Hightech im Süden Mechatronik liegt im Trend

Autor / Redakteur: Lothar Handge / Bernhard Kuttkat

Es war ein vielversprechender Auftakt: Im ausgebuchten Audi-Forum in Ingolstadt gab Bayerns Wirtschaftsminister Erwin Huber Mitte Februar 2007 den offiziellen Startschuss für den Cluster Mechatronik und Automation. Ziel der Clusteraktivitäten ist es, die Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Forschung zu stärken.

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Der Cluster spiele für den Innovations- und Produktionsstandort Bayern eine zentrale Rolle, erklärte Huber: „Die Mechatronik bietet große Chancen für unsere Industrie im internationalen Wettbewerb.“ Dies gelte nicht nur für Großkonzerne, sondern auch für mittelständische Unternehmen. Die Arbeitsschwerpunkte des Clusters reichen von der Entwicklung neuer Maschinen und Roboter über Automatisierungs- und Antriebstechnik bis hin zu effizienten Mechatroniksystemen. Für das Clustermanagement stellt der Freistaat Bayern in den nächsten fünf Jahren 2,5 Mio. Euro zur Verfügung.

„Die Clusteroffensive der Bayerischen Staatsregierung ist ein Instrument, um die Zusammenarbeit von Wirtschaft und Wissenschaft und damit die Innovationsdynamik in Bayern zu stärken“, betont der stellvertretende Clustersprecher, Prof. Dr.-Ing. Klaus Feldmann, Inhaber des Lehrstuhls für Fertigungsautomatisierung und Produktionssystematik an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.

Kompetenznetzwerke

Schon in den vergangenen Jahren formierten sich in verschiedenen Regionen Bayerns Initiativen zur Einführung der Mechatronik. Prof. Feldmann weiter: „So sind in Franken Unternehmen der industriellen Automatisierungstechnik besonders konzentriert“. Diese haben sich zum „Automation Valley Nordbayern“ zusammengeschlossen und sind in die Clusterarbeit genauso eingebunden wie das „Kompetenznetzwerk Mechatronik in Ostbayern“.

Plattform für den Cluster ist der Mechatronik-net e.V. in Augsburg, der in „Cluster Mechatronik und Automation e.V.“ umbenannt wurde. Der Cluster „Mechatronik & Automation“ wird in Bayern installiert, um die globale Wettbewerbsfähigkeit der produzierenden Unternehmen in Industrie und Handwerk zu stärken, erklärt Clustergeschäftsführer Heiko Bartschat: „Unternehmen und Forschungseinrichtungen, Bildungsanbieter und Marktbegleiter, wie zum Beispiel die Medien- oder Finanzwirtschaft, sollen sich so miteinander vernetzen, dass eine Community entsteht, die die Basis für vertrauensvolle Zusammenarbeit in Projekten bildet und gemeinsame Standards in den notwendigen beruflichen Qualifikationen entwickelt und überprüft.“ Die Arbeitsschwerpunkte des Clusters umfassen die Entwicklung von mechatronischen Systemen ebenso wie das Vorantreiben der Automatisierungs- und Antriebstechnik.

Synergieeffekte

Von der innovativen Kombination fortschrittlicher Entwicklungen auf den Gebieten Mechanik, Elektronik und Informatik erwartet sich Cluster-Sprecher, Prof. Gunther Reinhart, Inhaber des Lehrstuhls für Betriebswissenschaften und Montagetechnik am Institut für Werkzeugmaschinen und Betriebswissenschaften (iwb) der TU München, große Synergieeffekte: „Die Mechatronik ist eine Querschnittsdisziplin und an den Nahtstellen zwischen unterschiedlichen Bereichen entstehen bekanntlich die meisten Innovationen.“ Dabei nimmt die Mechatronik die Rolle als Avantgarde des Maschinenbaus ein. „Mechatronik und Automation werden die Funktionalität und die Leistungsfähigkeit neuer Produktgenerationen im Maschinenbau steigern und Produktionsprozesse auch unter den Vorzeichen von Fachkräftemangel und hohen Kosten für den Produktionsfaktor Arbeit effizient und wettbewerbsfähig machen“, betont Reinhart.

