Predictive Maintenance Wenn MEMS-Inertialsensoren zu Wächtern im Mini-Format werden
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Bei der vorausschauenden Wartung (Predictive Maintenance) nehmen Sensoren, die Beschleunigungs- und Neigungswerte erfassen, eine Schlüsselrolle ein. Um ungeplante Ausfallzeiten von Maschinen zu verhindern, eignen sich vor allem miniaturisierte MEMS-Inertialsensoren, die auf HARMS- und AIM-Technologie basieren.

Für jeden Ingenieur ist es ein Alptraum, wenn eine Maschine oder eine Turbine unverhofft ausfällt. Das bedeutet ungeplante Stillstandszeiten und eine Störung von Betriebsabläufen. Vor allem in vernetzten Produktionsumgebungen kann dies Prozessketten empfindlich beeinträchtigen. Doch auch in der Energie- und Wasserversorgung sowie der Gebäudetechnik ist es wichtig, Fehlfunktionen und Schäden proaktiv zu erkennen. Damit keine ungeplanten Ausfallzeiten auftreten, setzen immer mehr Unternehmen auf die vorausschauende Wartung, auch als Predictive Maintenance bekannt.
Eine Schlüsselrolle spielen dabei Sensoren, die Beschleunigungs- und Neigungswerte erfassen. Für solche Anwendungen eignen sich vor allem Sensoren in Form von miniaturisierten MEMS (Micro Electromechanical Systems) Inertialsensoren. Mit Predictive Maintenance lassen sich so Prognosen erstellen, wann Instandhaltungsarbeiten notwendig sind. Die Grundlage bilden Daten von Sensoren, mit denen Maschinen, Motoren und andere Komponenten ausgestattet sind. Diese benötigten Daten lassen sich mithilfe von kapazitiven MEMS-Inertialsensoren auf Basis von Silizium erfassen. Dabei sind drei Versionen verfügbar: Surface-Micro-Machining, Bulk-Micro-Machining sowie HARMS/AIM-Technologie.
Surface-Micro-Machining kommt vor allem im Konsumgüterbereich zum Einsatz, etwa bei Smartphones und Airbags. Zu den Vorteilen des Verfahrens zählt, dass kleine Chips und geringe Ätztiefen ausreichen. Das wirkt sich günstig auf die Kosten aus. Ein Nachteil sind die hohen Rauschwerte, ein weiterer die geringe Stabilität. Hinzu kommt, dass in Surface-Micro-Machining-MEMS kleine Kondensatoren verbaut werden. Das begrenzt den kapazitiven Erfassungsbereich.
MEMS auf Basis des Bulk-Micro-Machining-Verfahrens sind mit großen Kondensatoren ausgestattet, die einen hohen Erfassungsbereich sicherstellen. Zudem weisen solche Sensoren einen hohen Signal-Rauschabstand auf. Ein Nachteil ist der hohe Preis, der unter anderem auf das Tiefätzen der Strukturen auf dem Chip zurückzuführen ist. Daher eignen sich solche Sensoren vor allem für Marktsegmente wie die Luft- und Raumfahrt.
Zwei MEMS-Technologien, ein Inertialsensor
Die MEMS-Inertialsensoren des deutschen Sensorikherstellers First Sensor aus Berlin kombinieren die Vorteile von Surface- und Bulk-Micro-Machining, denn sie beruhen auf zwei MEMS-Technologien:
- HARMS-Verfahren (High Aspect Ratio Microstructures): Es ermöglicht die Herstellung von Sensoren auf Silizium-Basis mit einem hohen Verhältnis von Ätztiefe zu Strukturbreite. Dadurch lässt sich ein optimales Verhältnis vom Signal zur erforderlichen Siliziumfläche erzielen. Hinzu kommt eine geringe Querempfindlichkeit.
- AIM-Technologie (Air Gap Insulated Microstructures): Sie minimiert die parasitären Kapazitäten, indem die aktiven Bereiche des MEMS-Sensors durch einen Luftspalt voneinander isoliert werden. Weitere Vorzüge sind die geringere mechanische Belastung, weil keine SiO2-Schichten vorhanden sind, außerdem die hohe Temperaturbeständigkeit und die einfachere Kalibrierung.
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Predictive Maintenance
Whitepaper zu Predictive Maintenance veröffentlicht
Inertialsensoren registrieren minimale Schwingungen
Das Ergebnis sind Sensoren, die große Kondensatorflächen und einen umfangreichen Erfassungsbereich bieten, außerdem einen größeren Signal-Rauschabstand sowie eine hohe Auflösung. Als Neigungssensoren mit Messbereichen von ±30° erreichen sie dadurch eine Rauschdichte < 0,0004°/√Hz und Auflösungen < 0,0015° bei einer Messfrequenz von 10 Hz. Als Beschleunigungssensoren eingesetzt, bieten die MEMS Messbereiche von ±3 g, ±8 g sowie ±15 g und erreichen eine Rauschdichte < 30 µg/√Hz und Auflösungen < 40 bis 95 µg bei einer Messfrequenz von 10 Hz. Im Vergleich zu Bulk-Micro-Machining liegen die Kosten von MEMS-Inertialsensoren auf Basis von HARMS und AIM im mittleren Bereich. Dadurch kommen sie auch für Marktsegmente in Betracht, in denen der Preis eine wichtige Rolle spielt, etwa der Industrieautomation.
Wie sich MEMS-Inertialsensoren auf Basis der HARMS- und AIM-Technologie einsetzen lassen, zeigt das Structural Health Monitoring von Windkraftanlagen. Die Betreiber erfassen mithilfe von Inertialsensoren Daten zu den Schwingungen des Turms, der Gondeln und der Rotorblätter und übermitteln die Informationen an eine Leitstelle. Außerdem messen die Systeme Veränderungen des Fundaments der Kraftwerke. Hierfür eignen sich vor allem MEMS-Inertialsensoren mit einer Messfrequenz von mehr als 6 Hz. Sie registrieren auch minimale Schwankungen des Turms sowie Schwingungen des Getriebelagers und der Hauptwelle. Dadurch erhalten die Anwender in der Leitstelle frühzeitig Informationen darüber, ob sich Schäden an einer Komponente anbahnen. Vergleichbare Anwendungsszenarien sind ebenfalls in vernetzten Fertigungsumgebungen und dem Logistiksektor vorhanden.
Es wird deutlich, dass MEMS-Inertialsensoren ein wichtiges Element einer Predictive-Maintenance-Strategie sind. Die Hersteller und Anwender von Maschinen und Anlagen sollten allerdings prüfen, ob diese Sensor-Systeme die Anforderungen im Bereich vorausschauende Wartung erfüllen, etwa in puncto Messgenauigkeit, Zuverlässigkeit und Preis-Leistungsverhältnis. Es kann sich daher lohnen, für solche Einsatzzwecke Lösungen auf Basis der HARMS- und AIM-Technologie in Betracht zu ziehen.
* Dr. Thomas Frasch, Product Manager bei First Sensor
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