Roboter Klebeapplikationen in der Automobilindustrie.
Selbst bei diffizilen Klebevorgängen setzt DaimlerChrysler in der Serienfertigung seiner Limousinen auf vollautomatische Fertigung. Mithilfe von Robotern, der Computer-Direkt-Steuerung (CDS) von Gülich Technologies AG und dem I/O-System von WAGO entwickelt der interne Einrichtungsbau hoch flexible und dabei einfach zu bedienende Klebeanlagen.
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Auch wenn es die Fernsehwerbung suggerieren mag: Einen Alleskleber gibt es nicht. Schon gar nicht in der industriellen Fertigung. Die Eigenschaften eines Klebers bestimmen dort die zu verwendende Prozess-Technologie. So gibt es Klebstoffe in großer Vielfalt, wobei jeder Kleber sein spezielles Anwendungsgebiet hat und dabei optimale Ergebnisse liefert.
Anwender unterscheiden grob zwischen UV-härtenden Klebern, chemisch reagierenden Klebstoffen, Epoxydharzen sowie Struktur- oder Konstruktionsklebstoffen, zum Beispiel Zweikomponentensysteme. Bei welcher Temperatur die maschinelle Verarbeitung effizient ist, wie lange der Kleber zum Aushärten benötigt und welche Zugaben (Wärme, Licht) den Prozess beschleunigen, solche und andere Eigenschaften fließen in die Verarbeitungsmethode ein und erfordern intelligente Steuerungen, die all das in den Griff bekommen. Um den Prozess nämlich rasch auf neue Kleber und Verarbeitungsmethoden einstellen zu können, sind flexible und dabei bedienerfreundliche Steuerungen erforderlich.
Ausgefeilte Rezepturen verbessern Klebung
Im Fahrzeugbau ersetzen Klebeverbindungen zunehmend das Schweißen. Einerseits nimmt im Fahrzeugbau der Materialmix bei Verbindungen aus Glas/Metall, Kunststoff/Metall- und Aluminium/Stahl sowie bei Fertigbauteilen aus Karbonfasern zu. Andererseits verlangt das Schweißverfahren bestimmte Blechdicken, die sich aber, zusammen mit dem Schweißlot, stark auf das Gewicht des Fahrzeugs niederschlagen. So formulierten Automobilbauer wie DaimlerChrysler recht bald Forderungen nach weiteren Fügeverfahren. Mit dem Einkleben von Glasscheiben in die Metallkarosse begann der Einstieg der Klebetechnik in die Automobilindustrie. Parallel entwickelten sich Technologie und Kleber weiter. Beim Kleber ermöglichen ausgefeiltere Rezepturen eine höhere Anfangsfestigkeit sowie bessere Nass- und Trockenhaftfähigkeit. Zudem verbesserte man die Resistenz gegen Lösungsmittel, Hitze, Feuchtigkeit und Verwitterung. Crashtests bestätigten: Klebeverbindungen haben eine höhere Festigkeit, weil sie trotz Mikrorisse nicht auseinanderreißen. Besonders „strukturelles Kleben“, mit speziellen Klebstoffen, erhöht auf einfache Weise nachträglich die Steifigkeit und erreicht in Kombination mit anderen Fügeverfahren deutliche Vorteile gegenüber herkömmlichen Schweißverbindungen. DaimlerChrysler stellt dazu fest: „Die Festigkeit der Karosserien kann durch den Einsatz von Klebstoffen im Rohbau um 15 bis 30% gesteigert werden“. Klebeverbindungen sind somit in den letzten Jahren zu einer vollwertigen Alternative gegenüber Schweiß-, Niet- oder Lötverfahren geworden oder ergänzen diese.
