Perfekt in Form und Funktion

Autor / Redakteur: Kamillo Weiß* / Gerd Kucera

Bei der 100%-Inspektion von Displays für Navigationssysteme und Autoradios setzt Blaupunkt im Werk Hildesheim auf hausinternes Wissen über die Technik der Bildverarbeitung kombiniert mit strategisch eingesetzten Standard-BV-Komponenten. So begegnet der Kfz-Zulieferer erfolgreich dem hohen Qualitätsanspruch der Konsumenten und der Produktvielfalt des Wettbewerbs.

Anbieter zum Thema

Der Konsument hat heute selbst bei preiswerten Produkten hohe Anforderungen hinsichtlich Warenqualität. Bei teuren Anschaffungen erst recht, beispielsweise bei einem Auto. Hier stellt er die gleichen hohen Ansprüche auch an die Ausstattung, etwa Navigationssysten, CD-Wechsler oder Radio. Weil das Interieur zudem stets der letzte Hit sein soll, setzt dieses Verlangen nach makelloser Qualität Kfz-Bauer wie Zulieferer noch stärker unter Druck. Kurzfristige Änderungen in der Produktentwicklung und variable Lieferchargen brauchen deshalb effektivere Lösungen der Qualitätssicherung mit neuen Anforderungsprofilen.

Daraus entstehen für den Einsatz der Bildverarbeitung ganz neue, erheblich komplexere Ansprüche. Hinzu kommt, dass die Kunden der Automotiveindustrie inzwischen eine bedingungslose Flexibilität in der gerade zu liefernden Losgröße erwarten. Der Besuch im Werk Hildesheim zeigt, dass dies von wenigen Stück bis mehreren hundert schwanken kann. Dem entsprechend sind in den Fertigungslinien die Aufgaben der Prozessautomation mit integrierter Bildverarbeitung wesentlich umfassender geworden.

Weil die Lösung eines BV-Projektes unter erheblichem Zeitdruck steht, muß die Entwicklung der Bildverarbeitung und das ganze Engineering kurze Kommunikationswege mit minimierten Reibungsverlusten haben. Alle diese Fakten führten am Standort Hildesheim dazu, dass man in Hildesheim bestehende Strukturen an die neuen Anforderungen des Marktes ausrichtete. In der Abteilung Technische Funktionen werden Prüfkonzepte erarbeitet und deren Umsetzung für das eigene Werk als auch weitere Standorte vervielfacht. Eine weitere Gruppe ist für die Prozessimplementierung zuständig und die Gestaltung der Software. So lassen sich die Erfahrungen von Hildesheim auf andere Werke übertragen. Inzwischen fungiert ein BV-Team quasi als hausinternes Systemhaus und entwickelt Komplettlösungen der Bildverarbeitung. Das verkürzte die Kommunikation und Entscheidungsfindung für das gesamte Engineering in Entwicklung nebst Implementierung kompletter Qualitätssicherungssysteme.

Die Erfahrungen unterschiedlicher BV-Anbieter bildeten die Basis für die weitere zukunftsorientierte Ausrichtung von Qualitätskontrollsystemen. Dementsprechend wurde eine Entscheidungsmatrix erstellt, um die Strategie des Einsatzes von Vision-Systemen in Hard- und Software mittelfristig auszurichten. Das führte laut Peter Berking, verantwortlich für die Bildverarbeitung in der TEF71 bei Blaupunkt zum BV-Hersteller Cognex, der sowohl für die PC-basierten Systeme als auch Vision-Sensoren eine weitgehende durchgängige Konzeption und deren komfortable Prozessintegration bot.

Das Produktsortiment, die zuverlässigen Vision-Tools, eine gute Skalierbarkeit der Systeme, die einfache und leichte Bedienung sowie Programmierung aber auch das Image des Unternehmens in der Automotive-Industrie waren entscheidende Kriterien. Seit dieser Entscheidung wurden bereits zahlreiche Vision-Applikationen mit meist mehreren Kameras auf dieser Basis installiert (PC-basierte Systeme wie DisplayInspect, Vision-Sensoren der Produktfamilie In-Sight, teilweise auch in Kombinationen). Als essentiell erwies sich das umfassende technische Know-how und die breite Anwendungserfahrung des Hauses Cognex nebst ausgeprägtem Support.

