Mensch-Maschine-Schnittstelle Sportwagen-Hersteller verbannt Papierkram aus der Fertigung

Von Sariana Kunze

Mit klaren Anweisungen per Bildschirm optimiert ein bekannter Sportwagen-Hersteller seine Fertigung. Panel-PCs und Industrie-Tablets sorgen jetzt für eine intuitive Werker-Führung – ganz ohne Zettelwirtschaft.

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Über RFID-Tags an den Bearbeitungsstationen werden die Tablets der Werker erkannt und mit der passenden Visualisierung bespielt. Fehlbedienungen sind deshalb ausgeschlossen.
Über RFID-Tags an den Bearbeitungsstationen werden die Tablets der Werker erkannt und mit der passenden Visualisierung bespielt. Fehlbedienungen sind deshalb ausgeschlossen.
(Bild: ©Mimi Potter/stock.adobe.com/ROSE Systemtechnik)

Wenn moderne Sportwagen produziert werden sollen, dann dürfen die Bearbeitungsstationen nicht veraltet sein. Zu dieser Erkenntnis kamen die Planer der Fertigung eines bekannten Sportwagen-Herstellers. An allen Bearbeitungsstationen sollten neue Bedien- und Visualisierungsterminals installiert werden. Das Ziel: Die komplette Fertigung digitalisieren und vernetzen, um Prozesse zu optimieren, Fehlerquoten zu reduzieren und die Einarbeitungszeiten für Mitarbeiter zu verkürzen.

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„Bisher wurde bei dem Autobauer mit relativ schweren Panel-PCs und Standard-Industrie-Tablets gearbeitet“, erklärt Peter Schiller. Dies hat sich nun geändert. Das Unternehmen beauftragte den Vertriebsleiter HMI Creations bei Rose Systemtechnik am Standort Hohenlockstedt mit rund 1.000 individuell konfigurierbaren Panel-PCs und mehreren Hundert Industrie-Tablets.

Bedienterminals für die intuitive Werker-Führung

Besonders wichtig war dem Automobil-Hersteller eine intuitive Werker-Führung sowie eine auf die Produktion abgestimmte Lösung. Mit maßgeschneiderten Panel- und Embedded-PCs sowie individuell konfigurierten Elektronik-, Standard-, Steuergehäusen sowie Geräteträgersystemen konnte Rose die Anforderungen des Herstellers erfüllen. Denn als HMI-Produkt zählt bei Rose nicht das einzelne Gerät oder Gehäuse, sondern die zusammengestellte Lösung aus verschiedenen, kundenspezifisch konfigurierten Komponenten. Zur Beratungsleistung gehört zudem eine umfassende Analyse der Fertigungsprozesse und Produktionsumgebungen. „Wir sprechen von virtuellen Produkten, denn unsere Leistung beinhaltet neben der reinen Konstruktion auch viel Consulting“, berichtet Schiller. Bereits vor einigen Jahren stattete der Anbieter von Automatisierungssystemen ein Zweitwerk des Autobauers mit über 2.000 S-Line-Panel-PCs aus.

Konkrete Vorstellungen für Industrie-PCs und Tablets

„Uns war klar, dass der Sportwagen-Hersteller ganz konkrete Anforderungen an Design und Funktionalität der Industrie-PCs und Tablets hat“, sagt Schiller. So sollte das Markenzeichen in das Display aller Panel-PCs und Tablets integriert werden. Darüber hinaus musste hinter dem Firmen-Signet ein RFID-Reader eingebaut werden. Dieser soll den Werksausweis auslesen, mit dem sich der Mitarbeiter an der jeweiligen Bearbeitungsstation anmeldet. Zusätzlich zu dem Reader war bei den Panel-PCs eine visuelle Leserückmeldung durch das im Display eingearbeitete Markenzeichen gewünscht: Der Schriftzug sollte grün leuchten, wenn die Anmeldung des Werkers an der Station erfolgreich war und rot, wenn ein Fehler auftritt.

Panel-Wechsel mit Kupplung fix erledigt

Bei den PCs kamen zusätzlich Handscanner mit Halterung und das patentierte Schnellwechsel-System Quicklock von Rose zum Einsatz. Damit lässt sich ein Panel-PC von jedem autorisierten Mitarbeiter innerhalb weniger Sekunden austauschen. „Mit der Quicklock-Kupplung können Stillstandzeiten bei Wartungen oder Reparaturen reduziert werden“, erläutert Nils Stello, Business-Unit-Leiter HMI bei Rose Systemtechnik. Der PC wird einfach auf die Kupplung aufgesteckt und rastet ein. Das System (192 x 141 x 46 mm) eignet sich für die Standfuß- und Tragarmmontage. Es verfügt über leicht zugängliche Anschlüsse und Schnittstellen, die vor unautorisiertem Zugriff geschützt sind. Der Anschluss des PCs erfolgt über die 100 gefederten Goldkontakte. Zudem stehen dem Anwender vier USB 2.0-Anschlüsse, ein USB 3.0-Anschluss, drei Ethernet-Schnittstellen sowie ein weiterer HDMI-Port für die Anbindung eines zweiten Monitors zur Verfügung. Durch ein Speichermedium im Anschlussraum des Tragarmsystems werden zudem die Konfigurationsdaten der Bedienstation gespeichert, sodass ein neuer Panel-PC sofort in Betrieb genommen werden kann.

