Energieeffizienz Transparenz schafft Nachhaltigkeit

Von Ute Drescher |

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In der Antriebstechnik wird es in Zukunft nicht mehr nur um den effizienten Umgang mit elektrischer Energie gehen. Welche weiteren Anforderungen der im März vorgestellte Entwurf der Ökodesign-Verordnung für nachhaltige Produkte stellt, weiß Andreas Schader, Global Product Manager bei ABB.

„Wir begrüßen sehr viele der zukünftigen Anforderungen. Gerade der digitale Produktpass ist eine große Chance für die Industrie, Transparenz herzustellen“, betont Andreas Schader, Global Product Manager bei ABB.
„Wir begrüßen sehr viele der zukünftigen Anforderungen. Gerade der digitale Produktpass ist eine große Chance für die Industrie, Transparenz herzustellen“, betont Andreas Schader, Global Product Manager bei ABB.
(Bild: ABB/Axel Heiter Fotodesign)

Was hat sich in den vergangenen Jahren beim Einsatz energieeffizienter Motoren getan?

Andreas Schader: Inzwischen hat sich der IE3-Motor durchgesetzt, deren Regulierung erst zur Jahresmitte 2021 in Kraft getreten ist. Laut CEMEP, dem Europäischen Komitee der Hersteller elektrischer Maschinen und Leistungselektronik, waren 2021 knapp 70 Prozent aller in Europa verkauften Elektromotoren IE3-Motoren. Dabei handelt es sich nur um die netzbetriebenen Motoren, nicht um Frequenzumrichter-betriebene Motoren. IE1- und IE2-Motoren werden nur noch in Länder exportiert, die keine gesetzlichen Mindestanforderungen haben. Wir sehen einen deutlichen Move in Richtung Energieeffizienz – die Regulierung hat funktioniert.

Andreas Schader

Als Global Product Manager Standardization bei ABB ist Andreas Schader Experte für Normen und Standardisierung. Doch Schader kennt sich auch in der Antriebstechnik aus: Vor seiner jetzigen Position war er fast sieben Jahre Produkt-Manager DC-Drives bei ABB. Seine Karriere startete der Dipl.-Elektrotechniker und Automatisierer als Applikationsingenieur.

Welche nächsten Schritte werden die Energieeffizienz in der Antriebstechnik vorantreiben?

Andreas Schader: In den Normen- und Standardisierungsgremien gehen wir weg von der isolierten Betrachtung der Energieeffizienz, das Thema wird in Zukunft ganzheitlich betrachtet. Das zeigt die Ökodesign-Verordnung für nachhaltige Produkte (Eco Design for Sustainable Products), die die Europäische Kommission am 30. März 2022 vorgeschlagen hat. Der Vorschlag stützt sich auf die aktuelle Ökodesign-Richtlinie, die derzeit nur für energieverbrauchsrelevante Produkte gilt.

Allerdings geht es in dem Vorschlag nun darum, Ökodesign-Anforderungen für bestimmte Produktgruppen festzulegen, um Kreislaufwirtschaft, Energieeffizienz und andere Nachhaltigkeitsaspekte erheblich zu verbessern. Für Produktgruppen mit ausreichend gemeinsamen Merkmalen sieht der Rahmen auch horizontale Vorschriften vor. Zu den zukünftigen Anforderungen werden Haltbarkeit, Wiederverwendbarkeit, Nachrüstbarkeit und Reparierbarkeit von Produkten gehören. Weitere Anforderungen sind Energie- und Ressourceneffizienz, ein bestimmter Recyclinganteil, die Wiederaufarbeitung und das Recycling, der CO2- und Umweltfußabdruck sowie Informationspflichten, einschließlich eines digitalen Produktpasses.

Gibt es für Wiederverwendbarkeit, Reparierbarkeit oder Recyclebarkeit nicht längst erste Ansätze?

Andreas Schader: Ja, zum Beispiel wird im Zusammenhang der noch nicht veröffentlichten Lüfterrichtlinie darüber diskutiert, Ersatzteile bis zu sieben Jahren, nachdem das Produkt in Verkehr gebracht wurde, noch liefern zu können. Die Ersatzteilverfügbarkeit ist ja eine Voraussetzung für die Reparierbarkeit eines Produkts.

Ist mit weiteren Anforderungen zu rechnen?

