Autonomes Fahren Technologien für Robo-Taxis bald in Serie

Redakteur: Lilli Bähr |

Continental will Technologien, wie ABS, Radar und ein redundantes Bremssystem für fahrerlose Fahrzeuge serientauglich machen. Mit dem Cube steht ein Entwicklungsfahrzeug für reale Tests bereit; ein neues Pilotprojekt startet in Michigan, USA.

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Continental-Technologien kommen erstmals in Robo-Taxis zum Serieneinsatz. Die zentrale Entwicklungsplattform ist der Cube, ein fahrerloser Kleinbus.
Continental-Technologien kommen erstmals in Robo-Taxis zum Serieneinsatz. Die zentrale Entwicklungsplattform ist der Cube, ein fahrerloser Kleinbus.
(Bild: Continental)

Fahrerlose Robo-Taxis sollen in Zukunft zu einem wichtigen Teil der Mobilität in Ballungsgebieten werden und den Straßenverkehr flüssiger, umweltfreundlicher und effizienter machen. Noch sind solche fahrerlosen Transportsysteme die Ausnahme. Die Technologien jedoch, mit der sich diese Fahrzeuge ohne Lenkrad und Pedale selbstständig, elektrisch und sicher bewegen, ist nahezu vollständig vorhanden.

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Technologien in autonomen Shuttle-Bus erstmals in Serie

Bei dem Technologieunternehmen Continental arbeiten Forscher und Entwickler in Europa, Nordamerika und Asien daran, bewährte Serientechnologien für den Einsatz in solchen Robo-Taxis fit zu machen. Noch in diesem Jahr sollen solche Technologien im autonomen Shuttle-Bus EZ10 des französischen Unternehmens Easy-Mile erstmals zum Serieneinsatz kommen. Continental ist an dem Hersteller von fahrerlosen Fahrzeugen seit 2017 beteiligt.

Zentrale Entwicklungsplattform ist ein fahrerloser Kleinbus

„Die technologischen Bausteine, damit Robo-Taxis funktionieren können, sind prinzipiell vorhanden und erprobt. Wir müssen sie jetzt allerdings intelligent, sicher und effizient zu einem Gesamtbild zusammenfügen“, sagt Andree Hohm, Direktor Fahrerlose Mobilität bei Continental.

Die zentrale Entwicklungsplattform für diese Arbeit ist der Cube, ein fahrerloser Kleinbus auf Basis der EZ10-Plattform. Hierbei geht es nicht darum, den Cube zum Serienfahrzeug zu entwickeln, sondern verschiedene Technologien des Unternehmens, wie beispielsweise Bremssysteme und Umfeldsensoren für den Serieneinsatz in Robo-Taxis marktreif zu machen.

Fahrzeug erzeugt ein 360-Grad Abbild seiner Umgebung

Damit ein Robo-Taxi überhaupt autonom fahren kann, muss es zunächst seine Umgebung verlässlich, präzise und lückenlos erfassen. Dies geschieht mittels Umfeldsensoren wie Kamera, Radar oder Laser. Mit Hilfe des Cube hat das Unternehmen beispielsweise ein Radarsystem speziell für fahrerlose Fahrzeuge zur Serienreife entwickelt. Das Fahrzeug kann ein 360-Grad Abbild seiner Umgebung erzeugen, indem die Daten aus unterschiedlichen Sensortechnologien miteinander kombiniert werden.

Lasersensoren, Kameras und sieben Radarsensoren erfassen Umgebung

Der im autonomen Shuttle EZ10 von Easy-Mile zum Einsatz kommende Radar erfasst die Umgebung des Fahrzeugs im Umkreis von bis zu 200 m. Insgesamt ist das Fahrzeug dann neben Lasersensoren und Kameras mit sieben Radarsensoren bestückt. So kann der Standort genau bestimmt werden, und zugleich lassen sich Hindernisse und potenziell kritische Situationen frühzeitig erkennen.

Redundante Bremssysteme und ABS-Funktionen für Robo-Taxis

Eine mindestens doppelte Absicherung ist nicht nur bei der Umfelderfassung fahrerloser Fahrzeuge ein Muss, sondern auch bei deren Bremssystemen. Das Unternehmen hat dafür geeignete Technologien im Portfolio – etwa das seit 2016 im Serieneinsatz befindliche One-Box-Bremssystem MK C1, das ABS, ESC sowie Bremskraftverstärkung vereint.

Für den Einsatz in autonomen Fahrzeugen wird das One-Box-Bremssystem mit einer Hydraulic-Brake-Extension kombiniert, die bei einem – höchst unwahrscheinlichen – Ausfall der Primärbremse das Fahrzeug sicher und inklusive ABS verzögern kann. Eine Bremsfunktion ist damit laut Unternehmen sichergestellt.

