9 Experten zum Thema Industrial Ethernet - Teil 2 Nachgefragt: Wie profitiert der Anwender von einem Wechsel auf Ethernet?
Zwar bieten alle am Markt etablierten Industrial-Ethernet-Systeme grundlegende Vorteile, jedoch steht jeder umstiegswillige Anwender vor einer schwer zu durchschauenden Vielfalt konkurrierender Systeme. Zudem gewinnen weitere Aspekte immer mehr an Bedeutung, wie etwa die funktionale Sicherheit. Für etwas mehr Durchblick im Ethernet-Dickicht haben wir uns in der Branche umgehört. Wir haben uns bei neun Industrail-Ethernet-Experten umgehört: Welche Vorteile hat der Anwender generell vom Umstieg auf eine Ethernet-basierte Kommunikation und worauf sollte er aus Ihrer Sicht bei einem Wechsel achten?
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Da Ethernet von Hause aus schon viele Netzwerkprotokolle mitbringt, die sich für Wartungszwecke nutzen lassen, ist die Diagnose in Profinet-Netzwerken ein Kinderspiel. Störungen können unmittelbar erkannt und dank integrierter Topologie-Erkennung auch sofort und einfach lokalisiert werden. Der Austausch defekter Geräte gestaltet sich dann ebenfalls im Handumdrehen. Das Einstellen von Adressen, wie es in der Vergangenheit üblich war - und auch heute noch bei anderen Ethernetsystemen üblich ist – entfällt. Die neuen Geräte konfigurieren sich im Netz selbst.
Außerdem biete Profinet eine Vielzahl an Applikationsprofilen. Diese stellen für verschieden Geräteklassen einheitliche Applikationschnittstellen bereit, wie zum Beispiel Profienergy für das Energiemanagement in Maschinen und Anlagen, Profisafe für die Sicherheitstechnik und Profidrive für die Antriebtechnik.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Echtzeitfähigkeit und dadurch die Möglichkeit, Echtzeitdaten anlagenweit zur Verfügung zu stellen; des Weiteren die einfache Installation und Konfiguration. Nicht zuletzt sprechen die hohe Performance, die große Endkundenakzeptanz und die weite Verbreitung für eine Nutzung von Ethernet/IP.
Hilfreich beim Wechsel auf Ethernet/IP ist die Möglichkeit Netzwerktopologien aufbauen zu können, wie sie aus den unterschiedlichen Feldbussystemen dem Maschinenbauer bekannt sind; Stern-, Linie- und Ringstruktur. Hierdurch ist gleichzeitig eine optimale Anpassung an die Verhältnisse einer Anwendung und den sich daraus resultierenden Anforderungen nach kurzen Verkabelungswegen, einfacher Instandhaltung, etc. inklusive Diagnosemöglichkeiten im Fehlerfall gegeben.
Eine entscheidende Frage bei einem Wechsel auf eine dezentrale Steuerungstechnik generell ist die Verfügbarkeit und die Vielfältigkeit von Feldgeräten auf die der Anwender zurückgreifen kann. Auch hier lässt sich sagen, dass sich Ethernet/IP bei den Feldgeräteherstellern etabliert hat. Der Kunde kann aus einem stetig wachsenden Angebot an Feldgeräten inklusive Prozess- Instrumente wie Massendurchflussgeräte wählen.
Einen besonderen Schwerpunkt beim Wechsel auf Ethernet in der Fertigung bildet der Aspekt Zugriffsicherheit: Die Zusammenführung von Informationen aus Fertigungs- und Geschäftsebene über ein gemeinsames Netzwerk ermöglicht auf der einen Seite eine größere Agilität eines Unternehmens und ergibt weitere Gelegenheiten für Innovationen. Auf der anderen Seite erfordert die Zusammenführung der Ebenen auch die Entwicklung von Sicherheitskonzepten für das Fertigungsnetzwerk, das nun nicht mehr als ein isoliertes Netzwerk wie ein Feldbusnetzwerk innerhalb des Unternehmensbereichs betrachtet werden kann. Hier stellt sich zunehmend die Frage nach Zugriffssicherheit zu den industriellen Prozessen und dem Schutz des geistigen Eigentums der Fertigungsanlage. Hilfreich bei einem Standard- Ethernet Netzwerk, wie es Ethernet/IP darstellt, ist hier die Anwendbarkeit von etablierten IT-Tools. Hier lassen sich Synergien finden um den Fertigungsprozess vor unerwünschten Zugriffen zu schützen. Rockwell Automation und Cisco haben hierzu gemeinschaftlich eine Sicherheitsstrategie für das gesamte Unternehmensnetzwerk entwickelt.
