Robotik Roboter-Integration – aber wie?
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Robotik gilt längst als ein so richtig wichtiger Automatisierungs-Baustein. Die Integration in die Maschinenprozesse allerdings sehen viele noch als Herausforderung. Was sind die Knackpunkte, und welche neuen Konzepte gibt es – das haben wir sechs Experten im Markt gefragt.

Welches sind generell die größten Herausforderungen bei der Integration von Robotik?
Helmut Schmid, HS Auxsilium: Mit eine der größten Herausforderungen ist es, die richtige Anwendung für den Einsatz von Robotern im Produktionsumfeld zu finden. Nicht die Komplexität, sondern Einfachheit sollte hierbei im Vordergrund stehen. Insbesondere für den Mittelstand, der sich zum ersten Mal damit auseinander setzt, sollte mit den schnell und einfach zu automatisierenden Anwendungen beginnen. Hier gibt es im Bereich der Handhabung, Maschinenbeladung, Pick & Place sowie End-of-Line-Palettierung genügend Potenzial mit überschaubarem Aufwand. Nichts ist schlimmer, als mit dem ersten Versuch schon zu scheitern, da die Wahl der Anwendung die falsche war und damit Zeit, Kosten und Umsetzung aus dem Ruder laufen. Je nach Wahl der Anwendung spielt zusätzlich die Zertifizierung und Risikoanalyse eine sehr wichtige Rolle. Wissen zur Normenlage und Auslegung ist nicht immer vorhanden oder verstanden.
Tilo Dobmeier, Yaskawa: Außer der sauberen Prozessbahn des Werkzeuges muss eine Kommunikationsschnittstelle zwischen der übergeordneten Steuerung, dem Roboter und dem Rest des Prozesses erzeugt werden. Diese ist üblicherweise proprietär und dient auch der Kommunikation mit dem Anlagenbediener. Sie muss also sowohl intuitiv zu bedienen sein als auch den kompletten Prozess der Anlage darstellen. Viele Informationen und Optionen mit dem Bediener zu teilen und trotzdem intuitiv zu bleiben, ist gewiss eine Challenge.
Jumpei Ninomiya, Yamaha: Der Wechsel zu einer roboterbasierten Lösung kann ein erhebliches Umdenken oder gar eine Neukonzeption des Prozesses und seiner Realisierung erfordern. Um ein komplettes System, bestehend aus einem oder mehreren Robotern, in Betrieb zu nehmen, sind meist verschiedene Fachbereiche involviert, die den Roboterlieferanten, den Systemintegrator und Spezialisten von Drittanbietern wie z. B. Greifer-Entwickler zusammenbringen. Die Koordinierung eines Bildverarbeitungssystems mit dem Roboter kann eine besondere Herausforderung darstellen. Unser Bildverarbeitungsboard iVY2+ ist direkt in die Steuerungen der RCX-Serie integriert und unsere Roboter-Programmiersprache verfügt über spezielle Bildverarbeitungsbefehle. Beides bedeutet, dass das Bildverarbeitungssystem vollständig in die Robotersteuerung integriert ist.
Volker Hartmann, Bosch Rexroth: Industrie 4.0 erfordert eine völlig neue Generation von Robotern, die flexibel und sicher mit Menschen zusammenarbeitet. Bosch Rexroth hat aus den Konzepten von Industrie 4.0 und dem Internet der Dinge eine konkrete Vision zur Fabrik der Zukunft abgeleitet: Nur Wände und Decke sind unveränderlich. Mobile Maschinen gruppieren sich je nach Auftrag eigenständig zu Ad-hoc-Fertigungs- oder Montagezellen und bilden so kleinste Stückzahlen bis zur Losgröße 1 ab. Auf dem Weg dorthin haben wir schon entscheidende Fortschritte gemacht. Bosch Rexroth bietet ein Portfolio von APAS Produktionsassistenten, die ohne Schutzzaun sicher direkt mit Menschen zusammenarbeiten sowie mit einem AGV an beliebige Positionen der Fertigungslinie gefahren werden können.