Der Weg zum perfekten Display

Je intelligenter und zuverlässiger die Fähigkeiten der Vision-Software sind, umso besser kann die Prüftiefe von komplexen Systemen realisiert werden. Die Ergebnisse müssen reproduzierbar und stets von gleicher Qualität sein. In der Automotive-Industrie gibt es klare Vorgaben bezüglich der zulässigen Fehlerquote in einem niedrigen ppm-Bereich (parts per million). Dementsprechend wird am Standort Hildesheim höchste Qualitätssicherheit verlangt und das Ziel in der Systemverfügbarkeit ist ganz klar in Richtung 100% ausgerichtet.

Für die hohen Anforderungen in der Kontrolle der Displays hat man sich deshalb für das leistungsstarke Softwarepaket DisplayInspect von Cognex entschieden. Deren präzise arbeitenden Algorithmen wurden speziell für die Aufgaben effizienter Displaykontrolle entwickelt.

Die Funktionen von DisplayInspect in Stichpunkten: Kontrolle der korrekten Arbeitsweise eines jeden Pixels des Displays, Check der Schwarzweiß- und Farb-Displays auf sowohl Kontrast und Helligkeit als auch Hintergrundbeleuchtung, Prüfung der Ausrichtung des Displays zum Gehäuse, Identifizierung von Blasen im Displayglas oder Verschmutzungen, Prüfung der Gleichmäßigkeit der Farbe über das gesamte Display, Bestätigung von korrektem Weißabgleich des Farbdisplays, korrekte Erkennung der Farbe von LEDs, Kontrolle der Symbole auf Vollständigkeit und exakte Ausrichtung, Prüfung der beleuchteten Symbole auf Leuchtdichte und Uniformität, Kontrolle der Position und Qualität von Tastenfeldern und Buttons, Fehler in der Oberfläche von Frontkonsolen.

An unterschiedlichen Prüfstationen mit verschiedenen Konzepten wird die Leistungsfähigkeit eigener Entwicklung und Realisierung offensichtlich. In der Inline-Prüfstation werden Serien von Navigationsgeräten am laufenden Band einem kompletten Check unterzogen. Mehrere Megapixelkameras in Verbindung mit dem Hochleistungs-Frame-Grabber aus der Familie MVS 8500 überprüfen mittels DisplayInspect die Geräte auf eine ganze Reihe komplexer Merkmale. Dies gilt sowohl für das Display, die Tasten und Symbole als auch die LEDs. Die Tasten werden vermessen, deren Spaltmaße geprüft, die Qualität der Laserbeschriftung kontrolliert und die Knöpfe überprüft (Konzentrizität, Schutzstreifen eingeklebt). Die TFT-Farbdisplays werden hundertprozentig auf defekte oder schlechte Pixel kontrolliert. Kein zu dunkles oder zu helles Pixel und auch ungleichmäßiger Kontrast des Displays entgeht der Bildverarbeitung. Die Entwicklung dieser Applikation (mechanischer modularer Aufbau, Implementierung in die Fertigungslinie, Prozesssteuerung, Schnittstellen zur Dokumentation und Unternehmenskommunikation) erfolgte vollständig innerhalb des Werkes Hildesheim.

Durch Anwendung der Prinzipien des Bosch Produktion System (BPS) war es möglich, größtmögliche Flexibilität zu erzielen. Diese mit Rundtisch ausgestattete Prüfanlage ermöglicht eine äußerst anspruchsvolle 100%ige Qualitätskontrolle von Navigationssystemen. Dies ist die Kombination von DisplayInspect mit ähnlichem Aufgabenumfeld wie in der Inline-Prüfstation aber mit noch weiteren besonderen Fähigkeiten. So ermöglicht diese Qualitätskontrollstation die wirtschaftliche Prüfung von Stückzahl ein bis zehn und kleine bis mittlere Serien. Eine automatisch arbeitende genaue Kalibrierung sorgt für den Abgleich von Kontrast und Helligkeit der LEDs in Abhängigkeit der Produktvariante. Mit einem raffinierten Lösungsansatz hat man die Fähigkeiten der Vision-Tools von In-Sight 1000C geschickt ausgenützt. Dadurch ist sogar an den TFT-Displays ein Flicker-Abgleich möglich. Für den Betrachter kann der Eindruck des Display-Flimmerns entstehen. Dieses Flimmern muss durch einen Abgleichvorgang im Produkt minimiert werden. Bildverarbeitung ist auch dazu ein geeignetes Werkzeug.

Cognex, Tel. +49(0)721 66390

*Kamillo Weiß ist freier Fachjournalist in Leinfelden-Echterdingen.

(ID:181763)