Ihm zufolge besteht die nächste Herausforderung für die Unternehmen darin, die Vorzüge der Mechatronik auch in der Produktion und im Service, also ganzheitlich, umzusetzen: „Mechatronik-gerechte Organisations- und Führungsstrukturen müssen in den Aufbau wie den Ablauf von Unternehmen eingeführt werden“. Das Kennenlernen der Mitglieder und Partner untereinander aktiv fördern sollen die monatlichen Cluster-Treffs, bei denen jeweils ein Cluster-Unternehmen über seine Kernkompetenz informiert. Den Anfang machte Ende März 2007 die Pro-Micron GmbH & Co. KG in Kaufbeuren, die sich mit hybriden Mikrosystemen beschäftigt.

Schlüsseltechnologie

Laut Geschäftsführer Wolfram Winkler entwickelt sich die Mikrosystemtechnik mehr und mehr zu einer branchenübergreifenden Schlüsseltechnologie, die in Deutschland eine zentrale Rolle für Wachstum und Beschäftigung spielt: „Damit die deutsche Wirtschaft in dieser Technologie ihre führende Stellung erhalten und ausbauen kann, müssen Entwicklungen in der Mikrosystemtechnik schnell in Produkte umgesetzt und vermarktet werden“.

Pro-Micron ist das einzige vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Applikationszentrum für Mikrosystemtechnik in Bayern. Der Implementierung drahtloser Sensorsysteme im Maschinen- und Anlagenbau wird ein besonders hohes Innovationspotential zugesprochen. Strategisch fokussieren sich die Tätigkeiten demzufolge auf die Entwicklung und Fertigung miniaturisierter Sensorsysteme zum Erfassen physikalischer Messgrößen an bewegten Teilen. Typische Anwendungen liegen im Bereich der Zustandüberwachung von Werkzeugmaschinen oder auch in der Prozesskontrolle. Der Nutzen solcher Systeme liegt in neuen und erweiterten Funktionen von mechatronischen Systemen speziell im Maschinen- und Anlagenbau aber auch in Bereichen wie der Luft- und Raumfahrttechnik oder der Automobilindustrie.

Forschungs-Schwerpunkt Roboter

Roboter gehören am Lehrstuhl für Fertigungsautomatisierung und Produktionssystematik (FAPS) der Universität Erlangen-Nürnberg zu den Forschungs-Schwerpunkten. Dort arbeitet man daran, die Programmierung und Inbetriebnahme kooperierender Mehrrobotersysteme zu vereinfachen. „Mit kooperierenden Industrierobotern in der Fertigung und der Montage ergeben sich zwar Vorteile in bezug auf Platzbedarf sowie Ausfallwahrscheinlichkeit des Gesamtsystems“, sagt FAPS-Mitarbeiter Dipl.-Ing. Christian Ziegler, „demgegenüber steht jedoch ein erhöhter Programmieraufwand.“

In der Automobil-Endmontage wie auch in anderen Branchen ist die manuelle Montage an einem kontinuierlich bewegten Objekt Stand der Technik. Um die Potenziale auszuschöpfen, wird derzeit am iwb-Anwenderzentrum Augsburg ein Robotersystem entwickelt, das eine genaue Bewegungssynchronisation zwischen Basis- und Fügebauteil gewährleistet. Grundlage des Systems ist ein 6-Achsen-Knickarm-Roboter, der auf einer Linearachse verfahrbar ist.

Als Fördersystem verwendet man eine Elektrohängebahn. Als Herausforderungen bei der Synchronisation erweisen sich die Ungenauigkeiten im Laufverhalten des Förderbandes, die zu Positionsabweichungen von mehreren Millimetern führen. Realisiert wird die Synchronisation durch die Verwendung und das Zusammenwirken mechatronischer Komponenten und Regelungsstrategien, erläutert Prof. Reinhart: „Das führt trotz der vorhandenen Ungenauigkeiten im Laufverhalten des Fördersystems zu einer Montagegenauigkeit von unter 0,2 mm“.

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