User Experience Progressive Web Apps – Trendwende am App-Markt

Autor / Redakteur: Andres Dickehut / Georgina Bott

Progressive Web Apps bringen Bewegung in den IT- und E-Commerce-Markt. Es stellt sich nicht mehr die Frage, ob Beteiligte diese Trendwende mitgehen, sondern mit welcher Zielsetzung und strategischer Ausrichtung. Was dahinter steckt, lesen Sie hier.

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Progressive Web Apps verwischen die Grenzen zwischen dem Web und Apps.
Progressive Web Apps verwischen die Grenzen zwischen dem Web und Apps.
(Bild: gemeinfrei / CC0 )

Im Jahr 2020 wird die Hälfte aller mobilen Apps für Endverbraucher durch Progressive Web Apps (PWAs) ersetzt sein. Diese Prognose geben die IT-Analysten von Gartner ab. Das bedeutet, dass ein Großteil neuer App-Entwicklungen der kommenden Jahre PWAs sein müssen. Anderenfalls wäre dieses Wachstum nicht erreichbar. In den nächsten zwei Jahren stellen sich dadurch die komplette IT-Branche wie auch die Konsumentenseite auf das neue App-Model und damit auf ein neues Rezeptionsverhalten um.

Das Wort „Progressive“ stammt aus dem Lateinischen und bedeutet fortschrittlich oder auch fortschreitend. Doch worin liegt das Fortschrittliche der richtungsweisenden Applikationen und was bedeutet deren Zuwachs für Entwickler und Marketingtreibende?

Responsive Webseite vs. Native App

Seit zehn Jahren tobt eine Debatte darüber, ob responsive Webseiten mittelfristig dominieren oder sich mobile Apps durchsetzen. Auch wenn sich beides nicht ausschließen, sondern ergänzen sollte, priorisieren die meisten Unternehmen aktuell noch den Aufbau mobiler Apps. Für kontinuierliche Akzeptanz der Angebote durch den Konsumenten sollte sich die Gewichtung App/Webseite zukünftig jedoch stärker am Anwendungsfall, am Benutzer und der Branche orientieren. Im Zuge dieser Ausrichtung entstehen vermehrt Progressive Web Apps, die die Grenzen zwischen Web und Apps verwischen. Sie verwenden aktuelle Browsertechnologien, um die Barrierefreiheit des Internets mit der Präsenz natürlicher Apps zu verbinden.

Die Grundidee dahinter sieht so aus, dass Apps zukünftig nicht mehr aus dem Store, sondern über den Internet-Browser installiert werden, der ohnehin auf jedem Gerät vorhanden ist. Durch die Integration wesentlicher Funktionalitäten können Benutzer die Website als App-Symbol auf ihrem Startbildschirm installieren sowie App-Funktionen wie Push-Benachrichtigungen und Offline-Speicher nutzen. Führende Browseranbieter wie Mozilla und Google zeigen sich bereits weitestgehend kompatibel. Auch Apple kündigte jüngst die Unterstützung von Safari in diesem Kontext an. Dank diesem gewachsenen Rückhalt ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich die PWA als neuer Standard für Web-Interaktionen etabliert.

Progressive Web Apps gegen „App-Müdigkeit“

Entwickler und Anwendungsleiter müssen jetzt einen Ansatz für die Einbindung von PWAs in ihre gesamte mobile Entwicklungsstrategie formulieren. Das App-Modell der Zukunft zielt darauf ab, das Paradigma der mobilen App zu unterbrechen, indem es das Web-Erlebnis mit nativen App-Funktionen verbindet. Entscheider, die für mobile App-Strategien verantwortlich zeichnen, bestimmen also wann, und nicht ob sie Progressive Web Apps als Teil ihrer gesamten mobilen Entwicklungsstrategie berücksichtigen.

Der Zeitpunkt der nahenden Technologie-Wende kommt nicht von ungefähr: Das Tempo der App-Downloads verlangsamt sich in den meisten Verbrauchermärkten rund um den Globus, insbesondere dort, wo die Einführung mobiler Geräte ausgereizt ist. Dieses Phänomen wird als „App-Müdigkeit“ bezeichnet. Gemeint ist eine Erschöpfung, bei der Benutzer von der Anzahl möglicher Apps überwältigt werden und deren Anzahl pro Gerät auf eine Obergrenze begrenzen.