Eine Steuerung für die diversen Applikationen
Somit hieß die Aufgabe bei DaimlerChrysler: Entwicklung einer flexiblen Steuerung für eine vollautomatische Klebeanlage. Das Anlagenkonzept kann hierbei einmal ein stationärer Auftragskopf sein, bei dem der Dosierer fixiert ist und ein Roboter das Formteil am Dosierkopf entlang führt, oder ein robotergeführter Auftragskopf, bei dem der Dosierer am Roboterkopf befestigt ist und den Kleber auf ein fixiertes Formteil aufträgt. Für beide Varianten sollte eine Steuerung einsetzbar sein. Diffizil in einem solchen Prozess ist das Dosieren, ein zeitkritischer Vorgang. Entweder muss der Auftragskopf die Kontur des Formteils abfahren, oder ? im anderen Fall ? bewegt sich das Formteil entsprechend unterhalb des Dosierers. Darauf abgestimmt muss man nun den Kleber dosieren. Eine Dosiernadel trägt die Profilnaht entlang der Kontur auf. Um eine homogene Naht absetzen zu können, muss die Fließgeschwindigkeit des Klebers auf die Bewegung von Dosierer bzw. Formteil abgestimmt sein. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Bewegung entlang der Radien langsamer abläuft als auf geraden Abschnitten. Das Ergebnis: Die Gülich Technologies AG entwickelte eine Computer-Direct-Steuerung (CDS), die ihre, je nach Verarbeitungsmethode wichtigen Prozessparameter über I/Os von WAGO erhält. Die I/O-Busklemmen nehmen Werte auf, wie Ist-Druck am Dosierer, Temperaturen, oder Impulse zur Wegmessung. Mit einem Regelungszyklus von 200 Nanosekunden realisiert die CDS eine Hochgeschwindigkeitsdosierung. Gleichzeitig überwacht sie den Prozess durch Soll-Istwertvergleich von verbrauchter Klebermenge und zurückgelegter Wegstrecke. Die dazu erforderliche Reglerfunktion lässt sich über eine menügeführte Bedienoberfläche der CDS konfigurieren. Zykluszeiten, Stellgrößen, Istwerte und Sollwertparameter kann der Betreiber je nach Applikation definieren.
Datenkommunikation läuft über Profibus
In der Applikation bei DaimlerChrysler werden die Dosierer über Fasspumpen mit Klebstoff versorgt. Bis zu acht Dosierer können von einer Fasspumpe gespeist werden. Die zur Steuerung erforderlichen Signale werden jeweils über I/O-Busklemmen aufgenommen und über Profibus-Koppler zu den CDS-Systemen der Fasspumpensteuerung und der Dosiersteuerung übertragen. Untereinander sind die Steuerungen per Ethernet miteinander vernetzt. Über Pulsweitenmodulationsklemmen zur Motorsteuerung, Zählerklemmen für die Positionierung und RS 232-Schnittstellen-Klemmen zum Anschalten eines Barcodescanners oder auch zur Kommunikation mit der vorhandenen SPS werden weitere Signale eingebunden. Die Datenkommunikation zwischen den WAGO I/O-Systemen und der Dosiersteuerung wird über Profibus geführt. Das System unterstützt aber auch andere Feldbusse, wie Interbus oder TCP/IP. Generell überzeugte das WAGO I/O-System durch seine kompakte Bauform, hohe Modularität, große Klemmenvielfalt sowie die freie Wahl des Feldbusses. Sämtliche Forderungen, die bis jetzt von DaimlerChrysler an eine Steuerung gestellt wurden, konnte Gülich Technologies AG mit der CDS realisieren.
Die Kombination von softwarebasierten Reglern, implementiert im CDS-System, und das modulare WAGO I/O-System, ergeben hochflexible Anlagen, die auf Änderungen im Prozess schnell reagieren können. Neue Klebstoffe oder auch neue Anwendungen erfordern andere Prozessparameter, die in der CDS von Gülich Technologies mit einem Mausklick angepasst werden. Weitere Signale lassen sich jederzeit über das WAGO I/O-System einbinden: Beispielsweise Sensoren, um die Volumina der Dosiersteuerung zu erfassen oder ein Barcodescanner, um Art und Haltbarkeitsdatum des Materials abzufragen. Das CDS-System meldet das Überschreiten des Haltbarkeitsdatums automatisch. Solche und andere Abläufe kann das System mitverfolgen. Daten, die für das Qualitätsmanagement wichtig sind.
