Netzteile Was Sie über die Lebensdauer von Stromversorgungen wissen sollten

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Wie langlebig ist eine Stromversorgung unter den vorgebenen Einsatzbedingungen im Endgerät? Die Antwort auf diese Frage findet sich nicht einfach als Zahlenwert in den Spezifikationen der Hersteller.

Das 100 W Netzteil ZMS 100 von TDK-Lambda weist dank ausgefeiltem Thermodesign eine Lebensdauer von über 10 Jahren (bei 230 VAC, 75% Last und Luftkonvektion) auf.
Das 100 W Netzteil ZMS 100 von TDK-Lambda weist dank ausgefeiltem Thermodesign eine Lebensdauer von über 10 Jahren (bei 230 VAC, 75% Last und Luftkonvektion) auf.
(Bild: TDK-Lambda)

Es war ein schwüler Sommertag. Das Thermometer zeigte 30 °C – und das Display des Magnetresonanztomographen den Ausfall einer Stromversorgungseinheit. Die Maschine war erst fünf Jahre alt. Der sofort kontaktierte Service kündigte sich für den nächsten Morgen an. Zu spät für den Patienten, der bereits im MRT lag und alle anderen im vollen Wartezimmer der radiologischen Praxis. Die Patienten mussten nach Hause geschickt und neue Termine vereinbart werden. Viel Ärger, Verdienstausfall und auch ein Stück weit Vertrauensverlust in die Verfügbarkeit der Technik bei Personal und Patienten.

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Schuld am Ausfall war ein Elektrolytkondensator

Und das alles wegen eines ElektrolytkKondensators, wie sich später beim Netzteilhersteller heraus stellte. Der Kondensator hatte aufgrund der Erwärmung sein Leben ausgehaucht. Dabei war das Medizintechnikunternehmen bei der Auswahl dieser Stromversorgung von einer ausreichend langen Lebensdauer ausgegangen. Als MTBF-Wert, Mean Time Between Failure, wurden vom Hersteller 270.000 h angegeben, das entspricht einer Zeitspanne von 30 Jahren. Weitere Eigenschaften, wie Überlast-, Kurzschluss-, und Überspannungs-Schutz versprachen darüber hinaus ein langes, störungsfreies Produktleben.

Ohne Lüftungsschlitze steigt die Innentemperatur

Der Hersteller hatte sich für Netzteile mit Konvektionskühlung entschieden. Elektrik und Elektronik des MRT-Geräts waren bereits im Labor erfolgreich ausgetestet, als das Produktdesign noch einmal Veränderungen am Gehäuse vornahm. Die Lüftungsschlitze verschwanden und alles sollte kompakter werden. Die Folge war eine Erhöhung der Innentemperatur.

Udo Schweizer vom Stromversorgungshersteller TDK-Lambda hält es nicht für abwegig, dass die Änderungen an der Gehäusegestaltung des Kunden für das Versagen des Netzteils verantwortlich waren. Schweizer, als Product Manager und Field Application Engineer für Standard-Einbaustromversorgungen zuständig, wird tagtäglich mit Fragen der Lebensdauer von Stromversorgungen konfrontiert. „10 Kelvin Temperaturerhöhung am Kondensator halbieren die Lebensdauer“, so sein ernüchterndes Resümee.

Eigenerwärmung am Elko addiert sich zur Umgebungstemperatur

Am Elko addiert sich zur Umgebungstemperatur die Eigenerwärmung, hervorgerufen durch einen mehr oder weniger ausgeprägten Ripple-Strom in den Elko. Im Industriebereich sind Betriebstemperaturen bis 50°C der Standard. Angenommen ein 105-°C-Elko mit 10.000 h Lifetime ist bei 50 °C Umgebungstemperatur einer Eigenerwärmung von 25 °C ausgesetzt, das sind 30 K unter Spezifikation. Daraus resultiert eine Lebenserwartung von 80.000 h – etwa 9 Jahren. In besagtem MRT-Gerät treten jedoch in einigen Zonen des Gehäuses bis zu 70 °C und mehr auf. Selbst bei einer deutlich reduzierten Eigenerwärmung lassen sich mit den gebräuchlichen 105 °C Elkos hier nur noch wenige Jahre Lebenserwartung realisieren. Höherwertige Elkos bis 130 °C gibt es zwar, in Standard-Stromversorgungen findet man diese jedoch selten.

