Virtual Reality Handschuh ermöglicht das Berühren von virtuellen Objekten

Redakteur: Katharina Juschkat |

Die ETH Zürich hat einen Handschuh entwickelt, der das haptische Gefühl einer Berührung im virtuellen Raum ermöglicht. Der Handschuh braucht nur wenig Energie und ist sehr leicht, da die Entwickler auf ein neues Konzept gesetzt haben.

Anbieter zum Thema

Die feinen Metallbänder bremsen die Bewegung der Finger, wenn die Haptik eines virtuellen Objekts simuliert werden soll.
Die feinen Metallbänder bremsen die Bewegung der Finger, wenn die Haptik eines virtuellen Objekts simuliert werden soll.
(Bild: ETH Zürich)

Berührt man in der virtuellen Realität Objekte, fehlt bisher das haptische Gefühl, das Objekt wirklich in der Hand zu halten. Forschern der EPFL und der ETH Zürich ist mit einem haptischen Handschuh ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu diesem Ziel gelungen. Der Dextres ist extrem leicht und gibt ein äußerst realistisches Feedback. Zudem ist er in der Lage, mit einer Spannung von 200 V und einigen Milliwatt Leistung an jedem Finger eine Haltekraft von bis zu 40 N zu generieren. Und nicht zuletzt besitzt er das Potenzial, um künftig mit einer kleinen Batterie betrieben zu werden.

„Unser Ziel war es, ein leichtgewichtiges Gerät zu entwickeln, das – anders als bestehende Virtual-Reality-Handschuhe – kein sperriges Exoskelett, Pumpen oder sehr dicke Kabel benötigt“, erklärt Herbert Shea, Leiter des Soft Transducers Laboratory (LMTS) der EPFL. Dextres wurde an der ETH Zürich erfolgreich von Freiwilligen getestet und wird am kommenden ACM Symposium on User Interface Software and Technology (UIST) einem Fachpublikum vorgestellt.

Bremskraft blockiert Bewegung der Finger, um virtuelle Objekte zu simulieren

Der Handschuh besteht aus Baumwolle und dünnen, elastischen Metallbändern, die über die Finger laufen. Diese Bänder sind durch einen dünnen Isolator voneinander getrennt. Wenn die Finger des Trägers mit einem virtuellen Objekt in Kontakt kommen, appliziert die Steuereinheit eine Spannungsdifferenz zwischen den Metallbändern, die dazu führt, dass sie aufgrund elektrostatischer Anziehung zusammenkleben. Dies wiederum erzeugt eine Bremskraft, die die Bewegungen der Finger oder des Daumens blockiert. Sobald die Spannung unterbrochen wird, gleiten die Metallbänder wieder reibungslos, und der Träger kann seine Finger frei bewegen.

Realistisches Feedback eine große Herausforderung

Zurzeit wird Dextres noch über ein dünnes elektrisches Kabel mit Strom versorgt. Aufgrund der geringen erforderlichen Spannung und Leistung könnte letztlich jedoch eine kleine Batterie diese Aufgabe übernehmen. „Das System benötigt deshalb so wenig Strom, weil keine Bewegung erzeugt, sondern eine gebremst wird“, erklärt Shea. Um herauszufinden, wie exakt reale Bedingungen simuliert werden müssen, um dem Nutzer ein realistisches Erlebnis zu verschaffen, sind nun weitere Tests erforderlich.

Otmar Hilliges, Leiter des Advanced Interactive Technologies Lab der ETH Zürich, erklärt: „Die menschliche Sensorik ist hochentwickelt und hochkomplex. In den Fingergelenken und eingebettet in die Haut verfügen wir über eine hohe Dichte an unterschiedlichen Rezeptoren. Die Wiedergabe eines realistischen Feedbacks in der Interaktion mit virtuellen Objekten stellt deshalb eine große Herausforderung dar, die zurzeit noch ungelöst ist. Unsere Arbeit geht einen Schritt in diese Richtung, indem wir uns insbesondere auf das kinästhetische Feedback fokussieren.“

Anwendungen in der Medizin denkbar

Der nächste Schritt wird nun eine Vergrößerung des Gerätemaßstabs und damit einhergehend der Einsatz an anderen Körperteilen mittels eines leitfähigen Gewebes sein. „Gamer sind heute der größte Markt. Es gibt jedoch zahlreiche weitere mögliche Anwendungsgebiete, insbesondere im Gesundheitswesen – beispielsweise für die Schulung von Chirurgen. Möglich wäre der Einsatz der Technologie auch in Augmented-Reality-Anwendungen“, sagt Shea.

Im Rahmen dieses gemeinsamen Forschungsprojekts wurde auf dem Microcity-Campus der EPFL in Neuenburg die Hardware entwickelt, während an der ETH Zürich das Virtual-Reality-System kreiert und die Nutzertests durchgeführt wurden.

(ID:45549552)