Safety Sicherheitskonzepte an Maschinen erarbeiten – So geht’s

Von Steven Altner* |

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Bei der Konstruktion von Maschinen werden in der Regel Schutzmaßnahmen definiert, die das Risiko menschlichen und technischen Versagens minimieren und damit die Maschinenbediener vor Gefährdungen schützen sollen. Reichen konstruktive Maßnahmen nicht aus, kommen technische Ansätze zum Tragen.

Erstellung der Nachweisdokumentation
Erstellung der Nachweisdokumentation
(Bild: Phoenix Contact)

Der Begriff „Sicherheitskonzept“ wird weitläufig verwendet und findet sich daher in verschiedenen Branchen wieder. Für die Konstrukteure von Maschinen leitet sich aus ihm ab, dass Schutzmaßnahmen umgesetzt werden müssen, die als Ergebnis einer systematischen Analyse – der Risikobeurteilung – notwendig sind, um die vorhandenen Risiken auf ein akzeptables Niveau zu reduzieren. In diesem Fall handelt es sich um eine vorgesehene Risikominderung. Sie dient als Vergleichsmaßstab zum Eingangsrisiko und wird in Abhängigkeit der Grenzen der Maschinen festgelegt. Das bedeutet, dass sich das akzeptable Restrisiko je nach Maschinentyp unterscheiden kann. Nicht immer lässt sich die inhärent sichere Konstruktion als erste Stufe der Risikominderung realisieren, oder sie senkt das Risiko nicht hinreichend.

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In der zweiten Stufe der Risikominderung werden technische Schutzmaßnahmen in die Maschine eingebaut. Doch welche Maßnahme eignet sich am besten für welche Art der Gefährdung? In diesem Zusammenhang wird grundsätzlich zwischen trennenden und nicht trennenden Schutzeinrichtungen differenziert. Die Erstellung einer Spezifikation sowie Durchführung von Verifikations- und Validierungsmaßnahmen bilden einen Teil des Konformitätsbewertungsverfahrens. Sie sollen also den Nachweis erbringen, dass die grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen erfüllt sind.

Sicherheit in vier Kompetenzfeldern
CCS bei Phoenix Contact

Die Spezialisten des Competence Center Services (CCS) von Phoenix Contact verstehen sich als Partner für produktunabhängige Dienstleistungen im Bereich der industriellen Sicherheit. Dabei setzt sich das Angebot des CCS aus vier Kompetenzfeldern zusammen:

  • Industrial Security zur Minimierung von Cyber-Sicherheitsrisiken im OT-Bereich (Operational Technology),
  • CE-Kennzeichnung zwecks Einhaltung der gesetzlichen Richtlinien für das Inverkehrbringen von sicheren Maschinen und Schaltschränken,
  • Arbeitssicherheit für die Reduzierung von Haftungsrisiken und Minimierung von Ausfallzeiten,
  • Prozesssicherheit zum sicheren Betrieb prozesstechnischer Anlagen.

Trennende Schutzeinrichtungen

Trennende Schutzeinrichtungen stellen eine physische Barriere dar, die sich zwischen dem Benutzer und dem Gefahrenbereich befindet. Als klassische Lösung seien feststehende trennende Schutzeinrichtungen wie Schutzzäune, Verkleidungen oder Gehäuse genannt. Als andere weitverbreitete Variante kommen verriegelte trennende Schutzeinrichtungen mit oder ohne Zuhaltung in Form von Sicherheitsschaltern an Schutztüren zum Einsatz.

Feststehende trennende Schutzeinrichtungen

Feststehende trennende Schutzeinrichtungen müssen so konstruiert sein, dass der Gefahrenbereich weder mit den oberen noch den unteren Gliedmaßen erreicht werden kann. Die Anwendung der EN ISO 13857 erweist sich als einfache Möglichkeit für den Konstrukteur, damit er den grundlegenden Anforderungen des Abschnitts 1.4.3 im Anhang 1 der Richtlinie 2006/42/EG (Maschinenrichtlinie) hinsichtlich der Sicherheitsabstände von schützenden Konstruktionen gerecht wird. Selbst wenn es mittlerweile hinreichend bekannt ist, sei an dieser Stelle nochmals erwähnt, dass sich die Anwendung harmonisierter Normen generell als empfehlenswerter Weg anbietet.

Doch neben dem Sicherheitsabstand kommt der Gestaltung der Schutzeinrichtung eine wesentliche Bedeutung zu. In der EN ISO 14120 sind allgemeine Anforderungen beschrieben, beispielsweise die Eigenschaft, den Zugang zu Gefährdungsbereichen zu minimieren, gefährliche Stoffe zurückzuhalten, Lärm zu reduzieren oder vor Strahlung zu schützen.

Auch die Sicht auf den Arbeitsprozess der Maschine muss berücksichtigt werden. Entsprechende Anforderungen lassen sich folglich nicht umgehen. Darüber hinaus hat der Konstrukteur ergonomische Aspekte der Maschine – wie die Größe, Masse und Gestaltung – zu bedenken, sodass ihre einfache Handhabung möglich ist.

