Roboter Ein Leichtbau-Roboter für die Gurkenernte

Redakteur: Katharina Juschkat

Um die Gurkenernte in Deutschland noch rentabel zu halten, entwickeln Fraunhofer-Forscher einen Leichtbau-Ernteroboter, der die Gurken auf dem Feld autonom erkennen und pflücken kann.

Anbieter zum Thema

Bisher müssen Gurken mühevoll von Hand geerntet werden – das ist aufwändig und unrentabel.
Bisher müssen Gurken mühevoll von Hand geerntet werden – das ist aufwändig und unrentabel.
(Bild: gemeinfrei / CC0 )

Einlegegurken zu ernten ist ein harter Job, denn sie werden immer noch per Hand gepflückt. Das geschieht meist mithilfe sogenannter Gurkenflieger. Das sind Erntefahrzeuge mit angebauten Tragflächen, auf denen die Erntehelfer bäuchlings liegen und die Gurken pflücken. Die Handarbeit macht die Gurkenernte zunehmend wirtschaftlich unrentabel.

Vielen deutschen Anbauregionen droht deshalb das Aus und der Gurkenanbau verlagert sich zunehmend nach Osteuropa und Indien. Verbesserte Erntetechnologien könnten dabei helfen, den Gurkenanbau in Deutschland rentabel zu halten. Gemeinsam mit Wissenschaftlern aus Spanien und Deutschland untersuchen Experten des Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik in Berlin im EU-Projekt „Catch“ – „Cucumber Gathering – Green Field Experiments“ – das Automatisierungspotenzial der Gurkenernte.

Ernteroboter kann menschliche Bewegungen imitieren

Der Prototyp des Dual-Arm-Robotersystems bei ersten Feldtests.
Der Prototyp des Dual-Arm-Robotersystems bei ersten Feldtests.
(Bild: Fraunhofer IPK)

Die Forscher wollen ein kostengünstiges Dual-Arm-Robotersystem in Leichtbauweise entwickeln und testen, das sich für die automatisierte Gurkenernte, aber auch für andere landwirtschaftliche Anwendungen nutzen lässt. Der Ernteroboter soll kostengünstig, leistungsstark und zuverlässig sein und auch bei widrigen Witterungsbedingungen erntereife Gurken erkennen und mit seinen beiden Greifarmen schonend pflücken und ablegen. Dabei helfen moderne Steuerungsverfahren, die den Roboter mit taktilem Feingefühl ausstatten und die Anpassungsfähigkeit an Umgebungsbedingungen ermöglichen. Sie erlauben ihm auch, menschliche Bewegungen zu imitieren. So wollen die Forscher vermeiden, dass die Pflanzen beschädigt oder mitsamt Wurzelwerk aus dem Boden gezogen werden. Eine weitere Voraussetzung: Der automatisierte Erntehelfer muss mindestens so effektiv sein wie die Pflücker. Ein geübter Pflücker schafft bis zu 13 Gurken pro Minute.

Optisches und taktiles Erfassen, Beurteilen und Bewerten ist eine große Herausforderung für autonome Systeme. Noch größer wird sie, wenn der Roboter wie bei der Gurkenernte grüne Objekte in grünem Umfeld orten muss. Darüber hinaus wachsen die Früchte ungeordnet auf dem Feld und sind mitunter von Blättern verdeckt. Veränderliche Lichtverhältnisse erschweren die Aufgabe zusätzlich. Multispektralkameras und intelligente Bildverarbeitung sollen helfen, die Gurken zu lokalisieren und die Greifarme des Roboters an die richtige Stelle zu dirigieren. Diese Aufgabe übernimmt der spanische Projektpartner CSIC-UPM. Ein spezielles Kamerasystem gewährleistet, dass die Gurken mit einer hohen Trefferquote von etwa 95 Prozent registriert und lokalisiert werden. Geplant ist jedoch, alle reifen Gurken zu pflücken, um das Wachstum der neuen, nachwachsenden Gurken nicht zu behindern. Das Fraunhofer IPK hat die Roboterarme mit je fünf Freiheitsgraden auf Basis von Hardwaremodulen von Igus entwickelt.

Intelligente Roboter-Steuerung für autonomen Erntehelfer

Aufgabe der IPK-Experten im Projekt ist es, drei verschiedene Greifer-Prototypen zu entwickeln: einen Greifer auf Basis von Vakuum-Technik, bionische Greifbacken und eine auf Basis der Open Bionics Robot Hand modifizierte „Gurken-Hand“. Sie bauen auf Arbeiten aus einem anderen europäischen Forschungsprojekt auf, in dem sie bereits eine Dual-Arm-Robotersteuerung mit effizienter aufgabenorientierter Programmierung für den Workerbot I entwickelt hatten, einen humanoiden Roboter für die industrielle Montage. Diese Steuerung wird jetzt für die Planung, Programmierung und Regelung des Roboterverhaltens bei der Gurkenernte erweitert.

Die vorprogrammierten Verhaltensmuster ermöglichen dem Roboter, die Gurken wie ein menschlicher Erntehelfer zu suchen. Dr.-Ing. Dragoljub Surdilovic, Wissenschaftler am Fraunhofer IPK, erklärt: „So kann er Blätter beispielsweise durch symmetrische und asymmetrische oder kongruente und inkongruente Bewegungen zur Seite schieben. Auch ein automatisches Bewegungswechseln, um sich einer Gurke zu nähern und sie dann zu greifen, ist damit gegeben.“ Ziel der Forschenden ist eine intelligente Steuerung, die die Aufgaben zwischen den Greifarmen verteilt, den Pflückprozess überwacht und Ausnahmen behandeln kann.

Erste Feldtests erfolgreich

Ein erster Feldtest des Robotersystems fand im Juli 2017 auf einem Versuchsfeld mit verschiedenen Gurkensorten statt. Dabei wurde auch die Ernte neuer Sorten getestet – mit Merkmalen, die eine automatische Erkennung erleichtern. Die ersten Tests haben die grundlegenden Funktionen bestätigt. Seit Herbst 2017 setzen die Projektpartner ihre Experimente in einem Glashaus fort. Der Fokus der Untersuchungen liegt darauf, die Effizienz und Robustheit des Systems gegenüber Störungen zu prüfen. Nach Abschluss der Tests soll der Leichtbauroboter zur Marktreife geführt werden. Das Interesse seitens der Gurkenanbauer, Unternehmen und Landwirtschaftsverbände ist laut Fraunhofer IPK groß. Auf dem Stand der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft DLG e.V. auf der Agritechnica stieß das Exponat auf positives Feedback.

(ID:45125422)