Labview für die Makerszene interessant
National Instruments ist längst dabei, gilt vielen selbst als Teil der Maker-Szene. Mit seiner offenen Plattform und seinem Produktportfolio bewegt sich das US-amerikanische Unternehmen mittendrin in flexiblen Technologielösungen. Die Systemdesign-Software Labview beispielsweise gibt es auch in der bezahlbaren Home-Version. „Das ist das Maker-Produkt schlechthin auf dem Markt, weil es auf der Industrie-Version basiert. Damit arbeiten Maker rund um die Erde, tauschen sich darüber auch online im Labview Maker Hub aus“, freut sich Jan Wagner, Regional Product Engineer bei NI in München. Hier ist er zuständig für Produkte, die speziell für die Lehre entwickelt werden und koordiniert auch eine praxisnahe Kooperation mit Unternehmer TUM und dem Maker Space. Wagner hat selbst an der TU München Elektrotechnik studiert, weiß, wie die Maker ticken. „Sie sind nicht nur unsere Zielgruppe, wir sehen sie auch als unsere Partner.“ Der Hauptsitz in Austin, Texas arbeite beispielsweise mit den Tech Shops zusammen, wo die Menschen firmen- und abteilungsübergreifend zusammenkommen. „Das sind Schmelztiegel der Ideen.“ Wagner glaubt, dass er auch als Marketer in vielerlei Weise von der Maker-Kultur bei NI profitiert. Bei Kundengesprächen sei er beispielsweise oft überrascht, mit welchen Ansätzen sein Maker-Kollege Lorenz Casper im Team überzeugt: „Nicht so verkopft, viel spielerischer, witziger, Quergedachtes aus einer anderen Perspektive gesehen, wenn wir Kunden ein Produkt erklären.“ Bei NI könne sich jeder einbringen, das sei schon eine besondere Kultur. „Dafür hat NI auch die Produkte, die nur in einem Unternehmen entstehen, wo man sich entfalten kann.“
Automatisierer tun sich mit anderen Firmen zusammen
Casper hat eine Ausbildung bei Kuka zum Energieanlagenelektroniker absolviert und dann im zweiten Bildungsweg an der FH Energieanlagenelektronik studiert. Einer, der zu Hause auf Basis der ersten PCs Lampen baute und steuerte. Heute ist seine ganze Wohnung automatisiert. „Das kommt mir im Job sehr zugute. Als Maker fühlt man sich stärker, weil man mit viel Technik vertraut ist, einfach breiter aufgestellt.“ Eine besonders schöne Erfahrung für ihn als Maker sei, „dass Ideen auch mal daneben gehen dürfen. Dann einfach den nächsten Weg ausprobieren. Man traut sich mehr, auch im Job.“ Noch ein Aspekt, bei dem Personalchefs innovativer Unternehmen hellhörig werden könnten.
Denn Maker-Spirit, das ist für Lorenz Casper eine besonders dynamische Kultur: „Meist ist das so eine ‚Wir-Packens-Einstellung‘. Jetzt probieren wir es.“ Er weiß, dass seine oft wenig standardmäßige Herangehensweise nicht in jedem Unternehmen auf Wohlwollen stößt. Vielleicht ist das ein Grund, warum so viel Potenzial mitunter brach liegt? Allerdings: Manchmal lässt sich die unorthodoxe Herangehensweise wohl einfach nur schwer innerhalb der gewohnten Abläufe kanalisieren. „Auch wir haben solche Schrauber im Team“, erzählt etwa Frank Singer, Gruppenleiter bei Osram Opto Semiconductors. „In ihnen steckt viel. Aber es sind auch Querköpfe, die ihre Idee nicht sauber aufschreiben oder vermitteln.“ Deshalb würden oft Mauern gegen sie aufgebaut, nur weil sie anders kommunizierten. Da sei dann der Vorgesetzte gefragt, den Kern herauszufiltern. „Sie denken ein bisschen wie in der Big Bang Theory – abgehoben. Die Herausforderung ist, die Leute immer wieder zurückzubringen zu dem, was die Firma braucht. Sonst haben wir eine Kaffeemaschine mit 5000-Watt-Verstärker, aber keine Autos mehr.“
Singer schätzt seine Maker im Team. Der Gruppenleiter benennt lediglich eine Personalaufgabe, die andere Unternehmen als Mühe scheuen. „Wie transferiere ich den Open-Source-Ansatz, ohne Paradigmen zu verletzen?“ Und gerade Maker täten sich bisweilen schwer mit festen Strukturen. Er selbst sieht sich in einer Sandwich-Position: „Ich bekomme einerseits Vorgaben, muss meinen Leuten aber Freiraum geben. Man muss ausprobieren können, braucht diese Zeit zum Messen und Spielen.“ Einfach mal machen können – offenbar ein Schlüssel zur Innovationsfähigkeit, da sind sich die Experten einig. Nicht jeder Hersteller ist jedoch so groß wie etwa ein Audi, Daimler oder Bosch, um sich eine eigene Forschungsabteilung zu leisten. Das muss auch nicht unbedingt sein, wie etwa der innovative Erfolg der E-T-A Elektrotechnische Apparate aus Altdorf zeigt. Der Spezialist für Stromverteilung hat dieses Jahr knapp zehn neue Produkte auf den Markt gebracht. „Das Problem für einen Mittelständler, der kein eigenes Forschungslabor hat, besteht darin, die Technologien rechtzeitig zu erkennen“, sagt Peter Meckler, Head of InnoLab, Innovation & Technology und Test Laboratory. „Wir haben deshalb vor rund sechs Jahren die Abteilung Innovation & Technologie (I&T) geschaffen. Drei Leute arbeiten hier im Bereich Technology Foresight. I&T ist der eigentlichen Entwicklung vorgelagert und soll Technologien ausprobieren, die für uns interessant sein könnten, wenn sie reif sind.“ Weil sich das kaum vorausahnen lässt, ist die I&T eben nicht in straffe Vorgaben eingezwängt. „Unsere Leute in der Trendbeobachtung sollen mit den Technologien schon mal rumspielen“, meint auch Meckler, der in Erlangen Elektrotechnik studiert und danach gleich in der Entwicklung angefangen hat. „Sie sind völlig frei, haben einen Arbeitsplatz mit allem, was man braucht, um zu basteln: Laboreinrichtung, Lötkolben, Spannungsquellen…Dabei leisten sie hochkomplexe Aufgaben, simulieren beispielsweise elektromagnetische Felder zur Konstruktion von Schutzgeräten.“ Seiner Ansicht nach brauchen Leute im innovativen Bereich auf jeden Fall Freiräume. „Jeder weiß heute, dass enge Vorgaben mit Meilensteinplan und Kostenvorgaben nicht gerade die Kreativität fördern – vorsichtig formuliert. Das braucht es aber auch nicht. Jeder Entwickler hat seinen eigenen Ehrgeiz, möchte seine Ideen, seine Bastelobjekte irgendwo in einem Produkt wiederfinden. Das ist der Ehrgeiz, den die Daniel Düsentriebs haben.“
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