Der Umstieg auf Ethernet an sich muss noch nicht zu Vorteilen führen: Je nach gewählter Technologie nehmen gegebenenfalls nur Komplexität und Kosten zu, ohne dass dies durch einen Anwendungsvorteil aufgewogen wird. Wenn etwa komplexes IT-Know-how auch auf der Feldebene gefordert ist, weil managed Switches zu konfigurieren sind, oder wenn die Performance stark durch die Netzwerktopologie beeinflusst wird, so führt die Einführung von Ethernet eher zu Verdruss.
Ein zweites wesentliches Kriterium ist die integrierte Sicherheitstechnik. Der Anwender sollte sich versichern, dass das gesamte Spektrum an Sicherheitsfunktionen inklusive Konfiguration und Parametrierung sowie den Safe-Motion-Funktionen gemäß IEC 61800-5-2 vollständig umgesetzt und zertifiziert verfügbar ist. Speziell hier gibt es deutliche Unterschiede am Markt. Ein weiterer Aspekt ist das Thema der Flexibilität. Ein optimales Industrial-Ethernet-System ermöglicht eine freie Wahl der Topologie, ohne auf spezielle proprietäre Hardware-Produkte angewiesen zu sein. Mit Powerlink lassen sich Stern-, Ring- und Linientopologie beliebig miteinander kombinieren.
Wenn man Industrial-Ethernet einführt, sollte man meines Erachtens darauf achten, dass es zu den bisher verwendeten Bussystemen eine Durchgängigkeit beziehungsweise Interoperabilität gibt. Dies kann durch standardisierte Gateways oder durch die Verwendung eines gleichartigen Datenmodells erfolgen. CANopen-ähnliche Ethernet-Lösungen gibt es für Ethercat, Powerlink, Safetynet und Varan. CC-Link-IE adaptiert derzeit das CANopen-Antriebsprofil CiA 402.
Ein Faktor, der unbedingt in die Betrachtung bei der Systemauswahl einbezogen werden sollte, ist die Datensicherheit. Dabei sind einerseits die Wahl der richtigen Stecker und Kabel, andererseits das Kommunikationsprotokoll und die Absicherung der Datenübertragung wichtig. Weitere Entscheidungskriterien sind zudem eine einfache Implementierung und geringe Teilnehmerkosten. Diese Punkte standen bei Varan von Beginn an im Fokus der Entwicklung und sind entsprechend umfassend gelöst.
Die Herausforderung beim Einsatz Ethernet-basierter Systeme liegt hauptsächlich in ihrer durch die neuen Möglichkeiten stark steigenden Komplexität. Sie müssen deshalb sorgfältiger geplant und projektiert werden, damit die reibungslose Funktion auch bei Anlagenerweiterungen sichergestellt ist. Zusätzlich kommt noch der Security-Aspekt hinzu; die Systeme sind also vor unbeabsichtigten Fehlbedienungen sowie vor Viren, Würmern oder Hacker-Angriffen aus dem Internet zu schützen. Eine zentrale Schutzlösung, wie sie die IT-Abteilungen in der Regel für Office-Systeme vorsehen, reicht in der industriellen Anwendung nicht aus, weil die Security-Geräte hier industriellen Anforderungen genügen müssen und die Performance der Automatisierungslösung nicht beeinflussen dürfen.
Anwender sollten beim Umstieg auf Industrial-Ethernet berücksichtigen, dass sich die angebotenen Systeme teilweise erheblich hinsichtlich der angewandten Verfahren, der Leistungsfähigkeit und der unterstützten Funktionen unterscheiden. Auch sollten die Komplexität, die Robustheit, die Herstellerunabhängigkeit, sowie der Standardisierungsgrad im Hinblick auf das Protokoll und die Profile berücksichtigt werden.
Die Migration einer konventionellen Sercos-Implementierung auf Sercos III ist einfach möglich, da dessen Kommunikationsmechanismen auf denen von Sercos I/II aufbauen. Zudem wurde das Sercos-Antriebsprofil unverändert übernommen und die neuen Geräteprofile - zum Beispiel für E/As, Encoder oder …Energy - basieren auf einem einheitlichen Geräteprofil und Parametermodell, das sich an das Antriebsprofil anlehnt.
Durch die Verwendung von FPGA-Technologie bieten unsere Produkte Geräteherstellern den Vorteil eines nahtlosen Wechsels zwischen einer Feldbus- und einer Industrial-Ethernet-Anbindung.
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