Die Steuerung loggt die Daten für das QM
Die maschinennahe Programmierung (C++) macht die Verwendung der Software sehr einfach. Implementiert sind eine menügeführte Bedienoberfläche, die Benutzerrecht-Verwaltung sowie ein Änderungsprotokoll, das Fehler oder Änderungen mit Datum, Uhrzeit und einer Meldung sowie der Bedienerkennung protokolliert. Während der Konfiguration aber auch später beim Monitoring gibt eine Onlinehilfe nützliche Tipps. Die Visualisierung der Prozesse erfolgt in Echtzeit und wird mittels Touchscreen-Terminals angezeigt. Eine weitere Visualisierung, zum Beispiel für eine separate SPS, ist nicht erforderlich. Die CDS arbeitet unter dem Betriebssystem Windows XP, sie lässt sich aber auch mit Windows 98 und 2000 realisieren. Damit ist das System hardwareunabhängig, sodass ein Festplatten-Image genügt, um einen handelsüblichen PC zu aktivieren.
Zugriff auf Betriebs- und Maschinendaten
Aufgrund der Durchgängigkeit des Systems stehen über das CDS-System Betriebs- und Maschinendaten zur Verfügung. Ein spezielles Wartungstool gibt Meldungen aus, wenn eine Wartung oder ein Austausch ansteht. Dazu wertet es beispielsweise die Anzahl der Nadelhübe am Dosierer, den Ansteuertakt der Füllhähne und die Dosierzeit aus. Zudem können über spezielle WAGO I/O-Busklemmen (VIB I/O) Sensoren von der Fa. Prüftechnik direkt anschließen. Diese erfassen, mit Hilfe einer Piezomembran, das Schwingungsverhalten eines Bauteils (Lager), das direkt in der Busklemme ausgewertet wird. Überschreitet das Signal einen definierten Grenzwert, löst die Klemme eine Warnmeldung aus. Die Möglichkeit zur frühzeitigen Diagnose von Maschinenteilen (Condition Monitoring) macht eine gezielte Wartung oder den gezielten Austausch möglich, und hilft so, Instandhaltungskosten zu senken.
Gülich bündelt Klebe-Know-how
Vorreiter heutiger Klebeanlagen bei DaimlerChrysler war eine Applikation zum Kleben von Front- und Heckscheiben im Jahre 2002. Seither arbeitet Gülich Technologies AG (GTAG) mit dem internen Einrichtungsbau bei DaimlerChrysler sehr erfolgreich zusammen. „Die GTAG hat während dieser Zeit viel Applikationswissen im Kleben erworben. Mit der Computer-Direkt-Steuerung realisierte sie ein anwenderfreundliches und flexibles System, das Funktionslogik und Visualisierung sehr gut verknüpft“, bestätigt DaimlerChrysler. Die Gülich Technologies AG ist ein Tochterunternehmen von Gülich, einem in vierter Generation bestehenden Werk für Klinkerherstellung. Gülich behauptet sich, auch nach mehr als 115 Jahren, in der sich stark konzentrierenden Branche durch innovative Entwicklungen im E-Manufacturing. Mit der Computer-Direkt-Steuerung (CDS) gelang es dem Tochterunternehmen, einen neuen Technologiestandard in der Fertigung zu etablieren. Optimale Ergebnisse bei einfacher Bedienung und hoher Sicherheit sind Ziele dieses noch sehr jungen Unternehmens.
Universelle Steuerung erleichtert Bedienbarkeit
Was mit einer Steuerung für Fasspumpen begann, hat sich in der Klebetechnik mit den Jahren zu einer universellen Computer-Direkt-Steuerung (CDS) entwickelt. Ob Einzel- oder Doppelfasspumpe, Zentral- oder Hydrauliksteuerungen oder auch Dosierregelungen für Ein- oder Zweikomponenten-Systeme: die CDS der Gülich Technologies AG regelt alles. In Kombination mit dem WAGO I/O-System entstehen somit Anlagen, die äußerst flexibel und dennoch leicht zu parametrieren und zu bedienen sind. Da nur eine Steuerung für unterschiedliche Prozesse verwendet werden kann, braucht auch nur für ein Steuerungssystem Know-how vermittelt werden. Das spart auf lange Sicht Betriebskosten, denn die Teilevorhaltung ist gering und der Support geht schneller, wenn nur eine Systemfamilie verwendet wird.
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