Auf dem Automatisierungstreff übte Ronald Sieber mit Workshop-Teilnehmern einen Digitalisierungs-Use-Case ein, der auf der Sensor- und Edge-Plattform Sysworxx CTR-700 umgesetzt wurde. Dazu nutzte er zwei Low-Code-Plattformen, die Automatisierer unbedingt kennen sollten.
Mithilfe von Low-Code-Plattformen lassen sich Digitalisierungsprojekte auch ohne tiefgreifende Informatikkenntnisse umsetzen.
Die Einstiegshürde für die Low-Code-Plattformen ist sehr niedrig. Node-RED beispielsweise läuft komplett im Web-Browser. Anwender müssen nicht einmal Software installieren. Die Bedienung ist sehr intuitiv. Alles was man braucht, ist eine gewisse technische Affinität und Neugierde. Der erste Erfolg wird sich schnell einstellen und zum Weitermachen motivieren.
Der Digitalisierungs-Use-Case
Als konkreter Digitalisierungs-Use-Case im Praxisteil des Workshops „Digitale Mehrwerte: Mit Low-Code und Methodik dauerhaft zum Erfolg" diente das Retrofit einer Bestandsmaschine mit nachträglich angebrachter Sensorik. Da es natürlich nicht möglich ist, hierfür eine echte Maschine in einen Tagungsraum zu stellen, wurde die Sensorik zweckmäßigerweise simuliert. Dazu hatte jeder Teilnehmer ein eigenes Exemplar der Sensor- und Edge-Plattform Sysworxx CTR-700 mit I/O-Platine, die neben Tastern und Potentiometern auch LEDs umfasst. Mit einem über Modbus auslesbaren Smartmeter konnte zudem die elektrische Leistung eines Verbrauchers gemessen werden, in dem Fall die Stromaufnahme einer Tischlampe.
Im ersten Schritt erstellten die Teilnehmer ein interaktives Dashboard, mit dem alle erfassten Maschinenwerte übersichtlich angezeigt wurden und das es gleichzeitig ermöglichte, Schaltbefehle zum Ansteuern von Ausgängen an das CTR-700 zurück zu schicken. Durch einfache Verknüpfungen entstand schließlich eine kleine, lokale und völlig autarke Steuerungsapplikation in Node-RED. Die Aufgabe bestand darin, neben der Anzeige der Statusdaten die Maschine beim Erreichen eines vorgegebenen Wertes für den Produktionszähler wieder zu stoppen. Dieses Etappenziel wurde bereits in weniger als einer Stunde umgesetzt.
Um aber tatsächlich einen echten Mehrwert mit der Digitalisierung zu generieren, reicht eine reine Vor-Ort-Verarbeitung von Maschinendaten noch nicht aus. Angespornt von den ersten Erfolgen wurden im nächsten Schritt die erfassten Werte zusätzlich per MQTT an einen zentralen Broker weitergeleitet. Erst die Aggregation der Daten von mehreren Maschinen erlaubt es mit entsprechender Auswertesoftware, den Produktionsfluss und -output gesamtheitlich zu bewerten. Das wiederum schafft Transparenz in der Fertigung und hilft Über- und Unterauslastungen zu erkennen und systematisch zu eliminieren. Die praktische Umsetzung ist dabei sehr hilfreich für das Verständnis der Zusammenhänge. Ein Tastendruck generiert eine Nachricht, diese durchläuft das System auf verschiedenen Ebenen und am Ende der Kette leuchtet eine LED. Dieses unmittelbare Feedback und erste Erfolgserlebnis zaubern den Teilnehmern dann auch schon mal ein kleines Lächeln ins Gesicht.
Natürlich ist es für Praktiker auch immer wichtig zu wissen, wie man Fehlern effektiv aufspüren kann, wenn mal etwas nicht gleich auf Anhieb wie erwartet funktioniert. Darum widmete sich der Workshop auch den in Node-RED und OpenPCS integrierten Diagnosefunktionen, ebenso aber auch externen Werkzeugen aus dem Open Source Umfeld. Dabei zeigte sich den Teilnehmern, dass auch die Realisierung verteilter Systeme, wenn man sie mit den richtigen Werkzeugen umsetzt, keine Raketenwissenschaft ist.
Die beiden Low-Code-Plattformen Node-RED und IEC 61131-3
Digitalisierungsprojekte gehen immer mit entsprechenden Softwarelösungen einher, für deren Umsetzung in aller Regel Spezialisten aus der IT-Abteilung zuständig sind. Diese müssen aber zunächst ein entsprechendes Prozessverständnis aufbauen und stehen zudem in Zeiten von Fachkräftemangel oftmals nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung. Mit der zunehmenden Etablierung von Low-Code-Plattformen werden nun die Fachabteilungen selbst immer mehr in Lage versetzt, auch ohne tiefgreifende Informatikkenntnisse die Umsetzung von Digitalisierungsprojekten tatkräftig zu unterstützen.