Ohne Fahrereingriff schneller zum Stillstand bringen

Beide Systeme sind dem Hersteller zufolge umfangreich getestet, abgesichert und industrialisiert. In neuer Kombination bilden sie das redundante und serienreife Bremssystem MK-C1-HAD für hochautomatisiertes Fahren und für fahrerlose Mobilitätsanwendungen. Es soll einen weiteren, zusätzlichen Sicherheitsgewinn bieten: Der elektromechanisch erzeugte, maximale Bremsdruck soll bereits nach 150 ms erreicht sein. So können automatisiert und autonom fahrende Fahrzeuge ohne Fahrereingriff schneller zum Stillstand gebracht werden als das mit konventionellen Bremssystemen möglich wäre.

ABS-Funktion für winterliche Straßenbedingungen

Eine weitere Besonderheit stellt dabei die ABS-Funktion dar, denn ein solches System gibt es laut Unternehmen bislang noch nicht in einem Robo-Taxi. Die Technologie wird vor allem wichtig, wenn fahrerlose Fahrzeuge künftig auch bei winterlichen Straßenbedingungen unterwegs sind. Für sicheres Anfahren auf teils glatter Straße, größtmögliche Haftung an rutschigen Steigungen oder beim Bremsen sorgen Fahrdynamiksysteme wie ABS, ESC oder die Traktionskontrolle. Dazu kommt, dass Robo-Taxis in Form von Kleinbussen typischerweise höher sind als klassische Pkw und damit einen höheren Schwerpunkt haben, um ein aufrechtes und bequemes Ein- oder Aussteigen zu ermöglichen. Damit wird eine vorausschauende Fahrdynamikregelung relevant, um ein unkritisches und stabiles Fahrverhalten in Kurven sicherzustellen.

Weltweite Forschung für Robo-Taxi der Zukunft

Vorangetriebenen wird die Entwicklung dieser und weiterer Technologien für das fahrerlose Fahren in einem globalen Netzwerk mit insgesamt fünf Kompetenzzentren von Continental in Deutschland, Japan, Singapur, China und den USA. An den Standorten wird mit unterschiedlichen Schwerpunkten geforscht und entwickelt, jedoch stets mit Hilfe der Plattform Cube und immer mit dem einheitlichen Ziel im Blick, geeignete Technologien für kommende Generationen sicherer und effizienter Robo-Taxis bereitzustellen.

In abgeschlossenen Bereichen – etwa auf einem Betriebsgelände oder auf speziellen Routen in klar abgegrenzten Stadtbereichen – sind fahrerlose Mobilitätsangebote bereits heute in Betrieb. Es dürfte jedoch noch rund ein Jahrzehnt dauern, ehe Robo-Taxis flächendeckend im normalen Straßenverkehr unterwegs sein werden. Auf diesem Weg werden noch zahlreiche Entwicklungsschritte nötig sein, um die Fahrzeuge stetig sicherer und alltagstauglicher zu machen. Einer dieser Entwicklungsschritte sind reale Pilotprojekte, bei denen Entwicklungsmöglichkeiten für autonomes Fahren in städtischen Gebieten untersucht werden.

Neues Pilotprojekt startet in Auburn Hills, Michigan (USA)

Daher werden Continental, Easy-Mile, die Oakland University und die Stadt Auburn Hills in Michigan einen Piloteinsatz eines autonomen Shuttles durchführen, der durch Michigans Mobilitätsinitiative Planet-M, die Firmen beim Testen von Mobilitätskonzepten unterstützt, bezuschusst wurde. Das Pilotprojekt beginnt Ende August 2019 und wird bis zu sechs Monate dauern. Das fahrerlose Shuttle fährt auf dem Gelände der Oakland University, einem weitläufigen und hügeligen College-Campus, wo die Orientierung zwischen den Gebäuden zu einer Herausforderung für Studierende und Dozenten werden kann. Eine passende Lösung dafür ist der autonome Shuttle-Service, der für alle Menschen, die den Campus nutzen, zugänglich sein wird.

Zonar-Technologie für Fahrzeuginspektionen integrieren

Während des Pilotversuchs wird Continental seine Zonar-Technologie integrieren, die Fahrzeuginspektionen durch die RFID-Technologie EVIR ermöglicht. Das EVIR-System erfasst und überträgt die Inspektions-, Konformitäts- und Wartungsdaten des Fahrzeugs an den Betreiber sowie protokolliert diese. Darüber hinaus erkennt die Zonar-Z-Pass-Technologie wo und wann Mitfahrer in das Fahrzeug ein- und aussteigen. Ziel dieses Pilotprojekts ist es, Erfahrungen mit dem Betrieb von fahrerlosen Fahrzeugen und wertvolle empirische Daten zu sammeln, die in die Technologieentwicklung für diese Fahrzeuge integriert werden.

Zudem müssen die dazu nötigen Technologien so konzipiert werden, dass sie in industriellem Stil und großen Stückzahlen gefertigt werden können. Auch aus regulatorischer und gesellschaftlicher Sicht sind noch etliche Fragen zu klären und Lösungen zu entwickeln, ehe Robo-Taxis das alltägliche Straßenbild prägen können.

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