Unternehmen müssen daher ihre Erwartungen an Downloadzahlen mobiler Endgeräte herunterschrauben und Strategien neu bewerten. PWAs weisen App-ähnliche Merkmale auf, ersparen dem Nutzer aber einen oft datenintensiven Download. Das macht sie ideal für Gelegenheitsnutzer einer Marke oder einer Dienstleistung. So lädt beispielsweise nach Branchenstudien nur ein geringer Prozentsatz von Kunden eines Einzelhandelsunternehmens (10 bis 15 Prozent) dessen App herunter, weil sie hier nur unregelmäßig einkaufen. In dieser Situation sollten Händler ein mobiles App-Erlebnis speziell für hochfrequente, treue Kunden bereitstellen und PWAs für alle anderen Situationen einsetzen.

Durch Progressive Web Apps Mehrwerte schaffen

Anschließend stellt sich die Frage, was App-Entwickler, Webseiten-Betreiber und angedockte Dienstleister beitragen können, um PWAs den Weg zu bereiten. In erster Linie müssen sie Mehrwerte für ihre Kunden schaffen. Das bedeutet konkret, sinnvolle Funktionen und adäquate Inhalte in Echtzeit oder Neartime, also mit hoher Aktualität, zur Verfügung zu stellen. Vor jeder Neu-Entwicklung oder Anpassung bestehender App-Modelle klären Verantwortliche, welche Funktionen eine PWA enthalten muss, um für den eigenen Kundenkreis attraktiv zu sein.

Die mentale Hürde, eine App auf dem Smartphone oder Tablet zu installieren, ist erfahrungsgemäß wesentlich höher, als nur eine Website aufzurufen und ein Icon zu erstellen. Hier punktet die Progressive Web App, weil sie nicht auf dem mobilen Gerät installiert werden muss und damit auch nur wenig Speicherplatz in Anspruch nimmt. Betreiber profitieren davon, dass die Anwendung keinen Freigabeprozess durch den App-Store-Anbieter durchläuft. Weder können sie also durchfallen, noch unterstehen sie der direkten Kontrolle durch Apple oder Google.

Verbesserte User Experience mit Progressive Web Apps

Kunden favorisieren im Alltag responsive Webseiten auf Smartphones und anderen Devices. Diese Tatsache und die damit verbundene Konzentration auf wenige Funktionen und klares Web-Design stehen hinter dem Begriff Mobile First. Trotz der starken Nachfrage zollen mobil genutzte Webseiten hierzulande noch immer ihren Tribut an die flächendeckend schlechten Breitband-Verbindungen wie zum Beispiel im Aufzug, der U-Bahn oder im Zug. Hier trumpfen PWAs auf: Sie cachen Inhalte, die dann nicht immer neu geladen werden müssen. Der schnellere Zugriff auf Daten über das Betriebssystem sorgt in der Regel für eine verbesserte User Experience und damit eine bessere Konversionsrate.

Während iOS aktuell noch eine permanente Echtzeit-Internetverbindung fordert, laufen PWAs via Android auch im Offline-Modus. Zudem nutzt Android für PWAs eine hohe Bandbreite, solange noch eine Internetverbindung besteht. Das Betriebssystem versucht, im Hintergrund möglichst viele Inhalte herunterzuladen und diese möglichst aktuell zu halten. Das heißt, wenn zu einem bestimmten Zeitpunkt (zum Beispiel nach Versand eines Newsletters mit einem speziellen Angebot), die Nutzung der Website extrem zunimmt, können PWAs einer Überlastung der Website entgegenwirken, da viele Inhalte bereits vorab heruntergeladen wurden.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Progressive Web Apps die gleichen Vorteile bieten wie native Apps, die Entwicklungskosten im Vergleich aber minimieren, während sich der Return of Investment maximiert.

* Einige Beispiele für Progressive Web Apps finden Sie auch unter PWA Rocks.

Über den Autor

Andres Dickehut ist geschäftsführender Gesellschafter des von ihm 1994 gegründeten Unternehmens Consultix. Flaggschiff des Unternehmens ist ProCampaign®, der Secure Customer Engagement Hub, mit dem rund 100 Millionen Kundenprofile in über 50 Ländern verwaltet werden. ProCampaign® ist EuroPriSe-zertifiziert und erfüllt vollumfänglich die EU-DSGVO.

Dieser Beitrag ist zuerst auf unserem Schwesternportal www.marconomy.de erschienen.

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