Kreislaufwirtschaft Algen automatisiert kultivieren

Quelle: Festo Lesedauer: 4 min

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Mit dem Forschungsprojekt Photo Bionic Cell hat Festo schon auf der Hannover Messe 2022 einen Bioreaktor gezeigt. In diesem Jahr präsentiert das Unternehmen das nächste Level der automatisierten Kultivierung von Algen.

Prozessstabilität: Die Überwachung aller relevanten Parameter mehrerer Photobioreaktoren macht den 24-h-Betrieb möglich.
Prozessstabilität: Die Überwachung aller relevanten Parameter mehrerer Photobioreaktoren macht den 24-h-Betrieb möglich.
(Bild: RM)

Unsere Erde verändert sich in nie dagewesenem Maße. Die Weltbevölkerung wächst, die Folgen des Klimawandels sind spürbar. Eine lebenswerte Zukunft ist nur vorstellbar, wenn Menschheit, Tier- und Pflanzenwelt in einem harmonischen Gleichgewicht leben. Daher betrachtet Festo die Bioökonomie als Wirtschaftssystem der Zukunft. Einen Beitrag kann die Kultivierung von Biomasse im großen Stil leisten – und möglich machen soll es Automatisierungstechnik.

Nur wenn Technologie und Biologie verschmelzen, können wir den Klimawandel bewältigen und die Kreislaufwirtschaft real werden lassen.

Dr. Nina Gaißert, Corporate Portfolio Projects and Biotech Automation, Festo

Die Biologin Dr. Nina Gaißert gehört zum Team der Corporate Portfolio Projects and Biotech Automation bei Festo und ist überzeugt: „Nur wenn Technologie und Biologie verschmelzen, können wir den Klimawandel bewältigen und die Kreislaufwirtschaft real werden lassen.“ Dabei bedeutet Kreislaufwirtschaft, bei möglichst geringem Ressourceneinsatz kohlendioxidneutral zu produzieren. Die Idee dahinter ist, lebende Materie als biologische Basis energieeffizient zu kultivieren, sodass sich daraus Rohstoffe gewinnen und zu Produkten weiterverarbeiten lassen. Die sollen dann wieder in den natürlichen Kreislauf zurückfließen.

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Biomasse hocheffizient züchten

Das Bionik-Team bei Festo beschäftigt sich verstärkt mit der Photosynthese. Schon auf der Hannover Messe 2022 präsentierte das Unternehmen mit dem Projekt Photo Bionic Cell einen ersten Bioreaktor. Mit Bioreaktoren lassen sich Algen automatisiert kultivieren und ihr Wachstum kontrollieren. Dazu wird die Algenflüssigkeit nach oben in die Flächenkollektoren gepumpt, wo sie sich in gleichmäßiger Strömung verteilt und anschließend wieder in den Kultivator zurückfließt. Während dieser Zirkulation wandeln die Algenzellen mittels Photosynthese in ihren Chloroplasten Sonnenlicht, Kohlendioxid und Wasser in Sauerstoff und chemische Energieträger oder organische Wertstoffe um. So wird die Biomasse im geschlossenen Kreislauf hocheffizient und ressourcenschonend gezüchtet. Im Vergleich zu heute verbreiteten Systemen, wie offenen Becken oder Folienbioreaktoren, kann mit Photo Bionic Cell mehr als die zehnfache Menge an Biomasse gewonnen werden.

Biobasierte Produkte biologisch abbauen

Abhängig von den Nährstoffen, die der Algenbiomasse zugeführt werden, bilden sich als Produkte ihrer Stoffwechselvorgänge Fettsäuren, Farbpigmente und Tenside. Diese dienen als Ausgangsmaterial zur Herstellung von Medikamenten, Lebensmitteln, Kunststoffen, Kosmetika oder Kraftstoffen. Anders als Produkte auf Erdölbasis lassen sich die biobasierten Produkte meist biologisch abbauen und – ganz im Sinne einer Kreislaufwirtschaft – immer klimaneutral rückführen.

Erdöl versus Biomasse

Für die Herstellung eines Shampoo-Behälters ist rund ein Liter Erdöl nötig. Wird die Shampoo-Flasche nach der Nutzung verbrannt, setzt sie zusätzlich drei Kilogramm CO2 frei und hat somit eine negative CO2-Bilanz. Nutzt man stattdessen Bio-Kunststoff auf Basis von Algen, werden drei Kilogramm CO2 gebunden, die bei der Entsorgung wieder frei werden. Somit ist der Kreislauf im Gleichgewicht.

Das Zusammenspiel bewährter Steuerungs- und Regelungstechnik mit neuesten Automatisierungskomponenten schafft die bestmöglichen Bedingungen für das Wachstum der Mikroorganismen. So sorgt ein ganzheitliches Begasungskonzept für die gleichmäßige Verteilung des aus der Luft entnommenen Kohlendioxids in der zirkulierenden Bioflüssigkeit.

Quantensensor detektiert einzelene Zellen

Eine große Herausforderung bei Bioreaktoren ist, die Menge der Biomasse genau zu bestimmen. Hierfür setzen die Entwickler auf einen Quantentechnologie-Sensor des Start-ups Q.ANT. Dieser gibt präzise und in Echtzeit Auskunft über das Wachstum der Organismen. Die Algen werden ihm dafür automatisiert und kontinuierlich mittels Mikrofluidik von Festo zugeleitet. Der Quantensensor kann optisch einzelne Zellen detektieren, sodass sich die Menge der Biomasse exakt ermitteln lässt. Zusätzlich untersucht er die Zellen auf ihre Vitalität. Erst dadurch ist es möglich, vorausschauend auf Ereignisse zu reagieren und regelnd einzugreifen.

Photo Bionic Cell wird von einer eigens entwickelten Software komplettiert. Ihr Dashboard ermöglicht es, mehrere Photobioreaktoren mit aktueller Datenlage und Live-Aufnahmen abzubilden. So lassen sich rund um die Uhr auch aus der Ferne manuelle Parameteränderungen und die entsprechenden Auswertungen vornehmen. Ergänzt wird das digitalisierte Labor durch eine Augment­ed-Reality-Anwendung. Per Tablet lässt sich die Realität erweitern, um technische Abläufe, Prozessparameter und Informationen zu Prozessen im Inneren des Bioreaktors zu visualisieren.

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Künstliche Intelligenz wertet Daten aus

Zur Auswertung der Daten setzen die Entwickler auch Methoden der künstlichen Intelligenz (KI) ein. Damit kann der Bioreaktor entweder auf die Vermehrung der Algenkulturen optimiert werden oder darauf, vorgegebene Wachstumsparameter bei minimalem Energieeinsatz zu erhalten. Außerdem könnte die Haltbarkeit von Ventilen und anderen Komponenten damit prognostiziert werden. Die Automatisierung kann also vieles zur Kultivierung von Biomasse beitragen. Besucher der Hannover Messe können sich vor Ort über den aktuellen Stand der Technik informieren. 

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