Reaktion auf den Ukraine-Krieg Firmen lassen Geschäfte mit Russland ruhen
Immer mehr Firmen setzen ein Zeichen gegen den Einmarsch Russlands in die Ukraine und stoppen Geschäftsbeziehungen, schränken den Handel ein oder brechen Kooperationen ab. Wer sich schon vom Russland-Geschäft getrennt hat.
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Nachdem Europa und die USA Sanktionen gegenüber Russland verhängt haben, bewerten nun Wirtschaft und Wissenschaft ihre Beziehungen neu. Für viele Firmen und Institutionen ist Russland kein Partner mehr, wie folgende Beispiele zeigen:
Siemens
Der Technologiekonzern Siemens stellt sein Neugeschäft mit Russland ein. Dies gelte auch für internationale Lieferungen. Auch das von Siemens inzwischen abgespaltene Energietechnik-Unternehmen Siemens Energy macht einer dpa-Meldung zufolge nach den EU-Sanktionen keine neuen Geschäfte mehr mit Russland. Das lokale Service- und Wartungsgeschäft werde hingegen fortgesetzt. In den vergangenen Jahren hatte Siemens etwa Züge nach Russland geliefert und dafür auch Wartungsverträge abgeschlossen.
Schmersal
Die Geschäftsführung der Schmersal Gruppe hat den Vertriebspartner für Russland angewiesen, die Belieferung der in Russland ansässigen Kunden mit Sicherheitsschaltgeräten und -systemen einzustellen. Geschäftsführer Philip Schmersal: „Wir möchten keinen Beitrag dazu leisten, die Wirtschaft und die Produktion eines Landes zu fördern, das die Souveränität eines anderen Landes missachtet und großes Leid über dessen Bevölkerung bringt.“ Die Schmersal Gruppe hat in Russland sowohl führende Unternehmen des Maschinenbaus beliefert als auch die Endanwender von Maschinen und Anlagen in verschiedenen Branchen – von der Rohstoffgewinnung über die Konsumgüterindustrie bis zur Automobilproduktion.
Harting
Nach den durch die EU verhängten Sanktionen gegenüber Russland stellt Harting sein Neugeschäft mit Russland ein. "Wir halten uns selbstverständlich an geltendes Recht sowie an die geltenden Exportkontrollrichtlinien und an das geltende Sanktionsrecht", teilt das Unternehmen mit. Die Auswirkungen der Sanktionen werden täglich geprüft. Vorsichtshalber hat das Unternehmen daher auch Produkte und Kunden ausgelistet, deren zivile Anwendung und Geschäftszweck nicht eindeutig nachweisbar sind. Harting ist Anbieter elektrischer Verbindungstechnik und stellt elektromagnetische Aktuatoren sowie Ladeequipment für Elektrofahrzeuge her.
Rockwell Automation
Rockwell Automation setzt sofort seine Geschäfts- und Vertriebstätigkeiten in Russland und Belarus aus. Vorsitzender und CEO Blake Moret: „Rockwell schließt sich der US-amerikanischen Regierung und der internationalen Gemeinschaft an und verurteilt den Angriff Russlands auf die Ukraine und ihre Staatsangehörigen“. Das Unternehmen unterstütze sämtliche Sanktionen der USA. Rockwell werde aber die Löhne und Sozialleistungen seiner rund 30 russischen Angestellten weiterhin auszahlen, heißt es. Rockwell hat eine finanzielle Unterstützung zur Organisation Project HOPE geleistet, um Flüchtlingen in der Ukraine und in den benachbarten Ländern humanitäre Hilfe bereitzustellen.
Continental
Auch Continental hat sich zu einem vorläufigen Stopp seiner Produktion und Geschäfte in Russland entschlossen. Laut dpa-Mitteilung geht es dabei vor allem um das Werk Kaluga, in dem Reifen sowie Teile für die Industriesparte Contitech entstehen. Außerdem sei das komplette Im- und Exportgeschäft mit der Russischen Föderation zunächst beendet. Conti betreibt zudem Vertriebsbüros in Moskau und ist an einem Gemeinschaftsunternehmen in Tschistopol bei Kazan beteiligt, das Fahrtenschreiber für Nutzfahrzeuge endmontiert. Insgesamt beschäftigt der Dax-Konzern rund 1300 Menschen in Russland. Continental will prüfen, wie eine Grundabsicherung der Mitarbeiter ermöglicht werden kann.
