Human Ressources So werden bei Firmenzukäufen neue Mitarbeiter schnell integriert

Autor / Redakteur: Karin Pfeiffer / Karin Pfeiffer

Seine Akquisitionsstrategie macht Schneider Electric zum Patchwork-Konzern. Um all die zugekauften Technologien samt Know-how auch zu nutzen und daraus Innovationskraft zu entfalten, setzt der Global Player ganz bewusst auf Personalstrategien.

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In Marktheidenfeld aufgebaut: Ein zentraler Entwicklungsstandort.
In Marktheidenfeld aufgebaut: Ein zentraler Entwicklungsstandort.
(Schneider Electric)

Technologien werden oft zugekauft. Auch Schneider Electric geht offenbar gerne shoppen. Welche Überlegungen stecken dahinter?

Jürgen Siefert: Vor allem strategische. Als Schneider Electric sehen wir Deutschland nach wie vor als eine Herausforderung. Wir versuchen deswegen, auf zwei Wegen zu wachsen: Organisch aus unserer Substanz heraus und durch strategische Zukäufe. Letztere halte ich für besonders wichtig. Sie läuft in zwei Richtungen: Die für uns wichtigere ist, Kompetenzen mit an Bord zu holen. In Bereichen, in denen wir uns verstärken wollen und die unsere Innovationskraft ausbauen. Die andere Richtung läuft natürlich darauf hinaus, auch die dazugehörigen Produkte und Lösungen mit hinzuzubekommen.

Thomas Hammermeister: Die Betonung auf „strategisch“ ist wichtig. Die Entwicklung unseres Unternehmens zum Spezialisten für das Energiemanagement lässt sich recht gut anhand der Übernahmen nachvollziehen: Ende der 1990er Jahre haben wir uns noch als Spezialisten für Energieverteilung und Automatisierung bezeichnet. Die Firmenstrategen haben Schneider Electric dann als weltweiten Anbieter für Energieeffizienz und Energiemanagement ausgerichtet. In der Industrie hat Energie aufgrund der Antriebstechnik ohnehin eine große Rolle gespielt. Mit der Automatisierung sind wir ganz nah am Produktionsprozess, aber zum Energiemanagement gehört noch erheblich mehr. Wir haben also zugekauft, was uns für das ganze Spektrum noch an Know-how fehlte.

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Was steht auf der Einkaufsliste?

Siefert: Wichtig waren in der jüngeren Vergangenheit als Antriebsspezialist zum Beispiel Berger Lahr speziell im Bereich OEM, dann Elau als Spezialist für das anspruchsvolle Gebiet der Verpackungsmaschinen-Automatisierung, Pro Face hat uns Kompetenzen für Visualisierungssysteme mit Fokus auf den Maschinenbau eingebracht. Ganz frisch ist die Akquisition von Invensys mit weltweit knapp 16.000 Mitarbeitern und Know-how im Bereich Prozessleitlösungen.

Zu Invensys zählen beispielsweise die Marken Wonderware für Leittechnik, Foxboro für Prozessleittechnik oder auch Triconex mit dreifach redundanten Steuerungssystemen, die in hochkritischen Prozessen eine Rolle spielen. Mit diesen Marken können wir nun also bis hoch zur Prozessleitebene durchgängige Lösungen bieten.

Übernahmen von Technologien gelten als wertlos, wenn die Mitarbeiter nicht mitwollen ...

Siefert: Das stimmt, man muss die Menschen unbedingt mitnehmen. Zukäufe sind nur dann erfolgreich, wenn die Integration klappt. In Deutschland ist der Markt sehr eng, was das Thema Fachkompetenzen angeht. Das Kapital, was man als Unternehmen zukauft, speziell bei Schneider Electric, ist im wesentlichen geprägt durch die Kompetenzen der hinzugewonnenen Mitarbeiter. Ohne sie geht es nicht.

Wie integrieren Sie das Know-how in Ihren Konzern?

Siefert: Als allererstes muss man tatsächlich schauen, dass man die Menschen an Bord bekommt. Wir haben dafür das Wort Willkommenskultur geprägt. Wichtig ist, sie auch zu leben. Und nur, wenn sie es schaffen, alle Leistungsträger, die sie hinzukaufen, über viele Jahre zu halten, dann hat sich die Akquisition wirklich gelohnt. Man braucht ja nur über den Markt blicken und sieht, wo sich die Menschen im neuen Unternehmen wohlfühlen. Denn dort klappt es auch, dass sich mit dem Zukauf der Erfolg weiterentwickelt. Gelingt das nicht, stagniert das Geschäft erst und ist anschließend rückläufig. Wir legen schon weit im Vorfeld unseren Fokus auf die Integration.

Wer sind die Schlüsselfiguren?

Siefert: Für mich beginnt das immer mit den führenden Leuten, die hinzukommen und auf diese Weise unsere Offenheit kennenlernen. Sie können weitergeben, wie wir ticken. So haben wir beispielsweise einen Manager von Invensys schon sehr früh regelmäßig in unsere Team-Meetings geholt, um viel Transparenz herzustellen. Das hat ihn zum Key Player gemacht, quasi zu einer Integrationsfigur.

Nur so bekommen sie die Chance, aus angestammten und neuen Mitarbeitern frische Teams zu bilden – und mit diesem Mix das hinzugekommene Wissen nicht nur erhalten, sondern sogar duplizieren. Das stärkt die Innovationsfähigkeit enorm.