Was bei der Evaluation konkret zu beachten ist

Schweizer rät dazu, stets die Einbau- und Betriebssituation der Netzteile zu berücksichtigen. Die Hinweise zur MTBF allein sind keine Entscheidungskriterien: „Die publizierten Spezifikationen der Hersteller liefern keine konkreten Zahlenangaben zur Lebenserwartung der Geräte. Zu viele äußere Faktoren spielen eine Rolle. So dass sich die Lebenserwartung nicht einfach als Zeile unter den Spezifikationen mit auflisten lässt. Die gewährte Garantie gibt sicher einen ersten Anhaltspunkt, wie lange das Gerät wohl halten wird“, sagt der Netzteil-Spezialist.

Viele verlassen sich bei der Auswahl der Bauteile auf die Angabe der MTBF. Für diese gibt es verschiedene Berechnungsmethoden – z.B. MIL-HDBK-217, Bellcore/Telcordia oder auch Siemens Norm. Abweichungen um den Faktor 10 bis 50 sind dabei üblich. Ohne konkrete Aussagen zur Berechnungsgrundlage der MTBF sind die Angaben der Hersteller wenig hilfreich. Klammert der Hersteller zudem verschleißanfällige Komponenten – wie zum Beispiel Lüfter – aus der Berechnung aus, werden Produktvergleiche erst recht fragwürdig.

Wesentliche Parameter zum Ermitteln der Lebenserwartung

Der MTBF-Wert wird als Kehrwert aus der Addition aller Fehlerraten ermittelt. Welchem Stress jedes Bauteil innerhalb des Gerätes ausgesetzt ist, spielt bei dieser Betrachtung keine Rolle. Doch Auslastung, Temperatur und andere Umgebungseinflüsse sind die maßgebenden Parameter, um die Lebenserwartung eines Gerätes zu ermitteln.

Dabei wären über die Service-Retouren ermittelte, tatsächlich aufgetretene Ausfälle eine viel verlässlichere Quelle für die Lebenserwartung eines Gerätes. Das Problem: Diese Daten werden erst im Laufe der Zeit – oft nach mehreren Jahren – wirklich aussagekräftig. Beim Design der Anwendung liegen meist noch keine verwertbaren Langzeiterfahrungen aus dem Feld vor.

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Um Alterung und Verschleiß in einem Netzteil zu bestimmen, werden einige Prototypen eines Gerätes erhöhten Betriebstemperaturen und mechanischen Belastungen ausgesetzt. Mittels dieses sogenannten Highly Accelerated Life Test (HALT) lassen sich Schwachstellen des Designs aufzudecken. Diese Erkenntnisse fließen dann in die weitere Produktentwicklung ein. Obschon HALT sich wenig für eine Prognose zur Ausfallwahrscheinlichkeit im Normalbetrieb eignet, zeigt das Verfahren jedoch eindrucksvoll: bei Standard-Stromversorgungen sind immer die gleichen Komponenten für die Lebenserwartung entscheidend. Namentlich: Lüfter, Relais und immer wieder die Elektrolytkondensatoren.

Mit zunehmender Leistung wird ein Lüfter immer wichtiger

Während Relais weitgehend durch Halbleiterelemente ersetzt werden, für die die Zahl der Schaltvorgänge eine untergeordnete Rolle spielt, kommt man an Lüftern nicht vorbei. Gerade in Schaltnetzteilen ab einer Ausgangsleistung von etwa 300 W gewährleisten Lüfter die Kühlung des Netzteiles und wirken sich zunächst einmal positiv auf die Lebenserwartung aus. Gleichzeitig aber unterliegen sie als mechanisches Bauteil dem Verschleiß. Je kleiner der Lüfter, z.B. in hoch integrierten Netzteilbauformen mit 1-HE-Front-Ends, desto höher der Verschleiß aufgrund erhöhter Drehzahlen.

Wärme beschleunigt die Alterung der Bauteile und damit ihr Ausfallrisiko, besonders bei Elkos. Somit sind Elkos in der Regel das lebenszeitbestimmende Element in jedem Netzteil. Die Lebenserwartung von Elkos wird bei Ihrer spezifizierten Maximaltemperatur angegeben. Bei Erreichen der genannten Lebenszeit hat der Elko aber bereits ca. 20% seiner ursprünglichen Kapazität eingebüßt. Ab diesem Punkt führt der gestiegene Innenwiderstand zu einer immer stärkeren Eigenerwärmung und damit zu einer sich beschleunigenden Alterung, die in absehbarer Zeit zum Ausfall führt. 5000 bis 10.000 h – das bedeutet, dass bei einer Temperatur von 105 °C die Lebenserwartung eines Elkos bei gerade einmal einem Jahr liegt – ein Wert, der weit unterhalb jeder akzeptablen Einsatzdauer eines Endgerätes liegt.

