Gehäuse- und Schaltschranktechnik Schiff für die Meeresforschung mit aufwändiger Stromverteilung hochgerüstet
Der komplette Umbau des 1981 gebauten Fischereischutzbootes „Seefalke“ zu einem der modernsten Forschungsschiffe der Welt stellte die Werft Peters Schiffbau vor neue Herausforderungen. Das für den weltweiten Einsatz in der wissenschaftlichen Meeresforschung konzipierte Forschungsschiff bekam eine nicht ganz alltägliche Stromverteilungslösung installiert, dessen Herzstück die Hauptschalttafel ist.
Anbieter zum Thema

em Schaltanlagenbauer Littau (Kiebitzreihe) und dem Schiffsausrüster Noris Marine Systems (Nürnberg/Rostock) gelang es der Werft Peters Schiffbau (Wewelsfleth), innerhalb von drei Jahren das Fischereischutzboot „Seefalke“ zum Multifunktions-Forschungsschiff umzubauen. Auftraggeber war ein amerikanisches Meeresforschungsinstitut. Damit die Stiftung ihre geplanten Aktivitäten möglichst schnell umsetzen konnte, verzichtete sie auf einen kompletten Schiffsneubau und entschied sich für den Umbau. „Das bedeutet einen enormen Zeitgewinn, da die Planung für den gesamten Schiffsbetrieb bereits vorhanden ist“, erklärt Michael Neumann, Projektleiter Elektrik bei Peters Schiffbau.
230 Kilometer Kabel neu verlegt
Die Anforderungen waren bei dem 82,9 m langen und 13 m breiten Schiff mit einen Tiefgang von 5,8 m enorm: Denn was bei den Umbauarbeiten insgesamt erhalten blieb, war lediglich das Grundlayout des Schiffs sowie die Dieselmotoren. Alles andere wurde durch neue Technik ersetzt – mit insgesamt 230 km neu verlegten Kabeln.
„Die Besonderheit war, dass bei dem Schiff das ‚alte‘ Maschinenequipment beibehalten wurde, wir es aber an ein modernes Automatisierungssystem anbinden mussten“, erläutert Christian Geyer, General Manager bei Noris Marine Systems. So wurden alle automatisierbaren Systeme wie etwa das Powermanagement mit der Energieverteilung, der Klimaanlage, der Pumpensteuerung und dem Tankmesssystem, die ursprünglich getrennt bedient und angezeigt wurden, auf den IAMCS (Integrated Alarm, Monitoring and Control System) von Noris zusammengefasst. Aufgrund der Vielzahl an angebundenen Systemen lassen sich mehr als 1100 I/Os in diesem System bedienen und diese zur Anzeige bzw. Bedienung auf 25 Visualisierungsbildern darstellen.
Herzstück: neue Hauptschalttafel
„Ein Schiff ist wie eine kleine Stadt, man muss versorgen und entsorgen“, bringt Kai Töllner, Sales Manager bei Littau, Hersteller von Schaltanlagen für Industrie und Schiffsbau, die komplexen technischen Vorgänge an Bord auf den Punkt. Herzstück des Schiffes ist die 7,20 m lange Hauptschalttafel auf Deck 2, mit der sich die gesamte Stromversorgung des Schiffs von einer Stelle aus betreiben lässt.
Die Einspeisung der Energie erfolgt dabei über zwei Dieselgeneratoren, die Strom mit einer Nennleistung von jeweils 625 kVA erzeugen. Dieser wird in die Hauptschalttafel auf Sammelschienen eingespeist und von dort – gesichert über Leistungsschalter – auf verschiedene Verbraucher im Schiff verteilt. Die Anlage verfügt insgesamt über zwölf Felder, die den jeweiligen Verbrauchern zugeordnet sind. In jedem Feld sind die Schaltschränke TS 8 inklusive Maxi-PLS-Stromverteilungstechnik von Rittal verbaut.
Die Anlage ist redundant aufgebaut. Zwei Felder der Hauptschalttafel sind für die „non-essential consumers“ vorgesehen und werden abgeschaltet, wenn die Gefahr besteht, dass der Generator überlastet wird. Doppelt so viele Felder hingegen sind für die „essential consumers“ vorgesehen. Eingebaut sind etwa Motorstarter für wichtige Verbraucher wie Diesel-, Brennstoff- und Frischwasserpumpen sowie Stabilisatoren und Pumpenstarter für den Schiffsantrieb. Hinzu kommen Motorstarter für Hydraulik und Schmierölpumpe für das Getriebe der Hauptmaschine. Die restlichen Felder sind für die Einspeisung des Generators, Kuppelschalter, das Bugstrahlruder und den „Landanschluss“ vorgesehen.
TS 8 - flexible Schaltschranklösung
Der Kern des TS 8 ist das 16-fach profilierte Vertikalprofil des Rahmens, das nicht nur eine hohe Stabilität, sondern zusätzlich eine zweite Montageebene bietet und damit vielfältige Ausbaumöglichkeiten dank umfangreichen Systemzubehörs schafft. Die hohe Flexibilität der Schaltschranklösung setzt sich bei dem Stromverteilersystem Ri4Power fort. Das in der Schalttafel eingebaute Sammelschienensystem Maxi-PLS mit T-Nuten an allen vier Seiten und einem Querschnitt von 60 x 60 mm ist für einen Bemessungsstrom von 1.000 bis 4.000 A ausgelegt.
Schaltschranksystem genau nach Kundenanforderung
Beispielhaft dafür, wie sich das Schaltschranksystem von Rittal kundenspezifisch adaptieren lassen, ist der Aufbau der Schalttafel mit horizontal zweigeteilten Türen. Diese von Littau entwickelte Tür-Variante ist gerade bei den engen Platzverhältnissen von großem Vorteil: Bei Montagearbeiten muss nicht die gesamte Tür geöffnet werden, und zudem lassen sich Klemmen- und Ansteuerraum sicher trennen.
Science-Schalttafel für die Forschungsgeräte
Abgesetzt von der Hauptschalttafel – ebenfalls auf Deck 2 – ist die „Science“-Schalttafel mit drei Feldern und einer Nennleistung von 560 kVA installiert. Diese Anlage ist speziell für den Science-Generator ausgelegt und integriert zusätzlich Umrichter, um ein „sauberes Netz“ für die empfindlichen Forschungsgeräte bereit zu stellen.
Schalttafel für Notfälle
Die dritte Schalttafel mit fünf Feldern und einer Leistung von 250 kVA ist die Notschalttafel auf Deck 3. Sie wird ebenfalls von der Hauptschalttafel gespeist, hat für den Notfall aber ein eigenes Dieselaggregat, das mit einer unterbrechungsfreien Stromversorgung (USV) kombiniert ist. An diese Notschalttafel sind alle Verbraucher angeschlossen wie etwa die Feuermeldeanlage, die automatische Betätigung der Schott-Schiebetüren, Navigationslichter, Motorstarter und die Steuerung für die Lenzpumpe. Sie pumpt im Notfall das Wasser aus dem Schiff.
(ID:34452400)