Steuern & Regeln Experimente in der Nanowelt – mit optischer Pinzette und NI LabView
Laser sind eine faszinierende und treibende Kraft in der Industrie und ermöglichen äußerst präzise Qualitätskontrollen der Produktionsprozesse. Sie werden aber auch als Diagnosewerkzeug in der Biotechnologie und der Medizin genutzt – etwa für optische Pinzetten. Hier hilft NI LabView beim Beobachten und Steuern von Biomolekülen.
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Eine Herausforderung für die biotechnologische und angewandte medizinische Forschung in Industrie und Wissenschaft ist das Erstellen optischer Pinzetten für die Überwachung und Steuerung von Biomolekülen im Nanometermaßstab. Sie bestehen im Wesentlichen aus einem Laserstrahl, der durch ein Objektiv mit hoher numerischer Apertur stark gebündelt wird. Die optische Pinzette kann sehr empfindliche Experimente in Zellen durchführen, die Elastizität einzelner DNA-Moleküle messen und die Kinetik verschiedener Enzyme untersuchen [1-3].
Eine biologische Probe lässt sich durch Befestigen auf einem piezoelektrischen Tisch sehr genau steuern. Entweder kann diese selbst oder ein Teilchen (biofunktionell) mit der Pinzette ergriffen und manipuliert werden. Häufig werden Infrarotlaser eingesetzt, da sie eine geringe Absorptionsgeschwindigkeit in wässrigen Lösungen im relevanten Frequenzband aufweisen.
Mit optischer Pinzette Daten in Echtzeit aufzeichnen
Wir projizieren das Experiment auf die rückseitige Brennebene und zeichnen das Bild dann mit einer CMOS-Kamera auf. Diese bietet zwei wichtige Merkmale: visuelle Informationen und langfristige Stabilität. Die Kameras sind zwischen Fotodioden mit hohen Bandbreiten und CCD-Sensoren zur Videoaufzeichnung angesiedelt und vereinen das Beste beider Techniken. Es gibt allerdings ein paar nicht ganz unwesentliche Herausforderungen, so etwa das Nachverfolgen der Positionen der Teilchen in Echtzeit, was zeitkritisch und speicherintensiv ist.
Durch Kombination der Entwicklungsumgebung NI LabView von National Instruments, einer Datenerfassungskarte der M-Serie NI PCI-6251, einer Karte für die Bilderfassung NI PCIe-1429 und einer CMOS-Kamera (MC1362 von Mikrotron) konnten wir etliche Stunden lang Daten der optischen Pinzette in Echtzeit aufzeichnen. Weil wir den Programmcode in LabView schrieben, konnten wir ihn gemäß unseren Anforderungen anpassen.
VIs analysieren bis zu 10.000 Bilder pro Sekunde
Mit Multicore-Programmierung, Multithreading und Pipelining [4] analysieren die virtuellen Instrumente (VIs) bis zu 10.000 Bilder pro Sekunde von mehreren relevanten Bereichen, um simultan mehrere der Teilchen zu verfolgen und entsprechende Informationen an eine TDMS-Datei (Technical Data Management Streaming) zu übertragen. So erhält man eine ideale Schnittstelle für zeitkritische Analysen in einem VI, das parallel ausgeführt wird und die zuvor übertragenen Daten nutzt.
Wir haben die fundamentalen Einschränkungen der optischen Pinzette [5 und 6] gründlich untersucht. Die Echtzeiterfassung, -verfolgung, -übertragung und -analyse waren ausgezeichnet und hatten eine extrem niedrige Fehlerrate (unter 0,0001). Bildaufzeichnung, Teilchenverfolgung und Streaming erfolgen parallel und werden direkt unterschiedlichen Prozessorkernen zugewiesen.
Abweichungen im Nanometerbereich ganz leicht messen
Kleine Styroporkügelchen (im Mikrometerbereich) weisen Brown’sche Bewegung auf, wenn sie innerhalb eines begrenzten harmonischen Potenzials in Wasser schweben. Sorgfältige Kalibrierung und Rauschcharakterisierung sind für biologische Prozesse im Nanobereich entscheidend. Das kann unter Verwendung der ergänzenden Ansätze Allan-Varianz und Analyse des Leistungsspektrums erreicht werden. Die Genauigkeit entspricht dem absoluten Wert der Allan-Abweichung für eine bestimmte Messzeit. Unser Aufbau arbeitet an der Temperaturgrenze der Brown’schen Bewegung. So können Abweichungen im Nanometerbereich ganz leicht gemessen werden.
