Interview zu Ctrl X Automation Wie eine Plattform das Ende von proprietären Systemen einleitet
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Vor einem Jahr stellte Bosch Rexroth seine offene Automatisierungsplattform Ctrl X Automation vor. Wir haben Steffen Winkler, Vertriebsleiter Business Unit Automation & Electrification Solutions bei Bosch Rexroth, gefragt, wie die Plattform die Automatisierung verändert und was neu dazukommen ist.

elektrotechnik AUTOMATISIERUNG: Herr Winkler, vergangenen Herbst haben Sie die Automatisierungsplattform Ctrl X Automation vorgestellt, mit der Sie die klassischen Grenzen zwischen Maschinensteuerungen, IT und Internet der Dinge aufheben sowie zentrale und dezentrale Automatisierungs-Topologien flexibel gestalten wollen. Plattformen oder Ökosysteme gibt es viele am Markt, wie differenziert sich Ihre von anderen?
Steffen Winkler: Der Begriff Plattform oder Ökosystem wird schon fast inflationär verwendet (schmunzelt). Wir differenzieren uns mit der Ctrl X Automation, weil wir das Thema Offenheit gegenüber Dritten ernst nehmen. Wir setzen ausschließlich auf offene Standards, verwenden keine proprietären Systeme oder Schnittstellen. Die Plattform ist so gebaut, dass jeder aus dem Hard- und Softwarebereich partizipieren kann.
Wie kam das Konzept bis jetzt an?
Es beschäftigen sich momentan mehr als 200 Unternehmen mit der Implementierung. Da das Architektur-Konzept so einfach wie ein Smartphone ist, können Apps nachgeladen werden – selbst wenn die Steuerung oder die Maschine läuft. Das kommt sehr gut an.
Welche Erfahrungen haben Sie in einem Jahr gesammelt?
Wir mussten feststellen, dass eine weit höhere Nachfrage aus Branchen kam, die wir noch nicht so im Fokus hatten. Das heißt: Im Kern adressieren wir Anwendungen aus dem klassischen Maschinenbau. Viel Interesse kam aber z. B. auch aus der Gebäudeautomatisierung, Intralogistik, Warehouselogistik, Energieerzeugung und -verteilung.
Sie bauen ein eigenes I/O-Portfolio auf. Was hat Sie zu diesem Schritt bewogen?
Als Automatisierer ist es nicht unüblich, dass man ein eigenes I/O-System hat. Trotzdem war es eine der schwierigsten Make-or-Buy-Entscheidungen, die wir getroffen haben. Wir haben uns einige Lösungen angeschaut, aber keine gefunden, die all unsere Anforderungen erfüllen konnte. Deshalb haben wir uns für make entschieden. Unsere eigene Entwicklung heißt jetzt Ctrl X I/O und basiert auf Ethercat. Zudem werden Profinet und IO-Link unterstützt.
Nun bieten Sie auch Ctrl X Safety an. Was ist das Besondere dieser Sicherheitslösung?
Ctrl X Safety verbindet zwei Dinge: unsere langjährige Erfahrung im Safe-Motion-Bereich und die sichere Steuerungstechnik, die im ersten Schritt zwei Ausprägungen einer Safety PLC umfasst. So können wir kompakte, schnelle Sicherheitslösungen anbieten. Gerade in Richtung Performance und Funktionalität haben wir uns auch beim Thema sichere Steuerungstechnik dazu entschieden, selbst zu entwickeln.
Die Automatisierungsplattform zeichnet sich durch App-Technologie aus. Wie viele Apps sind Stand jetzt in dem Baukasten vorhanden?
Wir haben bereits mehr als 30 Apps: 25 Runtime-Apps, vier Engineering-Apps und drei Partner-Apps. Bereits veröffentlichte Apps werden weiterentwickelt, es kommen weitere dazu, von uns oder von unseren Partnern. Wir wollen zukünftig die Themen bieten, die von den Anwendern benötigt werden.
Apropos Partner: Mit Ctrl X World haben Sie ein Partnerprogramm ins Leben gerufen und sind mit zwölf Unternehmen gestartet. Welches Know-how haben Sie gebündelt und welches fehlt noch?
Wir haben uns überlegt, welche Domänen wir mit dem Partnerprogramm besetzen wollen. Hier reden wir beispielsweise von Visionsystemintegration, Security, HMI-Applikationen, Mechatronik-Anbindung und Softwaresystemen. Momentan gehören Schunk, Wittenstein, Forcam, Rhebo, Xitaso, MGA Ingenieurdienstleistungen, Bosch.IO, Conductiv.Ai Futurefab, HD Vision Systems, Hucon, Mirasoft und Perfect Production der Ctrl X World an. In der nächsten Zeit werden wird das Partnermanagement und die -entwicklung noch strategischer vorantreiben. Wir wollen Funktionen identifizieren, die wir nicht selber umsetzen können, die ein Anwender aber braucht, um seine Automatisierungsaufgaben zu lösen. Perspektivisch brauchen wir mehr Unternehmen, wie unseren Partner Xitaso, der reine Softwareintegration übernimmt. Und zwar auf einem Niveau, das einer echten Softwareentwicklung würdig ist.
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Im Zusammenhang mit der Automatisierungsplattform sprechen Sie immer wieder von Einsparpotenzialen. Was heißt das konkret?
Wir erreichen bis zu 50 Prozent weniger Volumen bei den Komponenten, reduzieren das Engineering um 30 bis 50 Prozent vereinfachen und realisieren eine Produktivitätssteigerung von 10 Prozent. Das haben wir uns auf die Fahne geschrieben, bevor wir angefangen haben zu entwickeln. So ist beispielsweise die Ctrl X Core so klein geworden, dass wir das Gehäuse etwas vergrößern mussten, um ein gewisses Produktdesign zu ermöglichen. Zudem sind fast keine Softwareinstallationen erforderlich, es funktioniert alles webbasiert. Jede Komponente bringt ihr Engineering mit.
Zum Abschluss ein Blick in die Zukunft: Wie sieht Ihre Vision für Ctrl X Automation aus?
Wir wollen OT und IT miteinander verbinden. Schon jetzt haben wir die Erfahrung gemacht, dass die Plattform das Potenzial hat, die Automatisierung nachhaltig zu verändern. Es handelt sich nicht nur um keine neue Produktplattform von Bosch Rexroth. Unsere Vision ist, eine konsequent offene Lösung. Das heißt, dass wir auch das Ende von proprietären Systemen einleiten wollen.
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