Otmar Honsberg, Kuka: Die Integration von Robotern in Zellen oder Anlagen ist immer höchst individuell und die jeweiligen Herausforderungen davon abhängig, welche Aufgabe automatisiert werden soll. Zunächst gilt es zu klären, wie der wertschöpfende Prozess aussieht. Dann muss definiert werden, wo der Roboter mit geeignetem Prozesswerkzeug eingesetzt wird und wie er seinen Prozessort findet, sprich: Gibt es große Toleranzen, sodass sich der Ort verändert? Dann braucht es zum Beispiel zusätzlich eine Kamera am Roboter zur Korrektur oder sehr wiederholgenaue Fixiervorrichtungen. Je mehr Systemkomponenten Teil der Integration sind, desto komplexer wird es. Die Herausforderung liegt vor allem in der Kommunikation der Systemkomponenten rund um den Roboter bzw. im Datenmanagement. Dazu zählen die Leitsteuerung, der Prozess an sich, die Robotersteuerung, die gewählte Sicherheitstechnik oder auch die Bedienoberfläche. Alle Systeme erfolgreich zu harmonisieren gelingt nur dann, wenn die Schnittstellen und Kommunikationswege definiert sind.
Peter Lange, Omron: Lassen Sie mich das Thema mit Blick auf die traditionellen Industrieroboter betrachten und die kollaborative Robotik einmal außen vor lassen. Ein Industrieroboter ist nach der Definition eine unfertige Maschine, die in eine andere Maschine oder in eine Produktionslinie integriert wird. Der Roboter benötigt ein Werkzeug für die auszuführende Anwendung und muss physikalisch, elektrisch und/oder steuerungstechnisch in die Maschine eingebunden werden. Nicht zu vergessen das Thema der Maschinensicherheit. Damit umfasst die Integration von Robotik sowohl die mechanische und die elektrische Konstruktion als auch die Programmierung. Alle diese Teilbereiche sind nicht voneinander zu trennen und müssen übergreifend arbeiten. So ist der korrekte mechanische Aufbau für die Stabilität des Roboters und der Peripherie in der Maschine ausschlaggebend und damit für die mögliche Geschwindigkeit und Genauigkeit, die in der Anwendung erreicht werden kann. Muss der Programmierer am Ende viele Hindernisse umfahren, wird die Taktzeit negativ beeinflusst.
„Klassischerweise“ läuft Robotik unabhängig von der restlichen Maschinenautomatisierung, etwa mit eigener Steuerung und Schaltschrank. Welche Vor- oder Nachteile ergeben sich daraus im Hinblick auf die Konstruktion und auf das spätere Handling der Applikation?
Peter Lange, Omron: Die „klassische“ Trennung von Robotik und Maschinenautomatisierung bringt einige Herausforderungen mit sich: Platzbedarf von mehreren Schaltschränken für unterschiedliche Steuerungen, der notwendige Datenaustausch sowie die Verriegelungen zwischen Maschine und Robotern über Ein- und Ausgänge oder Softwareprotokolle. Nicht zu vergessen ist die Einbindung der Roboter in die Sicherheit der Maschinen und umgekehrt. Hinter diesen Gesichtspunkten steht für den Maschinenbauer immer die Frage, wie groß der Aufwand ist, um die gewünschten Funktionalitäten der Maschine inklusive Roboter zu erreichen und wie einfach oder aufwendig eine notwendige Erweiterung umgesetzt werden kann. Robotik ist flexibel – die Produkte, die mit den Maschinen gefertigt werden, ändern sich stets und damit gegebenenfalls auch die Maschine. Getrennte Steuerungskonzepte sind hier eher nachteilig. Aus Sicht des Endkunden sind ein durchgängiges und verständliches Bedienkonzept sowie kurze Rüstzeiten wichtige Indizien für den Erfolg der Automatisierung und des erzielten Investments.
Otmar Honsberg, Kuka: Roboter, Steuerung und Schaltschrank bilden immer eine Einheit. Der wesentliche Vorteil dabei liegt in der Gewährleistung der Sicherheitstechnik und Stromversorgung. Bei Bedarf können auch Zusatzperipherie wie z.B. Kuka Linearachsen oder Positionierer direkt mit angesteuert werden. Aber natürlich brauchen diese Einheiten in einer Zelle oder Anlage immer auch Platz. Die Platzfrage ist dabei nicht so trivial wie man vielleicht annehmen möchte. Zum Teil müssen diese Einheiten auch vor Umwelteinflüssen wie Feuchtigkeit, Staub oder Temperatur geschützt werden. Damit Platz eingespart werden kann, haben wir unsere neueste Steuerungsgeneration KR C5 Micro so kompakt gebaut, dass mehrere Steuerungen in einem modularen Schaltschrank unterkommen können. Ein weiterer Vorteil liegt darin, dass diese einzelnen Einheiten punktuell aus Zellen oder Anlagen herausgenommen werden können, ohne den Gesamtprozess zu beeinflussen.
