Sicherheitstechnik Wie sich Gefahrenbereiche von Robotern nahezu unsichtbar absichern lassen

Von Tobias Thiesmann*

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Wie sichert man Gefahrenbereiche von Industrierobotern ab? Auf diese Frage gibt es viele Antworten. Erfahren Sie, wie sich durch die Vielfalt der sicherheitstechnischen Möglichkeiten eine optimale Lösung für den jeweiligen Anwendungsfall umsetzen lässt.

Mit optoelektronischen Schutzeinrichtungen klappt die Zusammenarbeit von Mensch und Roboter auch ohne Schutzzaun.
Mit optoelektronischen Schutzeinrichtungen klappt die Zusammenarbeit von Mensch und Roboter auch ohne Schutzzaun.
(Bild: Schmersal)

Mehr als 150.000 neue Industrieroboter sollen in den kommenden zwei Jahren allein in Europa installiert werden. Dies entspricht einem zweistelligen prozentualen Wachstum pro Jahr, wie die International Federation of Robotics (IFR) im Februar 2020 bekannt gab. Auch wenn diese Zahl pandemiebedingt vielleicht nicht ganz erreicht wird, wächst der internationale Robotik-Markt doch seit Jahrzehnten beständig.

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Aus Sicht der Maschinensicherheit ist die Robotik nicht nur wegen der Größe des Marktes ein spannendes Aufgabenfeld, sondern auch wegen des Gefährdungspotenzials. Denn im Vergleich zu herkömmlichen Maschinen müssen Roboter anders abgesichert werden. Hierbei ergibt sich laut DGUV (Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung) vor allem ein Risiko wegen der Komplexität des Fertigungsablaufs, dessen Gefahren allein durch Beobachtung nicht eingeschätzt werden können. Auch die unvorhersehbare Veränderung von Position und Geschwindigkeit sowie ein unerwartetes Anlaufen können die Sicherheit des Personals gefährden.

Der Schutzzaun als Basis für Sicherheit

Die Basis eines Sicherheitskonzeptes bilden nach wie vor trennende Schutzeinrichtungen, d. h. Schutzzäune, die den Arbeitsbereich von Mensch und Roboter separieren. Die Schutztüren sind in der Regel durch Sicherheitszuhaltungen abgesichert, die auch vor gefährlichen Nachlaufbewegungen schützen. Die Schmersal Gruppe bietet mit den Baureihen AZM und MZM sowohl elektromechanisch als auch elektromagnetisch wirkende Sicherheitszuhaltungen an. Beide Wirkprinzipien sind heute mit integrierter RFID-Technologie für die Kommunikation zwischen Sensor und Betätiger verfügbar. Dadurch kann der Roboterbetreiber zusätzliche Diagnoseinformationen abrufen und diese für die vorausschauende Instandhaltung nutzen.

Je nach Einsatzbedingungen kann es sinnvoll sein, an den Schutztüren der Roboter-Umzäunung Sicherheitsschaltgeräte und -steuerungen mit robotikspezifischen Zusatzfunktionen einzusetzen. Dazu gehören zum Beispiel:

  • Eine Notentsperrung, mit der man (z. B. im Brandfall) die Schutztür von außen öffnen kann.
  • Eine Fluchtentriegelung, die versehentlich eingeschlossenem (Instandhaltungs-)Personal das Öffnen der Schutztür aus dem Gefahrenbereich heraus erlaubt.
  • Eine doppelte Quittierung, die gewährleistet, dass sich der Bediener außerhalb des Gefahrenbereichs befindet, bevor die Maschinen- bzw. Robotersteuerung wieder eingeschaltet wird.

Zu den Trends in der Robotik gehört die zunehmende Flexibilität. Roboter sind z. B. immer häufiger mit Bildverarbeitungssystemen ausgestattet, die eine zielgerichtete Handhabung oder Bearbeitung von Bauteilen „nach Sicht“ ermöglicht. Zum flexiblen Robotereinsatz trägt auch die Unterscheidung von Mensch und Fördergut bei. Sie lässt sich mit optoelektronischen Schutzeinrichtungen realisieren, die über Funktionen wie Muting, Blanking oder Floating Blanking verfügen.

