denn nur mit schlanken und flexiblen Prozessen können die Automobilhersteller ihre Wettbewerbsfähigkeit erhalten.

Als Ziel der Lean Production gilt die Eliminierung von jeglicher Art an Verschwendung aus den Produktionsprozessen und zeitgleich die Steigerung der Effizienz und Effektivität in der Fertigung. Grundsätzlich fordert das Lean-Production-Prinzip dazu auf, die Produktion stark an die Nachfrage des Kunden auszurichten. Produziert wird nur, was der Kunde verlangt und wann dieser das Produkt benötigt. Um eine Effizienzsteigerung in der Fertigung zu ermöglichen, werden die Materialbestände auf das absolute Minimum reduziert und Zwischenlager in der Produktion so klein wie möglich gehalten. Für eine Erhöhung der Produktionseffektivität müssen sämtliche Ressourcen kürzeste Durchlaufzeiten ermöglichen.

Durch diese Art der Produktion kann der Hersteller schnell und flexibel auf die Kundenanforderungen reagieren und zusätzlich eine hohe Variantenzahl bei niedrigen Losgrößen realisieren. Dabei stützt sich die Lean Production auf die Fertigungsweise des „Just-in-Time“-Prinzips. Die wichtigste Voraussetzung ist dafür eine transparente Lieferkette. Einkauf, Logistik und Fertigung müssen eng miteinander verzahnt sein, sodass die benötigten Rohteile zum gewünschten Zeitpunkt in der Produktion zur Verfügung stehen.

Just-in-Time: bedarfsgerechte Montage und Fertigung

Mit dem Just-in-Time-Prinzip (JIT) soll das Produkt ohne Verschwendung von Zeit, Material und Arbeitskraft entsprechend den Anforderungen des Kunden bereitgestellt werden. Lagerbestände und Kapitalkosten sollen gesenkt werden, sodass Materialien und Produkte nicht mehr in großen Mengen vorproduziert werden, sondern Montage und Fertigung erst bei Bedarf flexibel ausgeführt wird. Dies verkürzt die Durchlaufzeit, spart Lagerflächen ein und senkt mittelfristig die Lagerkosten. Um stets zuverlässig, kostengünstig und schnell in letzter Minute zu produzieren, wird auf eine zentrale Optimierung verzichtet und dafür die dezentrale Koordinierung verstärkt.

Variantenreiche Produkte bedingen einen Wandel in der Produktionsphilosophie

Kurze Produktionszyklen, maximale Variantenvielfalt, höchste Produktivität und die gewünschte hohe Auslastung fordern die Automobilhersteller heraus. Die Stärken der Just-in-Time-Produktion können jedoch mit der rasanten und stetig wachsenden Vielfalt an Modellen nicht mehr vollends genutzt werden. Behielte man das Prinzip der JIT-Produktion weiterhin bei, wären noch komplexere Fertigungsanlagen notwendig. Zudem müssten in der Produktionslinie für jedes Modell eigene Zwischenlager und Teilespeicher integriert werden, was bei einer sehr hohen Modellvielfalt eine immense Produktionsfläche beansprucht. Dies bildet einen Widerspruch zu den Vorteilen und Stärken des JIT-Konzepts.

Um dieses Dilemma zu lösen, haben die Hersteller das Konzept weiterentwickelt – zum Just-in-Sequence-Prinzip (JIS), das auch als „Perlenkette“ bekannt ist.

Just-in-Sequence: Fokus auf produktionssynchrone Verfügbarkeit aller Teile

Der Karosseriebau entfernt sich durch die Vielfalt der Modelle und Varianten von der sortenreinen Fertigung und geht zur sequenziellen Produktion über. JIS stellt als produktionssynchrones Verfahren ein verfeinertes Just-in-Time-Konzept dar.

Im Karosseriebau ist es üblich, dass eine Produktionsanlage (Senke) ihre Ressourcen von mehreren anderen Fertigungssträngen (Quellen) benötigt. Folglich müssen die Quellen ihre sequenzielle Produktion untereinander abstimmen, sodass der Senke zur richtigen Zeit die passenden Materialien zur Verfügung stehen, da nach dem First-In-First-Out-Prinzip (FIFO) gefertigt wird.

Auch die Mitarbeiter in der Produktion profitieren von den Vorteilen des JIS-Prinzips. Sämtliche Teile, die für den jeweiligen Arbeitsschritt benötigt werden, liegen in der richtigen Reihenfolge bereit. Fehlerträchtige Zuordnungen entfallen.

Kommunikation als Erfolgsfaktor

Allen voran muss hier die Kommunikation zwischen den unterschiedlichen Partnern der Versorgungskette und vor allem die Gültigkeit und Zugänglichkeit der bereitgestellten Informationen gewährleistet sein. Ist dies nicht der Fall, kann es zu einem instabilen Materialfluss kommen, der eine erfolgreiche Fertigung behindert und im schlimmsten Fall zu einem Produktionsstopp führt. Um dies zu vermeiden, gilt der Faktor Mensch bei solch einem automatisierten System stets als letzte Instanz. Fachleute in Produktion und Fertigungslogistik müssen letztendlich die dezentrale Entscheidungsgewalt besitzen. Dazu benötigen sie die richtigen Informationen zum rechten Zeitpunkt.