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Industrieroboter
Ab wann sich die Anschaffung eines Robotersystems lohnt
Tilo Dobmeier, Yaskawa: Die Tiefe der Integration hängt davon ab, wer der Prozesstreiber ist. In vielen Roboteranwendungen ist die Roboterbewegung der Hauptteil der Automatisierung. Damit dient die übergeordnete SPS zumeist nur als Schnittstelle zum Bediener und zum Mitschreiben von Anlagenparametern wie z. B. Produktionszahlen. Die Robotersteuerung ist damit nicht nur für die Bahnqualität, sondern auch für den kompletten Produktionsablauf in der Anlage zuständig. Anders sind Anlagen zu bewerten, in denen die Roboterbewegung nur ein Teil des Produktionsprozesses ist. Hier wird der Großteil des Prozesses und der benötigten Bewegungen über eine SPS gesteuert und nur ein kleinerer Teil durch die Robotersteuerung. Ein tieferes Integrieren der Robotersteuerung in die SPS ist hier sinnvoll und wird vom Markt seit einigen Jahren gewünscht. Yaskawa bietet mit der Schnittstelle Moto Logix die Möglichkeit, die Ablaufprogrammierung des Roboters in beinahe alle auf dem Markt üblichen SPS zu integrieren. Moto Logix reduziert die Robotersteuerung auf die reine Bewegungsqualität. Den Ablauf der Bewegung steuert die SPS.
Volker Hartmann, Bosch Rexroth: Bosch Rexroth setzt auf dezentrale Intelligenz in der Robotik. Gerade die Sicherheitstechnik erfordert bei der Mensch-Roboter-Kollaboration eine sehr schnelle Signalverarbeitung im Roboter. Unsere Sicherheitstechnologie mit der Sensorhaut, Safe Motion und der entsprechenden Software spürt die Anwesenheit eines Menschen im Safety-Bereich und schaltet dann sofort in den sicheren Modus. Über EtherCat und OPC UA kommunizieren APAS mit übergeordneten Steuerungen und IT-Systemen.
Helmut Schmid, HS Auxsilium: Flexibilität, verkürzte Innovationszyklen und Variantenvielfalt spielen eine immer größere Rolle bei der Produktion von Gütern. Und genau hier kommt ein Vorteil von unabhängigen Roboterlösungen zum Einsatz, denn diese können nun schnell und einfach an andere Prozesse oder auch Einsatzorte mobil bewegt werden. Hierfür muss aber die einfache Bedienung und Programmierung gegeben und vorausgesetzt sein, worauf sich insbesondere die neuen Markteilnehmer bereits ausgerichtet haben.
Jumpei Ninomiya, Yamaha: Unternehmen suchen oft nach einem Roboter, der einen einzelnen oder wenige Prozesse in einer Fertigungslinie übernimmt. Der Roboter kann an einer beliebigen Position in einer Linie hinzugefügt werden und muss in der Regel mit den vor- und nachgelagerten Automatisierungskomponenten koordiniert werden, die mit einer SPS gesteuert werden. Natürlich benötigt die Installation der robotereigenen Steuerung einen gewissen Platz in der Fabrik und erfordert Stromanschlüsse und Datenverbindungen. Eine Möglichkeit, Roboter in ein größeres System mit konventioneller, kundenspezifischer Automatisierung zu integrieren, besteht darin, Signale vom Transfersystem zu übernehmen, um den Roboterprozess innerhalb des Gesamtablaufs zu synchronisieren. Handelt es sich beim Transfersystem um ein klassisches Transportsystem, ist es recht einfach, ein Signal für den Start des Roboters zu erzeugen, nachdem der vorherige Prozess beendet wurde. Linear-Direktantriebs-Transfersysteme, modular aufgebaut, ermöglichen einen flexibleren Ansatz, der die Taktzeit der Linie weiter reduzieren kann. Bei unseren LCMR200-Modulen ist die Motoransteuerung integriert. Sie sind für den Anschluss an eine zentrale Steuerung konzipiert, die die Kommunikation zwischen den Modulen und die Steuerung der Roboter in der Linie koordiniert.
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