IKT für Elektromobilität II Mobilität der Zukunft in 18 Projekten neu gedacht
Die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderte Technologieinitiative „IKT für Elektromobilität II“ treibt die Entwicklungen im Bereich der Elektromobilität massiv voran: In München wurde jetzt ein eTaxi vorgestellt, das von dem renommierten Designer Prof. Peter Naumann entwickelt wurde. „Wir müssen das Auto ganz neu denken“, fordert Peter Wüstnienhaus, -Projektträger im DLR. In derTechnologieinitiative sind 18 Projekte gebündelt, die spartenübergreifend dafür sorgen, dass beim Thema Elektromobilität neu gedachtwird.
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Gleich mehrere Projekte der Technologieinitiative „IKT für Elektromobilität II“ haben das Ziel, Elektroautos deutlich billiger zu machen. „Elektroautos sind zu teuer“, sagt Wüstnienhaus: „Für mich ist unverständlich, warum das so ist.“ Die Begründung der Autohersteller, die Batterie sei so teuer, sei nicht überzeugend. „Auch ein Elektroauto, bei dem die Batterie nur geleast wird, ist weit teurer als ein Elektroauto, obwohl zahlreiche teure Komponenten wie Auspuff, Schaltgetriebe, Kupplung etc. gar nicht verbaut werden müssen.“
eTaxi-Konzept mit 3 Bausteinen
Das Projekt Adaptive City Mobility entwickelt auf Basis des eTaxi-Designs von Prof. Peter Naumann ein intelligent vernetztes eMobilitäts-Gesamtsystem für Städte, das emissionsfrei betrieben werden kann. „Ein Geschäftsmodell mit mehreren Einnahmequellen macht das System attraktiv für Personenbeförderung und Logistikflotten“, sagt Projektleiter Paul Leibold von der Münchner Vispiron. Das System besteht aus drei Bausteinen: dem elektrischen Leichtbaufahrzeug, dem manuellen Akkuwechselsystem zur Lösung der Reichweitenproblematik und der intelligenten Vernetzung der e-Fahrzeuge zur eFlotte. „Mit dem Novum von drei Sitzen für Fahrer und zwei Gäste bei einem Gewicht von 450 Kilogramm plus 100 Kilogramm Akkugewicht sind wir klarer Leichtgewichtsweltmeister unter den e-Taxis für die City“, betont Leibold. Im Konsortium vertreten ist unter anderem der Autobauer Roding sowie Fraunhofer ESK. Ende März wurde in München das Design des neuen eTaxis vorgestellt, für das Leibold auch Marktchancen in Metropolregionen sieht: „Das kann wie eine eRikscha funktionieren.“
An der Kostenoptimierung im Produktionsprozess der Elektroautos arbeitet Prof. Achim Kampker vom Lehrstuhl für Produktionsmanagement an der RWTH Aachen. „Unser Elektroauto für die Stadt, StreetScooter, kann dank modularer Fahrzeugarchitektur sehr günstig produziert werden“, so Kampker. Grundlage ist das Baukastenprinzip: Das Fahrzeug wurde in neun LEG (lead engineering groups) eingeteilt, wie etwa Karosserie, Thermomanagement, Antriebsstrang, Batterieentwicklung und nicht zuletzt die LEG Gesamtfahrzeug. Dank der modularen Architektur konnten Produkt und Prozesse von 80 Projektpartnern parallel und komplett für den gesamten Produktlebenszyklus entwickelt werden. „Das erste serienreife Modell, ein Nutzfahrzeug für Postauslieferungen der DHL, das kürzlich die Betriebserlaubnis erhielt, erreichte mit dreieinhalb Jahren eine starke Reduzierung der Entwicklungszeit und mit 30 Mio. Euro Entwicklungsaufwand ein Zehntel des marktüblichen Wertes“, sagt Kampker. Im IKT EM II-Förderprojekt - O(SC)2ar (Open Service Cloud for the Smart Car) wird die Fahrzeugfunktionalität durch Cloud Services und Apps individuell erweitert, etwa um eine dynamische und adaptive Reichweitenberechnung, Ladestationsabfrage und -reservierung sowie Werkstattdienstleistungen und sogar die Anbindung an Soziale Netze.
Siemens entwickelt Softwareplattform für Elektroautos
In heutigen Autos steckt immer mehr Informations- und Kommunikationstechnik (IKT). „Autos müssen wie Computer oder Smartphones eine unabhängige Softwareplattform haben, in der sich neue Apps und Entwicklungen leicht integrieren lassen“, fordert Wüstnienhaus. An dieser Herausforderung arbeitet das IKT EM IIProjekt Race: „Die Komplexität der über die Jahre gewachsenen traditionellen Auto-Architektur aus Steuergeräten, Kommunikationssystemen und Software wird immer unüberschaubarer und so zur Innovationsbremse“, sagt Cornel Klein, Projektleiter bei Siemens in München. „Wenn heute eine Funktion im Fahrzeug nicht bereits bei seiner Fertigung angelegt wird, lässt sie sich später kaum nachrüsten.“ Das Projekt Race setzt statt der proprietären Systeme auf eine einheitliche, offene Basisplattform: Neue Infotainment- sowie Fahr- und Assistenzfunktionen sollen unabhängig von Hardware nicht mehr in Form von Steuergeräten, sondern nur noch als Software im Fahrzeug installiert werden. Mit der Standardisierung der IKTArchitektur wird ein Paradigmenwechsel eingeleitet. Die Architektur ermöglicht durch ihre Plug&Play-Fähigkeit das einfache Nachrüsten zusätzlicher Funktionen und Komponenten, wie beispielsweise Einparkhilfen. Zudem wird die Kommunikation der zukünftigen Smart-Grid-Umgebung mit dem Fahrzeug, etwa beim Laden der Fahrzeugbatterien, unterstützt.
„Zwei deutsche Leitbranchen (Energie und Automobil) sind über das Thema Elektromobilität erstmalig eng verbunden und müssen noch wesentlich enger zusammenarbeiten“, beschreibt Hauke Hinrichs, technischer Leiter der smartlab Innovationsgesellschaft und Projektleiter von econnect Germany. Diese Zusammenarbeit gehe weit über eine definierte Schnittstelle hinaus. „Erste Anfänge sind zwar gemacht, doch müssen wir bei einem systemischen Ansatz gegenseitig ein tieferes Verständnis für die Technik, für Geschäftsmodelle sowie für etwaige regulatorische Hemmnisse entwickeln.“ Im Projekt econnect Germany gehen sieben Stadtwerke hierbei vorweg und entwickeln Lösungen für das Laden von Elektrofahrzeugen zu Hause, beim Arbeitgeber, im Parkhaus oder im öffentlichen Raum. Dabei muss die IKT verschiedenen Anforderungen gerecht werden. Im öffentlichen Raum muss jeder Elektromobilist barrierefrei an allen öffentlichen Ladesäulen laden können, und dies grenzüberschreitend. Dafür sorgt das Teilprojekt e-clearing.net, eine europäische Initiative der smartlab Innovationsgesellschaft sowie zweier Partner aus den Niederlanden und Belgien. Im privaten Raum hingegen steht ein Fahrzeug lange am selben Ladepunkt und wird somit Teil des Smart Grid. Entweder wird über intelligente Systeme Strom aus erneuerbaren Energien direkt in die Fahrzeuge geladen oder das Netzmanagement greift ein, um Netzüberlastung zu vermeiden.
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