Optimiertes Greiferdesign Wie Roboter auf Rohren laufen können

Der Fin-Ray-Effekt ist Grundlage für das Design-Prinzip der meisten Robotergreifer. Nach dem Vorbild der Heuschreckenfüße wurde dieses Greiferdesign nun optimiert und von den Armen auf die Füße des Roboters übertragen. Welches Vorteile dies bringt, lesen Sie hier.

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Mit Füßen nach dem Vorbild von Insekten könnten Roboter auch über unwegsame Untergründe wie Rohre oder Felsen laufen.
Mit Füßen nach dem Vorbild von Insekten könnten Roboter auch über unwegsame Untergründe wie Rohre oder Felsen laufen.
(Bild: Poramate Manoonpong)

Roboter können mit ihren Greifern Objekte fest umschließen, ohne dabei großen Druck auszuüben. Das gelingt, weil sich die Greifer aufgrund des Fin-Ray-Effekts gut an die Kontur ihrer Zielobjekte anpassen.

Klassisches Designprinzip für Greifroboter ist der sogenannte Fin-Ray-Effekt.
Klassisches Designprinzip für Greifroboter ist der sogenannte Fin-Ray-Effekt.
(Bild: Hamed Rajabi)

Vor rund 25 Jahren hat ihn der deutsche Biologe Leif Kniese erstmals bei Fischflossen beobachtet: Diese biegen sich bei Druckbelastung nicht von der Druckkraft weg, sondern krümmen sich in Richtung der Druckkraft. Dank spezieller Querverstrebungen im Inneren passen sich die Flossen so zur Fortbewegung optimal an verschiedene Strömungsverhältnisse an. Seitdem beruht eine ganze Generation von Greifrobotern auf diesem Effekt. Das Design-Prinzip sieht dabei immer Querverstrebungen in einem 90-Grad-Winkel vor.

Insektenfüße geben Anlass zur Optimierung

In den Füßen vieler Insekten finden sich ähnliche Verstrebungen. Sie sorgen ebenfalls dafür, dass sich die Füße gut an Oberflächen anpassen und dort sicher anhaften. Ein internationales Forschungsteam aus der Biomechanik unter Leitung der Süddänischen Universität (SDU) konnte jetzt nach dem Vorbild von Insekten das bestehende Design-Prinzip optimieren. Forschende der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) untersuchten dabei verschiedene Insektenfüße wie die der Heuschrecke Tettigonia viridissima (Grünes Heupferd). Sie stellten fest: Während die Querverstrebungen in Fin-Ray-Greifarmen immer in einem 90-Grad-Winkel angebracht sind, kommen sie in Insekten mit verschiedenen Winkeln vor.

Das neue Greifdesign sieht Querverstrebungen in einem 10-Grad-Winkel vor.
Das neue Greifdesign sieht Querverstrebungen in einem 10-Grad-Winkel vor.
(Bild: Poramate Manoonpong)

Was für Auswirkungen andere Winkel haben können, war für den Fin-Ray-Effekt bisher nicht detailliert untersucht worden. Im Rahmen der Studie berechneten die Kieler Forschenden, welche Kräfte bei unterschiedlichen Winkeln auf die Greifarme und ihre Zielobjekte wirken. Die Ergebnisse ihrer Computersimulationen überprüften sie in Experimenten und Kraftmessungen mit Modellen aus dem 3D-Drucker.

Laut CAU ist das Ergebnis eindeutig: Greifarme mit kleineren Querverstrebungs-Winkeln als 90 Grad umschließen ihre Zielobjekte noch leichter und benötigen dafür auch noch weniger Kraft. Roboter wären damit beispielsweise in der Lage, Lebensmittel und andere empfindliche Gegenstände mit etwa 20 Prozent weniger Energie zu greifen.

Übertragung des Greiferdesigns auf Roboterfüße

Schließlich übertrugen die Kieler Forschenden das Greifprinzip von Hand- auf Fußelemente. Somit können die Füße von Robotern auch rundliche Objekte sicher umschließen. Nach ersten Tests an der SDU mit einem einzelnen Roboterfuß wurde am Vidyasirimedhi Institute of Science and Technology (VISTEC) in Thailand ein kompletter, sechsfüßiger Roboter dazu gebracht, auf zwei Rohren und steinigem Untergrund zu laufen. Die Forschenden stellten hierbei fest, dass sich Roboter mit Querverstrebungen in einem 10-Grad-Winkel schneller und einfacher bewegten und weniger Energie verbrauchten als mit Verstrebungen in einem klassischen 90-Grad-Winkel. Das könnte zum Beispiel für die Öl- oder Gasindustrie interessant sein.

Nach Angaben des Forschungsteams basieren die Ergebnisse auf Greifelementen aus einem weichen Material. Als nächstes gehe es darum, Greifer aus einem Werkstoff mit besonderen Eigenschaften zu entwickeln. Er muss flexibel sein, um sich an Objekte oder unwegsame Untergründe anzupassen. Gleichzeitig soll er aber auch robust und widerstandsfähig sein, um langfristig unter realen Umweltbedingungen zu bestehen.

Die Ergebnisse des Forschungsteams wurden im Fachmagazin "Advanced Intelligent Systems" veröffentlicht.

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