Robotik Yaskawa sieht noch keinen Durchbruch auf breiter Basis
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Der Markt für Industrie-Roboter boomt. Im Jahr 2015 wurde erstmals die Marke von rund 240.000 verkauften Industrie-Roboter-Einheiten weltweit erreicht. Das Zeitalter von Industrie 4.0 beflügelt den Roboterabsatz auch weiterhin. Auf der Automatica stellen zahlreiche Robotikspezialisten ihre Produktneuheiten im Bereich Mensch-Roboter-Kollaboration (MKR) vor. Wir haben uns mit Bruno Schnekenburger, President und Division Director, Robotics Division bei Yaskawa Europe über die Zukunft der Robotik unterhalten und erfahren, welche Erfolge und Risiken es bei MKR gibt.

Industrie 4.0 verlangt nach einer umfassenden Flexibilität aller Produktionsprozesse, was eine wirtschaftlichere Montage kleinerer Losgrößen erlaubt. Wie setzen Sie die Flexibilisierung in der Robotik um?
Komplexe Produkte in Losgröße 1 sowie Kleinstserien umzusetzen, bedeutet für die Automatisierung entsprechender Prozesse allerdings eine enorme Herausforderung. So muss die Produktionslinie hochflexibel sein, um Layout und Funktion auf ein neues Produkt zu ändern. Einer solchen Individualisierung von automatisiert hergestellten Produkten standen bislang die hohen Lohnstückkosten entgegen. Durch moderne Roboter lassen sich nun unterschiedliche Produktvariationen in den normalen Herstellungsprozess einbinden, ohne zu abnehmenden Skalenerträgen zu führen. Das slowenische Start-up-Unternehmen ‚Alp-Stories‘ zum Beispiel produziert Kosmetika und Wellnessprodukte nach kundenindividuellen Wünschen – ab Losgröße 1. Um das zu ermöglichen, kommt ein für das Laborumfeld entwickelter Industrieroboter zum Einsatz: der Motoman CSDA10F von Yaskawa. Dieser Dual-Arm-Roboter wurde ursprünglich für den Einsatz unter Laborbedingungen entwickelt. Dank multifunktionaler Werkzeuge und Greifer ist er ausgesprochen vielseitig einsetzbar. Er kann schnell und einfach völlig neue Arbeitsabläufe hinzulernen.
Ein Bestandteil der flexiblen Montage ist die Mensch-Roboter-Kollaboration. Wie entwickelt sich dieser Geschäftsbereich für Sie?
Wir sehen bei unseren Kunden ein sehr großes Interesse am Thema Mensch-Roboter-Kollaboration (MRK). Schon jetzt haben wir Vor-Reservierungen für unser neu entwickeltes Modell in diesem Bereich: den Motoman HC10, den wir auf der Automatica erstmals in Europa vorstellen werden. Anders als bei der Prototypen-Premiere auf der IREX in Tokio ist der neue Roboterarm noch schlanker geworden. In dem dynamischen Wettbewerbsumfeld, in dem sich die Robotik-Branche heute bewegt, möchte jeder seine Ideen testen, mit neuer Technologie experimentieren und Erfahrungen sammeln – auch und gerade beim Thema MRK. Von einem Durchbruch bei MRK-Robotern auf breiter Basis können wir jedoch noch nicht sprechen. Was jedoch mit der Kollaboration einhergeht, ist eine sehr einfache intuitive Programmierung und Bedienung. Und hierfür ist Yaskawa schon bisher mit seinen Lösungen bekannt. So belegen zum Beispiel Referenzanwendungen mit unserem bereits erwähnten Dual-Arm-Labor-Robotern Motoman CSDA10 im Bereich Service-Robotik, wie eine hochflexible Automatisierung an der Schnittstelle zwischen Mensch und Robotik schon heute möglich ist.
In Zukunft sollen Menschen und Roboter noch enger zusammenarbeiten. Vor dem Hintergrund des tragischen Arbeitsunfalls im vergangenen Jahr im VW-Werk Baunatal, bei dem ein 22-Jähriger getötet wurde - wie kann das Risiko solcher Unfälle vermieden werden? Und ist es deshalb nötig, dass sich Juristen mit einem „Roboterrecht“ beschäftigen?
Über diesen konkreten Fall können wir uns nicht äußern. Dass entsprechende Sicherheitsstandards bei MRK-Lösungen höchste Priorität haben müssen, ist jedoch selbstverständlich. Wir von Yaskawa setzen dabei vor allem auf erweiterte Sicherheitsfunktionen in der Robotersteuerung – übrigens auch heute schon. So bietet unsere aktuelle Motoman-Steuerungsgeneration DX 200 einen integrierten Safety Controller. Er macht den Controller zu einer kompletten Funktionalen Sicherheitssteuerung (FSU) der Kategorie 3. Mit bis zu 32 festlegbaren Sicherheitszonen und 16 möglichen Werkzeugen werden kleinere Arbeitsbereiche und eine optimale Ausnutzung der Produktionsfläche möglich. Als weiterer Vorteil können im Schnittfeld Roboter-Mensch mehrere Teilprozesse gleichzeitig ausgeführt werden. Die entsprechenden Sicherheitsstandards bleiben dabei stets gewährleistet.
Welche Robotik-Bereiche werden nach Ihrer Meinung in den nächsten Jahren am stärksten wachsen?
Beim roboterbasierten Lichtbogenschweißen und beim Hybridschweißen ist Yaskawa mit Sicherheit weltweit die Nummer eins. Stark sind wir ebenfalls beim Palettieren. Beim Be- und Entladen oder beim Lackieren sehen wir gute Möglichkeiten, unsere Position auszubauen. Gleiches gilt bei Punktschweiß-Anwendungen, speziell auf dem europäischen Markt. Daneben gibt es wachstumsträchtige Märkte, wie etwa die Biomedizin und andere, die wir uns mehr und mehr erschließen wollen. Wir müssen nicht unbedingt bei allen Roboteranwendungen auf Platz eins, zwei oder drei stehen, sondern wir streben eher nach einer führenden Position in bestimmten Branchen oder in Nischenmärkten. Dafür ein Beispiel: Alljährlich werden weltweit hunderte Millionen Holzpaletten benutzt und dabei beschädigt. Eine solche Palette zu reparieren, ist gegenüber einer neuen Palette bis zu 50 Prozent preiswerter und bietet Automatisierungspotenzial für Roboter mit Visionsystemen. Wir haben eine solche Anwendung realisiert.
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