Andreas Schader: Software-Updates zum Beispiel dürfen die Energieeffizienz eines Systems nicht verschlechtern. Sollte das doch der Fall sein, muss der Kunde dem zustimmen. Darüber hinaus haben wir sowohl bei den Motoren, als auch bei den Frequenzumrichtern Normenprojekte, die sich mit der Messbarkeit und Vergleichbarkeit von Recycability, Durability oder Repairability und Upgradability beschäftigen. Das zahlt auf die Nachhaltigkeit und den Carbon Footprint ein.

Betreffen diese Anforderungen nur die Komponentenhersteller?

Andreas Schader: Diese Betrachtungen – Reparierbarkeit, Ersatzteilverfügbarkeit, etc. – betreffen auch die Kundenapplikationen. Diese Normen werden, wenn auch noch nicht mit expliziten Anforderungen, z.B. auch in der Lüfterrichtlinie genannt. Die Anforderungen an Dokumentationen oder Evaluierungen nach diesen Normen werden kommen.

Die geplante Verordnung schließt auch einen digitalen Produktpass ein. Wie ist ein solcher Produktpass einzuordnen?

Andreas Schader: Wir begrüßen sehr viele der zukünftigen Anforderungen. Gerade der digitale Produktpass ist eine große Chance für die Industrie, Transparenz herzustellen. Das gilt auch für die Angabe des CO2-Fußabdrucks. Aktuell werden auf internationaler Ebene alle Betrachtungen definiert, die notwendig sind, um den CO2-Fußabdruck eines Motors oder eines Frequenzumrichters zu bestimmen. Dabei geht es unter anderem darum, auch die Nutzungsphase dieser Produkte zu bewerten.

Für die Umsetzung greifen wir auf internationale Publikationen und Applikationen zurück und erstellen Lastprofile. So kann der Kunde auf ein allgemeines Lastprofil zurückgreifen, das seiner Applikation am nächsten kommt und so einen sinnvollen Vergleich zwischen verschiedenen Antriebslösungen ziehen. Das ist der Grund, aus dem solche Profile definiert werden müssen.

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Können Sie ein konkretes Beispiel für ein solches Lastprofil geben?

Andreas Schader: Bei unseren Grundprofilen gehen wir von einer Nutzungsdauer der Geräte von zehn bis fünfzehn Jahren aus. Dabei berücksichtigen wir, dass für die Produkte Rohmaterialien hergestellt, sie zusammengebaut, verpackt und auf Lager gelegt werden. Das deckt grob zusammengefasst die Scope 1- und Scope 2-Emissionen ab.

Bei Antrieben ist das aber nur ein kleiner Teil der Wahrheit. Hier treten die Verluste während der Nutzungsphase auf. Und genau um diese Verluste zu betrachten und vergleichen zu können, sind die Lastprofile nötig. Dabei muss unterschieden werden, ob es sich zum Beispiel um eine Lüfter-Pumpen-Applikation handelt – also ein quadratisches Moment mit einem varia­blen Fluss –, das vom Lastprofil her eine hohe Teillast aufweist oder um ein Motion-Profil, bei dem es kurzfristig hohe Überlasten gibt oder um ein Dauerstrichprofil, wo sehr viel im Vollastbereich gefahren wird.

Je nach Lastprofil passt die Applikation zum Design eines bestimmten Motors oder Frequenzumrichters. Über die Lastprofile können Hersteller ihre Motoren und Frequenzumrichter aber auch entwicklungstechnisch optimieren. Kunden wiederum können mit Blick auf den Teillastbereich entscheiden, dass sich für ihre Anwendung der Umrichter von Hersteller A doch besser eignet als der von Hersteller B, auch wenn offiziell auf dem Produkt der Nennpunkt von Umrichter B besser ist.

Lastprofile schaffen also Transparenz - wird es noch weitere Möglichkeiten geben?

Andreas Schader: Alle Hersteller werden Lebenszyklusanalysen, also Lifecycle-Assesments erstellen und veröffentlichen. Dann handelt es sich um eine Lifecycle-Assesments Environmental Product Declaration. Das passiert nicht nur auf Komponentenebene, etwa bei Frequenzumrichtern und Motoren, sondern gleichzeitig auch auf der Ebene ganzer Maschinen und Anlagen.

Vielen Dank Herr Schader.

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