Was ein Hersteller von Stromversorgungen bieten muss

Zunächst sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, die Bauteilespezifikation auch unter ungünstigsten Einsatzbedingungen nicht auszureizen. Der Hersteller sollte der Temperaturentwicklung aller Bauteile besonderes Augenmerk schenken. Das Design muss eine zuverlässige Kühlung aller kritischen Bauteile sicherstellen. Insbesondere die Elektrolytkondensatoren sind sorgfältig zu dimensionieren und so innerhalb des Netzteiles zu platzieren, dass ihre Temperatur so gering wie möglich bleibt.

Vor diesem Hintergrund sollten Anwender abwägen, ob das aktuell leistungsstärkste Model innerhalb einer Standardbaugröße – z.B. im 2“-x-4“-Format – die beste Lösung darstellt. Bei extrem kompakten Designs werden möglicherweise Kompromisse eingegangen, die sich negativ auf die Lebenserwartung des Gerätes auswirken.

TDK-Lambda dokumentiert in seinen „Reliability Data“ umfangreiche Informationen zur Temperaturentwicklung. Neben der obligatorischen MTBF-Berechnung findet man dort eine Tabelle zur den Reserven in der Dimensionierung der Bauteile – die „Component Derating List“. Diese Übersicht zeigt, zu wie viel Prozent das Bauteil bei Nennbelastung des Netzteiles tatsächlich ausgelastet ist. Wird ein Transistor bei Einsatz unter Nennlast im Netzteil gerade einmal 99,7 °C warm, obwohl er nach Bauteile-Spezifikation bis zu 150 °C warm werden darf, ist er nur zu 66,5% ausgelastet. Eine Tatsache, die sich sehr positiv auf die Lebenserwartung auswirkt.

Wie der Anwender die Lebenserwartung beeinflussen kann

Aber auch Endanwender können etwas für die Lebenserwartung ihrer Stromversorgung im Endgerät tun. Denn was für das Design innerhalb des Netzteiles gilt, das gilt auch beim Einbau des Netzteiles im Endgerät. Entscheidend ist die Temperatur, bei der das Netzteil innerhalb des Endgerätes betrieben wird. Daraus ergibt sich die Entscheidung für das passende Kühlkonzept. Man unterscheidet hier grob vier Arten: Konvektionskühlung, Lüfterkühlung, Kontaktkühlung über eine Baseplate und Kühlung über einen Luftstrom.

Am besten geeignet ist ein Bereich mit möglichst geringer Wärmeentwicklung und ausreichend Freiraum zur Luftzirkulation, bzw. gut gekühlt durch Luftstrom, Lüftungsschlitze usw.

„Wie stark ist die Temperaturerhöhung innerhalb des Endgerätes gegenüber der Umgebungstemperatur? Wie wärmedurchlässig ist das Gehäuse des Endgerätes? Kann die innerhalb des Gehäuses entstehende Wärme schnell an die Umgebung abgegeben werden, oder bildet sich ein Wärmestau?“ fragt Udo Schweizer und warnt: „Möglichst kompakte Gehäuse sind sicher chic und der Verzicht auf Lüftungsöffnungen ist je nach Einsatzfeld zwingend – aber die Auswirkungen auf die Temperaturentwicklung im Gerät dürfen nicht außer Acht gelassen werden!“

Der Aufstellort beeinflusst die Gerätetemperatur

Was Entwickler auch beachten sollten: den Einfluss des Aufstellorts auf die Temperatur des Endgerätes. Auch Sonneneinstrahlung und benachbarte Geräte können die Betriebstemperatur deutlich erhöhen. Und selbst jahreszeitliche Einflüsse können eine Rolle spielen.

Weniger problematisch sind jahreszeitliche Schwankungen mit wenigen, heißen Hochsommertagen und überwiegend moderateren Bedingungen. Stellt die Spezifikation eine Maximalanforderung dar, die nur in seltenen Fällen wirklich benötigt wird? Dann kann die Kalkulation der Lebenszeit des Gerätes auf den typischen Einsatzbedingungen beruhen, mit einem eventuell früheren Ausfall bei den wenigen Extremanwendungen.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf dem Portal unserer Schwesternmarke ELEKTRONIKPRAXIS.

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