Knorr-Bremse
Der Lkw- und Zugbremsenhersteller Knorr-Bremse zieht sich wegen des Ukraine-Kriegs aus seinem russischen Gemeinschaftsunternehmen zurück. Nach einem vergangene Woche angekündigten zunächst vorläufigen Stopp aller Lieferungen mit Endziel Russland gab das Münchner Unternehmen laut dpa nun bekannt, dass es das Joint Venture mit dem russischen Lkw-Hersteller Kamaz beendet. Außerdem hat der Vorstand entschieden, keinerlei Produkte oder Systeme für Lokomotiven mehr nach Russland zu liefern, da nicht ausgeschlossen werden könne, dass diese für militärische Zwecke eingesetzt würden.
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Sanktionen gegen Russland
Lieferverbote betreffen weite Teile des Maschinen- und Anlagenbaus
TU Berlin
Das Präsidium der Technischen Universität Berlin hat beschlossen, die langjährigen, vielfältigen und intensiven Kooperationen mit Russland ab sofort auszusetzen. Sämtliche Aktivitäten mit Russland – auch die institutionellen und strategischen Verbindungen mit russischen Einrichtungen - werden bis auf Weiteres ruhen. Wie die TU Berlin mitteilt, werden keine neuen Projekte starten. Konkret betroffen sind die strategische Partnerschaft mit der Peter the Great St. Petersburg Polytechnic University sowie die Joint PhD und Double Degree Programme mit russischen Universitäten. Außerdem werde die TU Berlin ab sofort sämtliche Forschungskooperationen mit russischen Partnern bis auf Weiteres aussetzen. Das bedeutet, dass keine Geldleistungen von der Universität an russische Forschungseinrichtungen veranlasst werden. Darüber hinaus wird sie keine Nutzungsrechte an Forschungsergebnissen übertragen. Präsidenten der TU Berlin, Prof. Dr. Christian Thomsen: „Die ausschließlich zivile Nutzung unserer Forschung ist für uns ein hohes Gut und nicht verhandelbar. Dort, wo Wissenschaft mit dem derzeitigen russischen Regime verbunden ist, kann dies nicht mehr garantiert werden“.
Die Softwareunternehmen PTC und Autodesk
Das US-amerikanische Softwareunternehmen PTC teilt mit: "Als Antwort auf die unprovozierte russische Invasion, die unnötig Menschenleben kostet und viele Ukrainer gezwungen hat, aus ihrer Heimat zu fliehen und Sicherheit zu suchen, wird PTC alle Geschäftsaktivitäten und Verkäufe in Russland einstellen". Um die humanitären Bemühungen für das ukrainische Volk zu unterstützen, wird PTC über seine Stiftung 1 Million Dollar spenden.
Auch Autodesk stellt seine Geschäfte in Russland sofort ein und hält sich vollständig an alle derzeit geltenden Sanktionen. Der US-amerikanische Softwareentwickler will nach eigenen Angaben weitere Einschränkungen seiner Geschäfte in der Region in Betracht ziehen, sollten die Sanktionen ausgeweitet werden oder weitere Entwicklungen der Lage es verlangen. Die Autodesk Foundation hat diese Woche finanzielle Unterstützung für die Hilfsmaßnahmen in der Ukraine zugesagt.
IBM
Einer dpa-Mitteilung zufolge hat der IT-Konzern IBM sein gesamtes Geschäft in Russland ausgesetzt. Zunächst hatte IBM nach der russischen Invasion in die Ukraine bekanntgegeben, westliche Sanktionen zu befolgen und kündigte in einem zweiten Schritt an, die Verkäufe zu stoppen und keine Geschäfte mit dem russischen Militär zu machen.
Die Autobauer VW, BMW und Mercedes-Benz
Laut dpa-Meldung setzt Volkswagen sein Russland-Geschäft wegen des Krieges gegen die Ukraine aus. Auch sämtliche Exporte in die Russische Föderation werden gestoppt. Einzelne Marken wie Porsche äußerten sich ebenso. VW betreibt in Kaluga südwestlich von Moskau und im weiter östlich gelegenen Nischni Nowgorod eine eigene Fertigung. Hier werde die Produktion jetzt vorerst beendet, teilten die Wolfsburger mit. Die Beschäftigten in Russland erhalten zunächst eine Lohnfortzahlung.
Auch BMW stellt den Bau von Autos im russischen Kaliningrad und den Export nach Russland ein. Der Konzern hat 2021 mit seinem russischen Partner Avtotor 12 000 Autos in Kaliningrad gebaut und insgesamt 49 000 Autos in Russland verkauft.
