Künstliche Intelligenz An diesen KI-Technologien wird in Stuttgart aktuell geforscht

Von Sandro Kipar Lesedauer: 4 min

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Der Durchbruch der künstlichen Intelligenz hat viele Unternehmen in Aufregung versetzt: wie können sie diese Technologie für sich nutzen? Damit sie den Anschluss nicht verlieren, erarbeiten Forscher des KI-Fortschrittszentrums in Stuttgart gemeinsam mit Unternehmen KI-Lösungskonzepte.

Wo befinden sich die menschlichen Mitarbeiter des Cobots während seiner Arbeit am häufigsten? Wann und wie kommen sie ihm so nahe, dass er seine Bewegungen verlangsamen oder einstellen muss? Im Projekt Robodashcam werden diese Daten gesammelt und von einer KI ausgewertet, um den Prozess bei gleichbleibender Sicherheit zu optimieren.
Wo befinden sich die menschlichen Mitarbeiter des Cobots während seiner Arbeit am häufigsten? Wann und wie kommen sie ihm so nahe, dass er seine Bewegungen verlangsamen oder einstellen muss? Im Projekt Robodashcam werden diese Daten gesammelt und von einer KI ausgewertet, um den Prozess bei gleichbleibender Sicherheit zu optimieren.
(Bild: Sandro Kipar/VCG)

Künstliche Intelligenz ist auf dem besten Weg, sich in der gesellschaftlichen Breite zu etablieren. Was vor wenigen Jahren noch für viele Verbraucher als kaum greifbar und für wenige Forscher oder Großkonzerne realisierbar war, wird schon bald selbstverständlich sein. Die Rede ist dabei nicht nur von generativer KI wie Chat GPT, sondern auch von Bild- und Signalverarbeitung oder autonomen Planen und Entscheiden. Wie diese Anwendung auch bei KMU genutzt werden können, wird etwa im KI-Fortschrittszentrum in Stuttgart erforscht. Im Rahmen des „Open Lab Day“ haben hier das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA und das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO ihre neusten Entwicklungen vorgestellt.

Automatisierte Demontage einer Batterie

Mit der Demontageanlage „Demobat“ soll das Recycling von Batterien unterstützt werden. Da eine Batterie, etwa für ein Elektroauto, aus vielen verschiedenen Komponenten besteht, ist das Recycling hier eine Herausforderung. Wichtig dabei ist, die wertvollen Ressourcen in der Batterie im besten Fall wiederzugewinnen. Bisher hat der komplexe Aufbau der Batterien jedoch spezielles Personal benötigt, das mühevoll die Batterie in ihre Einzelteile zerlegt. Wächst der Markt für Elektromobilität so rasant weiter, steht die Branche bald vor einem Problem: wohin mit all den Batterien?

Um den Prozess der Demontage zu automatisieren, mussten die Forscher mehrere Probleme lösen. Der Roboter muss erkennen, mit welcher Batterie er es zu tun hat, wo einzelne zu entfernende Komponenten sind und welches Werkzeug er für die Bearbeitung benötigt. Die Forscher setzten hierbei auf maschinelles Lernen. Sie trainierten das System etwa auf unterschiedliche Schraubentypen, sodass die Bildverarbeitung sofort erkennen kann, welche Schrauben gelöst werden müssen und welches Werkzeug benötigt wird. Da das System sich auf die Schrauben konzentriert, ist es auch zweitrangig, von welchem Hersteller die Batterie stammt. Ein Roboter kann so mit einer Auswahl an Werkzeug autonom eine Batterie zerstörungsfrei zerlegen. Im Laborumfeld benötigt das System für die Demontage einer E-Auto-Batterie laut Anwar Al Assadi vom Fraunhofer IPA aktuell 35 Minuten. Ein Test in einem industriellen Umfeld steht allerdings noch aus.

Mehr Performance bei gleicher Sicherheit

Fast schon ein Klassiker der Robotik ist das Greifen von Gegenständen. Den Roboter auf einen bestimmten Gegenstand zu trainieren ist die eine Sache, doch was, wenn in einem Warenlager gleich mehrere unterschiedliche Dinge einsortiert werden müssen? Mit dem Projekt „Binpacking“ soll der Roboter beliebige Objekte nicht nur greifen, sondern auch die Packpositionen in einer Kiste oder auf einer Palette planen können. Dafür nimmt der Roboter regelmäßig Bilder von der Kiste oder Palette und den Gegenständen mithilfe von RGB-D-Kameras auf. So kann die Planung sich etwa auf maximale Volumenausnutzung in der Kiste konzentrieren. Das Greifen plant das System laut Tim Nickel vom Fraunhofer IPA in 0,2 Sekunden, die Ablage in 0,3 Sekunden.

Um Sicherheitskonzepte geht es bei dem Projekt „Robo-Dashcam“. Die Forscher wollen mit dem Projekt die Sicherheitszone und die Reaktionszeit eines Cobots optimieren. Demnach werden Sicherheitskonzepte für Cobots in der Regel einmal vor dem Aufbau der Anlage erstellt und beruhen auf Worst-Case-Annahmen. Ziel der Forscher ist es, das Sicherheitskonzept zu optimieren, um bei gleicher Sicherheit mehr Produktivität zu ermöglichen. Dazu werden Daten rund um die Sicherheitsbereiche gesammelt und ausgewertet: Wo halten sich Mitarbeiter im Umfeld des Cobots am meisten auf? Wann sind sie da und interagieren mit der Maschine? Eine KI wertet die Daten aus und soll somit bis zu 10 Prozent mehr Performance erreichen können.

Pseudofehlerrate verringern

Die Forscher arbeiten außerdem an einem eigenen Sprachmodell unter dem Namen„Aikido“. Das Modell soll sich von den Branchengrößen wie Chat GPT abheben können, indem es spezifischer auf eine Aufgabe zugeschnitten wird und zudem individuell anpassbar ist. Als Beispiel nannten die Forscher eine Versicherung, bei der ein Gutachten für einen Schaden an einem Fahrzeug eingeht. Das System könne das Gutachten auswerten, das Format sei hierbei egal, und die wichtigsten Informationen wie Kontaktdaten, Informationen zur Rechnung oder Details zum Schaden herausfiltern. Mit natürlicher Sprache könne man Aikido auch Fragen zum Dokument stellen, etwa wie alt der Halter des Fahrzeugs ist oder wo sein Wohnsitz ist.

Damit die verschiedenen KI-Konzepte auch in der Praxis eine Anwendung finden, arbeitet das KI-Fortschrittszentrum mit mehreren Unternehmen zusammen. Zusammen mit Pilz verringerten die Forscher etwa die Pseudofehlerrate in der automatischen optischen Inspektion. Demnach seien etwa 2 Prozent aller angezeigten Fehler bei einer automatischen optischen Inspektion Pseudofehler, die mit hohem personellen Aufwand nachgeprüft werden müssen. Gleichzeitig sorge diese eintönige Arbeit jedoch für Flüchtigkeitsfehler. Mit Pilz trainierten die Forscher eine Machine-Learning-Inspektion, welche nach Pseudo- und Echtfehlern klassifizieren kann. Das Ergebnis: die Menge an notwendigen manuellen Nachprüfungen sank um 96,3 Prozent. Zudem sei ein schnelles Re-Training bei neuen Bauteilen in der Produktionslinie möglich.

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