Außerdem darf von der Schutzeinrichtung selbst keine Gefährdung ausgehen. Quetsch- oder Fangstellen sowie scharfe Kanten müssen deshalb in der Planungsphase erkannt werden. Ist die Schutzeinrichtung beispielsweise zur Instandhaltung oder Reinigung der Maschine zu entfernen, darf dies nur mit Hilfe eines Werkzeugs machbar sein.

Bewegliche trennende Schutzeinrichtungen

Bewegliche trennende Schutzeinrichtungen treten häufig in Kombination mit einer Verriegelungseinrichtung auf. Sie dienen der Stellungsüberwachung und lösen in der Regel einen Stoppbefehl aus, wenn sie sich nicht in geschlossener Stellung befinden. Ob eine Verriegelungseinrichtung mit oder ohne Zuhaltung benötigt wird, ergibt sich aus dem Vergleich der Zugangszeit mit der Nachlaufzeit des Gesamtsystems. Anforderungen bezüglich der Gestaltung und Auswahl einer passenden Lösung können der EN ISO 14119 entnommen werden.

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Die Anordnung und Befestigung des Positionsschalters und Betätigers erweisen sich insofern als relevant, dass sie gegen eine Veränderung ihrer Position gesichert sind. Für Zuhaltungen kommen weitere Aspekte hinzu. Insbesondere die Festigkeit des mechanischen Sperrmittels oder die Zuhaltekraft einer elektromechanischen Zuhaltung müssen ausreichend hoch sein, um ein Öffnen der Schutzeinrichtung ohne den Einsatz schwerer Werkzeuge zu verhindern.

Ferner können zusätzliche Entsperrmethoden – zum Beispiel eine Flucht- oder Notentriegelung – erforderlich sein. Zudem sind Anreize zum Umgehen von Verriegelungseinrichtungen zu bewerten. Daraus kann folgen, dass die Umsetzung der grundlegenden Maßnahmen nicht ausreicht und Manipulationen durch Gestaltungsmaßnahmen oder die Realisierung alternativer Betriebsarten eliminiert oder gemindert werden müssen.

Nicht trennende Schutzeinrichtungen

Wie der Name impliziert, haben nicht trennende Schutzeinrichtungen keine physisch trennenden Eigenschaften. Als bekannteste Variante sei die berührungslos wirkende Schutzeinrichtung (AOPD – Active Optoelectronic Protective Device) genannt. Lichtschranken, Lichtgitter oder Laserscanner sind weitere Komponenten, die hier genutzt werden. Darüber hinaus fallen ortsbindende Schutzeinrichtungen – wie Zustimmeinrichtungen oder Zweihandschaltungen – sowie durch Berührung wirkende Schutzeinrichtungen (SPE – Sensitive Protective Equipment) – zum Beispiel Schaltmatten oder Schaltleisten – unter diese Gattung.

Die Berechnung des Sicherheitsabstands erfolgt nach der allgemeinen Gleichung „S = (K * T) + C“ aus der EN ISO 13855. Für bestimmte Typen und eine spezielle Anordnung von Schutzeinrichtungen ist diese Gleichung entsprechend den Abschnitten der Norm anzuwenden.

Auswahl der passenden Schutzeinrichtung

Die Aspekte, die bei der Auswahl der Schutzeinrichtung eine Rolle spielen, ergeben sich besonders aus der Berücksichtigung der Lebensphasen der Maschine. Der Art der Gefährdung sowie der Art und Häufigkeit des Zugangs kommt ebenfalls eine große Bedeutung zu. Bewegliche trennende Schutzeinrichtungen sollten verwendet werden, wenn Mitarbeiter mehr als einmal pro Woche für Einstell- oder Wartungsarbeiten Zugang zur Maschine benötigen oder sich das Entfernen und Wiederanbringen der feststehenden trennenden Schutzeinrichtung als schwierig darstellt.

Findet der Zugang zur Maschine seltener als einmal pro Woche statt, zeigt sich das Wiederanbringen als einfach und geschieht das Entfernen und Wiederanbringen gemäß einem sicheren Arbeitsablauf, bieten sich feststehende trennende Schutzeinrichtungen an.

Oftmals werden beide Varianten miteinander sowie mit weiteren Maßnahmen kombiniert, wie der Umsetzung der Anforderungen an die Gestaltung und Integration sicherheitsbezogener Teile von Steuerungen gemäß EN ISO 13849-1 oder EN 62061.

Dieser Beitrag gibt nur einen groben Überblick über die Anforderungen, die hinsichtlich technischer Schutzmaßnahmen an Maschinen notwendig sein können. Die Experten für Maschinensicherheit des Competence Centers Services von Phoenix Contact unterstützen Anwender jedoch gerne bei der detaillierten Erarbeitung eines Sicherheitskonzepts für die jeweilige Maschine.

Quellen:

EN ISO 12100:2010

EN ISO 13855:2010

EN ISO 13857:2019

EN ISO 14119:2013

EN ISO 14120:2015

* Steven Altner, Consulting & Engineering for Machinery Safety im Competence Center Services, Phoenix Contact Deutschland, Blomberg

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