Ähnliche Schritte beschloss Mercedes-Benz. Die Stuttgarter setzen ihre Exporte nach Russland sowie die Fertigung dort aus. Mercedes hatte vor knapp drei Jahren sein erstes Pkw-Werk nahe Moskau eingeweiht. Auch der Lkw-Bauer Daimler Truck stellte seine Russland-Aktivitäten inklusive der Kooperation mit dem Panzerwagen-Hersteller Kamaz vorerst ein.
Boeing
Vergangene Woche hatte Boeing bereits bekanntgegeben, wegen des Kriegs gegen die Ukraine und westlichen Sanktionen seine Geschäfte mit russischen Fluggesellschaften auszusetzen. Nun bezieht der US-Luftfahrtkonzern auch kein Titan mehr aus Russland. Wie aus einer dpa-Meldung hervorgehnt, habe Boeing sein Versorgernetz in den vergangenen Jahren breiter aufgestellt und sei ausreichend mit dem für den Flugzeugbau wichtigen Leichtmetall versorgt. Titan wird im Flugzeugbau etwa bei Triebwerksaufhängungen und Fahrwerken eingesetzt. Russland spielte bisher mit dem zum staatlichen Rostec-Konglomerat gehörenden Zulieferer VSMPO-Avisma eine wichtige Rolle bei der Versorgung der Branche. Boeing betrieb mit VSMPO-Avisma bislang das Gemeinschaftsprojekt Ural Boeing Manufacturing. Es sollte auf Jahre der größte Titan-Lieferant für Boeing-Verkehrsflugzeuge werden. Rostec-Chef Sergej Tschemesow ist jetzt persönlich mit US-Sanktionen belegt.
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Rekordpreise
Ukraine-Krieg lässt Preise für Industriemetalle explodieren
Lufthansa Technik
Die Wartungstochter der Lufthansa hat laut dpa-Meldung mit dem Beginn der Sanktionen umgehend sämtliche Dienstleistungen für russische Kunden eingestellt. Im Moment habe Lufthansa Technik Verträge mit rund einem Dutzend Fluggesellschaften in Russland, heißt es. Der Servicestopp für diese Kunden betreffe rund 400 Flugzeuge und bedeute einen Umsatzausfall von rund 240 Millionen Euro.
Shell
Der Ölkonzern Shell will nach dpa-Angaben künftig kein Erdöl und Gas mehr aus Russland kaufen. So soll mit sofortiger Wirkung kein russisches Erdöl mehr auf dem Spotmarkt gekauft und bestehende Verträge nicht erneuert werden. Außerdem sollen alle Tankstellen in Russland geschlossen und andere Geschäftsaktivitäten dort aufgegeben werden. Auch will Shell in Abstimmung mit involvierten Regierungen so schnell wie möglich russisches Erdöl aus den eigenen Lieferketten entfernen. Allerdings wird dies nach Angaben des Unternehmens mehrere Wochen dauern und zu Engpässen in einigen Raffinerien führen. Ebenso soll das Geschäft mit russischem Pipeline-Gas sowie Flüssiggas Stück für Stück zurückgefahren werden.
Die Wirtschaftsprüfer KPMG und PwC
Die großen Wirtschaftsprüfer KPMG und PwC trennen sich von ihrem Russland-Geschäft. Wie aus einer dpa-Meldung hervorgeht, werden die bisherigen russischen Mitgliedsunternehmen aus ihren globalen Verbünden ausscheiden. Zu den PwC-Kunden in Russland gehörten bisher unter anderem die Sberbank und der Ölkonzern Gasprom. Die Buchhaltungs-Firmen agieren als globale Netzwerke aus örtlichen Firmen, die den dortigen Partnern gehören. Die bisherige Mitgliedsfirma von PwC in Russland sowie in Belarus werde jedoch unter einem neuen Namen weiterhin für lokale Kunden arbeiten können, schrieb die Financial Times.
DMG Mori
Aufsichtsrat und Vorstand des Unternehmens haben den Krieg der russischen Regierung gegen die Ukraine aufs Schärfste verurteilt. Sämtliche Geschäftsaktivitäten in Russland, sowohl Vertriebs- und Serviceaktivitäten als auch die Produktion in Ulyanovsk, wurden bereits Ende Februar eingestellt, so der Hersteller von Werkzeugmaschinen in einer Mitteilung. DMG Mori habe zudem für die Menschen in der Ukraine und die Flüchtlinge gespendet. Ein Hilfspaket soll gemeinnützige Organisationen bei ihrer Arbeit unterstützen.
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