Interview mit Michael Breme „Smart Factory ist weit mehr als Vernetzung“

Autor / Redakteur: Claus-Peter Köth / Thomas Günnel |

Mit der Smart Factory machen die Automobilhersteller und Zulieferer ihre Produktion fit für die Zukunft. Dipl.-Ing. Michael Breme, Leiter Produktions- und Werksplanung der Audi AG, erklärt, was das für den OEM bedeutet.

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Michael Breme ist Leiter Produktions- und Werksplanung der Audi AG.
Michael Breme ist Leiter Produktions- und Werksplanung der Audi AG.
(Bild: Audi)

Herr Breme, wie definiert Audi den Begriff „Smart Factory“?

Mit der Smart Factory machen wir die Produktion von Audi fit für die Zukunft. Unser Ziel sind hochflexible und hocheffiziente Fabriken, die weltweit miteinander vernetzt sind. Damit wir alle unsere Werke optimal steuern können, nutzen wir digitale Tools und Big Data. Wir generieren also Daten und verknüpfen sie intelligent miteinander. Eine Smart Factory ist aber weit mehr als eine intelligente, vernetzte und digitale Zukunftsfabrik, in der die individuellen Wünsche unserer Kunden umgesetzt werden. Auch nachhaltiges und umweltschonendes Fertigen zeichnet eine smarte Fabrik aus, genauso wie Arbeitsplätze, die auf die Bedürfnisse unserer Mitarbeiter abgestimmt sind.

Welchen Stellenwert nehmen in der Produktion 4.0 noch die Grundprinzipien des Lean Managements sowie der Ressourceneffizienz ein?

All das, was die Smart Factory ausmacht, ersetzt die traditionellen Werte des Lean Managements nicht. Vielmehr ergänzt sich beides. Grundprinzipien wie das Audi-Produktionssystem und der KVP-Gedanke bleiben nach wie vor in der Smart Factory als Grundwerte unserer Produktion verankert.

Inwieweit hat Audi die Smart Factory in seinem Produktionsnetzwerk bereits ausgerollt?

Audi verfolgt viele innovative Ansätze, die der Smart Factory Rechnung tragen – und das nicht erst seit gestern. Nehmen Sie unser Werk in Mexiko. Es ist die erste Fabrik, die wir virtuell geplant und in Betrieb genommen haben. Dank einer sehr detailgetreuen Simulation konnten wir von Ingolstadt aus schnell Entscheidungen treffen. Somit ist es uns gelungen, den Standort 30 Prozent schneller ans Netz zu nehmen als es bei anderen Werken der Fall war. Ein Paradebeispiel für die Smart Factory sind außerdem fahrerlose Transportsysteme, die sich autonom durch die Fabrik bewegen. Wir setzen sie für unterschiedliche Zwecke ein. Sei es, dass sie kommissioniertes Material oder Komponenten direkt ans Montageband liefern, oder, dass sie ganze Karosserien durchs Werk bewegen. Ihr Einsatz ermöglicht den schrittweisen Übergang von der Fließbandmontage zur modularen Fertigung.

Smart Factory Day Die Veranstaltung bringt die Trends Big Data, IT und Vernetzung zusammen. Referenten von Zulieferern und OEMs tauschen sich hier über die intelligente Fabrik aus.
Alle Informationen und das Programm des Smart Factory Day

Welche sind die nächsten Schritte?

Der Smart-Factory-Gedanke soll in neu errichteten Gewerken von Anfang an Einzug halten. Das passiert gerade im neuen Karosseriebau, der aktuell in Ingolstadt entsteht. Dort führen wir im zentralen Leitstand eine Kontrollwarte, eine Art Tower, für die intelligente Fabriksteuerung ein. Das beschleunigt die Kommunikation innerhalb des Gewerkes immens. Und dadurch lassen sich mögliche Abweichungen, und seien sie noch so gering, in kürzester Zeit erkennen und beheben. Dies macht die Produktion stabiler. Im nächsten Jahr werden wir in Győr unsere Elektromotoren nach einem modularen Konzept montieren. Und auch im Werk Brüssel werden wir Bestandteile des Konzepts der modularen Montage in einer Vormontage integrieren. Geplant ist ebenso, dass wir in der Fertigung einen digitalen Zwilling einführen und diesen mit unseren digitalen Planungstools vernetzen. Damit können wir die Inbetriebnahme deutlich beschleunigen und ein neues Modell schneller einrüsten.

Wie verändert die Digitalisierung die Arbeitswelt in der Produktion?

Die Arbeitswelt verändert sich ständig. Dabei ist wichtig, dass wir unsere Mannschaft rechtzeitig und umfassend auf das Neue vorbereiten und sie entsprechend weiterqualifizieren. Ein aktuelles Beispiel aus der Verpackungslogistik ist die interaktive Schulung mit Virtual Reality. Mit einer VR-Brille und zwei Controllern lernen die Mitarbeiter so spielerisch die diversen Verpackungsprozesse. Der Einsatz intelligenter Systeme in der Smart Factory bedeuten auch eine Unterstützung für die Mitarbeiter, etwa wenn Roboter den Menschen körperlich schwere, monotone Aufgaben abnehmen, während sie sich auf wertschöpfende Tätigkeiten, individuelle Feinarbeit und Qualitätsmanagement konzentrieren können. Auch für uns in der Planung bringt der digitale Wandel Veränderungen im Arbeitsalltag. Wie schon erwähnt, können wir komplette Gewerke virtuell simulieren und somit effizienter arbeiten, schneller Entscheidungen treffen und Prozesse absichern.

Zum Smart Factory Day

Mehr zu den „smarten“ Strategien von Audi erklärt Michael Breme in seiner Keynote beim Smart Factory Day am 28. November in München. Die Veranstaltung bringt die Trends Big Data, IT und Vernetzung zusammen. Referenten von Zulieferern und OEMs tauschen sich hier über die intelligente Fabrik aus – Stichworte: Wandlungsfähigkeit, Ressourceneffizienz und Ergonomie sowie die Integration von Kunden und Geschäftspartnern in Wertschöpfungsprozesse.

Alle Informationen und das Programm des Smart Factory Day

Die Fragen stellte Claus-Peter Köth

Der Beitrag erschien zuerst auf unserer Schwesterseite Automobil-Industrie.

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