Interview zur Industrie 4.0 Standard-Debatte „Wille zum Kompromiss kann RAMI und IIC zusammenbringen“
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Wettbewerber oder Partner? Über das IIC wird viel diskutiert. Vor allem die Standard-Debatte um die Referenzarchitekturen RAMI 4.0 und IRA reißt nicht ab. Viele Lösungsansätze scheinen vorstellbar, doch wann und ob das IIC und die Plattform Industrie 4.0 zusammenarbeiten, steht in den Sternen. Die elektrotechnik-Redaktion hat deshalb mit dem „Mann im Auge des Sturms“, Dr. Peter Adolphs, über seine Sicht der Dinge zur Industrie 4.0 Standard-Debatte gesprochen.

Dr. Adolphs, als Geschäftsführer bei Pepperl+Fuchs, Mitglied im ZVEI-Führungskreis Industrie 4.0, Sprecher AG 1 für die Plattform Industrie 4.0 und Vorsitzender des Ausstellerbeirates SPS IPC Drives stecken Sie ja sozusagen im Mittelpunkt des Geschehens, wenn es um die aktuelle Diskussion um Industrie 4.0 Standards geht. Wie ist der aktuelle Stand?
Das Thema Industrie 4.0 ist nicht nur in aller Munde, sondern es ist deutlich erkennbar, wie Fortschritte erreicht werden. Ein wesentlicher Meilenstein in diese Richtung ist sicherlich das Referenzmodell RAMI 4.0, welches nach hartem Ringen als Standard in der kompletten deutschen Industrie anerkannt wird. Dabei ist es mir wichtig zu betonen, dass es uns erstmals gelungen ist, die starke Automatisierungsindustrie, vertreten durch den ZVEI, mit den großen IT-Unternehmen an einen Tisch zu bekommen und ein gemeinsames Statement abzugeben. Dies sollte man trotz aller Kritik, dass alles noch viel schneller und besser sein könnte, nicht vergessen.
Ein Artikel des Manager Magazins berichtete, die Referenzarchitekturen der Industrie 4.0 Plattform und des IICs seien nahezu deckungsgleich und die deutschen Standards würden sich durchsetzen. Als Falschmeldung von elektrotechnik.de enttarnt, wurde diese Neuigkeit in den Sozialen Medien schnell als Ente 4.0 betitelt. Auf der Vorpressekonferenz zur SPS IPC Drives sprachen Sie über die große Diskussion mit den Amerikanern und dass Deutschland klare Vorstellungen von der Automatisierung der Zukunft hat. Vorstellungen, die sich nicht mit denen der Amerikaner decken. Was sind für Sie die gewichtigsten Unterschiede?
Fest steht, dass mit RAMI 4.0 und dem amerikanischen IIRA zwei Referenzarchitekturen im Frühjahr veröffentlicht wurden. Wir haben uns in diversen Gremien der Plattform Industrie 4.0 mit IRA beschäftigt und sind zu der Erkenntnis gekommen, dass grundlegende Ideen in beiden Konzepten durchaus kompatibel sind. Ein ganz wesentlicher Unterschied ist das Ziel beider Architekturen. IRA adressiert sämtliche IoT-Aktivitäten von Smart Home über Smart Car bis zur Industrie, weil es aus Sicht von Softwareanbietern geschrieben ist, die primär die überlagerte Cloud-Software im Auge haben. Wir hingegen kommen aus der konkreten Erfahrung der produzierenden Industrie und haben diese in einen IoT-Ansatz eingebaut, der ausschließlich auf die produzierende Industrie zielt. Insofern sehe ich RAMI durchaus als eine Fokussierung der grundlegenden IoT-Ansätze auf die Belange der produzierenden Industrie.
Vorstellungen von der Automatisierung der Zukunft sind gut, aber haben die deutschen Unternehmen auch eine Vorstellung von neuen Geschäftsmodellen?
Sicherlich stehen wir damit noch am Anfang. Das liegt aber auch daran, dass wir als Automatisierer es üblicherweise mit geschlossenen Anlagen zu tun haben, wo alle Komponenten und Aggregate einem Eigentümer gehören. In einem solchen Set-up sinnvolle neue Geschäftsmodelle zu finden, mit denen man Geld verdienen kann, ist nicht einfach. Deshalb müssen wir meines Erachtens über das klassische Umfeld der geschlossenen Fabrik hinaus blicken. Ein Ansatz wäre sicherlich das Aufsetzen von automatischen Geschäften zwischen Fabriken verschiedener Eigentümer mit automatischen Bieter-Verfahren. Ich glaube aber, dass sehr viel einfachere Ansätze zunächst Realität werden.
Glauben Sie, dass wegen der Unterschiede ein gemeinsamer Standard mit dem IIC überhaupt möglich ist?
Ich meine, dass man mit ein wenig Willen zum Kompromiss RAMI und IIC zusammenbringen kann. Es müssen zum einen die grundlegenden Spielregeln für die gesamte IoT-Welt definiert werden und zum anderen die Präzisierung der Architektur für die Fabrikhalle beschrieben werden.
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