Automatisierungstrends „KI wird dazu beitragen, die Effizienz von Anlagen zu steigern"
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Auf der letzten Automatica waren KI und Arbeitskräftemangel zwei der beherrschenden Themen. Über die aktuellen Entwicklungen und Rahmenbedingungen sprach et mit Dr. Klaus Kluger, Sales Director Zentral & Osteuropa von Omron sowie Vorstandsmitglied des VDMA Fachverbandes Robotik + Automation.

Herr Dr. Kluger, aktuell ist vieles im Umbruch und auch die Automatisierung entwickelt sich weiter. Was sind aus Ihrer Sicht aktuell die spannendsten Entwicklungen?
Aktuell sehen wir in verschiedenen Bereichen enorme Entwicklungen, die Produktionsprozesse effizienter machen. Dazu gehört beispielsweise die Integration von Cobots und AMRs in die täglichen Arbeitsprozesse und die bestehende Infrastruktur. Schon heute können diese Systeme den Menschen umfangreich unterstützen und langfristig die Produktivität steigern. Und auch im Bereich der industriellen Bildverarbeitung tut sich viel, so dass wir hier in Zukunft weitere Fortschritte machen werden.
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Wirtschaft
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Sie sagten im Vorgespräch, dass KI eine Riesenrolle spielen wird und wir im Hardware-Sektor ganz neue Sachen sehen werden. Könnten Sie dies bitte erläutern?
Die moderne Automatisierungstechnik sammelt eine hohe Anzahl von Daten. Die Geräte sind heutzutage nicht nur intelligent, sondern leiten die gesammelten Daten auch an einen Controller oder ein übergeordnetes System weiter. Die Schwierigkeit besteht jedoch darin, aus der Fülle der Daten die für die Prozessführung relevanten Informationen herauszufiltern und aufzubereiten. Hier wird KI zukünftig sicherlich entscheidend dazu beitragen, Optimierungsprozesse zu beschleunigen und die Effizienz von Anlagen zu steigern. Und das ist erst der Anfang, denn KI wird sich auch auf das Hardware-Design und die Funktionalitäten auswirken. Ich bin überzeugt, dass wir hier deutliche Veränderungen erleben werden.
Stichwort: Automatisierung und Fachkräftemangel. Wie sehen Sie die Situation diesbezüglich?
Viele Branchen haben nach wie vor mit einem Fachkräftemangel zu kämpfen. Dabei spielt der demografische Wandel eine entscheidende Rolle, aber beispielsweise auch der Trend hin zum Studium und weg von der Ausbildung. Die Automatisierung kann hier zwar nicht alle Lücken schließen, aber sie kann helfen, Prozesse zu optimieren und Fachkräfte bei ihrer Arbeit zu entlasten, sodass keine Kompromisse bei der Produktionskapazität gemacht werden müssen.
Gerade KMUs könnten Roboter stärker nutzen. Woran hapert es Ihrer Erfahrung nach?
Zunächst einmal ist die Technologie noch sehr neu. Cobots sind erst seit wenigen Jahren auf dem Markt und bis dahin war Robotik für KMUs kein Thema. Nun müssen praktische Anwendungsbeispiele den KMUs zeigen, dass sich der Einsatz auch in kleineren Unternehmen lohnt. Hilfreich wären hier sicherlich auch niedrigschwellige Förderinstrumente von staatlicher Seite sowie bessere Abschreibungsmöglichkeiten, die Investitionsanreize bieten.
Die Automatisierung und die Robotik fungieren zunehmend als Wohlstandserhaltungsfaktoren, zum Beispiel im Bereich Reshoring, weil sie die industrielle Fertigung trotz Arbeitskräftemangel ermöglichen. Bekommt die Branche die Aufmerksamkeit und die Rahmenbedingungen, die sie benötigt?
Nein, es gibt durchaus Handlungsbedarf, den der VDMA in seinem kürzlich veröffentlichten Strategiepapier „Robotik und Automation 2028 - Schlüsseltechnologie für Deutschland“ auf den Punkt gebracht hat: Das fängt bei der Förderung der MINT-Fächer in den Schulen an, denn ohne gut ausgebildete Fachkräfte in der Automation wird es keine Automation geben. Es geht weiter an den Hochschulen, wo es mehr Spitzenforschung in Zukunftsfeldern wie KI geben muss. Wir brauchen eine anwenderfreundliche und schlanke Regulierung und die Harmonisierung von Standards – auch auf globaler Ebene – um die Investitionssicherheit für die Kunden zu erhöhen. Und zu guter Letzt befinden wir uns in einem globalen Standortwettbewerb und hier muss durch entsprechende Förder- und Sonderprogramme, Steuererleichterungen etc. dafür gesorgt werden, dass der Standort Deutschland wieder attraktiver wird.
Sie sprachen davon, dass 143 Mrd. Euro in Deutschland nicht investiert werden. Was müsste geschehen, damit das Geld investiert würde?
Uns ist es in den letzten Jahrzehnten wirtschaftlich immer gut gegangen und auch im Vergleich zu unseren europäischen Nachbarn haben wir immer gut abgeschnitten. Doch die Zeiten haben sich deutlich geändert. Fast täglich erscheinen Analysen, in denen Deutschland im Ranking der Industrienationen zurückfällt. Zu wenig Fachkräfte, hohe bürokratische Hürden und Steuerbelastungen, wenig innovatives Klima und im Vergleich sehr hohe Energiekosten. Das alles sind Standortfaktoren, bei denen wir nicht mehr gut abschneiden und dementsprechend Investitionen in attraktivere Regionen der Welt abwandern. Wenn wir diesen negativen Trend stoppen wollen, dann müssen wir uns in den genannten Bereichen verbessern, daran führt kein Weg vorbei.
Aktuell stehen unsere Industrie und Wirtschaft vor riesigen Herausforderungen. Wir befinden uns mitten in einem Transformationsprozess, haben sehr hohe Strompreise und ein demographisches Problem. Dennoch diskutieren wir über die Viertagewoche. Sind wir zu lethargisch?
Die Pandemie hat unsere Arbeitswelt nachhaltig verändert (zum Beispiel Home-Office) und die jüngeren Generationen haben andere Vorstellungen von dem, was wir „Work-Life-Balance“ nennen. Deshalb müssen wir offen sein für neue Modelle und ich würde die Viertagewoche nicht generell verdammen. Aber wir müssen auch erkennen, dass wir in Deutschland nicht einfach so weitermachen können, sonst spielen wir bald in der zweiten Liga und unser sehr hoher Lebensstandard ist in Gefahr. Aus meiner Sicht gibt es jedoch keinen Grund zum Pessimismus. Wir haben eine sehr solide Basis, wir sind immer noch eine der führenden Industrienationen und das sind hervorragende Ausgangsbedingungen für die notwendigen Transformationen, die im Übrigen alle Industrienationen durchlaufen müssen. Aber wir sollten sie positiv, mutig und entschlossen angehen und die Zögerlichkeit ablegen, dann haben wir alle Chancen auf eine nachhaltige Zukunft.
Herr Dr. Kluger, herzlichen Dank für das Gespräch!
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