Homeoffice-Studie 2.0 So wollen Angestellte nach der Pandemie arbeiten
Seit Corona arbeiten viele quasi seit Jahren im Homeoffice. Die Einstellung zur Arbeit hat sich verändert. Wollen die Leute zurück zur normalen Büroarbeit? Das verrät eine Studie des Fraunhofer-IAO.

Mit der pandemiebedingten Verlagerung der Arbeit ins Homeoffice vor rund zwei Jahren hat sich eine neue Normalität etabliert, die veränderte Ansprüche an den Arbeitsalltag stellt. Neue Maßstäbe für die empfundene Produktivität von Beschäftigten an ihrem Arbeitsort sind dabei gesetzt worden. Doch mit der nun (drohenden?) Rückkehr ins Büro rücken einige Fragen in den Fokus, sagen die IAO-Forscher: Welche Rolle wird das Büro in Zukunft etwa einnehmen? Welche Auswirkungen hat das Homeoffice auf die individuellen und strukturellen Arbeitsbedingungen? Welche Schlüsse und Entwicklungstendenzen lassen sich daraus für die Arbeitswelt nach dem Ende der Pandemie erkennen? Welches sind die größten Hindernisse und Anreize für eine Rückkehr ins Büro? Die Ergebnisse der Onlinebefragung „Homeoffice Experience 2.0“ des Fraunhofer-IAO im Rahmen des Innovationsnetzwerks Office 21 geben hier Antworten über motivationssteigernde Faktoren zur Rückkehr ins Büro. Die Forschenden stellen damit eine Orientierungshilfe zur Gestaltung der postpandemischen Arbeitswelt bereit, wie es dazu heißt.
Die Welt der Angestellten spaltet sich derzeit in zwei Lager
Im Vergleich zu einer ersten Studie, die im Sommer letzten Jahres erfolgte, zeigen die neuen Ergebnissen nun zwei klare Tendenzen in Bezug auf die empfundene Produktivität beim Arbeiten. Eins vorneweg: sie ist sowohl beim Arbeiten von zu Hause aus als auch im Büro weiter gestiegen. Dahingegen nahm die Zahl der Befragten, die keinen Unterschied zwischen beiden Arbeitsorten bemerkten, stark ab. Die Forschenden erkennen jetzt die Aufteilung in zwei Lager, in denen sich Beschäftige entweder im Homeoffice oder im Büro produktiver fühlen. Auch die Balance zwischen Berufs- und Privatleben ließe sich laut Angaben der Befragten sowohl im Homeoffice als auch im Büro seit Beginn der Pandemie besser herstellen. Befragt wurde auch in Bezug auf das Geschäftsreiseverhalten. Dabei gaben lediglich 2 Prozent der Befragten an, künftig mehr als 10 Tage pro Monat auf Geschäftsreise zu sein. Das ist ein enormer Rückgang, der von einer Studie des VDR, in der von einem dauerhaften Rückgang von rund 30 Prozent ausgegangen wird, bestätigt, merkt das IAO an. Die Rückkehrbereitschaft ist allerdings unabhängig vom Alter der Beschäftigten, wie sich herausgestellt hat. Interessant ist, dass Angestellt in recht kleinen und sehr großen Unternehmen eher zum Homeoffice neigen als solche, die in Firmen mit 25 bis 250 Mitarbeiten arbeiten. Erstaunlich ist auch, dass gut die Hälfte der Homeoffice-Anhänger die Tage Montag bis Mittwoch bevorzugten, statt etwa Montag und Freitag.
Viele fühlen sich außerdem im Büro aus dem Flow gerissen, sind der Meinung andere zu stören oder fühlen sich selbst gestört.
Technisches Equipment und Kantinenangebot sind Entscheidungsfaktoren
Die meisten wollen auf jeden Fall ins Büro zurück, doch nur noch rund die Hälfte der Arbeitszeit will man in Zukunft im Büro verbringen. Insbesondere die Möglichkeit zur Kollaboration und Zusammenarbeit sowie der informelle Austausch mit Kollegen spielten für diese Entscheidungen eine große Rolle. Das Problem: dafür müssten die Kollegen und Kolleginnen dann aber auch vor Ort sein, damit man sich mit ihnen austauschen kann. Das, so glauben die Forschenden, bringt den Effekt, dass man sich quasi gegenseitig wieder ins Büro zieht. Doch auch die Qualität der technischen und ergonomischen Ausstattung des Heimarbeitsplatzes gilt als entscheidender Faktor bei der Wahl des Arbeitsortes der Zukunft. Befragte, die sich zuhause eher unzufrieden mit ihrem Setup zeigten, bevorzugten deshalb die Arbeit im Büro. Man hat außerdem festgestellt, dass eine gute Anbindung an das Unternehmen und eine gute Verpflegung für viele zu den größten Anreizen für die Rückkehr ins Büro gehören, ergänzen die Experten dazu.
Schlussendlich – das Büro muss attraktiver sein als das Homeoffice
Angesichts des Zeitaufwands, dass das Pendeln zum Büro in Anspruch nimmt, werden sich Unternehmen in Zukunft noch mehr mit der Thematik innovativer Bürokonzepte sowie erlebnis- und lernorientierter Büroformen auseinandersetzten müssen, um die Rückkehr ins Büro attraktiver zu gestalten, meinen die IAO-Forschenden. Rückzugsorte, die ein produktives und fokussiertes Arbeiten unterstützen seien dabei besonders wichtig, weil sich Mitarbeitende im Büro oft von anderen gestört fühlten. Auch hybride und großzügig geschnittene Besprechungs- und Projekträume sollten in neuen Bürokonzepten fest verankert sein. Um den informellen sozialen Austausch zu fördern, helfen zudem offene Begegnungsorte und Erlebnisangebote, die einer Lounge ähneln sollten. Das Büro der Zukunft kann also als wichtiger Treffpunkt für soziale Zusammenarbeit und als kreativer Motor mit Blick auf die Ideenfindung verstanden werden, wenn man einige Aspekte berücksichtigt.
Es dämmert das Zeitalter der digitalen Nomaden herauf
Eine Veränderung des Berufslebens, insbesondere durch die steigende Anzahl sogenannter digitaler Nomaden, also Menschen, die ihre Arbeit unabhängig von einem festen Arbeitsort ausüben können, ließe sich anhand der Befragungsergebnisse noch nicht beobachten, heißt es weiter. Nichtsdestotrotz verliere das standortgebundene Arbeiten aber zunehmend an Bedeutung. Die durch das Homeoffice neugewonnene Flexibilität bezüglich des Arbeitsplatzes sowie der Arbeitszeiten, werden außerdem nur wenige Beschäftigte freiwillig missen wollen, sind sich die Forschenden einig. In Anbetracht dessen dürften sich alternative Arbeitsformen, wie die des digitalen Nomaden, in Zukunft immer mehr durchsetzen.
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