Mobile Lösung für digitales Werker-Assistenzsystem

Das digitale Werker-Assistenzsystem sollte aber nicht nur auf rund 1.000 festinstallierten Panel-PCs laufen, sondern auch an etwa 200 Bearbeitungsstationen in der Lackiererei. Dort muss nicht permanent eine Bedienoberfläche vorhanden sein. Hierfür suchte der Autobauer nach einer mobilen Lösung.

Die Spezialisten von Rose HMI Creations entwickelten einen Panel-PC- und Tablet-Prototyp für die Lackiererei. Sie konzipierten lüfterlose 21-Zoll-Panel-PCs mit industrietauglichem PCAP-Multitouch, die sie in ein lediglich 45 mm tiefes Gehäuse integrierten. Das Multitouch-Glas ist chemisch gehärtet und zudem entspiegelt, sodass horizontal und vertikal eine blendfreie Sicht auf das Display aus einem breiten Blickwinkel gewährleistet ist. Durch die hohe Transmission der Displays wird die Oberfläche laut dem Anbieter zudem optimal ausgeleuchtet. Die Bedienung ist sogar mit Handschuhen möglich. Da sie über die Schutzklasse IP 65 verfügen, sind die PCs darüber hinaus unempfindlich gegenüber Staub sowie Strahlwasser und können während des Betriebs gereinigt werden.

Das Herzstück ist ein Intel i7-6822EQ-Prozessor (4x 2,8GHz, 8MB L2 Cache, 25W TDP), der über einen Arbeitsspeicher von 16 GB und einen Massenspeicher von 512 GB verfügt (Samsung Pro SSD). In die Displays beider Geräte wurde wie gewünscht das Kunden-Logo integriert. Rose druckte den Schriftzug direkt auf das Display-Glas, sodass eine Oberfläche im Corporate Design des Autobauers entstand.

RFID-Tags erkennen Tablets an Bearbeitungsstationen

Auch für den Hardware-Bereich gab es umfangreiche Anforderungen: So mussten sowohl die Industrie-Tablets als auch die Panel-PCs mit der Legic-Technologie der elektronischen Werksausweise kompatibel sein. Das Problem: Zum Zeitpunkt der Auftragserteilung gab es keine mobilen Endgeräte, die diese Technologie verarbeiten konnten. „Wir haben dann zusammen mit unserem Tablet-Lieferanten eine Lösung gefunden, wie sich Legic in den RFID-Reader der Geräte implementieren lässt“, berichtet Schiller.

Speziell für die Tablets entwickelte Rose zudem eine Standsäule, die über ein Simatic HMI KP32F-Bedienfeld mit integrierter Dockingstation verfügt. Hier kann der Werker sein mobiles Endgerät anschließen und bekommt dann über den NFC-Tag hinter dem Markenzeichen die passende Visualisierung für diese Bearbeitungsstation auf seinen Bildschirm. Bedienfehler sind damit ausgeschlossen. Zusätzlich dazu wünschte sich der Autobauer noch eine Halterung für den Ständer, damit ein mobiles Endgerät dort auch dauerhaft verankert werden kann. Laut Schiller lässt sich das Tablet sogar an der Säule aufladen und gegen unbefugten Zugriff sicher.

Eine weitere Hürde waren die strengen Vorgaben, die der Kunde für den Einsatz von Hardware-Komponenten in seinen Werken festlegt. „Damit das Firmennetzwerk die Geräte überhaupt akzeptiert, mussten wir die Firmware der Geräte anpassen“, beschreibt Schiller die Herausforderung. Bei der Konfiguration der Panel-PCs stimmte sich das Rose-Team eng mit dem Mainboard-Hersteller ab, der die nötigen Bios-Anpassungen vornahm und die Zusatzfunktionen in die Hardware integrierte. Zudem hat Rose die S-Line-Panel-PCs für die Installation eines 2D-Scanners sowie des Euchner Key Systems vorbereitet.

Assistenzsysteme für viele Applikationen

Digitale Werkerleitsysteme sorgen laut dem Unternehmen aber nicht nur in der Automobilindustrie für mehr Effizienz. „Mit unseren Automatisierungslösungen schaffen wir die Basis für individuelle Assistenzsysteme und ermöglichen so die bestmögliche Prozessoptimierung“, erklärt Stello abschließend.

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