Sie holen ja nicht nur Know-how herein, sie lernen im übrigen auch von neuen Sichtweisen.

Und die großen Hürden?

Reinhard Bierhoff: Meist die eigene Box der Mitarbeiter. Jeder hat seine Gewohnheiten, das sind klassische Hürden für eine Veränderung. Ganz natürlich, der Mitarbeiter kommt ja zunächst erstmal in etwas relativ Unbekanntes rein. Die meisten hegen Bedenken. Was hat das überhaupt mit ihm zu tun? Das Primäre in einer Veränderung in der Führung ist, ihm zu vermitteln, was ihn interessiert. Ihn in gewisser Weise damit zu infizieren, welche Chancen für ihn dabei herausspringen.

Was gehört noch zu einer erfolgreichen Integration?

Bierhoff: Das ist ein langer Change-Prozess, und er spielt sich auf vielen verschiedenen Ebenen ab wie gerade bei Invensys: Dazu zählen Team-Meetings, ein offener Führungsstil, auch Veranstaltungen, die nicht nur mit der Arbeit zu tun haben, verschiedene Kommunikationsinstrumente, sämtliche Tools des Personalwesens, lokale Trainings, viele Gespräche.

Themen sind schließlich auch solche wie die unterschiedliche Entlohnungsstrukturen oder Titel. Wenn plötzlich auf der Visitenkarte nicht mehr Key Account Manager steht sondern Sales Manager, weil es im neuen Unternehmen nur diese Funktion gibt, spielt das womöglich auch eine Rolle für den ein oder anderen. Wir haben Unternehmen gekauft, in denen Mitarbeiter einen extrem hohen variablen Gehaltsanteil erhielten. Sehr amerikanisch geprägt. Und mit so einer Übernahme kommen die Mitarbeiter aus einer anderen Welt in eine für sie komplett neue hinein.

Teams einer anderen Welt?

Bierhoff: In vielerlei Hinsicht, nicht nur kulturell. Die Teams von Invensys etwa sind in einem anderen Segment unterwegs. Mit dem Fokus Software ist ihre Art Geschäfte zu machen anders als das klassische Kerngeschäft von Schneider Electric in der Automatisierungstechnik.

Bei dieser Integration ist also wichtig: Sie dürfen nicht einfach irgendwas überstülpen. Der Schlüssel ist, zunächst gewisse Leitplanken zu setzen, den Mitarbeitern den Rahmen vermitteln, in dem wir uns künftig gemeinsam bewegen möchten. Was ist unsere gemeinsame Ausrichtung für die Zukunft?

Gilt das auch für den Part von Forschung & Technologie?

Siefert: Auch da handhaben wir das so. Wir haben beispielsweise vor zwei Jahren in Marktheidenfeld den zentralen Entwicklungsstandort aufgebaut für Steuerungslösungen im Maschinenbau. Auch dort haben wir das Team der früheren Firma Elau mit Teams aus der früheren Telemecanique, AEG-Modicon, und Berger Lahr zusammengeführt. Dort saßen jeweils verschiedene Kompetenzen für Steuerungslösungen, beispielsweise für die Codesys-Programmierung. Auf der grünen Wiese arbeiten jetzt 500 Mitarbeiter in einem Team, um ihr Know-how zusammenzubringen und gemeinsam neue Steuerungslösungen für den weltweiten OEM-Markt auf die Beine zu stellen. Auch das ist eine Ausrichtung, die eint.

Die große Kunst ist ja, es zu leben ...

Hammermeister: Eine Frage dessen, wie sehr der Mensch dabei im Vordergrund steht – eine Frage der Unternehmenskultur.

Siefert: Und das spiegelt sich nach innen und außen. Wir sind eigentlich ein Riesenkonzern mit weltweit 170.000 Mitarbeitern. Unsere Kunden nehmen uns aber als Mittelständler wahr. Warum ist das so? Punkt eins: Wir haben uns strukturell so aufgestellt. Punkt zwei ist tatsächlich, unsere Mitarbeiter sind geprägt durch die vielen mittelständischen Integrationen, die wir erfolgreich durchgeführt haben.

So viele Übernahmen – Routine?

Bierhoff: Bei Invensys dreht es sich etwa um eine Teilintegration. Wir machen das Step by Step, um auch die Marken der Übernahme im Markt zu erhalten. Nicht automatisch heißen alle Zukäufe ab sofort Schneider Electric. Das hat auch viel mit der Identität der Mitarbeiter mit ihrem Unternehmen zu tun. Es wird ja nicht wegen schlechter Werte verkauft. Im Gegenteil.

Lief es mal nicht rund?

Siefert: Definitiv. Es kommt immer wieder vor, dass es hakt. Und dann muss man schauen, an welcher Stelle, wo ist der gemeinsame Nenner. Denn so eine Integration von Technologien steht und fällt immer damit, dass die Führungskräfte erstmal eine gemeinsame Sicht auf die Dinge haben.

Was, wenn es nicht gelingt?

Siefert: Das wäre ein Fehlkauf. Ein Technologie-Unternehmen ist ohne die Mitarbeiter praktisch wertlos.

Und im Falle des Erfolgs?

Siefert: Gelingt die Integration, stärkt das auch die Innovationsfähigkeit insgesamt. Es bilden sich neue Netzwerkstrukturen, in denen sich das Know-how mit neuen Ideen verknüpft.

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