So ist insbesondere Node-RED mit seiner Flussdiagramm-basierten Programmieroberfläche auch von Nicht-Informatikern sehr intuitiv nutzbar. Mittlerweile gibt es eine enorme Vielzahl an Nodes für unterschiedlichste Aufgaben, vom Zugriff auf Ein-/Ausgänge über Widgets für Dashboards bis hin zu Knoten zum Lesen und Schreiben von Datenbanken. Durch die grafische Verkettung von fertigen Nodes wird der Datenfluss der Anwendung definiert. Die meisten Nodes besitzen einen Eigenschaften-Dialog, über den verschiedene Parameter konfiguriert werden. Um beispielsweise den Messwert eines 4- bis 20mA-Temperaturtransmitters umgewandelt als Temperatur in °C per MQTT an einen Broker zu übertragen, benötigt man gerade einmal zwei Nodes: Als erstes den Node für analoge Eingänge, der durch entsprechende Konfiguration implizit die Konvertierung von Strom in Temperatur gleich mit erledigt und als zweites den MQTT Output Node, der den Messwert an den Broker versendet. Und das alles funktioniert komplett ohne Programmierkenntnisse. Auf gleiche Weise lassen sich durch zusammenklicken von Schaltentscheidungen sogar erste, einfache Automatisierungsprojekte umsetzen.
Die IEC 61131-3 schlägt eine Brücke zu den klassischen Programmierumgebungen
Die Brücke von der rein grafischen Programmieroberfläche hin zu den klassischen Programmierumgebungen schlägt die IEC 61131-3, auch bekannt als SPS-Programmierung. Sie bietet mit KOP, FUB und AS ebenso grafische Programmierung an, unterstützt aber auch textuelle Sprachen wie das weit verbreitete ST und AWL. Ähnlich wie bei Node-RED kapselt auch hier eine Laufzeitumgebung alle Hardware- und Betriebssystem-spezifischen Komponenten der Steuerung, sodass sich der Anwender hiermit nicht auseinandersetzen muss. Das Besondere an solchen Low-Code-Plattformen ist also, dass sie die Fachabteilungen auch ohne ausgeprägten IT-Background in die Lage versetzen, selber die Digitalisierung und Automatisierung aktiv mit voranzutreiben. Dadurch können zum einen beispielsweise Prozessverantwortliche ihr enormes Fachwissen viel einfacher ganz unmittelbar mit einbringen und zum anderen wächst durch die eigene Mitgestaltung die Akzeptanz solcher Digitalisierungsprojekte.
Innovationen effektiv vorantreiben, auch mit weniger technischer Manpower
In der Praxis ergibt sich durch den Einsatz solcher Low-Code-Plattformen oftmals eine effektive Arbeitsteilung. Die Fachabteilungen mit ihrem ausgeprägten Wissen und Erfahrungsschatz versehen die Fertigungslinien mit den richtigen Sensoren an den richtigen Stellen und geben die Messdaten z.B. über MQTT an eine übergeordnete IoT-Plattform weiter. Dort übernehmen dann Datenanalyse- und IT-Spezialisten die Auswertung der Daten und Generierung von Unternehmensinformationen. Durch diese Einbeziehung von sowohl nicht-technischem als auch technischem Personal lassen sich Innovationen schnell und effektiv vorantreiben.
Zwei Fragen an Ronald Sieber
Ronald Sieber
(Bild: SQL Projekt AG)
Herr Sieber, warum sollten Fachkräfte aus dem Automatisierungsumfeld diese Plattformen kennen/mit ihnen arbeiten?
Auch für gestandene Automatisierer haben moderne Low-Code-Plattformen einiges zu bieten. Kurze Umsetzungszeiten und schnelle Resultate sind im Alltag genauso wichtig wie komfortable Programm-Updates durch ein integriertes Deployment. Zudem visualisieren viele Nodes in Node-RED aktiv ihren aktuellen Zustand. So lässt sich mit einem Blick schnell erkennen, ob ein Eingang gerade aktiv oder inaktiv ist, ob der MQTT-Node Verbindung zu seinem Broker hat und ob beim Auslesen eines Smartmeters über Modbus Probleme auftraten oder nicht. Einen ähnlichen Live-Blick in das laufende System bieten IEC 61131-3 Plattformen mit dem Beobachten und Setzen von Variablen.
Welche Anwendungen lassen sich damit beispielsweise umsetzen?
Node-RED eignet sich besonders gut für ereignisgesteuerte Anwendungen. Im Digitalisierungsumfeld gehören hierzu beispielsweise das Anbinden von Sensorik und Aktorik an IoT-Plattformen, das Protokollieren von Messwerten in Datenbanken und die Anzeige von Messwerten in Dashboards. Ebenso lassen sich aber auch einfache Automatisierungsaufgaben damit umsetzen, wie etwa "wenn Fenster auf, dann Heizungsthermostat zu".
Darüber hinaus eignet sich eine IEC 61131-3 basierte Steuerung insbesondere für sequentielle und zyklische Abläufe sowie algorithmische Verarbeitungsroutinen. Beispielsweise für eine komplexe Gebäudesteuerung bieten solche Systeme beste Voraussetzungen.
Das Interview führte Angela Unger-Leinhos, Redakteurin et
Stand vom 15.04.2021
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