Sicherheitstechnik unterscheidet Mensch von Material

Wenn ein Bediener dann in den Gefahrenbereich hineingreift, veranlasst die Schutzeinrichtung den sofortigen Stopp der gefahrbringenden Bewegung. Zu bearbeitende Bauteile hingegen können in den Gefahrenbereich hinein bzw. aus ihm heraus gefördert werden. Wenn sich Bediener zeitweise in einer Roboterzelle aufhalten, ist der Einsatz von Sicherheitsschaltmatten zur Bereichsabsicherung sinnvoll. Solange der Bediener auf der Schaltmatte steht und sich somit im Gefahrenbereich befindet, wird ein Start des Roboters verhindert.

Diese Übersicht zeigt: Für die Absicherung des Arbeitsbereichs von Industrierobotern bietet die Schmersal Gruppe ein Produktprogramm, welches die Anforderungen von ISO 10218-1 (Industrieroboter) und ISO 10218-2 (Robotersysteme und Integration) erfüllt.

Mit mit integriertem OPC-UA-Server gut vernetzt

NFür größere Roboteranlagen empfiehlt sich der Einsatz der modularen, programmierbaren Sicherheitssteuerung Protect-PSC1. Sie wertet nicht nur die sicheren Signale der angeschlossen Sensorik aus, sondern kann auch Informationen via Feldbus an eine Automatisierungssteuerung oder in die IT-Umgebung weiterleiten. Neue Möglichkeiten schafft hier die neueste Version der Protect-PSC1 mit integriertem OPC-UA-Server. Damit wird die Einbindung der Schutzeinrichtungen von Roboterarbeitsplätzen in übergeordnete, umfassende Kommunikationssysteme möglich.

Beispielsweise kann der Anwender umfangreiche Datensätze der Sicherheitssensoren maschinenlesbar und mit semantischer Beschreibung über das M2M- Kommunikationsprotokoll abrufen, u.a. Zustandsdaten der Sicherheitsausgänge, sicherheitstechnische Kennwerte, Informationen zur Lebensdauer der Sensoren und Bestellinformationen. Das erhöht die Transparenz im System und vereinfacht insbesondere die Wartung und Instandhaltung von automatisierten Anlagen. Die vom VDMA-Fachverband Robotik + Automation freigegebene „Robotics Companion Specification“ für OPC UA schafft die Voraussetzung für die universelle Nutzung dieses Kommunikationsstandards.

Anwendertreff Maschinensicherheit

Die Maschinensicherheit ist ein wichtiges Thema: Die richtigen Normen müssen berücksichtigt und die Anforderungen der Maschinenrichtlinie müssen eingehalten werden. Der Anwendertreff Mascinensicherheit unterstützt Entwickler und Konstrukteure, die funktionale Sicherheit von Maschinen und Anlagen zu gewährleisten.

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Das Ziel: Die unsichtbare Sicherheitstechnik

Zudem bietet Schmersal auch Unterstützung bei der Auswahl und Konfiguration von Schutzeinrichtungen für die Robotik an. Dabei steht neben der Arbeitssicherheit und der Konformität mit den geltenden Richtlinien und Normen auch stets die Effizienz und Produktivität im Fokus: Die Sicherheitstechnik sollte aus Sicht des Betreibers und Bedieners so wenig wie möglich in die automatisierten Arbeitsabläufe eingreifen.

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In einem weiteren Aufgabenfeld arbeitet Schmersal eng mit Roboterherstellern zusammen, um z. B. die Voraussetzungen für eine Kollaboration von Mensch und Roboter ohne trennenden Schutzzaun zu ermöglichen. Dabei entstehen kundenspezifische Steuerungslösungen, die sicherheitsgerichtete Aufgaben von der Hardware in die Software verlagern. So ermöglichen diese Sicherheitssteuerungen eine inhärente Überwachung der Achsbewegungen (Position und Geschwindigkeit) des Roboters. Diese Funktion bringt auch bei nicht-kollaborativen Anwendungen Vorteile: Ein Schutzzaun kann schlanker ausgeführt werden. Denn die Sicherheitssteuerung verhindert, dass der Roboter in den Zaun einschlägt. Der Zaun dient dann nur noch dazu, Menschen am Eindringen in den Arbeitsbereich des Roboters zu hindern.

* Tobias Thiesmann, System- und Lösungsmanager, Schmersal Gruppe

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