Wie also schafft man es, dem Anwender die Komplexität des Prozesses nahe zu bringen und ihm eine einfache Nutzung zu ermöglichen? Diese Frage besteht bereits seit Anbeginn der ersten Rechner und ist ein Bestandteil der Mensch-Maschine-Kommunikation, sowie anderen interdisziplinären Wissenschaften. Aus ihr entwickelte sich durch die Modernisierung der Maschinen und deren alltäglichen Gebrauch eine eigene Wissenschaftsdisziplin, die Ergonomie.

Ergonomische Datenverarbeitung

Aus ergonomischer Sicht ist es wichtig, eine nutzerorientierte Kommunikationsschnittstelle hinsichtlich der Datenaufbereitung und der Informationsvisualisierung bereitzustellen.

Die Daten werden durch das Produktionssystem gefiltert und aufbereitet, wodurch dem Nutzer nur essentielle und relevante Informationen vorliegen. Dies hat den Vorteil, dass keine unnötigen Informationen Einfluss auf eine Entscheidung seitens des Nutzers ausüben können und jener den Prozess besser überblicken kann. Die Visualisierung der gefilterten Informationen muss auf eine Art und Weise erfolgen, die den Nutzer die Informationen mühelos und eindeutig interpretieren und analysieren lässt. So geben Visualisierungen viel schneller einen Überblick über komplexe Zusammenhänge als es textliche Beschreibungen vermögen.

Überblick über die Produktion

Ein weiterer wichtiger Punkt für den Prozess der sequenziellen Produktion ist die Verfügbarkeit von Daten und Informationen. Diese müssen jederzeit und überall zugänglich sein, um beispielsweise die Reaktionszeiten der Nutzer auf unerwartete Ereignisse innerhalb der Produktion zu verkürzen.

Vor allem Webtechnologien und mobile Geräte, wie Smartphones oder Tablets, erlauben einen flexiblen Zugang zu der Kommunikation mit Maschinen und erleichtern dadurch das Verständnis für komplexe Sachverhalte. Eine weitere Herausforderung stellt im Rahmen von Industrie 4.0 die Vernetzung von Objekten, Steuerungen und Sensoren mit Anwendern zu einem Internet der Dinge, Daten und Dienste dar. Sie sorgt für eine neue Qualität der Verfügbarkeit von Informationen über die Produktionsabläufe in Echtzeit. Die Aktualität der Datenmodelle und die Transparenz des Produktionsgeschehens nehmen somit insgesamt zu.

Die Rolle als System für ergonomische und moderne Visualisierung, abstrakte Datenaufbereitung und Übermittlung, sowie eine stetige Verfügbarkeit und Zugänglichkeit auf verschiedenen Medien können Softwarelösungen wie Zenon übernehmen.

Fazit

In der Vergangenheit wurde die ergonomische Sicht auf die Visualisierung und Aufbereitung von Daten eher vernachlässigt. Grafische Oberflächen wurden in der industriellen Produktion meist schnell und ohne Bedacht gestaltet, da sich die Komplexität der Prozesse noch in Grenzen hielt und der Fokus auf die Lauffähigkeit des Systems gesetzt wurde. Für die Zukunft jedoch ist diese Thematik aufgrund der sich verändernden Produktionsumgebung als weiterer Schritt in Richtung Industrie 4.0 unumgänglich. Die stärkere Orientierung des Produkts an den Kunden und die somit erstandene Produktindividualität ist ausschlaggebend für die Wettbewerbsfähigkeit, und führt dazu, dass vorerst kein Ende der steigenden Komplexität im Produktionsumfeld in Sicht ist.

Die wichtigsten Punkte auf einen Blick:

  • Die zunehmende Modellvielfalt der Automobile und die vielfältigen individuellen Ausstattungen fordern deren Produzenten heraus.
  • Mit Lean Production und den damit verbundenen schlanken, flexiblen Prozessen bleiben Automobilhersteller wettbewerbsfähig.
  • Die Lean Production stützt sich auf die Fertigung nach dem Just-in-Time-Prinzip.
  • Die hohe Modell- und Variantenvielfalt bringt jedoch die Just-in-Time-Produktion an ihre Grenzen.
  • Eine Lösung bietet das Just-in-Sequence-Prinzip, das auf der produktionssynchronen Verfügbarkeit aller benötigten Teile beruht.
  • Für die erfolgreiche Umsetzung des Just-In-Sequence-Prinzips sind die Verfügbarkeit aller relevanten Daten und deren ergonomische visuelle Präsentation die entscheidenden Faktoren.
  • Zenon sorgt für Transparenz bei der Automobilproduktion nach dem Just-in-Sequence-Prinzip.
  • Zenon stellt die erforderlichen Daten auf verschiedenen Endgeräten ergonomisch dar.

* Dominik Hellinger ist Technical Excellence Automotive bei Copa-Data.

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