Optische Pinzetten in Echtzeit kalibrieren
Mithilfe der Analyse der spektralen Leistungsdichte kalibrierten wir die optische Pinzette und beobachteten zwei ganz unterschiedliche Verläufe. Bei niedrigen Frequenzen bemerkt das Kügelchen die Begrenzung durch die Pinzette, bei hohen Frequenzen breitet es sich ungehindert aus.
Die Übergangsfrequenz zwischen dem begrenzten flachen und dem diffusen Spektrum wird Eckfrequenz genannt. Sie ist linear zur Steifigkeit der Oberwellenfilter – dem wichtigsten Parameter für die Kalibrierung einer optischen Pinzette. Seine Herleitung erfordert besonders für stärkere Filter eine hohe zeitliche Bandbreite und entsprechend schnellere Kamerabildraten. Infolgedessen kann unsere Lösung optische Pinzetten in Echtzeit kalibrieren.
High-Speed und rauscharm
Die videogestützte Teilchenverfolgung ist letztendlich durch die Anzahl erkannter Photonen begrenzt. Wir optimierten die Ausleuchtung und analysierten das Signal-Rausch-Verhältnis für unterschiedliche Kameraverschlusszeiten. Das Ergebnis war ein Signal-Rausch-Verhältnis von 40 für Erfassungsraten der Kamera von 10.000 Bildern pro Sekunde. Durch diese Kombination aus Hochgeschwindigkeits-Videoaufzeichnung und rauscharmer Bildanalyse können wir die Regelung direkt implementieren.
Dank der Vielseitigkeit und benutzerspezifischen Anpassung von LabView sowie der Videoaufzeichnungen sind ganz neue und präzise Experimente möglich.
Optische Pinzette macht präzise Experimente möglich
So können wir jetzt beispielsweise Lipidkügelchen in Hefezellen aktiv mit der Pinzette untersuchen: Spalthefe produziert Lipidkügelchen mit einer Größe von 100 bis 300 nm [1]. Die Zelle nutzt diese Kügelchen als Transportbehälter, z.B. für Ribonukleinsäure (RNA) [7], und aufgrund ihres größeren Brechungsindex sind sie gute Marker.
Die Untersuchung der Bewegung der Kügelchen innerhalb eines kurzen Zeitrahmens ist wichtig, da sie die typische Bandbreite für aktive Prozesse in einer Zelle abdeckt. Wir können dank der drastisch verbesserten zeitlichen Auflösung mehrere Kügelchen simultan beobachten. Zugleich können wir ein einzelnes Kügelchen mit der Pinzette fassen, was uns Einblicke in die Transportvorgänge innerhalb von Zellen gibt.
Dies verdeutlicht, wie eine optische Pinzette präzise Experimente für das grundlegende Verständnis des Transports von Kügelchen möglich macht.
Unsere innovative Lösung bringt videogestützte Hochgeschwindigkeits-Positionsbestimmung mit einer optischen Pinzette zusammen. Bei unserem Ansatz werden spezielle Objekte mit biomolekularer Schicht ohne mechanischen Kontakt direkt beobachtet und manipuliert.
Mit Hard- und Software von NI können wir die Position einzelner Teilchen mit 10.000 Bildern pro Sekunde in Echtzeit mehrere Stunden lang verfolgen. Dadurch gewinnen wir neue Einblicke in hochdynamische Prozesse in der Nanowelt.
Literaturverzeichnis:
[1] C. Selhuber-Unkel et al., Phys. Biol. 6, 25015 (2009)
[2] V. Bormuth et al., Science 325, 873 (2010)
[3] A.R. Carter et al., Biophys. J. 96, 2926 (2009).
[4] F. Czerwinski and L.B. Oddershede, Comp. Phys. Comm. accepted (2010)
[5] O. Otto et al., J. Opt. accepted (2010)
[6] F. Czerwinski et al., Opt. Express 17, 13255 (2009)
[7] P. Anderson and N. Kedersha, Trends Biochem. Sci. 33, 141 (2008)
* Oliver Otto, Cavendish Laboratory, University of Cambridge, UK; Fabian Czerwinski, Niels Bohr Institute, University of Copenhagen
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