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TSN-Anwendungsbeispiel
Die Beispielkonfiguration in Bild 3 zeigt, wie sich mit der vorhandenen Ausstattung der RZ/N1-Bausteine eine TSN-basierte Automatisierungslösung aufbauen lässt.
Eine TSN-fähige PLC, physikalisch in der Anlage oder virtuell auf einem Edge-Rechner, steuert eine Vielzahl von I/O-Komponenten (TEP n.m) an, die in zwei Linien organisiert sind. Alternativ wäre hier auch eine Ringstruktur möglich. Der Netzwerkverkehr ist zeitgesteuert und mit den Arbeitszyklen der PLC synchronisiert. Die Arbeitszyklen der PLC bestehen aus drei Phasen: Aktuelle Istwerte von den I/O-Geräten lesen, neue Ausgangswerte durch das PLC-Programm berechnen und die neuen Ausgangswerte an die Endgeräte ausgeben. Die Phasen 1 und 3 überlappen sich jeweils zeitlich. Der TSN-Backbone bestehend aus den TSN-Switches TSW 1 und TSW 2 muss sämtlichen Netzwerkverkehr zwischen PLC und den Sub-Ringen transportieren sowie gegebenenfalls noch - wie durch die Switches TSW x1 und TSW x2 angedeutet – weiteren Querverkehr zwischen Netzwerkteilen, die durch das betrachtete Segment verbunden sind. Dies erfordert die volle Unterstützung der TSN-Standards Qbv und gegebenenfalls auch Qbu durch die Backbone-Switches TSW 1 und TSW 2.
In den Unterlinien fallen die Anforderungen deutlich entspannter aus. Die Komponenten TEP n.m müssen dort ausschließlich Netzwerkverkehr von und zu benachbarten Komponenten weiterleiten. Ihre Rolle als TSN-Endpunkt beschränkt sich auf jeweils einen einzigen Echtzeit-Stream in Sende- und Empfangsrichtung zur Kommunikation mit der PLC sowie weitere, nicht zeitkritische Kommunikation, beispielsweise zur Zeitsynchronisation oder als OPC-UA-Server.
Tabelle 2 zeigt für dieses Beispiel die unterschiedlichen Klassen und ihre Abbildung auf die verfügbare Hardware der RZ/N1-Bausteine, die hier sämtliche Anforderungen an die in dieser Konstellation nötigen TSN-Funktion erfüllen.
In dem Beispiel sind sämtliche Netzwerk-Komponenten, Switches und Endnodes über das IEEE 802.1AS Zeitsynchronisationsprotokoll miteinander synchronisiert und benutzen zeitgesteuertes Senden zur Vermeidung ungewollter Kollisionen. Die Kommunikation erfolgt in einem festen Zeitraster, welches sich zyklisch wiederholt. Die Zuordnung der Klassen zu den Zeitschlitzen dieses Rasters für Geräte in den Unterlinien sind ebenfalls Tabelle 2 zu entnehmen. Die Zykluszeit sowie die Länge der einzelnen Zeitschlitze richten sich nach der Anwendung. Zeitschlitz T3 ist immer leer, d. h. keine Queue darf zu diesem Zeitpunkt senden, und sollte die zeitliche Länge des längsten auftretenden Ethernet Frames haben. Damit wird garantiert, dass die Ausgangsports zu Beginn des Echtzeitfensters T0 stets frei und nicht noch durch den vorhergehenden Frame belegt sind, was zu einer unerwünschten Verzögerung beim Senden des Echtzeitframes führen würde.
Kommunikationsschema
Sämtliche Endpunkte TEP n.m senden zu Anfang jedes Netzwerkzyklus ihre aktuellen Istwerte als Eingangsvariablen an die PLC. Die PLC sendet ihrerseits die neuen, im letzten Zyklus bestimmten Ausgangswerte an die Endpunkte. Hierzu ist in jeder Linie und auf dem Backbone ein Zeitschlitz T0 reserviert, in dem nur Echtzeitdaten zwischen den Endpunkten TEP n.m und der PLC übertragen werden. Kollisionen mit anderem Netzwerkverkehr sind ausgeschlossen, sodass die maximale Übertragungsdauer von und zu jedem Endpunkt garantiert ist. Die Endknoten übertragen ihre Istwerte in beiden Linien zeitgleich an ihre übergeordneten Backbone-Switches TSW 1 und TSW 2. Diese sammeln die Daten und schicken sie in Richtung PLC weiter. Auch hier sind Kollisionen zwischen Frames der Linien untereinander ausgeschlossen, da die Backbone-Switches die Daten jeder Linie in einem eigenen Zeitschlitz übertragen. Dies erfordert entsprechende Ressourcen in den Backbone-Switches.
Um ein möglichst zeitgleiches Eintreffen der PLC-Ausgangswerte in jedem der Endknoten TEP n.m zu erzielen, werden die Ausgangswerte in zwei Schritten übertragen: Zuerst an die um einen Switch weiter entfernte Linie 2, dann an Linie 1. In den Unterlinien ist der Zeitschlitz T0 so groß zu wählen, dass für die Weiterleitung sämtlicher Ausgangsgrößen genügend Zeit zur Verfügung steht. Der gleichzeitige Austausch von Ist- und neuen Ausgangswerten ist ohne weitere Maßnahmen kollisionsfrei, da die Daten in entgegengesetzten Richtungen fließen.
Nachdem sämtliche Istwerte innerhalb ihrer festgelegten Übertragungsfenster bei der PLC sowie die neuen Ausgangswerte an allen Endknoten angelangt sind, beginnt die PLC mit der Abarbeitung ihres Anwenderprogramms, das aus den aktuellen Istwerten die neuen Ausgangswerte ermittelt.
Die Ausgangsknoten verarbeiten ihre neuen Sollwerte synchron basierend auf der netzwerkweit synchronisierten Zeit, sodass sämtliche Komponenten ihre Ausgangszustände zeitgleich ändern.
Nachdem die PLC ihre Berechnungen abgeschlossen hat, fügt sich der nächste Netzwerkzyklus an.
Auf dem TSN-Backbone und in den Linien eins und zwei können außerhalb der betrachteten reservierten Zeitschlitze zusätzliche Daten übertragen werden, ohne dass eine Rückwirkung auf das betrachtete Echtzeitsystem befürchtet werden muss. Beispielsweise lassen sich Echtzeitdaten RT x zwischen angrenzenden Netzsegmenten in eigenen Zeitschlitzen kapseln, solange der Gesamtdatendurchsatz der einzelnen Netzwerkstränge eine ausreichend verbleibende Bandbreite bietet. Weitere wichtige Datenströme dienen zur Zeitsynchronisation oder zur Abfrage von OPC-UA-Objekten.
* *Arno Stock, System Design Engineer, Renesas Electronics Europe
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